OLG Hamm: www.mobile.de –Kfz-Beschreibung als konkludente Beschaffenheitsvereinbarung
OLG Hamm, Urteil vom 21.7.2016 – 28 U 2/16
Volltext: BB-Online BBL2016-2050-7
unter www.betriebs-berater.de
Amtlicher Leitsatz
Angaben zur Fahrzeugbeschreibung in einem bei www.mobile.de veröffentlichten Inserat eines Kfz-Händlers werden Grundlage einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung, wenn sie anschließend nicht widerrufen werden.
Sachverhalt
I.
Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug.
Die Beklagte – eine BMW-Vertragshändlerin mit Sitz in T – bot Anfang des Jahres 2015 den streitgegenständlichen BMW X1 sDrive 18d (EZ 09/2012) über die Internetplattform *Internetadresse* bei einer Laufleistung von 40.100 km für 20.690,00 EUR zum Verkauf an.
Der in C wohnende Kläger wurde auf das Inserat aufmerksam und interessierte sich für den BMW. Nach seiner Behauptung soll die Fahrzeugbeschreibung bei *Internetadresse* auch das Ausstattungsmerkmal „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“ umfasst haben, das ihm für die spätere Fahrzeugnutzung wichtig gewesen sei.
Der Kläger setzte sich telefonisch mit dem Verkaufsmitarbeiter B der Beklagten in Verbindung. Dabei wurde über einzelne Ausstattungsdetails nicht gesprochen. Der Kläger entschied sich dafür, den BMW zum angegebenen Preis zu kaufen, wobei zusätzlich 500,00 EUR für Winterkompletträder gezahlt werden sollte.
Die Beklagte übersandte dem Kläger im Nachgang zu dem Telefonat das Bestellformular Nr. 85354 vom 24.02.2015, das sich auf einen Gesamtpreis von 21.190,00 EUR belief. In diesem Bestellformular wurden mit dem Zusatz „Irrtümer und Zwischenverkauf vorbehalten“ diverse Ausstattungsdetails – z.B. Multifunktion für Lenkrad, Dachreling, Park Distance Control (PDC), Klimaautomatik und Radio BMW Professional – wiedergegeben. Die Ausstattung „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“ war in dem Bestellformular allerdings nicht angegeben.
Der Kläger unterzeichnete das Formular, scannte es ein und sandte es per Email an die Beklagte zurück. Anschließend überwies der Kläger den Kaufpreis an die Beklagte.
Am 05.03.2015 begab der Kläger sich mit einem bei Europcar gemieteten Fahrzeug zu der Beklagten und bekam dort den gekauften BMW X1 übergeben.
In der Folgezeit meldete der Kläger sich bei der Beklagten und beanstandete, dass der BMW entgegen den Angaben im Internet nicht über eine Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle verfüge.
Seitens der Beklagten wurde dem Kläger erläutert, dass eine solche Ausstattung bei dem Fahrzeug auch nicht vorhanden sei.
In der Folgezeit wurden zwischen den Parteien Telefonate geführt und Emails gewechselt. Der Kläger übersandte der Beklagten zwei Ausdrucke der Fahrzeugbeschreibung, die die Ausstattung Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle auswiesen, und behauptete, so sei das Inserat bei *Internetadresse* veröffentlicht worden.
Der bei der Beklagten beschäftigte Zeuge I2 teilte dem Kläger hingegen mit Email vom 31.03.2015 mit, die übersandten Ausdrucke würden nicht dem Inserat entsprechen, das die Beklagte bei *Internetadresse* veröffentlicht habe. Im Internet sei keine Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle angegeben gewesen; er könne dem Kläger beim besten Willen keine andere Auskunft geben.
Am 01.04.2015 ließ der Kläger über seine Prozessbevollmächtigten den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären und forderte die Beklagte auf, den Kaufpreis von 21.190,00 EUR Zug um Zug gegen Fahrzeugrückgabe zurückzuerstatten.
Am 08.04.2015 ließ die Beklagte durch Anwaltsschreiben erwidern, dass in der vom Kläger unterschriebenen Bestellung weder eine USB-Schnittstelle noch die Freisprecheinrichtung enthalten gewesen seien. Deshalb bestehe kein Rücktrittsrecht. Im Gegenteil sei der Kläger verpflichtet, die auf Seiten der Beklagten angefallenen Anwaltskosten zu ersetzen.
