BAG: Leistungsbonus – Bezugnahme auf Dienstvereinbarung
Das BAG hat mit Urteil vom 19.3.2014 – 10 AZR 622/13 – wie folgt entschieden:
1. Auch bei einem sog. Freiwilligkeitsvorbehalt („als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch“) handelt es sich um eine Vertragsbedingung i. S. v. § 305 Abs. 1 BGB, wenn er vom Arbeitgeber gestellt ist. Mit einer solchen Klausel soll die vertragliche Beziehung der Parteien gestaltet und dem Verwender ein einseitiges Recht zur Entscheidung über die Gewährung bestimmter Leistungen vorbehalten oder dessen späteres Erklärungsverhalten zur Vermeidung der Entstehung einer betrieblichen Übung festgelegt werden.
2. Wird in einem Arbeitsvertrag die Formulierung verwendet, ein Mitarbeiter „kann“ einen Anspruch auf einen Leistungsbonus haben, ohne Höhe und nähere Bedingungen festzulegen, und wird im Übrigen auf die Bestimmungen der jeweils gültigen Dienstvereinbarung verwiesen, entsteht kein unbedingter, von den Regularien der Dienstvereinbarung unabhängiger vertraglicher Bonusanspruch. Vielmehr kommt ein Anspruch nach § 315 BGB in Betracht, der durch die Dienstvereinbarung näher ausgestaltet wird.
3. Eine derartige Vertragsgestaltung begegnet auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich keinen rechtlichen Bedenken. Ebenso wenig werden durch einen in der Dienstvereinbarung enthaltenen Budgetvorbehalt die Grenzen der Mitbestimmungsrechte nach Art. 75 Abs. 4 Nr. 4, Art. 73 Abs. 1 BayPVG überschritten, da dem Arbeitnehmer dadurch kein vertraglicher Anspruch entzogen wird und der Arbeitgeber über das Budget nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) zu entscheiden hat.
4. Ein arbeitsvertraglicher „Freiwilligkeitsvorbehalt“, der so verstanden werden kann, dass sich der Arbeitgeber das Recht vorbehält, unabhängig von den Bestimmungen der anwendbaren Dienstvereinbarung frei über das „Ob“ der Bonusgewährung zu entscheiden, verstößt gegen die unmittelbare und zwingende Wirkung von Dienstvereinbarungen und ist deshalb unwirksam.
5. Trifft ein Arbeitgeber bei einer solchen Vertragslage mit dem Beschäftigten eine Zielvereinbarung für ein Geschäftsjahr, ohne klar zu erkennen zu geben, dass die Zielvereinbarung keine Vergütungsrelevanz mehr haben soll, kann dies nur so verstanden werden, dass auch unabhängig von der Existenz einer Bonus-Dienstvereinbarung ein Anspruch auf eine variable Vergütung dem Grunde nach besteht.
6. Ein „Freiwilligkeitsvorbehalt“, der so verstanden werden kann, dass sich der Arbeitgeber das Recht vorbehält, auch dann frei über das „Ob“ einer Bonusgewährung zu entscheiden, wenn er durch Abschluss einer Zielvereinbarung ein variables Vergütungssystem für ein Geschäftsjahr anwendet, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB und ist unwirksam.
7. Hat ein Arbeitgeber nach § 315 BGB über einen Bonusanspruch zu entscheiden, der gleichermaßen auf der Ertragslage des Unternehmens wie auf der Leistung des Arbeitnehmers beruht, kommt – wenn der Arbeitnehmer seine durch Zielvereinbarung festgelegten Ziele erreicht hat – eine Festsetzung auf „Null“ nur in Ausnahmefällen in Betracht (hier: Bankenkrise 2008/2009). Regelmäßig muss ein festzusetzendes Bonusbudget – in Abhängigkeit von der Ertragslage – eine Größenordnung erreichen, die den Leistungsbezug des Bonussystems beachtet und ausreicht, die durch Abschluss von Zielvereinbarungen angestrebten und tatsächlich erbrachten Leistungen angemessen zu honorieren.
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