OLG Frankfurt a. M.: Örtliche Zuständigkeit: Gerichtsstand des Erfüllungsorts bei Rückabwicklung eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrags
OLG Frankfurt, Urteil vom 20.1.2021 – 17 U 492/19
ECLI:DE:OLGHE:2021:0120.17U492.19.00
Volltext: BB-Online BBL2021-514-3
Amtliche Leitsätze
1. Gemäß § 29 ZPO besteht für Ansprüche im Zusammenhang mit dem Widerruf und der Rückabwicklung eines Darlehensvertrags, der mit einem Pkw-Kauf ein verbundenes Geschäft darstellt, ein einheitlicher Erfüllungsort am Ort, an dem sich die veräußerte Sache vertragsgemäß befindet.
2. Sind Ansprüche mit unterschiedlichen Erfüllungsorten mittels einer innerprozessualen Bedingung voneinander abhängig gemacht, hindert die Klammerwirkung der Bedingung eine Abtrennung der bedingten Ansprüche.
Sachverhalt
I.
Der Kläger wendet sich mit der Berufung gegen die Abweisung seiner Klage als unzulässig, nachdem er die Beklagte auf Rückabwicklung eines Fahrzeugfinanzierungsvertrags in Anspruch genommen hat.
Mit schriftlichem Darlehensvertrag vom 09.06.2015 nahm der in Stadt1 wohnhafte Kläger bei der Beklagten ein Darlehen zur Finanzierung eines Vorführfahrzeugs Marke1 Modell1 mit einem Kilometerstand von 8.000 km (EZ 01/2015) über einen Nettodarlehensbetrag von 40.799,99 € zu einem für die gesamte Vertragslaufzeit festgeschriebenen Sollzinssatz von 1,97 % p.a. auf. Der Vertrag sah neben einer Anzahlung von 5.000,00 € die Zahlung von 48 Monatsraten zu je 343,16 € und eine Schlussrate von 27.022,00 € vor. Der Vertrag enthielt auf Seite 2 eine Widerrufsbelehrung. Ferner schloss der Kläger mit dem in Aschaffenburg ansässigen Verkäufer eine Rückkaufvereinbarung, mit der sich dieser verpflichtete, das Fahrzeug in einem im Einzelnen festgelegten Zustand zu einem Preis von 27.022,00 € zurückzukaufen. Zur Sicherung des Darlehens wurden u.a. Lohn- und Gehaltsansprüche an die Beklagte, die ihren Sitz in Stuttgart hat, abgetreten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunde (Anlage KGR1 = Bl. 32 ff. d.A.) verwiesen.
Die Darlehensvaluta wurde im Juni 2015 an den Verkäufer des Fahrzeugs ausgezahlt. Der Kläger nahm im Juli 2015 die Ratenzahlung auf.
Mit privatschriftlichem Schreiben vom 16.05.2019 erklärte der Kläger den Widerruf seiner Vertragserklärung und verlangte unter Fristsetzung die Rückabwicklung des Vertrages (Anlage KGR 2 = Bl. 47 d.A.). Dies wies die Beklagte zurück. Anschließend wiederholte der Kläger sein Begehren mit Anwaltsschreiben vom 28.08.2018 (Anlage KGR 3 = Bl. 49 ff. d.A.), wiederum ohne Erfolg.
Nach Klageerhebung wurde der Darlehensvertrag nach Entrichtung der 48 Raten auf Wunsch des Klägers bei gleichbleibender Ratenhöhe um zwei Monate verlängert (Anlage B 1 = 402 d.A.) aufgrund dessen ermäßigte sich die Schlussrate, zudem ergab sich aufgrund von Minderkilometern eine Gutschrift zugunsten des Klägers (Anlage B 2 = Bl. 403 d.A.). Das Darlehen wurde im August 2019 beendet (Anlage B 3 = Bl. 404 d.A.). Der Kläger gab das Fahrzeug an den Darlehensvermittler zurück, der die vereinbarte Schlussrate an die Beklagte zahlte. Ein Mehrwert von 229,00 € wurde dem Kläger gutgeschrieben.
