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Wirtschaftsrecht
18.07.2013
Wirtschaftsrecht
OLG München: Zur sog. „nicht verhältniswahrenden Spaltung"

OLG München, Beschluss vom 10.7.2013 - 31 Wx 131/13


Leitsatz


Die sog. "nichtverhältniswahrende Spaltung" schließt auch die Möglichkeit mit ein, dass ein Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft überhaupt nicht an der übernehmenden Gesellschaft beteiligt wird (sog. "Spaltung zu Null").


UmwG §§ 126 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 5, Nr. 7, Nr. 10; 128


Sachverhalt


I. Zur Urkunde des Notars G. vom 7.11.2012 wurde ein Spaltungsvertrag zwischen der P.F. GmbH & Co KG als aufnehmende Gesellschaft (= Beteiligte zu 2) und der P. P GmbH & Co KG als übertragende Gesellschaft (= Beteiligte zu 1) geschlossen. Die Beteiligte zu 3 ist Komplementärin der aufnehmenden Gesellschaft; die Beteiligte zu 4 ist Kommanditistin der aufnehmenden und übertragenden Gesellschaft.


Ziffer II. 1 des Spaltungsvertrags regelt, dass der P. Verwaltung GmbH, die als Komplementärin an der übertragenden Gesellschaft beteiligt ist, keine Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft gewährt werden. Mit Zwischenverfügung vom 13.2.2013 erkannte das Registergericht unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 28.1.2013 ein Vollzugshindernis darin, dass diese Regelung in Widerspruch zu § 126 Abs. 1 Nr. 2 UmwG stehe. Insoweit müssten jedem Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers Anteile am übernehmenden Rechtsträger gewährt werden. Somit fehlten auch die nach § 126 Abs. 1 Ziff. 5 UmwG erforderlichen Angaben. Hiergegen richten sich die Beschwerden der Beteiligten zu 3 und 4.


Aus den Gründen


II. Die zulässigen Beschwerden führen zur Aufhebung der Zwischenverfügung des Registergerichts, weil die von ihm erkannten Eintragungshindernisse nicht vorliegen.


1. Grundsätzlich erfordert eine Abspaltung gemäß § 123 Abs. 2 Nr. 1 UmwG, dass den Anteilseignern eines übertragenden Rechtsträgers Anteile oder Mitgliedschaften an dem übernehmenden Rechtsträger gewährt wird. Insofern muss der Spaltungs- und Übernahmevertrag entsprechende Angaben enthalten (vgl. § 126 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 7 UmwG). Die Anteile oder Mitgliedschaften der übernehmenden Rechtsträger müssen den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers nicht zwingend in einem Verhältnis zugeteilt werden, das ihrer Beteiligung am übertragenden Rechtsträger entspricht (sog. verhältniswahrende Abspaltung). Zulässig ist auch eine Zuteilung der Anteile bzw. Mitgliedschaften in einem Verhältnis, das ihrer Beteiligung am übertragenden Rechtsträger nicht entspricht (sog. nicht verhältniswahrende Abspaltung). Diese Möglichkeit wird in § 126 Abs. 1 Nr. 10 UmwG ausdrücklich eingeräumt (Mayer in: Widmann/ Mayer UmwG § 128 Rn. 29 Bearbeitungsstand: 2008).


2. Die Meinung des Registergerichts, dass § 126 Abs. 1 Nr. 2 UmwG voraussetze, dass der übertragende Rechtsträger jedenfalls mit einem Mindestanteil an dem übernehmenden Rechtsträger beteiligt werden müsse und insofern eine sog. "zu Null-Beteiligung" in Widerspruch zu § 128 UmwG stehe, teilt der Senat nicht. Eine solche Auslegung findet in § 128 UmwG keine Stütze. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift die Möglichkeit einer sog. "zu Null-Beteiligung". Denn wenn eine Anteilsgewährung zulässig sein soll, die nicht dem Verhältnis der bisherigen Beteiligung entspricht, schließt dies grundsätzlich auch die Möglichkeit mit ein, dass eine Anteilsgewährung "zu Null" erfolgen kann (so bereits LG Konstanz ZIP 1998, 1226 m. Anm. Katschinski). Wenngleich diese in der Gesetzesbegründung nicht ausdrücklich genannt wurde, finden sich darin Hinweise auf ihre grundsätzliche Zulässigkeit. Die nichtverhältniswahrende Spaltung soll nach dem Willen des Gesetzgebers u.a. die Auseinandersetzung von Gesellschaftergruppen und Familienstämmen im Wege der Sonderrechtsnachfolge ermöglichen (vgl. BR-Drs 75/94 S. 120). Eine solche Trennung zieht in der Regel eine "Spaltung zu Null" nach sich (vgl. Priester in: Lutter UmwG 4. Auflage <2009> § 128 Rn. 13). Dass die Zulässigkeit einer Abspaltung davon abhängt, dass der übertragende Rechtsträger zumindest einen kleinsten denkbaren Anteil an dem übernehmenden Rechtsträger erhält, wäre auch nicht sinnvoll (vgl. hierzu LG Essen NZG 2002, 736, 737). Im Übrigen ist der Minderheitenschutz durch das Zustimmungserfordernis in § 128 UmwG gewahrt; Gläubigerinteressen sind durch §§ 22, 125 UmwG geschützt (vgl. LG Essen a.a.O.; LG Konstanz a.a.O.). Demgemäß ist die Zulässigkeit einer sog. Spaltung zu Null auch im Schrifttum weitgehend anerkannt (vgl. Mayer in Widmann/ Mayer a.a.O. Rn. 29; Kallmeyer/Sickinger in: Kallmeyer UmwG 5. Auflage <2013> Rn. 4; Priester a.a.O. § 128 Rn. 13 m.w.N.).

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