BAG: Befristung - Vertretung - gedankliche Zuordnung - Personalreserve - institutioneller Rechtsmissbrauch
Das BAG hat mit Urteil vom 24.8.2016 – 7 AZR 41/15 – wie folgt entschieden:
1. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Bei einer Vertretung im Wege sog. gedanklicher Zuordnung muss der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage sein, die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben der vorübergehend abwesenden Stammkraft im Falle ihrer Anwesenheit zu übertragen und diese gedankliche Zuordnung bei Vertragsschluss nach außen erkennbar dokumentieren.
2. Bei der Vertretung im Wege der gedanklichen Zuordnung kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob und ggf. wie die bisherigen Aufgaben der vorübergehend abwesenden Stammkraft wahrgenommen werden. Der Arbeitgeber hat sich durch die gedankliche Zuordnung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Vertretungskraft festgelegt und kann folglich den Ausfall der Stammkraft nicht mehr zur Begründung einer unmittelbaren oder mittelbaren Vertretung durch einen anderen Arbeitnehmer heranziehen.
3. Dem Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG steht nicht entgegen, dass der Arbeitgeber über keine ausreichende Personalreserve für Fälle von Krankheit, Urlaub und Freistellung verfügt, um das regelmäßige Arbeitspensum mit unbefristet beschäftigtem Stammpersonal zu bewältigen. Selbst einem branchentypisch wiederkehrenden, nicht planbaren Vertretungsbedarf muss der Arbeitgeber nicht durch eine Personalreserve begegnen.
4. Teil des Sachgrunds der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG ist eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs nach Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit. Dabei kommt es nur auf den Wegfall des durch die Abwesenheit der Stammkraft verursachten vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs an. Anders als beim Sachgrund des nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 muss im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sein, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht.