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Arbeitsrecht
06.09.2012
Arbeitsrecht
BAG: Ordentliche verhaltensbedingte Kündigung - Entwendung von Zigarettenpackungen durch Verkäuferin

Das BAG entschied in seinem Urteil vom 21.6.2012 - 2 AZR 153/11 - wie folgt: Begeht ein Arbeitnehmer bei oder im Zusammenhang mit seiner Arbeit rechtswidrige und vorsätzliche - ggf. strafbare - Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen seines Arbeitgebers, verletzt er zugleich in schwerwiegender Weise seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen. Dies kann eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen, und zwar auch dann, wenn die rechtswidrige Handlung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder zu einem nur geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat und der Arbeitnehmer schon länger - hier: 18 Jahre - beschäftigt war. Maßgebend ist der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch. Für den Grad des Verschuldens und die Möglichkeit einer Wiederherstellung des Vertrauens macht es objektiv einen Unterschied, ob es sich bei einer Pflichtverletzung um ein Verhalten handelt, das insgesamt auf Heimlichkeit angelegt ist oder nicht. Bei der Abwägung zwischen dem Interesse an einer funktionstüchtigen Rechtspflege und dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts als Ausfluss des durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts hat das Interesse an der Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten nur dann höheres Gewicht, wenn über das schlichte Beweisinteresse hinausgehende Aspekte hinzukommen, die die Informationsbeschaffung und Beweiserhebung als schutzbedürftig qualifizieren und aufgrund derer das Verwertungsinteresse trotz der Persönlichkeitsbeeinträchtigung überwiegt. Danach ist die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind, die verdeckte Videoüberwachung damit praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und sie insgesamt nicht unverhältnismäßig ist. Der Verdacht muss in Bezug auf eine konkrete strafbare Handlung oder andere schwere Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers gegen einen zumindest räumlich und funktional abgrenzbaren Kreis von Arbeitnehmern bestehen. Auch im Hinblick auf die Möglichkeit einer weiteren Einschränkung des Kreises der Verdächtigen müssen weniger einschneidende Mittel als eine verdeckte Videoüberwachung zuvor ausgeschöpft worden sein. Ein Beweisverwertungsverbot folgt nicht schon aus einer Verletzung des Gebots in § 6b Abs. 2 BDSG, bei Videoaufzeichnungen öffentlich zugänglicher Räume den Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen. Ein Verstoß gegen das Kennzeichnungsgebot gem. § 6b Abs. 2 BDSG macht eine verdeckte Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Arbeitsplätze nicht per se unzulässig.

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