BAG: Anforderungen an das Konsultationsverfahren bei Massenentlassungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 KSchG unter Berücksichtigung von Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. b, Art. 6 der Massenentlassungsrichtlinie 98/59/EG
Das BAG entschied in seinem Urteil vom 20.9.2012 - 6 AZR 155/11 - wie folgt: Bei beabsichtigten Massenentlassungen ist der Betriebsrat nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG schriftlich ua. über die Gründe für die geplanten Entlassungen zu unterrichten. Hat der Arbeitgeber die von § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG geforderten Angaben in einem nicht unterschriebenen Text festgehalten und diesen dem Betriebsrat zugeleitet, genügt die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen, um einen eventuellen Schriftformverstoß zu heilen. Der Betriebsrat macht mit seiner abschließenden Stellungnahme deutlich, dass er sich für ausreichend unterrichtet hält und die Zweiwochenfrist des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG nicht ausschöpfen will. Der Senat lässt deshalb offen, ob § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG gesetzliche Schriftform iSv. § 126 Abs. 1 BGB verlangt. Die Verbindung des Interessenausgleichsverfahrens nach § 111 BetrVG, § 125 InsO mit der Erfüllung der Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist auch unter Berücksichtigung des Erfordernisses unionsrechtskonformer Auslegung anhand der Vorgaben in Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. b der sog. Massenentlassungsrichtlinie 98/59/EG zulässig. Wird ein geplanter Personalabbau auf der Grundlage eines unternehmenseinheitlichen Konzepts durchgeführt und sind mehrere Betriebe von der Betriebsänderung betroffen, ist der Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 BetrVG originär zuständig für den Abschluss eines betriebsübergreifenden Interessenausgleichs mit Namensliste iSv. § 125 InsO. Der Interessenausgleich mit Namensliste ersetzt in einem solchen Fall die Stellungnahme des Gesamtbetriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Ein Bescheid der Agentur für Arbeit heilt Fehler einer Massenentlassungsanzeige nicht.