Mit Anwaltsschreiben vom 09.04.2015 forderte der Kläger die Beklagte erneut auf, ihre Bereitschaft zur Rückabwicklung des Vertrages bis zum 16.04.2015 zu erklären.
Nachdem die Beklagte sich darauf nicht einließ, machte der Kläger die jetzige Klage rechtshängig. Er hat dabei erstinstanzlich bekräftigt, dass die von der Beklagten bei *Internetadresse* veröffentlichte Anzeige auch die Ausstattungsdetails Freisprecheinrichtung und USB-Schnittstelle umfasst habe. Das könne seine Lebensgefährtin – die Zeugin I – bestätigen. Diese Internetangaben seien Grundlage einer Beschaffenheits-vereinbarung i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB geworden. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass in der späteren Bestellbestätigung weder eine Freisprecheinrichtung noch die USB-Schnittstelle erwähnt gewesen seien. Aus verständiger Sicht hätten die in dieser Bestellbestätigung angegebenen Ausstattungsdetails nämlich nur exemplarischen Charakter gehabt. So seien darin auch zahlreiche weitere, in der *Internetadresse*-Anzeige unstreitig angegebene Details wie Bordcomputer, CD-Spieler etc. nicht wiederholt worden. Weil dem gekauften Fahrzeug die vereinbarten Beschaffenheitsmerkmale Freisprecheinrichtung und USB-Schnittstelle unstreitig fehlen würden, sei er zum Rücktritt berechtigt gewesen. Eine Nachbesserung sei von der Beklagten mit ihrer Email vom 31.03.2015 ernsthaft und endgültig abgelehnt worden. Im Übrigen sei aber auch eine Nachrüstung mit einer original BMW-Freisprecheinrichtung unmöglich. Würde man statt dessen die Freisprecheinrichtung eines Fremdanbieters nachträglich einbauen, so habe dies ein Erlöschen der BMW-Herstellergarantie zur Folge.
Der Kläger hat die Rückerstattung des Kaufpreises abzüglich Nutzungsentschädigung für zurückgelegte 1.640 km verlangt und insofern eine Klageforderung von 21.190,00 – 141,00 = 21.049,00 EUR errechnet.
Ferner hat er den Ersatz folgender Positionen verlangt
Kosten Anmietung Europcar 128,00 EUR
Tankkosten für Fahrt zur Beklagten 61,00 EUR
Anmeldekosten 48,00 EUR
Kosten für Kfz-Kennzeichen 19,80 EUR
256,80 EUR
und die Feststellung des Annahmeverzugs sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten, die einerseits in Höhe von 1.171,67 EUR angefallen seien zur Verfolgung eigener Ansprüche und andererseits in Höhe von 201,71 EUR zur Verteidigung gegen die von der Beklagten geltend gemachte Gebührenforderung.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 21.049,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.04.2015 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKW BMW X1, Fahrgestell-Nr. ####
2. festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Annahme der unter Ziff. 1 bezeichneten Gegenleistung in Verzug befindet
3. ihn im Wege des Schadensersatzes von der Gebührenforderung der Rechtsanwälte N & N in Höhe von 201,71 EUR freizustellen
4. an ihn Schadensersatz in Höhe von 256,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen
5. ihn von der Gebührenforderung der Rechtsanwälte N & N in Höhe von 1.171,67 EUR freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet und durch Benennung des Zeugen I2 unter Beweis gestellt, dass die vom Kläger vorgelegten Ausdrucke der Internet-Annonce nicht dem Inhalt des tatsächlich veröffentlichten Inserates entsprochen hätten. Die vom Kläger vorgelegten Anzeigen würden „irgendwo von einer Autofinanzierungsplattform stammen“. Abgesehen davon sei eine solche Internetannonce rechtlich ohnehin nur als unverbindliche invitatio ad offerendum anzusehen. Die eigentlichen Vertrags-bedingungen seien in dem Bestellformular aufgenommen worden; darin seien aber weder die Freisprecheinrichtung noch die USB-Schnittstelle erwähnt. Die angeblich vom Kläger für wichtig erachteten Ausstattungsdetails seien auch weder in dem Telefonat noch bei der Fahrzeugabholung besprochen worden. Im Gegenteil habe der Kläger sofort erkennen müssen, dass im Armaturenbrett kein USB-Anschluss vorhanden sei. Hinsichtlich der Freisprecheinrichtung könne die behauptete Angabe in der Internet-Annonce – wenn es sie denn gegeben hätte – auch nicht so verstanden werden, dass es sich zwangsläufig um eine werksseitig verbaute original BMW-Einrichtung handeln müsse. So lasse sich auch bei dem streitgegenständlichen BMW eine Freisprecheinrichtung ganz einfach nachträglich mittels Bluetooth-System nachrüsten.
