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Arbeitsrecht
25.08.2020
Arbeitsrecht
BAG: Betriebsbedingte Kündigung - Zurückweisung von Vorbringen

Das BAG hat mit Urteil vom 11.6.2020 – 2 AZR 400/19 – wie folgt entschieden:

1. Eine Zurückweisung von Vorbringen nach § 296 Abs. 2 ZPO ist grundsätzlich auch in arbeitsgerichtlichen Bestandsschutzstreitigkeiten iSv. § 61a ArbGG möglich (Rn. 12).

2. Ob die Zulassung von nach § 282 Abs. 2 ZPO verspätetem Vorbringen die Erledigung des Rechtsstreits iSv. § 296 Abs. 2 ZPO verzögert hätte, bestimmt sich nach der freien Überzeugung des zurückweisenden Gerichts. Eine Verzögerung liegt vor, wenn das Verfahren bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung, wobei die zeitliche Verschiebung der Beendi-gung nicht ganz unerheblich sein darf (Rn. 21).

 

3. Grobe Nachlässigkeit iSd. § 296 Abs. 2 ZPO ist gegeben, wenn die Prozesspartei ihre Pflicht zur Prozessförderung in besonders gravierender Weise vernachlässigt, wenn sie also dasjenige unterlässt, was nach dem Stand des Verfahrens jeder Partei als notwendig hätte einleuchten müssen (Rn. 25).

4. Für das Vorliegen grober Nachlässigkeit iSv. § 296 Abs. 2 ZPO besteht keine gesetzliche Vermutung. Die den Vorwurf begründenden Tatsachen müssen vom Gericht positiv festgestellt werden. Allein eine Verspätung iSv. § 282 Abs. 2 ZPO berechtigt nicht zu der Annahme, diese beruhe auch auf grober Nachlässigkeit. § 296 Abs. 2 ZPO fordert keine „Entschuldigung“ seitens der Prozesspartei (Rn. 26).

5. Die Zurückweisung von Vorbringen nach § 296 Abs. 2 ZPO setzt eine Ausübung des von der Bestimmung eingeräumten Ermessens voraus. Die dafür maßgeblichen Erwägungen sind vom Gericht im Urteil anzugeben. Eine Ersetzung durch eine eigene Ermessensentscheidung des Rechtsmittelgerichts ist nicht möglich (Rn. 41).

6. Nach § 61a Abs. 3 und Abs. 5 ArbGG kann Vorbringen nur zurückgewiesen werden, wenn der Partei eine hinreichend konkrete Auflage erteilt und sie gem. § 61a Abs. 6 ArbGG über die Folgen einer Versäumung der gesetzten Frist belehrt worden ist. Die Belehrungspflicht besteht auch dann, wenn die Partei anwaltlich vertreten ist.

Allerdings kann es bei anwaltlich vertretenen Parteien ausreichen, dass die Belehrung wörtlich oder sinngemäß den Gesetzeswortlaut wiedergibt. Letzteres ist zB der Fall, wenn die gesetzlichen Fristen als Ausschlussfristen bezeichnet werden (Rn. 54).

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