LG Würzburg: keine wettbewerbswidrige Täuschung bei Vertragsänderungen wegen behördlicher Covid-19 Anordnungen
LG Würzburg, Urteil vom 23.10.2020 – 1 HK O 1250/20
Volltext: BB-Online BBL2020-2625-3
Amtliche Leitsätze
Die Rechtsansicht der Beklagten [Betreiberin eines Fitnessstudios], sie könne die Vertragslaufzeit um den Zeitraum der behördlichen Schließung des Fitnessstudios wegen Covid-19 Anordnungen verlängern oder verschieben, stellt keine unwahre Angabe i. S. d. § 5 I 2 Fall 1 UWG dar und es handelt sich darüber hinaus auch nicht um eine sonstige zur Täuschung geeignete Angabe i. S. d. § 5 I 2 Fall 2 UWG. Entscheidend ist, dass die Frage, ob die Rechtsansicht der Beklagten, sie könne die Vertragslaufzeit verlängern oder verschieben richtig ist, grundsätzlich nicht in einem Wettbewerbsprozess geklärt wird, sondern solche Rechtsfragen müssen in dem Rechtsverhältnis geprüft und entschieden werden, auf das sich diese Rechtsansicht bezieht.
Sachverhalt
Der Kläger begehrt Unterlassen im Hinblick auf irreführende Handlungen der Beklagten im geschäftlichen Verkehr. Auf Grund ihrer Mitgliederstruktur hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen die umfassende Verbandsklagebefugnis für das gesamte Bundesgebiet.
Die Beklagte musste im März 2020 ihre Studios aufgrund behördlicher Anordnung vor dem Hintergrund der Ausbreitung des Corona-Virus schließen. Eine Nutzung der vertraglich vereinbarten Fitnessangebote in den Studios der Beklagten war den Mitgliedern seither nicht mehr möglich. In ihrem facebookpost vom 18.03.2020 teilte die Beklagte ihren Mitgliedern mit, dass sie den Mitgliedsbeitrag für April abbuchen, diesen Betrag jedoch für jenen Monat gutschreiben werde, sobald das Studio wieder öffnet. Außerdem teilte die Beklagte mit, dass sich der Vertrag um die trainingsfreie Zeit verlängert. Mit Schreiben vom 28.04.2020 wurde die Beklagte unter Darstellung der Sach- und Rechtslage aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Die Beklagte reagierte insoweit nicht.
Der Kläger ist der Ansicht, in dem die Beklagte ankündige, die Vertragslaufzeit der bestehenden Verträge um jene Monate zu verlängern, in denen die Studios geschlossen sind, bringe sie gegenüber ihren Mitgliedern zum Ausdruck, sie sei zu dieser einseitigen Vertragsänderung befugt. Tatsächlich sei dies nicht der Fall. Die Verlängerung der Vertragslaufzeit stelle eine Vertragsänderung dar, die grundsätzlich der Zustimmung der Mitglieder bedürfe. Hierauf solle es nach Aussage der Beklagten jedoch nicht ankommen, sodass die Werbung irreführend sei.
Der Kläger beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und, falls dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, die einen Mitgliedsvertrag über die Nutzung von Fitnessangeboten in Fitnessstudios mit einer vertraglich vereinbarten Laufzeit abgeschlossen haben, für den Fall, dass die Studios aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen werden, mitzuteilen, dass sich die Laufzeit des Vertrages um die Schließzeit verlängert.
…
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklage ist der Ansicht, dass sie mit ihren Ausführungen auf Facebook keine irreführende Handlung begangen habe. Denn sie habe die Vertragslaufzeit faktisch nicht zulasten ihrer Kunden verlängert. Vertraglich vereinbart sei eine gewisse Laufzeit, etwa ein Zeitraum von sechs oder zwölf Monaten, in denen der Kunde berechtigt sei, das volle Angebot der Beklagten zu nutzen. Hierbei ist im Vertrag ein durchgehender Zeitraum datiert. Es sei jedoch allein aufgrund der vertraglichen Vereinbarung einer Laufzeit nicht auf einen einzelnen Zeitpunkt oder einen gesonderten Monat, sondern auf die Gesamtlaufzeit als vertragliche Leistungspflicht abzustellen. Sie ändere den Vertrag nicht ohne Zustimmung der Vertragspartner, sondern komme lediglich ihrer Leistungspflicht nach, das Angebot über die vereinbarte Vertragslaufzeit bereitzustellen. Eine pandemiebedingte Verschiebung des Leistungszeitraums sei nicht gleichzusetzen mit einer Verlängerung.