Die Beklagte hat prozessual hilfsweise die Aufrechnung mit Ansprüchen auf Sollzinsen und dem Wertverlust erklärt (Bl. 401 d.A.). Der Kläger hat die Aufrechnung mit den jeweils zuletzt geleisteten Zahlungen erklärt (Bl. 413 d.A.).
Mit der beim Landgericht Hanau eingereichten Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagte aufgrund des Widerrufs keinen Anspruch auf Zins- und Tilgungsleistungen hat sowie für den Fall der Zulässigkeit und Begründetheit des vorgenannten Klageantrags Rückzahlung der geleisteten Zahlungen von 17.010,60 € nebst Verzugszinsen, Feststellung des Annahmeverzugs sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten von 2.514,95 € nebst Rechtshängigkeitszinsen. Für den Fall der der Zulässigkeit und Begründetheit des Klageantrags zu 1) und örtlichen Unzuständigkeit ist hilfsweise die Verweisung an das für den Sitz der Beklagten zuständige Landgericht beantragt worden. Mit Schriftsatz vom 27.02.2019 hat der Kläger erklärt, dass er seine Auffassung der gegebenen örtlichen Zuständigkeit streitig weiterverfolgen werde.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Widerrufsinformation sei fehlerhaft gewesen und habe die Widerrufsfrist nicht wirksam in Gang gesetzt. Dies betreffe namentlich die Darstellung des Rechts auf vorzeitige Rückzahlung, des einzuhaltenden Verfahrens bei Kündigung, des Tageszinses, der Widerrufsfolgen bezüglich der Sollzinsen und der Berechnungsmethode zur Vorfälligkeitsentschädigung. Darüber hinaus seien die Pflichtangaben nicht lesbar.
Die örtliche Zuständigkeit ergebe sich aus den Besonderheiten eines verbundenen Vertrags, § 358 BGB. Bei einer Feststellungsklage, deren Gegenstand das Nichtbestehen eines Vertrages sei, sei Leistungsort i.S.d. § 29 ZPO der Ort, an dem der Kläger im Fall des Bestehens des Vertrages seine Leistung zu erfüllen habe. Dies sei der Wohnsitz des Klägers. Dies schlage auf die weiteren Anträge durch. Maßgeblich sei der Ort, an dem sich die Kaufsache zum Zeitpunkt des Widerrufs befunden habe.
Die Beklagte hat Klageabweisung sowie hilfsweise für den Fall des Obsiegens des Klägers die Feststellung verlangt, dass der Kläger verpflichtet ist, ihr Wertersatz in Höhe der Differenz zwischen Verkehrswert zum Zeitpunkt der Übergabe und Verkehrswert bei Herausgabe und Nutzungsersatz für die Nutzung der noch zum Gebrauch überlassenen Darlehensmittel in Höhe von 1,97 % p.a. zu zahlen.
Sie hat die Ansicht vertreten, in dem Vertrag seien sämtliche erforderlichen Pflichtangaben enthalten. Die erteilte Widerrufsinformation genüge den gesetzlichen Anforderungen sowie dem gesetzlichen Muster.
Das angerufene Landgericht Hanau sei örtlich nicht zuständig. Der Erfüllungsort der Zahlungsverpflichtungen des Klägers liege am Sitz der Beklagten, ebenso wie der für die Pflicht zur Auszahlung der Darlehensmittel.
Der Kläger könne die örtliche Zuständigkeit am Sitz der Beklagten für den vorrangigen Leistungsantrag nicht durch Erhebung einer negativen Feststellungsklage, die keinen eigenen rechtlich selbständigen Gehalt aufweise, umgehen. Insoweit stelle sich der Antrag lediglich als Zwischenfeststellungklage dar.
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Eine örtliche Zuständigkeit sei nicht gegeben.
Zwar könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass eine negative Feststellungsklage am Wohnsitzgericht des Klägers erhoben werden könne. Auch sei eine Verbindung von mehreren Ansprüchen nach § 260 ZPO möglich, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhten, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig sei. Hieran fehle es hier.