Das Landgericht hat den Kläger persönlich angehört und die Beklagte in der Hauptsache verurteilt, an den Kläger 21.045,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17.04.2015 zu zahlen Zug um Zug gegen Fahrzeugrückgabe und -übereignung.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Kläger zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt sei, weil dem gekauften BMW X1 im Hinblick auf die Freisprecheinrichtung und die USB-Schnittstelle die vereinbarte Beschaffenheit fehle (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB). Das Landgericht war davon überzeugt, dass die vom Kläger zur Akte gereichten Ausdrucke der *Internetadresse*-Annonce zuvor von der Beklagten im Internet veröffentlicht worden waren. Das Bestreiten der Beklagten sei unerheblich, weil sie insbesondere nicht die vermeintlich richtige Anzeige vorgelegt habe. Die Vorfeldangaben der Beklagten seien auch nicht durch Übersenden des Bestellformulars außer Kraft gesetzt worden. Darin seien die Ausstattungsmerkmale des Fahrzeugs nur beispielhaft aufgelistet worden. Im Übrigen sei die Angabe zur Freisprecheinrichtung auch so auszulegen, dass es sich um ein Original-Bauteil von BMW handeln müsse und nicht um das Produkt eines Drittanbieters. Insofern sei zwischen den Parteien unstreitig, dass eine Nachrüstung unmöglich sei. Deshalb habe der Kläger auch keine Frist zur Nachbesserung setzen müssen. Es liege auch keine nur unerhebliche Pflichtverletzung vor. Der Kläger habe vorgetragen, dass er auf ein problemloses Telefonieren während der Fahrt angewiesen sei. Es sei auch plausibel, dass ihm das Fehlen der Freisprecheinrichtung erst nachträglich aufgefallen sei, als er sich mit dem Fahrzeug vertraut gemacht habe.
In der Rechtsfolge könne der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung von 145,00 EUR verlangen. Auch das Feststellungsbegehren sei zulässig und begründet. Der Kläger könne des Weiteren die Aufwendungen in Höhe von 256,80 EUR ersetzt verlangen.
Ihm stehe ferner ein Freistellungsanspruch zu, der sich auf die Gebührenforderung seiner Bevollmächtigten von 1.171,67 EUR beziehe, während hinsichtlich der Verteidigung gegen den gegnerischen Anspruch keine gesondert abrechnungsfähige Gebühr von 201,71 EUR angefallen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten:
Das Urteil des Landgerichts sei fehlerhaft, weil kein Beweis zu der Klägerbehauptung erhoben worden sei, die zur Akte gereichte Annonce sei tatsächlich im Internet veröffentlicht gewesen. Diese Behauptung sei von ihr substantiiert bestritten worden. Es sei vorgetragen worden, dass das zur Akte gereichte Inserat weder eine Adresse noch eine Telefonnummer von ihr aufgewiesen habe. Der Kläger habe das Inserat möglicherweise selbst zusammengebastelt. Es würden die URL und das Logo von *Internetadresse* fehlen. Auch *Internetadresse* habe auf entsprechende Anfrage nicht bestätigen können, dass es sich bei dem vom Kläger vorgelegten Exemplar um eine Original-Anzeige handele.