Eine Beweisaufnahme erfolgte nicht. Mit Zustimmung der Parteien wurde das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO durchgeführt.
Aus den Gründen
A.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Klägerin ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen und gerichtsbekannt aktiv legitimiert i.S.d. § 8 Abs. III Nr. 2 UWG. Die Beklagte führt ein Gewerbe. Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch und einen Aufwandserstattungsanspruch nach § 12 Abs. I S. 2 UWG geltend. Somit ist die sachliche und funktionelle Zuständigkeit der Handelskammer des Landgerichts Würzburg nach § 13 Abs. I UWG i.V.m. § 95 Abs. I Nr. 5 GVG begründet. Die Beklagte unterhält ihren Geschäftssitz im Gerichtsbezirk des Landgerichts Würzburg, womit nach § 14 Abs. I S. 1 UWG die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Würzburg gegeben ist.
B.
Die Klage ist unbegründet.
Die beanstandete Äußerung der Beklagten stellt keine unwahre Angabe i.S.d. § 5 I 2 Fall 1 UWG dar. Es handelt sich darüber hinaus auch nicht um eine sonstige zur Täuschung geeignete Angabe i.S.d. § 5 I 2 Fall 2 UWG. Entscheidend ist, dass die Frage, ob die Rechtsansicht der Beklagten, sie könne die Vertragslaufzeit verlängern oder verschieben richtig ist, grundsätzlich nicht in einem Wettbewerbsprozess geklärt wird, sondern solche Rechtsfragen müssen in dem Rechtsverhältnis geprüft und entschieden werden, auf das sich diese Rechtsansicht bezieht (vgl. BGH GRUR 2019, 754 Rn.31). Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Beantwortung dieser Rechtsfrage alles andere als klar.
Im Einzelnen:
1. Nach § 5 I 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist gem. § 5 I 2 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben (Fall 1) oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über - nachfolgend aufgezählte - Umstände enthält (Fall 2). Nach § 5 I 2 Fall 2 Nr. 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie zur Täuschung geeignete Angaben über den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird, enthält. Die Person, Eigenschaften oder Rechte und der Umfang von Verpflichtungen des Unternehmers fallen nach § 5 I 2 Fall 2 Nr. 3 UWG unter die zur Täuschung geeigneten Angaben, die Rechte des Verbrauchers nach § 5 I 2 Fall 2 Nr. 7 UWG.
2. Die Mitteilung der Beklagten in ihrem facebookpost vom 18.03.2020 ist eine geschäftliche Handlung i.S.v. § 5 I UWG.
Dem Begriff der geschäftlichen Handlung unterfällt gem. § 2 I Nr. 1 UWG auch das Verhalten einer Person zugunsten des eigenen Unternehmens nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Durchführung eines Vertrags über Waren objektiv zusammenhängt. Das Merkmal des objektiven Zusammenhangs ist funktional zu verstehen und setzt voraus, dass die Handlung bei objektiver Betrachtung auf die Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer gerichtet ist. Eine geschäftliche Handlung kann auch in einem Verhalten liegen, das sich auf die geschäftliche Entscheidung von Verbrauchern im Rahmen eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses auswirkt (vgl. BGH GRUR 2013, 945 Rn. 17 f.; GRUR 2019, 754 Rn. 13).
Danach liegt im Streitfall eine geschäftliche Handlung vor.