Bezüglich des Eventualantrags zu 2) sei davon auszugehen, dass für diesen die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hanau, insbesondere nach § 29 ZPO, nicht gegeben sei. Die Zuständigkeit bestimme sich nach dem Ort, an dem die primäre streitige Verpflichtung zu erfüllen sei. Bei einer Geldschuld greife § 269 BGB, so dass es auf den Sitz der Beklagten ankomme. Weder für den Darlehensvertrag noch für ein Rückabwicklungsverhältnis bestehe ein gemeinsamer Erfüllungsort. Abweichendes ergebe sich auch nicht aus dem Vorliegen einer Verbindung mit dem Kaufvertrag.
Eine Teilverweisung oder Abtrennung scheide aus, weil der Erfolg der Eventualklage eine Entscheidung über den Hauptantrag voraussetze.
Da der Kläger ausdrücklich eine streitige Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage begehrt habe, sei über den anfänglich hilfsweise gestellten Verweisungsantrag keine Entscheidung zu treffen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er zunächst seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt und diese nach Beendigung des Darlehens umgestellt und erweitert hat. Er hat ausdrücklich Aufhebung und Zurückverweisung (Bl. 242 d.A.) und hilfsweise Verweisung an das zuständige Landgericht beantragt.
Er macht geltend, das angerufene Gericht sei örtlich zuständig. Das Erstgericht habe übersehen, dass die Frage, ob der Widerruf wirksam sei, für sämtliche Leistungspflichten aus dem sich anschließenden Rückgewährschuldverhältnis tragend sei.
Es liege kein bloßer Zwischenfeststellungsantrag vor, vielmehr bestehe für die Anspruchsleugnung von Zins und Tilgung für die Zukunft nach höchstrichterlicher Rechtsprechung das Feststellungsinteresse. Entgegen der Ansicht des Landgerichts bestehe auch ein gemeinsamer Erfüllungsort. Dies sei der Ort, an dem sich die Kaufsache bestimmungsgemäß befinde. Bei einem verbundenen Vertrag könnten die Leistungspflichten nicht isoliert erfüllt werden. Die örtliche Zuständigkeit ergebe sich aus den Besonderheiten eines verbundenen Vertrags.
Es sei auch zulässig, weitere Anträge im Wege einer innerprozessualen Bedingung zu stellen. Mit einer Umgehung der Regeln zum allgemeinen Gerichtsstand habe dies nichts zu tun.
Nicht nachvollziehbar sei die Auffassung, wonach die Abtrennung des Hilfsanspruchs unzulässig sei.
Der Kläger hat ursprünglich beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hanau - LG Hanau, Urteil vom 18.04.2019, Az.: 7 0 1088/18 - aufzuheben sowie
1. festzustellen, dass aufgrund des wirksam erfolgten Widerrufs vom 16.05.2018 der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom 09.06.2015 mit der Darlehensnummer … über ursprünglich 40.799,99 € kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vereinbarte Tilgung zusteht,
im Wege der innerprozessualen Bedingung für den Fall, dass der Klageantrag zu 1. zulässig und begründet sein sollte:
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 17.010,60 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab dem 01.06.2018 binnen sieben Tagen nach Übergabe des Fahrzeugs Marke1 Modell1, Fahrgestellnummer …, zu zahlen,
3. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus dem Antrag zu 2. in Annahmeverzug befindet,
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.514,95 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit (17.12.2018) für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
Nach Beendigung des Darlehens haben die Parteien die Klageanträge zu 1. und 3. übereinstimmend für erledigt erklärt. Im Übrigen hat der Kläger seine Anträge unter Aufgabe der innerprozessualen Bedingung wie folgt weiterverfolgt und hinsichtlich der Zahlungen von Juni 2018 bis August 2019 (abzgl. Gutschrift) erweitert:
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 17.010,60 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab dem 01.06.2018 zu zahlen.
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 4.918,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit (31.07.2019) zu zahlen,
5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.514,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit (17.12.2018) für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens. Das Landgericht habe zutreffend seine örtliche Zuständigkeit verneint. Die örtliche Zuständigkeit für sämtliche Klageanträge liege am allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten im Gerichtsbezirk des Landgerichts Stuttgart.
Aus den Gründen
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache dahin Erfolg, dass die Sache an das Landgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen ist (§ 538 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ZPO).
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die örtliche Zuständigkeit zu bejahen, die gemäß § 260 ZPO bei der hier gegebenen objektiven Klagehäufung für jeden der Streitgegenstände gesondert zu prüfen ist.
Nachdem für die negative Feststellungsklage (Antrag zu 1.) inzwischen das Feststellungsinteresse entfallen ist, weil der Vertrag ausgelaufen ist und es damit an einer Berühmung der Beklagten für die Zukunft fehlt (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 04. Mai 2006 - IX ZR 189/03 -, Rn. 24, juris; OLG Hamm, Urteil vom 27. November 2019 - 31 U 114/18 -, Rn. 59 f., juris) haben die Parteien diese zwar übereinstimmend für erledigt erklärt. Diese teilweise Erledigungserklärung hat gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO jedoch keine Auswirkungen auf eine einmal begründete (örtliche) Zuständigkeit (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27. November 2019 - 31 U 114/18 -, Rn. 61 f., juris, unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 26. April 2001 - IX ZR 53/00 -, Rn. 10, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2020 - 6 U 316/19 -, Rn. 26, juris; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 13. August 2020 - 4 U 100/19 -, Rn. 170, juris). Dies gilt auch für den erledigt erklärten Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs (Antrag zu 3.).
Das Landgericht hat seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht verneint. Im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit war beim Landgericht Hanau für die negative Feststellungsklage der Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) gegeben.
Bei dem Klageantrag zu 1) handelte es sich um eine negative Feststellungsklage, mit der Erfüllungsansprüche der Beklagten auf Zahlung von Zins- und Tilgungsleistungen geleugnet werden sollen. Die geleugneten Ansprüche beziehen sich auf den gesamten Vertragszeitraum und schließen sowohl die Vergangenheit (vor und nach Widerruf) als auch künftige Erfüllungsansprüche ein (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27. November 2019 - 31 U 114/18 -, Rn. 66, juris; s. auch BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 - XI ZR 586/15 -, Rn. 16, juris). Damit handelte es sich nicht lediglich um eine Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) mit der Folge, dass sich die örtliche Zuständigkeit danach richten würde, welcher Gerichtsstand für die Leistungsanträge zu 2) und 3) als Hauptklage besteht. Namentlich ist die Klage nicht dahin auszulegen, der Kläger begehre die Feststellung der Vorfrage, dass sich der Darlehensvertrag aufgrund des Widerrufs in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt hat (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2020 - 6 U 316/19 -, Rn. 27, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. Juni 2020 - 4 U 215/19 -, Rn. 47, juris).
Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung und h.M. in der Kommentarliteratur richtet sich die örtliche Zuständigkeit bei der negativen Feststellungsklage „spiegelbildlich“ nach der Leistungsklage umgekehrten Rubrums und dem für eine solche Leistungsklage maßgeblichen Erfüllungsort (§§ 269, 270 BGB). Für die Bestimmung des Erfüllungsortes ist die Verpflichtung des Klägers maßgeblich, deren Nichtbestehen er richterlich festgestellt wissen will. Dies ist für die negative Feststellungsklage des Darlehensnehmers gegen die den Kredit gewährende Bank der Wohnsitz des Darlehensnehmers (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27. November 2019 - 31 U 114/18 -, Rn. 67 f., 72, juris, m.w.N., Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 13. August 2020 - 4 U 100/19 -, Rn. 118, 121, 130 ff., juris, m.w.N.; OLG Celle, Urteil vom 26. Februar 2020 - 3 U 157/19 -, Rn. 24 ff., 40, juris m.w.N.; OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2020 - 6 U 316/19 -, Rn. 30, juris; Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl., § 29 Rn. 25.43; s. auch BGH, Urteil vom 07. Dezember 2004 - XI ZR 366/03 -, Rn. 27, juris). Hieraus ergibt sich die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts am Wohnsitz des Darlehensnehmers.