Festzuhalten sei jedenfalls, dass der BMW genauso geliefert worden sei wie in dem Bestellformular angegeben. Ein Rücktritt von diesem Vertrag scheide auch deshalb aus, weil eine etwaige Pflichtverletzung unerheblich sei. Der Kläger als Käufer habe nicht erwarten dürfen, dass es sich um eine orginal BMW-Freisprecheinrichtung handeln würde. Die Nachrüstung mit einer Bluetooth-Freisprecheinrichtung verursache aber lediglich Kosten von 80,00 EUR. Auch die funktionelle Beeinträchtigung falle gering aus. Mangels Rücktrittsberechtigung würden dem Kläger auch die übrigen zuerkannten Ansprüche nicht zustehen. Im Gegenteil sei sie – die Beklagte – berechtigt, vom Kläger die Zahlung nicht erstattungsfähiger vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 1.171,67 EUR zu verlangen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Bochum abzuändern und die Klage abzuweisen
sowie widerklagend, den Kläger zu verurteilen, an sie 1.171,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der deutschen Bundesbank ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen.
Er bekräftigt das landgerichtliche Urteil mit näheren Ausführungen. Er betont insbesondere, dass die Beklagte bislang nicht das vermeintliche Original-Inserat vorgelegt habe, das sie – ihren Vortrag als wahr unterstellt – als seriöse Händlerin in ihren Unterlagen haben müsste. Der Vortrag zur vermeintlichen Unerheblichkeit der Pflichtverletzung sei ebenfalls falsch. Er müsse sich keinesfalls auf eine Billiglösung von 80,00 EUR einlassen, bei der eine Freisprecheinrichtung über den Zigarettenanzünder betrieben werde, zumal eine solche Lösung nicht über das Multifunktionslenkrad bedient werden könne und auch nicht über die fahrzeugeigenen Lautsprecher funktioniere. Außerdem fehle auch der USB-Anschluss, der ebenfalls unstreitig nicht nachrüstbar sei.
Weil das Landgericht zu Recht von einer Rücktrittsberechtigung ausgegangen sei, könne die Beklagte auch nicht die mit der Widerklage geltend gemachten Rechtsanwaltskosten erstattet verlangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils und die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat den Kläger persönlich angehört und die Zeugin I sowie den Zeugen I2 vernommen. Das Ergebnis der Parteianhörung und Beweisaufnahme geht aus dem Berichterstattervermerk vom 30.06.2016 hervor.
Aus den Gründen
II.
Die Berufung der Beklagten ist fast vollständig unbegründet; die Urteilssumme war lediglich hinsichtlich der Nutzungsentschädigung anzupassen.
1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der am 01.04.2015 erklärte Rücktritt vom Kaufvertrag wirksam ist und der Kläger deshalb die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Fahrzeugrückgabe und -übereignung verlangen kann (§§ 346, 323, 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 S. 1, 433 Abs. 1 S. 2 BGB).
a) Dem Kläger stand ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, weil das gekaufte Fahrzeug mangelhaft ist. Die Mangelhaftigkeit beruht darauf, dass der BMW keine Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle aufweist, obwohl dies i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB als Sollbeschaffenheit positiv vereinbart wurde.
aa) Die Beschaffenheitsvereinbarung beruht auf der Fahrzeugbeschreibung, die die Beklagte im Internet unter *Internetadresse* freigeschaltet hatte. Dieser Internetannonce fehlte zwar als bloßer invitatio ad offerendum der Rechtscharakter einer Willenserklärung. Entgegen der Einschätzung der Beklagten kommt aber entsprechenden Angaben im Internet zumindest im Bereich des Kfz-Handels in dem Sinne eine Verbindlichkeit zu, als dass durch sie die Sollbeschaffenheit des Fahrzeugs festgelegt wird. Aus Sicht eines Kaufinteressen werden solche Vorfeldangaben deshalb Grundlage einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung gem. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB (BGH NJW 2007, 1346; BGH NJW-RR 2011, 462; BGH NJW 2012, 2723; BGH NJW 2013, 1074; Reinking/Eggert Der Autokauf, 12. Aufl. 2014, Rnr. 2429; Palandt-Weidenkaff BGB, 75. Aufl. 2016, § 434 Rnr. 15).
Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme hat der Kläger auch zur Überzeugung des Senats bewiesen, dass die von der Beklagten bei *Internetadresse* veröffentlichte Fahrzeugbeschreibung den Inhalt hatte, wie dem als Anlage A1 seiner Klageschrift beigefügten Ausdruck zu entnehmen ist. Danach wurde bereits in der Überschrift des Inserats darauf hingewiesen, dass der BMW X1 auch „USB“ haben. Zudem war auch in der tabellarischen Auflistung der Ausstattungsdetails das hier umstrittene Merkmal „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“ ebenfalls ausdrücklich erwähnt.