3. Die angegriffene Äußerung der Beklagten stellt eine Angabe i.S.d. § 5 I 2 UWG dar. Die Vorschrift dient der Umsetzung des Art. 6 I der RL 2005/29/EG, nach dem der Begriff „Angabe“ mit dem Begriff „Information“ gleichzusetzen ist. Somit kann jede Geschäftshandlung mit Informationsgehalt eine Angabe i.S.d. § 5 I 2 UWG sein (vgl. BGH GRUR 2019, 754 Rn. 28).
4. Jedoch stellt die beanstandete Äußerung der Beklagten keine unwahre Angabe i.S.d. § 5 I 1 Fall 1 UWG dar.
a. Wahr oder unwahr können nur Tatsachenbehauptungen sein, über die Beweis erhoben werden kann. Rechtsansichten sind im Grundsatz jedoch Meinungsäußerungen, die einer solchen Überprüfung nicht zugänglich sind (vgl. BGH GRUR 2019, 754 Rn. 27). Dies folgt schon daraus, dass in die Subsumtion eines Sachverhalts unter die einschlägigen Rechtsnormen regelmäßig auch Elemente wertender Betrachtung einfließen.
Jedoch können Äußerungen zur Rechtslage auch Tatsachenbehauptungen enthalten. Dies betrifft zum einen den Sachverhalt, der im Rahmen einer Äußerung zur Rechtslage mitgeteilt wird. Dies ist hier aber nicht der Fall.
b. Zum anderen kann - zumindest in eindeutigen Fällen - auch die Behauptung, eine Rechtsfrage sei in einer bestimmten Weise durch Rechtsnormen geregelt oder von der Rechtsprechung entschieden, eine durch Beweiserhebung überprüfbare Tatsachenbehauptung darstellen (vgl. (BGH GRUR 2020, 886 Rn. 38, 39; Koch WRP 2019, 1259 [1261]). Nach diesem Maßstab kann die angegriffene Passage im facebookpost der Beklagten vom 18.03.2020 nicht als Tatsachenbehauptung gewertet werden. Die Äußerungen der Beklagten, den April-Beitrag abzubuchen, aber die trainingsfreie Zeit gutzuschreiben und die Folgerung, dass der Vertrag sich sodann um die trainingsfreie Zeit verlängert, stellen sich jedoch nicht als Tatsachenbehauptungen, sondern als Rechtsansichten dar. Auf eine höchstrichterlich geklärte Rechtslage hat sich die Beklagte hierbei nicht berufen. Andererseits handelt es sich, entgegen der Einschätzung des Klägers auch nicht um eine Äußerung entgegen einer eindeutig geklärten Rechtslage oder Gesetzeslage. Vielmehr ist die Einschätzung der Rechtslage in Folge der durch die sog. Corona-Pandemie gestörten privatrechtlichen Vertragsverhältnisse vielfach ungeklärt und umstritten.
c. Nach Einschätzung des Gerichts ist im Falle der behördlich verfügten Schließung des Fitness-Studios nicht ohne Weiteres davon auszugehen, dass die Kunden der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Beiträge haben, soweit das Studio nicht nutzbar war. Vielmehr ist die rechtliche Einschätzung entgegen der Ansicht des Klägers alles andere als eindeutig.
aa. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag handelt es sich um einen sog. typengemischten Vertrag mit einem Schwerpunkt im Mietrecht, da die Dienst - und Werkleistungen nur von einer untergeordneten Bedeutung sind. Vorliegend gingen beide Parteien bei Vertragsabschluss davon aus, dass das Fitnessstudio ganzjährig benutzbar ist.
bb. Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann nach § 313 Abs. 1 BGB Anpassung des Vertrages verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.6.2015 - 1 ZR 14/14 - juris). Das Fehlen oder der Wegfall der Geschäftsgrundlage führen grundsätzlich nicht zur Auflösung des Vertrages, sondern zur Anpassung seines Inhaltes an die veränderten Verhältnisse. Das maßgebliche Kriterium für die Anpassung ist die Zumutbarkeit. Erforderlich ist eine umfassende Interessenabwägung und anzustreben ist ein optimaler Interessenausgleich bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung (vgl. BGH, NJW 2012, 373).
cc. Die Corona-Krise hat massive Auswirkungen auf die Durchführung vieler Verträge (tatsächliches Element) und konnte in ihrer Tragweite zumindest bis zum Jahresbeginn 2020 nicht vorhergesehen werden (hypothetisches Element). Darüber hinaus kommt es auf die Eigenheiten der individuellen Vertragsbeziehung an, mit denen sich hier anders als im Normalfall keine konkrete Risikozuweisung begründen lässt (normatives Element, § 313 I BGB). Das Festhalten am unveränderten Vertrag ist nach der Rechtsprechung zwar zumutbar, soweit es nicht zu einem mit Recht und Gesetz schlechthin unvereinbaren Ergebnis führt. Gleichwohl konzediert auch die Rechtsprechung, dass es Entwicklungen gibt, die so vertragsfern und derart außergewöhnlich sind, dass keine der Parteien das entsprechende Risiko tragen soll.
dd. So wurde eine Störung der Geschäftsgrundlage bei behördlicher Untersagung der Vertragsdurchführung bejaht, wenn die anlassgebenden Sicherheitsrisiken beide Parteien gleichermaßen betrafen und billigerweise nicht eine Partei allein mit den Folgen zu belasten war. Auch die drohende Existenzvernichtung durch äußere, nicht der eigenen Risikosphäre zuzurechnende Umstände ist eine anerkannte Fallgruppe, und im Kontext der „großen Geschäftsgrundlage“ wurde entschieden, dass beispielsweise das Risiko von Kriegsschäden keiner der Parteien zuzurechnen sei und diese als „Gefahrgemeinschaft“ auch den Schaden zu teilen hätten.
ee. Die Covid-19-Pandemie fällt in die Kategorie der sog. Störung der „großen Geschäftsgrundlage“. Unter dem Wegfall der großen Geschäftsgrundlage versteht man jene Fälle, die über das Vertragsverhältnis der beiden Vertragsparteien hinausweisen. Der Durchführung des Vertrags stehen Ereignisse wie Krieg, Inflation oder Naturkatastrophen entgegen. Diese Risiken, die aus der gemeinsamen Sozialexistenz beider Parteien stammen - das Sars-CoV-2-Virus trifft die Gesellschaft als Ganze und erfordert daher auch ein solidarisches Handeln der Gesellschaft -, können nicht einer Partei einseitig zugewiesen werden. Vielmehr gilt es, eine gerechte Lastenverteilung zu finden (Wolf/Eckert/Denz/Gerking/Holze/Künnen/Kurth: Die zivilrechtlichen Auswirkungen des Covid-19-Gesetzes - ein erster Überblick, JA 2020, 401). Die Corona-Pandemie wirkt auf die Vertragspraxis wie ein exogener Schock. Die bisherige Maxime „Verträge sind einzuhalten“ bedarf daher einer Auflockerung (Weller/Lieberknecht/Habrich: Virulente Leistungsstörungen - Auswirkungen der Corona-Krise auf die Vertragsdurchführung, NJW 2020, 1017). Die Anpassung des Vertrages war vorliegend den Kunden der Beklagten zumutbar, weil die Anpassung zu einem Vertragsinhalt führt, der einer Überprüfung am Maßstab eines hypothetischen Parteiwillens standhält und den die Vertragspartei in Kenntnis der geänderten Umstände vereinbart hätten.
ff. Soweit der Kläger meint, die Beklagte hätte sich auf Kosten der Mitglieder durch eine Vertragsverlängerung einen wirtschaftlichen Ausgleich ihrer Verluste besorgt und sich an den Mitgliedern schadlos gehalten, kann das Gericht diese Argumentation nicht nachvollziehen. Vielmehr war es tatsächlich so, dass die Beklagte die Verträge gerade nicht kostenpflichtig verlängerte, sondern die durch die behördlichen Schließungen verursachte „trainingsfreie Zeit“ wurde den Mitgliedern gutgeschrieben, also falls die Schließung einen Monat dauern würde, dann wäre den Mitgliedern ein Monat beitragsfreies Training gutgeschrieben worden und die Gesamtlaufzeit um einen Monat verlängert worden. Die Beklagte hat also ihren Kunden bzw. Mitgliedern kein Geld abgebucht, ohne nicht auch eine entsprechende Leistung zu einem späteren Zeitpunkt zu gewähren. Das ist alles andere als eine Schadloshaltung zu Lasten der Kunden.