Das Landgericht war auch für die weiteren ursprünglichen Klageanträge zu 2) bis 4) zuständig, die ursprünglich im Wege der inzwischen aufgegebenen innerprozessualen Bedingung gestellt waren, dass der Klageantrag zu 1) zulässig und begründet ist. Diese Ansprüche waren - auch nach Umstellung der Klage in der Berufungsinstanz - auf Rückzahlung der geleisteten Zahlungen, (die nunmehr für erledigt erklärte) Feststellung des Annahmeverzugs sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtet und betreffen Ansprüche aus einem behaupteten Rückabwicklungsverhältnis nach Widerruf des Darlehensvertrages.
Zwar kann bei Darlehensverträgen je nach streitiger Verpflichtung ein unterschiedlicher Erfüllungsort maßgeblich sein (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2010 - IX ZR 108/09 -, BGHZ 185, 241-252, Rn. 15; Urteil vom 24. Januar 2007 - XII ZR 168/04 -, Rn. 12, juris). Insoweit wird die Auffassung vertreten, dass auch nach Widerruf eines Darlehensvertrages kein einheitlicher Erfüllungsort besteht (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 18. Februar 2016 - 2 AR 6/16 -, Rn. 11, juris; OLG Köln, Urteil vom 08. Juli 2020 - 13 U 20/19 -, Rn. 35, juris; Staudinger/Kaiser (2012) BGB § 346, Rn. 81 ff.).
Vorliegend ist jedoch zu sehen, dass ein Darlehensvertrag mit einem gemäß § 358 BGB verbundenen Kaufvertrag in Rede steht.
Für die Rückabwicklung eines Kaufvertrages - auch nach Vertragswiderruf - besteht nach der herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung ein einheitlicher Erfüllungsort dort, wo sich die veräußerte Sache (hier: der Pkw) vertragsgemäß befindet, mithin regelmäßig am Wohnsitz des Käufers (vgl. Thüringisches OLG, Urteil vom 9. April 2020 - 4 U 1208/19 -, Rn. 19, juris m.w.N.; OLG Hamm, Urteil vom 27. November 2019 - 31 U 114/18 -, Rn. 77, juris m.w.N; OLG München, Urteil vom 13. Januar 2014 - 19 U 3721/13 -, Rn. 14, juris; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 04. September 2012 - 3 U 99/11 -, Rn. 18, juris m.w.N.; Staudinger/Kaiser, BGB (2012), § 346 Rn. 84; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 269 Rn. 14; Zöller/Schultzky, a.a.O., § 29 ZPO, Rn. 25.50; s. auch BGH, Urteil vom 09. März 1983 - VIII ZR 11/82 -, BGHZ 87, 104-112, Rn. 14, juris zur Wandlung).
Dies gilt nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 27. November 2019 - 31 U 114/18 -, Rn. 78, juris), dem sich die Oberlandesgerichte Saarbrücken (Urteil vom 13. August 2020 - 4 U 100/19 -, Rn. 174, juris) und Dresden (Urteil vom 05. November 2020 - 8 U 1084/20 -, Rn. 52, 54, juris) angeschlossen haben, auch für den Fall des Widerrufs eines mit einem Fahrzeugkaufvertrag gemäß § 358 BGB verbundenen Darlehensvertrags. Dies wird damit begründet, dass die kreditgewährende Bank nach erfolgreichem Widerruf in die Position des Verkäufers eintritt (§ 358 Abs. 4 S. 5 BGB). Die Rückabwicklung zwischen Darlehensnehmer und -geber richte sich auch hinsichtlich des Kaufvertrages nach §§ 358 Abs. 4 S. 1, 355 Abs. 3 BGB (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27. November 2019 - 31 U 114/18 -, Rn. 78, juris unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 26. März 2019 - XI ZR 228/17 -, Rn. 22; Urteil vom 18. Januar 2011 - XI ZR 356/09 -, Rn. 25, juris). Insoweit sei die Interessenlage im Fall des Widerrufs eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrages mit derjenigen bei Rückabwicklung eines Kaufvertrages vergleichbar. Es seien keine Gründe ersichtlich, weshalb für die Rückgewährpflichten nach Widerruf des mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrages etwas anders gelten sollte, zumal auch Praktikabilitätsgründe für diese Auffassung sprächen, eine Aufspaltung der Zuständigkeit für unterschiedliche Ansprüche zu verhindern (OLG Hamm, Urteil vom 27. November 2019 - 31 U 114/18 -, Rn. 79, juris).