Zwar bestreitet die Beklagte, dass das vom Kläger vorgelegte Inserat von ihr herrührt. Der Kläger und die Zeugin I haben aber vor dem Senat glaubhaft die Situation beschrieben, in der sie zu Hause im Internet nach einem gebrauchten BMW X1 gesucht haben. Die Zeugin I bestätigte dabei die Angabe ihres Lebensgefährten, dass dieser auf der Plattform *Internetadresse* in der dortigen Eingabemaske der Detailsuche bestimmte Vorgaben gemacht habe. Ihnen seien eine Dachreling, ein Multifunktionslenkrad und eben die Freisprecheinrichtung wichtig gewesen; diese Details seien in der Suchfunktion als gewünschte Kriterien angeklickt worden. Daraufhin seien drei Fahrzeuge angezeigt worden. Für sie sei aber nur das von der Beklagten angebotene Fahrzeug in Betracht gekommen, weil sie den Kauf aus Sicherheitsgründen nur bei einem BMW-Vertragshändler hätten abwickeln wollen.
Die vom Kläger zur Akte gereichten zwei Druckversionen der Internetanzeige weisen zwar eine unterschiedliche optische Darstellung auf. Diese Unterschiedlichkeit ist aber entgegen der Einschätzung der Beklagten kein Indiz dafür, dass der Kläger diese Ausdrucke im Nachhinein selbst entworfen oder dass die Veröffentlichung ohne Autorisierung der Beklagten woanders im Internet stattgefunden hat. Der Kläger erläuterte nämlich plausibel, dass der erste Ausdruck der *Internetadresse*-Annonce über seinen web-browser erfolgt sei. Nachdem dann die Mitarbeiter der Beklagten den Inhalt der Annonce nicht hätten glauben wollen, habe er sich mit Hilfe der Reklamationsstelle von *Internetadresse* über den google-cache das Inserat erneut anzeigen lassen und dieses sodann – wie aus der Anlage A1 zur Klageschrift ersichtlich – ausgedruckt. Auf die Druckdarstellung habe er in beiden Fällen keinen Einfluss nehmen können.
Im Übrigen bestätigte aber auch die Zeugin I, dass die am Bildschirm angezeigte Fahrzeugbeschreibung die Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle aufgewiesen habe.
Soweit die Beklagte den Zeugen I2 zum Beweis ihrer Behauptung benannt hat, eine Freisprecheinrichtung bzw. eine USB-Schnittstelle seien in der *Internetadresse*-Anzeige keineswegs erwähnt gewesen, ging dies aus der Aussage des Zeugen nicht hervor. Der Zeuge I2 schien vielmehr bei seiner Aussage die damalige Verkaufsabwicklung mit einem anderen Vorgang zu verwechseln. Jedenfalls konnte seine Angabe, der BMW müsse an einem Samstagvormittag übergeben worden sein, weil er der einzige Verkäufer im Autohaus gewesen sei, schon deshalb nicht zutreffen, weil nach den zur Akte gereichten Dokumenten die Übergabe – unstreitig – am Donnerstag, dem 05.03.2015, erfolgte.
Zu der Frage, wie die streitgegenständliche Internetannonce abgefasst worden sei, konnte der Zeuge I2 keine Angaben machen. Er bekundete allerdings, dass seitens der Autoverkäufer im Regelfall gar kein Einfluss auf den Inhalt der bei *Internetadresse* veröffentlichten Fahrzeugbeschreibungen genommen werde. Vielmehr würden die Ausstattungsdetails eines neu hergestellten Fahrzeugs im BMW-Werk erfasst; auf diese Daten könnten BMW-Händler zugreifen. Wenn in einem Autohaus ein Fahrzeug hereingenommen werde, würde der Disponent die Daten abrufen. Bei einem Weiterverkauf würden die Daten dann unverändert an *Internetadresse* weitergeleitet. Der Inhalt der Fahrzeugbeschreibung bei *Internetadresse* bestehe im ersten Teil aus der Standardausstattung, über die jeder BMW X1 verfüge. Diese Daten würden von *Internetadresse* selbst redaktionell bearbeitet. Der zweite Teil der Beschreibung bestehe dann aus den weitergeleiteten Werksdaten für das konkrete Fahrzeug.