gg. Die Beklagte hätte auch keine kostenlose Vertragsverlängerung anbieten müssen, weil das Festhalten am Vertrag für Kunden so lange zumutbar ist, so lange es nicht zu einem mit Recht und Gesetz schlechthin unvereinbaren Ergebnis führt (BGH, Urteil vom 18.10.2001 - I ZR 193/99 -, juris). Im Ausgangspunkt trägt nämlich jede Vertragspartei das Risiko ihrer geschuldeten Leistung. Dass die Beitragszahlungen im streitgegenständlichen Zeitraum für die Kunden der Beklagten unzumutbare oder gar existenzvernichtende Folgen hatten, ist nicht ersichtlich. Sie hatten lediglich in diesem Zeitraum keine Möglichkeit zu trainieren. Mehrausgaben sind ihnen nicht entstanden. Auf Seiten der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass diese auch während der Betriebsuntersagung die Kosten für den Erhalt des Fitnessstudios, etwa in Form von Lohnzahlungen sowie Wartungs- und Pflegekosten, zu tragen hatte. Sie hat sich dadurch, dass das Studio nicht genutzt wurde, finanziell zwar einiges erspart, aber gemessen an den Fixkosten ist dies gerichtsbekannt eher untergeordnet. Es hätte daher aus diesen Gründen auch nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, den sich aus der Verwirklichung des beide Parteien betreffenden Risikos der höheren Gewalt ergebenden Verlust allein den Kunden der Beklagten aufzuerlegen. Die Beklagte hätte sich, hätten die Vertragsparteien die Pandemie und deren Folgen bei Vertragsschluss vorausgesehen, auch nicht billigerweise darauf einlassen müssen, Beiträge zurückzuerstatten (so für den Betrieb eines Golfplatzes vgl. AG Nürtingen Urt. v. 17.7.2020 - 44 C 2310/20, BeckRS 2020, 21390 Rn. 25, 26).
hh. Damit ist die von der Beklagten getroffene Regelung nach den Grundsätzen der Vertragsanpassung in Folge der Störung der Geschäftsgrundlage gerechtfertigt und damit auch nicht irreführend und auch nicht wettbewerbswidrig. Vielmehr hat die Beklagte zu Gunsten ihrer Kunden gehandelt. Würde man dem Kläger folgen, der als Bundesverband der Verbraucherzentralen zu Gunsten der Verbraucher agieren sollte, dann hätte die Beklagte offenbar die kostenlose Vertragsverlängerung ihren Kunden nicht anbieten dürfen, mit der Konsequenz, dass die Kunden für den Zeitraum der Schließung des Fitnessstudios keinen Ausgleich erhalten hätten. Soweit der Kläger meint, die Beklagte hätte diese Beiträge den Kunden zurückerstatten müssen bzw. die Kunden für Zeit der Schließung nicht zahlen müssen, ist diese Rechtsansicht wie dargelegt sehr zweifelhaft. Ein beiderseitiger Wegfall der Leistungspflichten nach §§ 275 II oder III, 326 I BGB stellt nämlich oftmals wegen des Alles-oder-Nichts-Charakters der Unmöglichkeit keine interessengerechte Lösung dar. In diesen Fällen bleibt § 313 I BGB anwendbar und kann die „Rettung“ des Vertrags durch Anpassungen ermöglichen, wie sie die Parteien in Antizipation der Corona-Krise vorgenommen hätten (Palandt/Grüneberg, § 275 Rn. 29). Es bestand somit keinesfalls unzweifelhaft das Recht oder eine Befugnis der Kunden der Beklagten, für die Monate der Schließung die Beiträge nicht zu entrichten. Vielmehr ist die Rechtslage gerade nicht eindeutig. Dies sollte dem Kläger bekannt sein.