Hiergegen wird zwar eingewandt, dass sich gesetzlicher Rücktritt und Widerruf in ihren Voraussetzungen und der Abwicklung der Folgen unterschieden. Angesichts dessen, dass das Rücktrittsrecht Folge einer Pflichtverletzung des Verkäufers sei, stelle es keine unangemessene Bevorzugung des Käufers dar, wenn neben dem Anspruch des Verkäufers auf Rückgabe auch der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises dort zu erfüllen sei, wo sich der Kaufgegenstand vertragsgemäß befinde, mithin in der Regel am Wohnsitz des Käufers. Demgegenüber sei das Widerrufsrecht dem Darlehensnehmer nicht als Reaktion auf eine Pflichtverletzung des Darlehensgebers eingeräumt; vielmehr könne dieser es nach freiem Belieben ausüben. Während den Verkäufer beim Rücktritt neben der Pflicht zur Kaufpreisrückzahlung auch diejenige zur Rücknahme der Kaufsache durch Abholung treffe, bestehe beim Widerruf keine Plicht des Darlehensgebers, die finanzierte Kaufsache durch Abholung zurückzunehmen, § 358 Abs. 4 S. 1 BGB i. V. m. § 357 Abs. 4 S. 4 BGB. Auch finde bei § 355 Abs. 3 BGB anders als bei § 348 BGB kein Austausch der wechselseitigen Rückgewährleistungen Zug um Zug statt (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. Juni 2020 - 4 U 215/19 -, Rn. 56 f., juris, i.E. aber offengelassen).
Diese Erwägungen überzeugen den Senat nicht. Mit Recht weist das Oberlandesgericht Dresden (Urteil vom 05. November 2020 - 8 U 1084/20 -, Rn. 54, juris) darauf hin, dass der Käufer im Falle eines erfolgreichen Widerrufs nicht nur ein Recht auf Rückzahlung der von ihm geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen hat, sondern auch auf Rücknahme des gekauften Fahrzeugs durch die in die Stellung der Verkäuferin eingetretene Bank. Für diesen Anspruch ist Erfüllungsort und damit Wahlgerichtsstand der Ort der belegenen Sache bzw. der Wohnort des Schuldners (vgl. Staudinger/Bittner/Kolbe (2019) BGB § 269, Rn. 31; MünchKomm/Krüger, BGB, 8. Auflage, § 269 Rn. 48). Daraus, ob der Austausch Zug-um-Zug oder nacheinander stattzufinden hat, lässt sich für die Frage des Erfüllungsorts nichts gewinnen; das sich aus der Zug-um-Zug Verpflichtung ergebende Gegenseitigkeitsverhältnis hat keinen Einfluss auf den Leistungsort (vgl. BGH, Urteil vom 09. März 1995 - IX ZR 134/94 -, Rn. 13, juris). Und im Zusammenhang mit dem Erfüllungsort von Verbindlichkeiten, die ihren Ausgangspunkt in vertraglichen Abreden haben, auf den Aspekt des Vertretenmüssens abzustellen, erscheint zumindest nicht zwingend (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 05. November 2020 - 8 U 1084/20 -, Rn. 52, 54, juris). Insoweit entspricht es der Prozessökonomie, nicht nur den Rücknahmeanspruch, sondern auch den Anspruch auf Rückzahlung der bis zum Widerruf geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen am Gerichtsstand der belegenen Sache geltend machen zu können (vgl. OLG München, Urteil vom 04. Oktober 2018 - 24 U 1279/18, Rn. 13 f., juris zum kaufrechtlichen Rückgewährverhältnis).