Nach dem Inhalt der Zeugenaussage kann die Beklagte gar nicht beurteilen, ob nicht möglicherweise im BMW-Werk fälschlicherweise eine Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle in den fahrzeugbezogenen Datensatz aufgenommen und dies entsprechend falsch bei *Internetadresse* veröffentlicht wurde. Eine verkäuferseitige Kontrolle der weitergeleiteten Datensätze findet nach den Angaben des Zeugen I2 nicht statt. Es sei auch nicht üblich – so der Zeuge – die *Internetadresse*-Inserate auszudrucken und zur Fahrzeugakte zu nehmen. Deshalb läge der Beklagten im Streitfall auch nicht mehr das – vermeintlich abweichende – „Original-Inserat“ vor.
Immerhin betonte der Zeuge I2 aber mehrfach, er könne sich genau daran erinnern, dass der Kläger noch am Tag der Fahrzeugabholung auf dem Nachhauseweg nach C bei ihm angerufen und sich darüber beschwert habe, dass der BMW über keine Freisprecheinrichtung verfüge. – Ein solcher sofortiger Rückruf wäre aber wiederum nur plausibel, wenn der Kläger nach den Angaben im Internet tatsächlich davon ausgegangen war, dass der BMW über eine Freisprecheinrichtung verfügte.
Letztlich bestätigt damit die Aussage des Zeugen I2 die Darstellung des Klägers und die Aussage der Zeugin I, dass es ihnen von vornherein auf die Freisprecheinrichtung mit der USB-Schnittstelle angekommen sei. Ihre Angaben sind auch deshalb glaubhaft, weil sie keine überzogene Belastungstendenz zum Ausdruck brachten. Der Kläger räumte vielmehr ein, dass er mit Herrn B die einzelnen Ausstattungsdetails nicht noch einmal telefonisch durchgegangen sei. Mit der eigentlichen Verkaufsabwicklung durch Herrn B sei er sogar so zufrieden gewesen, dass er zur Fahrzeugabholung als Gastgeschenk ein kleines Fässchen Fiege-Pils aus Bochum mitgebracht habe.
bb) Die durch das *Internetadresse*-Inserat erzeugte Erwartungshaltung, dass der BMW mit einer Freisprecheinrichtung ausgestattet sein würde, wurde im Übrigen auch nicht dadurch außer Kraft gesetzt, dass es in dieser Anzeige am Ende hieß „Irrtümer vorbehalten“.
Ein Kaufinteressent erwartet bei einer solchen Klausel nicht, dass er die Fehlerhaftigkeit sämtlicher vorstehender Detailangaben zu dem Fahrzeug hinnehmen muss. Sondern er geht davon aus, dass bis zum Abschluss des Vertrages eine Richtigstellung etwaiger Irrtümer erfolgen wird. Das ist aber im Streitfall nicht geschehen. Die Beklagte hat vielmehr selbst auf die Beanstandung des Klägers hin nicht in Erwägung gezogen, dass eine irrtümliche Angabe zu einem Ausstattungsdetail vorliegen könnte, die ihr bis dahin mangels Kontrolle nicht aufgefallen war.
cc) Entgegen der Einschätzung der Beklagten ist die Beschaffenheitsvereinbarung „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“ auch nicht so zu verstehen, dass mit dieser Angabe ein Bauteil aus dem Zubehörhandel gemeint war.
Vielmehr geht die – berechtigte - Erwartungshaltung eines verständigen Kaufinteressenten dahin, dass es sich um das offiziell von BMW angebotene Sonderausstattungsmerkmal „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“ handelte, das seinerzeit für den BMW X1 durch Angabe der entsprechenden SA-Nr. vor Erstauslieferung gegen Aufpreis bestellt werden konnte. Auch der Umstand, dass die Freisprecheinrichtung in der Auflistung bei *Internetadresse* unterschiedslos zwischen den ebenfalls werkseitig verbauten Bauteilen „Bordcomputer“ und „Radio BMW Professional“ aufgeführt wurde, musste so verstanden werden, dass es sich um eine werksseitige Freisprecheinrichtung handelte, zumal dadurch eine Ansteuerung über das Multifunktionslenkrad gewährleistet wurde.
dd) Die positive Beschaffenheitsvereinbarung „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“ wurde nicht dadurch widerrufen, dass dieses Ausstattungsmerkmal nicht mehr im Bestell-Formular vom 24.02.2015 erwähnt wurde, das die Beklagte dem Kläger zur Unterschrift übersandt hat.
