AG Essen: Örtliche Zuständigkeit für Quelle-Insolvenz
AG Essen, Beschluss vom 1.9.2009 - 166 IN 119/09
Aus den Gründen
Das als Insolvenzgericht angerufene Amtsgericht Essen ist örtlich zuständig.
Die Schuldnerin übte im Zeitpunkt der Antragstellung eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 2 InsO aus, wobei deren Mittelpunkt im Bezirk des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - Essen belegen ist. Dies lässt sich auf der Grundlage der vorliegenden Ergebnisse der von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen (§ 5 Abs. 1 S. 1 und 2 InsO), insbesondere unter Berücksichtigung der eigenen Angaben der Schuldnerin und des Gutachtens des zum Sachverständigen bestellten Rechtsanwalts Pluta, feststellen.
Übt der Schuldner eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit aus, so ist für das Insolvenzverfahren das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk der Mittelpunkt dieser Tätigkeit liegt (§ 3 Abs. 1 S. 2 InsO); andernfalls ist der allgemeine Gerichtsstand maßgebend (§ 3 Abs. 1 S. 1 InsO). Eine im Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung ausgeübte selbständige wirtschaftliche Tätigkeit der Schuldnerin sperrt, da dieses Kriterium nach der gesetzlichen Regelung vorrangig ist, bei der Bestimmung des zuständigen Insolvenzgerichts ein Abstellen auf den für den allgemeinen Gerichtsstands maßgeblichen Sitz der Schuldnerin (§§ 4 InsO, 17 Abs. 1 S. 1 ZPO). Bei Konzernen ist die Bestimmung des zuständigen Insolvenzgerichts für jedes einzelne Konzernunternehmen gesondert vorzunehmen. Diesbezüglich hat der Gesetzgeber für Konzerne keine Sonderregelungen geschaffen, insbesondere keinen einheitlichen Gerichtsstand normiert.
Zur Bestimmung des Mittelpunktes der selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit sind durch Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse der Schuldnerin Indizien zu gewinnen, die auf die tatsächliche Willensbildung der Schuldnerin, deren Dokumentation und Umsetzung schließen lassen, wobei die gefundenen Ergebnisse wertend zu betrachten sind. Eine gesetzliche Definition des Mittelpunktes der selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit besteht nicht. Für den Mittelpunkt der selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit ist mit der überwiegend vertretenen Auffassung auf den Ort abzustellen, an dem die tatsächliche Willensbildung stattfindet, die Entscheidungen der Unternehmensleitung getroffen, dokumentiert und umgesetzt werden, wofür eine gewisse organisatorische Verfestigung zu verlangen ist (Kirchhof in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 4. Auflage, § 3 Rdnr. 9; Ganter in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Auflage, § 3 Rdnr. 10; Rüther in Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 2. Auflage, § 3 Rdnr. 13).
In dem am 29.06.2009 beauftragten, am 30.06.2009 erstatteten und am 31.06.2009 beim Amtsgericht Essen eingegangenen Gutachten hat der Sachverständige Pluta Umstände ermittelt, die die Feststellung tragen, dass die tatsächliche Willensbildung der Schuldnerin, deren Dokumentation und Umsetzung im Bezirk des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - Essen erfolgte.