Darüber hinaus ist in der hier vorliegenden Konstellation zu sehen, dass aufgrund der innerprozessualen Bedingung neben der Zurückverweisung der Sache eine teilweise Bestätigung des angefochtenen Urteils nicht in Betracht kam. Das Berufungsgericht darf eine Zurückverweisung der Sache mit einer teilweise abschließenden Entscheidung des Rechtsstreits nur verbinden, wenn gemäß § 301 ZPO ein Teilurteil zulässig wäre. Zwar würde es sich dabei um kein Teilurteil handeln, weil über die gesamte Klage entschieden würde. Jedoch besteht wie bei einem Teilurteil die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, wenn das Berufungsgericht einen Teil der Ansprüche für entscheidungsreif erachtet und hinsichtlich des anderen Teils die Entscheidungsreife verneint und die Sache in diesem Umfang an das Landgericht zurückverweist. Wegen der materiell-rechtlichen Verzahnung der vorliegenden Klageanträge, die sämtlich auf den Widerruf des Darlehensvertrages gestützt sind, liegen die Voraussetzungen für ein Teilurteil nicht vor (OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2020 - 6 U 316/19 -, Rn. 39, juris unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 12. April 2016 - XI ZR 305/14 -, Rn. 28). Die Bedingtheit des Hilfsantrags ginge zudem bei einer teilweisen Verweisung des Hilfsantrags verloren. Der Hilfsantrag würde beim zuständigen Gericht anhängig und die Entscheidung über ihn hinge davon ab, wie der Rechtsstreit über den Hauptantrag ausgehen wird, mithin einer nunmehr außerprozessualen Bedingung, weshalb der Hilfsantrag nicht abgetrennt und verwiesen werden darf, bevor diejenige Entscheidung über den Hauptantrag ergangen ist, die der Kläger zur Bedingung für die Entscheidung über den Hilfsantrag gemacht hat, während das Gericht nicht gehindert ist, die Entscheidung, die Bedingung für den Hilfsantrag ist, durch Teilurteil gemäß § 301 Abs. 1 ZPO zu erlassen (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. Juni 2020 - 4 U 215/19 -, Rn. 58, 62 f., juris).
Zwar ist vorliegend im Verlauf des Berufungsverfahrens die innerprozessuale Bedingung im Zusammenhang mit der Umstellung der Anträge nach der Erledigung aufgrund der Beendigung des Darlehens aufgegeben worden. Insoweit handelt es sich lediglich um eine qualitative Änderung der Klageanträge, die gemäß § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung gilt und gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO keine Auswirkungen auf die einmal begründete Zuständigkeit hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 2013 - XII ZR 23/12 -, Rn. 23 f., juris zur Stufenklage), zumal im Rahmen der nach § 91a ZPO zu treffenden Entscheidung über die ursprüngliche negative Feststellungsklage weiterhin zu befinden ist. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger seinen Zahlungsantrag hinsichtlich der zwischenzeitlich erfolgten Zahlungen, die von dem ursprünglichen negativen Feststellungsantrag erfasst waren, weiter beziffert und geltend gemacht hat. Auch dieser weitergehende Zahlungsanspruch ist nicht als Klageänderung zu behandeln, § 264 Nr. 2 ZPO.
Die Sache ist deshalb gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen. Es hat nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden, und der Kläger hat die Zurückverweisung beantragt.
Die Kostenentscheidung ist dem Schlussurteil vorbehalten. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor (vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. Juni 2003 - III ZR 91/03 -, Rn. 4 ff., juris; Urteil vom 07. März 2006 - VI ZR 42/05 -, Rn. 11, juris; Beschluss vom 05. März 2007 - II ZR 287/05 -, Rn. 2, juris).