Wenn ein gewerblicher Kfz-Verkäufer im Vorfeld des Vertragsschlusses konkrete Angaben zur Beschaffenheit des angebotenen Fahrzeugs gemacht hat, kann er sich davon nur distanzieren, wenn er gegenüber dem Kaufinteressenten vor dem Vertragsschluss eine eindeutige Klarstellung vornimmt, dass ein entsprechendes Beschaffenheitsmerkmal eben doch nicht oder nur in anderer Form vorhanden ist.
So ist in der Rechtsprechung zum Autokauf anerkannt, dass eine im Internet veröffentlichte Vorfeldangabe zur Scheckheftpflege oder zum Bestehen einer Herstellergarantie nicht dadurch hinfällig wird, dass diese Beschaffenheit in einem späteren schriftlichen Vertrag nicht mehr erwähnt wird (KG NJW-RR 2012, 290; OLG Schleswig DAR 2012, 581; zur abweichenden Bewertung bei Grundstücksverträgen, die der notariellen Beurkundung unterliegen: BGH MDR 2016, 323).
Zwar könnte man im Streitfall auch davon ausgehen, dass die Ausstattungsauflistung im Internet-Inserat durch die im Bestellformular enthaltene Ausstattungsauflistung komplett ersetzt werden sollte. Das hätte zur Folge, dass die Beschaffenheitsangabe „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“ nicht mehr gelten sollte, weil sie in der Auflistung des Bestellformulars nicht mehr vorhanden war.
Dieses Auslegungsergebnis entspricht aber nicht dem Eindruck, den ein durchschnittlich informierter Autokäufer haben musste. Für einen solchen Kaufinteressenten war nur ersichtlich, dass von den vielen in der Internetannonce aufgelisteten Ausstattungsmerkmalen in dem Bestellformular nur wenige übrig geblieben waren. Aus welchen Gründen diese Begrenzung vorgenommen wurde, war für ihn nicht erkennbar. Möglicherweise kam es der Beklagte darauf an, nur besonders populäre Ausstattungsdetails wie die 17“ Leichtmetallräder und das BMW Professional Radio zu wiederholen, während die Freisprecheinrichtung kostenmäßig nur eine untergeordnete Bedeutung hatte und deshalb nicht eigens wiederholt werden sollte.
Wegen dieser bestehenden Unsicherheit kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die Vorfeldangabe über die Freisprecheinrichtung auf die erforderliche eindeutige Weise widerrufen wurde, als die Beklagte dem Kläger das Bestellformular ohne Erwähnung dieser Freisprecheinrichtung übersandte.
b) Auch die übrigen Voraussetzungen für die wirksame Ausübung des gesetzlichen Rücktrittsrechts lagen vor.
aa) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass dem Kläger das Fehlen der Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle bei Übernahme des BMW aufgefallen sein müsse.
Eine Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen findet gem. § § 442 BGB nur statt, wenn dem Käufer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Mangel positiv bekannt bzw. als Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Daran fehlt es aber im Streitfall schon deshalb, weil der Kläger den BMW noch nicht in Augenschein genommen hatte, als er das Bestellformular unterschrieben an die Beklagte zurücksandte und damit das Zustandekommen des Kaufvertrages bewirkte.
bb) Die Rücktrittsberechtigung des Klägers scheitert auch nicht daran, dass er der Beklagten vor der Rücktrittserklärung vom 01.04.2015 nochmals gem. § 323 Abs. 1 BGB die Gelegenheit zur Nacherfüllung hätte gewähren müssen.
