BAG: In-vitro-Fertilisation - Entgeltfortzahlung - Mutterschutzlohn
Das BAG hat mit Urteil vom 26.10.2016 – 5 AZR 167/16 – wie folgt entschieden:
1. Schuldhaft iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG handelt nur der Arbeitnehmer, der in erheblichem Maße gegen das Eigeninteresse eines verständigen Menschen verstößt.
2. Wird durch eine In-vitro-Fertilisation willentlich und vorhersehbar eine Arbeitsunfähigkeit bedingende Erkrankung herbeigeführt, ist ein Entgeltfortzahlungsanspruch wegen Verschuldens iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG ausgeschlossen. Ein Verschulden iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG liegt nicht vor, wenn im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation, die nach allgemein anerkannten medizinischen Standards vom Arzt oder auf ärztliche Anordnung vorgenommen wird, eine zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung auftritt, mit deren Eintritt nicht gerechnet werden musste.
3. Es gibt im Entgeltfortzahlungsgesetz keine Anhaltspunkte, die eine den Regelungen in § 27a SGB V über die anteilige Kostentragung der gesetzlichen Krankenversicherung für Sachleistungen bei In-vitro-Fertilisation entsprechende Einschränkung des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung oder eine an dieser Vorschrift orientierte einschränkende Auslegung von § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG rechtfertigen könnten.
4. Als Beginn der Schwangerschaft ist bei einer In-vitro-Fertilisation die Einsetzung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter anzusehen (Embryonentransfer). Ab diesem Zeitpunkt findet Mutterschutzrecht Anwendung. Insbesondere hat die Arbeitnehmerin nach § 11 MuSchG Anspruch auf Mutterschutzlohn, wenn ein ärztliches Beschäftigungsverbot ausgesprochen wird.