LAG Berlin-Brandenburg: Ausschluss der deutschen Gerichtsbarkeit
Das LAG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 10.7.2013 - 17 Sa 2620/10 - wie folgt entschieden:
1. Wird ein Fahrer, der bei einer ausländischen Botschaft beschäftigt ist, als solcher bei Besuchen von offiziellen Delegationen des ausländischen Staates eingesetzt und muss er dabei auch die Funktion eines Dolmetschers übernehmen, weil die Delegationen über keinen eigenen Dolmetscher verfügen, handelt es sich nicht ohne Weiteres um eine hoheitliche Tätigkeit des ausländischen Staates, die nach § 20 Abs. 2 GVG die deutsche Gerichtsbarkeit ausschließen könnte. Die Verbindung der Tätigkeiten als Fahrer und Dolmetscher muss vielmehr in nennenswertem Umfang zur Anbahnung und Pflege von Gesprächskontakten beitragen, die der Pflege politischer, kultureller, wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Beziehungen dienen, damit die Tätigkeit als insgesamt hoheitlich angesehen werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 1.7.2010 – 2 AZR 270/09 – AP Nr. 5 zu Art. 25 GG).
2. Die Botschaft eines ausländischen Staates in der Bundesrepublik Deutschland ist als „Niederlassung“ im Sinne des Art. 18 Abs. 2 EuGVVO anzusehen, wenn der dort beschäftigte Arbeitnehmer nicht hoheitlich tätig wird (EuGH, Urteil vom 19.7.2012 – C-154/11 – NZA 2012, 935). Für eine arbeitsgerichtliche Streitigkeit dieses Arbeitnehmers sind die deutschen Gerichte international zuständig.
3. Kann der in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigte Arbeitnehmer im Falle einer unwirksamen Kündigung nach dem gewählten ausländischen Recht die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht erreichen, sondern muss er sich auf eine finanzielle Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes verweisen lassen, findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, sofern der Arbeitsvertrag nicht engere Verbindungen zu einem anderen Staat aufweist (Art. 30 EGBGB, Art. 8 Rom-I-VO). Für eine derartige engere Verbindung genügt es nicht, dass der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst des ausländischen Staates tätig war.
4. Sieht das gewählte ausländische Recht im Falle der unwirksamen Kündigung keinen Anspruch auf Zahlung einer Annahmeverzugsvergütung vor, finden §§ 615, 295, 296 BGB nach Maßgabe des Art. 30 Abs. 1 EGBGB (Art. 8 Abs. 1 Rom-IVO) Anwendung.