Zum einen hatte die Beklagte dem Kläger zuvor durch die Mitteilung vom 31.03.2015, dass die Freisprecheinrichtung in der Original-Anzeige nicht enthalten gewesen sei und sie dem Kläger beim besten Willen keine andere Auskunft geben könne, im Sinne des § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu erkennen gegeben, dass sie eine Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert.
Im Übrigen war aber auch eine Nachrüstung des Fahrzeugs mit der werksseitig von BMW angebotenen Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle – unstreitig – nicht möglich. Auf den nachträglichen Einbau einer anderen Freisprecheinrichtung z.B. eines Fremdanbieters musste der Kläger sich nicht einlassen, weil eine solche Maßnahme nicht geeignet gewesen wäre, das auf eine werksseitige Freisprecheinrichtung bezogene Vertragssoll zu erfüllen.
cc) Aus dem letztgenannten Grund greift auch der mit der Berufungsbegründung vertiefte Einwand der Beklagten nicht durch, der Rücktritt scheitere zumindest wegen § 323 Abs. 5 S. 2 BGB an der Unerheblichkeit einer etwaigen Pflichtverletzung. Auf die von der Beklagten aufgezeigte Möglichkeit, eine Bluetooth-Freisprecheinrichtung für 80,00 EUR nachzurüsten, brauchte der Kläger sich nicht verweisen zu lassen, denn ihm war wie dargelegt die werksseitige Sonderausstattung „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“ versprochen worden.
Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass der Verstoß gegen eine positive Beschaffenheitsvereinbarung in der Regel die Erheblichkeit der dem Verkäufer anzulastenden Pflichtverletzung indiziert (BGH NJW-RR 2010, 1289; BGH NJW 2013, 1365; Reinking/Eggert Rnr. 3513). Der Streitfall gibt insoweit keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung.
c) In der Rechtsfolge schuldet die Beklagte dem Kläger gem. § 346 BGB die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Fahrzeugrückgabe und -übereignung.
Vom Kaufpreis von 21.190,00 EUR ist ein Abzug für die Nutzungsentschädigung vorzunehmen, die sich auf die zwischenzeitig vom Kläger zurückgelegte Fahrtstrecke bezieht. Dabei handelt es sich ohne Berücksichtigung der Überführungsfahrt von T nach C von 616 km um eine Strecke von 3.284 km.
Der lineare Wertschwund beträgt damit nach der Formel
21.190,00 EUR * 3.284 km
------------------------------------- = 435,20 EUR,
200.000 km – 40.100 km
so dass eine Urteilssumme von 20.754,80 EUR zu tenorieren war.
Dieser Betrag ist gem. §§ 286, 288 BGB ab dem 17.04.2015 zu verzinsen, weil sich die Beklagte ab diesem Zeitpunkt durch den Ablauf der im Schriftsatz vom 01.04.2015 gesetzten Frist in Zahlungsverzug befand.
2. Das Landgericht hat dem Kläger ferner zu Recht einen Anspruch auf Erstattung vergeblicher Aufwendungen in Höhe von 256,80 EUR zuerkannt. Dagegen richtet sich kein gesonderter Berufungsangriff.
Auch die vom Landgericht getroffene Feststellung des Annahmeverzug und die zugunsten des Klägers ausgeurteilte Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,67 EUR werden von der Beklagten zu Recht nicht angegriffen.
III.
Die in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage der Beklagten ist unbegründet.
Der Beklagten steht gegen den Kläger kein Anspruch auf Erstattung ihrer eigenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,67 EUR zu, die für die Rechtsverteidigung gegen das Rückzahlungsverlangen des Klägers angefallen sein sollen.
Zum einen ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte überhaupt einer entsprechenden Honorarforderung ihrer Prozessbevollmächtigten ausgesetzt ist, denn bislang fehlt es an der nach § 10 RVG erforderlichen Honorarrechnung der Bevollmächtigten gegenüber der Beklagten. Die Prozessbevollmächtigten haben lediglich dem Kläger die Honorarrechnung vom 08.04.2015 übersandt, zu dem aber kein Mandatsverhältnis bestand.
Im Übrigen scheitert ein Erstattungsanspruch der Beklagten aber auch daran, dass die Rechtsverfolgung des Klägers – wie die vorstehenden Ausführungen zeigen – durchaus berechtigt war.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Über die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gem. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO entschieden.
V.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder eine grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).