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Wirtschaftsrecht
29.04.2010
Wirtschaftsrecht
LG Nürnberg-Fürth: Zur ordnungsgemäßen Zusammensetzung des SE-Aufsichtsrats

LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 8.2.2010 - 1 HK O 8471/09

Leitsatz (Nicht Amtlich)

Die Änderung der Regelung in einer Beteiligungsvereinbarung dahingehend, dass der Aufsichtsrat einer SE aus insgesamt zehn Mitgliedern bestehen soll, von denen vier von der Arbeitnehmerseite vorzuschlagen sind, ist wirksam.

AktG § 95; SEAG § 17

Sachverhalt

Die GfK SE wurde im Jahre 2009 durch Umwandlung der GfK Aktiengesellschaft nach Maßgabe von Art. 2 Abs. 4, Art. 37 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft ("SE-VO") i. V. m. dem Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) vom 22.12.2004 ("SEAG") errichtet.

Die Satzung der GfK SE sieht in § 9 Abs. 1 eine Besetzung des Aufsichtsorgans (nachfolgend auch "Aufsichtsrat") mit neun Mitgliedern vor, von denen die Hauptversammlung drei auf Vorschlag der Arbeitnehmer unter Bindung an Wahlvorschläge zu bestellen hat, wenn nicht eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer ein anderes Bestellverfahren für die Arbeitnehmervertreter vorschreibt.

§ 17.1 Satz 2 und Satz 3 der vor Eintragung der GfK SE in das Handelsregister abgeschlossenen Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer ("Beteiligungsvereinbarung") vom 17.12.2008 sahen folgende Regelungen vor:

"Die Größe des Aufsichtsrats regelt die Satzung der GfK SE. Mindestens ein Drittel seiner Mitglieder und, vorbehaltlich der Zustimmung durch die nächstfolgende Hauptversammlung nach Eintragung der GfK SE ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beschlusses der Hauptversammlung, mindestens vier Mitglieder werden gemäß § 18.2 von den Arbeitnehmern bestellt ("Arbeitnehmervertreter")."

Durch § 1 der Vereinbarung vom 8.4.2009 zwischen der Leitung der GfK SE- und dem GfK SE Betriebsrat ("Änderungsvereinbarung") wurde § 17.1 Satz 2 und Satz 3 der Beteiligungsvereinbarung wie folgt neu gefasst:

"Der Aufsichtsrat der GfK SE soll aus zehn Mitgliedern bestehen, von denen vier Mitglieder gemäß § 18.2 von den Arbeitnehmern bestellt werden ("Arbeitnehmervertreter"). Die Satzung der GfK SE soll entsprechend angepasst werden; über die Anpassung der Satzung beschließt, soweit rechtlich erforderlich, die Hauptversammlung."

§ 9 Abs. 1 der Satzung der GfK SE ist bislang nicht angepasst worden.

Aus den Gründen

2. Das angerufene Landgericht Nürnberg-Fürth, 1. Handelskammer, ist nach § 98 Abs. 1 S. 2 und 3 AktG i.V.m. § 3 Nr. 3 der Verordnung über die Zuständigkeit zum Erlass von Rechtsverordnungen i. V. m. der Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten im Bereich des Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz örtlich, sachlich und funktionell zuständig.

Das Statusverfahren ist zulässig, zur Umsetzung der getroffenen Änderungsvereinbarung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Gesellschaft ist das Statusverfahren nach § 98 AktG eröffnet.

SE-VO und SEAG enthalten keine eigene Regelung zur rechtsverbindlichen Feststellung der Zusammensetzung des Aufsichtsorgans einer dualistischen SE, so dass die §§ 97 ff. AktG auf die (bestehende) SE über die Generalverweisung des Art. 9 Abs. 1 lit. c) ii) SE-VO grundsätzlich anwendbar sind.

Die Änderung von § 17.1 der Beteiligungsvereinbarung dahingehend, dass der Aufsichtsrat der SE aus insgesamt zehn Mitgliedern bestehen soll, von denen vier von der Arbeitnehmerseite vorzuschlagen sind, ist wirksam. Die Kammer schließt sich der Auffassung an, wonach die Vereinbarung oder die gesetzliche Auffangregelung nach dem SEBG zu einer anderen zahlenmäßigen Zusammensetzung des Aufsichtsrats führen könne, auf § 95 S. 5 AktG wird verwiesen.

In § 95 S. 5 AktG ist der Vorrang der Mitbestimmungsgesetze - an deren Stelle bei der SE die Beteiligungsvereinbarung tritt - vor den Vorgaben u. a. des § 95 S. 3 AktG, also der Parallelregelung zu § 17 Abs. 1 Satz 3 SEAG, festgeschrieben. Dies zeigt, dass die Regelung des § 17 Abs. 1 SEAG nach dem Willen des Gesetzgebers keine Einschränkung der Freiheit zur Ausgestaltung der Mitbestimmung in der SE enthalten soll.

Die im vorliegenden Fall durch die Beteiligungsvereinbarung vorgesehene Regelung mit zehn Aufsichtsratsmitgliedern, von denen vier von der Arbeitnehmerseite bestimmt werden, erreicht ein höheres Mitbestimmungsniveau als die zuvor vorgesehene Drittelbeteiligung, ohne dabei auf die paritätische Mitbestimmung überzugehen. Die Satzung ist gemäß Art. 12 Abs. 4 SE-VO, der die Vorrangigkeit der Beteiligungsvereinbarung festschreibt, anzupassen.


 

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