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Arbeitsrecht
15.03.2019
Arbeitsrecht
BAG: Auslegung einer Bezugnahmeklausel - Günstigkeitsvergleich - Darlegungslast

Das BAG hat mit Urteil vom 12.12.2018 – 4 AZR 123/18 – wie folgt entschieden:

1. Nehmen Arbeitsvertragsparteien einzelvertraglich auf die jeweils geltenden Tarifverträge einer bestimmten - regional bezeichneten - Branche Bezug, handelt es sich um eine zeitdynamische Bezugnahme auf die entsprechenden Flächentarifverträge. Soweit der Senat in vereinzelt gebliebenen Entscheidungen aufgrund einer Verweisung auf Betriebsvereinbarungen und Arbeitsordnungen auch eine - weiter gehende - Bezugnahme auf Haustarifverträge angenommen hat, hält er hieran nicht fest (Rn. 22 f.).

2. Eine Bezugnahmeklausel, die auf bestimmte Flächentarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung verweist, kann ohne Vorliegen besonderer Anhaltspunkte mangels einer planwidrigen Regelungslücke nicht ergänzend dahingehend ausgelegt werden, sie erfasse auch spätere - zudem von anderen Tarifvertragsparteien abgeschlossene - Haustarifverträge (Rn. 27).

3. Die Kollision zwischen kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit für ein Arbeitsverhältnis normativ geltender und aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbarer Tarifvorschriften ist nach dem sich aus § 4 Abs. 3 TVG ergebenden Günstigkeitsprinzip zu lösen. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende günstigere Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag enthält, ergibt sich aus einem Vergleich der durch Auslegung zu ermittelnden, in einem inneren Zusammenhang stehenden Teilkomplexe der unterschiedlichen Regelungen (sog. Sachgruppenvergleich) (Rn. 34).

4. Nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen trägt diejenige Partei, die geltend macht, arbeitsvertragliche Regelungen seien günstiger als die unmittelbar und zwingend geltenden tarifvertraglichen Bestimmungen, die entsprechende Darlegungslast. Bei einer vertraglichen Bezugnahme auf tarifliche Bestimmungen ist neben dem Inhalt der Bezugnahmeklausel auch der der in Bezug genommenen Tarifverträge vorzutragen, damit das Gericht in die Lage versetzt wird, den erforderlichen Günstigkeitsvergleich vorzunehmen. Die Gerichte für Arbeitssachen ermitteln - anders als bei unmittelbar und zwingend geltenden Tarifverträgen - den Inhalt von arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträgen nicht selbst (Rn. 35).

5. Gegenstand des Günstigkeitsvergleichs in der Sachgruppe „Arbeitszeit und Arbeitsentgelt“ sind neben dem regelmäßigen Arbeitsentgelt auch Sonderzahlungen, wenn durch sie - zumindest auch - erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergütet werden soll (Rn. 41).

6. Zwischen Ansprüchen auf Arbeitsentgelt auf der einen und einer Beschäftigungssicherung auf der anderen Seite besteht nicht der für einen Sachgruppenvergleich erforderliche innere Zusammenhang. Im Streitfall kann - mangels entsprechender tariflicher Vereinbarung - dahinstehen, ob es Tarifvertragsparteien rechtlich möglich ist, auch solche Regelungen zu einer Sachgruppe zusammenzufassen und damit abweichende Vergleichsmaßstäbe für einen Günstigkeitsvergleich festzulegen (Rn. 47 ff.).

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