Das Angebot der Beklagte an ihre Kunden, die Vertragslaufzeit zu verlängern, war somit im Hinblick auf die massive Störung der Geschäftsgrundlage in Folge der Betriebsschließung weder irreführend, noch wettbewerbswidrig.
5. Zu den sonstigen zur Täuschung geeigneten Angaben i.S.v. § 5 I 2 Fall 2 UWG zählen nicht nur Tatsachenbehauptungen, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch Meinungsäußerungen.
a. Danach kann der zweite Fall des § 5 I 2 UWG grundsätzlich auch Angaben erfassen, die - wie Meinungsäußerungen - zwar nicht wahr oder unwahr sein können, gleichwohl aber zur Täuschung des Durchschnittsverbrauchers geeignet sind (vgl. BGH GRUR 2019, 754 Rn. 25-29). Aussagen über die Rechtslage werden allerdings nur in bestimmten Fällen von § 5 I UWG erfasst. Dabei ist entscheidend, wie der Verbraucher die Äußerung des Unternehmers unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Art und Weise der Äußerung, auffasst (vgl. BGH GRUR 2019, 754 Rn. 30). Ist für die betroffenen Verkehrskreise erkennbar, dass es sich um eine im Rahmen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung geäußerte Rechtsansicht handelt, fehlt dieser Äußerung die zur Erfüllung des Tatbestands der Irreführung erforderliche Eignung zur Täuschung. Dass eine solche Äußerung nicht dem Irreführungstatbestand unterfällt, folgt ferner aus der Überlegung, dass es dem Unternehmer bei der Rechtsverfolgung oder der Rechtsverteidigung unbenommen bleiben muss, eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten. Ob diese Rechtsansicht richtig ist, kann nicht im Wettbewerbsprozess, sondern muss in dem Rechtsverhältnis geprüft und entschieden werden, auf das sich diese Rechtsansicht bezieht (vgl. BGH GRUR 2019, 754 Rn. 31).
b. Dagegen erfasst § 5 I UWG Äußerungen, in denen der Unternehmer gegenüber Verbrauchern eine eindeutige Rechtslage behauptet, die tatsächlich nicht besteht, sofern der angesprochene Kunde die Aussage nicht als Äußerung einer Rechtsansicht, sondern als Feststellung versteht (vgl. BGH GRUR 2019, 754 Rn. 32; BGH GRUR 2020, 886 Rn. 42). Daran fehlt es aber hier.
c. Den Kunden wurde nicht suggeriert, die Beklagte könne dies ohne Weiteres einseitig tun. Im Gesamtzusammenhang der Mitteilung der Beklagten an ihre Kunden war dies als ein Angebot bzw. eine Rechtsansicht der Beklagten zu verstehen. Wer das Angebot nicht annehmen will, war genau in der Situation, die der Kläger in diesem Verfahren als allein richtig ansieht. Der Kunde konnte sein Geld zurückfordern und/oder kündigen. Wie dargelegt ist es aber rechtlich umstritten, ob diese Ansprüche oder Rechte tatsächlich bestehen. In dieser Situation war also das Angebot der Klägerin im Ergebnis kundenfreundlich, weil es die Risiken für beide Vertragsteile sachgerecht verteilte.
Daher war die Klage insgesamt abzuweisen.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S.1 ZPO.
Gemäß § 51 Abs. 2 GKG ist in Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Im Hinblick auf den geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ist das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers für die Bemessung des Streitwerts maßgeblich (BGH GRUR 1990, 1052, 1053 - Streitwertbemessung). Der Umfang dieses Interesses hängt insbesondere von der Gefährlichkeit der zu verbietenden Handlung („Angriffsfaktor“) ab, welche anhand des drohenden Schadens (Umsatzeinbußen, Marktverwirrungs- und Rufschaden) zu bestimmen ist und von den weiteren Umständen abhängt. Vorliegend sind 15.000 € angemessen.