BAG: Ordentliche betriebsbedingte Kündigung - Auslegung eines vertraglichen Rückkehrrechts - materielle Rechtskraft - Verbot der Wiederholungskündigung
Das BAG entschied in seinem Urteil vom 20.12.2012 - 2 AZR 867/11 - wie folgt:
Präjudizielle Rechtsverhältnisse werden nur dann iSv. § 322 ZPO rechtskräftig festgestellt, wenn sie selbst Streitgegenstand waren. Es genügt nicht, dass über sie als bloße Vorfragen zu entscheiden war. Einzelne Begründungselemente nehmen grundsätzlich nicht an der materiellen Rechtskraft teil. Das Verbot, eine Kündigung nach rechtskräftiger Feststellung der Unwirksamkeiteiner vorhergegangenen Kündigung bei gleich gebliebenem Kündigungssachverhalt und nach dessen materieller Prüfung erneut auf denselben Sachverhalt zu stützen (Verbot der Wiederholungskündigung) findet seine Grundlage in der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen. Zwar ist Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG lediglich, ob ein Arbeitsverhältnis durch eine bestimmte Kündigung aufgelöst worden ist (sog. punktuelle Streitgegenstandslehre). Die Würdigung, ein bestimmter Lebenssachverhalt könne eine Kündigung materiell nicht begründen, nimmt aber selbst an der Rechtskraftwirkung der Entscheidung teil. Der Grund liegt in der Gleichwertigkeit einer solchen Feststellung mit einem (fiktiven) Gestaltungsurteil, in dem eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der fraglichen Gründe abgelehnt wird. Das Verbot der Wiederholungskündigung gilt nur bei identischem Kündigungssachverhalt. Hat sich dieser wesentlich geändert, darf der Arbeitgeber ein weiteres Mal kündigen. Das gilt auch bei einem sog. Dauertatbestand. Außerdem ist von der Frage, ob das in Anspruch genommene Gestaltungsrecht besteht, die Frage zu unterscheiden, ob es rechtsgeschäftlich wirksam erklärt wurde. Die Präklusionswirkung tritt daher auch dann nicht ein, wenn die frühere Kündigung bereits aus formellen Gründen, also etwa wegen einer nicht ordnungsgemäßen Beteiligung der Mitarbeitervertretungfür unwirksam erklärt worden ist.