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Arbeitsrecht
30.11.-1
Arbeitsrecht
BAG: Auflösende Bedingung in Tarifvertrag - teilweise Erwerbsunfähigkeit - Klagefrist für Bedingungskontrollklage - dynamische Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf Tarifverträge - Inhaltskontrolle

Das BAG hat mit Urteil vom 23.7.2014 - 7 AZR 771/12 - entschieden:
Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG findet keine Anwendung, wenn ein einschlägiger Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist, der seinerseits eine Befristung oder eine auflösende Bedingung vorsieht. Das gilt unabhängig davon, ob der Tarifvertrag aufgrund Tarifgebundenheit, Allgemeinverbindlicherklärung oder arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung findet. Die einem Tarifvertrag zukommende Ausgewogenheit, die insbesondere die Warnfunktion des Schriftformerfordernisses des § 14 Abs. 4 TzBfG entbehrlich macht, ist allerdings nur dann gegeben, wenn der Tarifvertrag insgesamt auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet und nicht nur einzelne, den Arbeitnehmer belastende Regelungen in Bezug genommen sind. Eine im Arbeitsvertrag geregelte dynamische Bezugnahme auf den BAT und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifbestimmungen in der für das Land Baden-Württemberg jeweils geltenden Fassung hält einer AGB-Kontrolle stand. Die in § 33 TV-L geregelte auflösende Bedingung des Arbeitsverhältnisses wegen teilweiser Erwerbsminderung verletzt weder das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB noch ist sie überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB. Bereits § 59 BAT enthielt eine solche - in einem Tarifvertrag mit einem öffentlichen Arbeitgeber nicht ungewöhnliche - Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung wegen Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente. Deshalb war zu erwarten, dass sie auch Bestandteil ablösender Tarifverträge sein würde. Tarifliche Bestimmungen, die zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt einer auflösenden Bedingung führen, müssen den Anforderungen der arbeitsrechtlichen Befristungskontrolle genügen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats rechtfertigt der dauerhafte Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur, wenn der Arbeitnehmer durch eine dauerhafte Rentenleistung wirtschaftlich abgesichert wird. Außerdem darf der Eintritt der Bedingung nicht vom Belieben des Arbeitgebers abhängen; erst die sozialrechtliche Dispositionsbefugnis des Arbeitnehmers erlaubt den Auflösungstatbestand ohne Kündigung. Schließlich muss eine auflösende Bedingung ebenso wie die Zweckbefristung hinreichend bestimmt sein. Der Senat lässt ausdrücklich offen, ob und inwieweit die Regelungen in § 33 Abs. 2 bis 4 TV-L diesen Anforderungen entsprechen. Jedenfalls wird der Fristbeginn für das Weiterbeschäftigungsverlangen nach § 33 Abs. 3 TV-L nicht mit Zugang des Rentenbescheids in Lauf gesetzt, sondern erst durch die Mitteilung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis enden werde. Diese Auslegung des § 33 Abs. 3 TV-L ist durch die nach Art. 12 Abs. 1 GG ge-schützten Interessen des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz verfassungsrechtlich geboten.

 

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