BAG: Internationale Gerichtsbarkeit - Staatenimmunität - Verzicht
Das BAG hat mit Urteil vom 14.12.2017 – 2 AZR 216/17 – wie folgt entschieden:
1. Nach § 20 Abs. 2 GVG iVm. dem Allgemeinen Völkergewohnheitsrecht als Bestandteil des Bundesrechts (Art. 25 GG) sind - vorbehaltlich eines Immunitätsverzichts - Staaten und die für sie handelnden Organe der Gerichtsbarkeit anderer Staaten nicht unterworfen, soweit ihre hoheitliche Tätigkeit betroffen ist. Demgegenüber besteht keine allgemeine Regel des Völkerrechts, die die inländische Gerichtsbarkeit für Klagen gegen einen ausländischen Staat ausschlösse, in denen seine nicht-hoheitliche Betätigung zur Beurteilung steht. Bei Fehlen von völkerrechtlichen Unterscheidungsmerkmalen ist die Abgrenzung nach dem Recht am Sitz des entscheidenden Gerichts vorzunehmen.
2. Für die Einordnung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten zwischen dem Königreich Spanien und dem in seinen Auslandsvertretungen beschäftigten Personal fehlt es an spezifischen, im Verhältnis zu Deutschland geltenden völkerrechtlichen Regeln.
3. Für die Bestimmung der hoheitlichen Tätigkeit kommt es bei privatrechtlich begründeten Arbeitsverhältnissen auf den Inhalt der übertragenen Tätigkeit und deren funktionalen Zusammenhang mit diplomatischen oder konsularischen Aufgaben des ausländischen Staates an. Dieser bestimmt sich grundsätzlich nach den dem Arbeitnehmer gemäß den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen obliegenden Tätigkeiten.
4. Ein funktionaler Zusammenhang mit diplomatischen oder konsularischen Aufgaben des ausländischen Staates erfordert weder Weisungs- noch Entscheidungsfreiheit, noch einen nennenswerten eigenen Handlungsspielraum des Arbeitnehmers bei der Ausübung der Tätigkeit.
5. Ein Staat kann darauf verzichten, sich auf Immunität zu berufen. Die Annahme eines Immunitätsverzichts unterliegt allerdings strengen Anforderungen. Die Umstände des Falles dürfen hinsichtlich des Vorliegens und der Reichweite eines Verzichts keinen Zweifel lassen.
6. Haben die Parteien für ihr Arbeitsverhältnis die Anwendung deutschen Rechts vereinbart, bedeutet dies für sich genommen noch keinen Verzicht auf die Staatenimmunität. Demgegenüber ist es denkbar, ihn in einer Regelung „miterklärt“ zu sehen, die zunächst nur die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Beschäftigungsstaates bestimmt. Das setzt voraus, dass die Gerichtsstandsvereinbarung leerliefe, wenn mit ihr nicht zugleich ein Immunitätsverzicht, und zwar insbesondere bezogen auf die fragliche Streitigkeit, verbunden wäre.