R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
29.05.2015
Wirtschaftsrecht
KG Berlin: Zur örtliche Zuständigkeit bei Inanspruchnahme des Treuhandgesellschafters einer Fondsgesellschaft wegen fehlerhafter Anlegerberatung

KG Berlin, Urteil vom 11.5.2015 – 2 U 5/15

Leitzsätze

1.         Bei Inanspruchnahme des Treuhandgesellschafters einer Fondsgesellschaft wegen fehlerhafter Beratung des Anlegers durch einen Anlageberater auf Grundlage des mängelbehafteten Fondsprospekts findet § 32 b Abs. 1 Nr. 1 ZPO Anwendung.

2.         Maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit ist in diesem Fall der Sitz des Prospekt-Emittenten.

Aus den Gründen

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte als Gründungsgesellschafterin und Treuhandkommanditistin Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an einem Medienfonds geltend. Er wendet sich gegen die Abweisung seiner Klage durch das Landgericht Berlin als unzulässig wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit.

Auf Vermittlung des Anlageberaters P. beteiligte sich der Kläger mit Beitrittserklärung vom 16. November 2004 als Direktkommanditist mit einer Einlage in Höhe von 100.000.- Euro, die zur Hälfte fremdfinanziert wurde, an der E P M GmbH & Co. KG III (nachfolgend „Fondsgesellschaft“), die ihren Verwaltungssitz in G im Bezirk des Landgerichts München I hat. Für die Vermarktung der Fondsbeteiligungen war von der - mittlerweile aus dem Handelsregister gelöschten - E P AG, die ihren Sitz ebenfalls in G hatte, ein Fondsprospekt erstellt worden. Laut diesem Prospekt übernahm die Beklagte - mit Sitz in Berlin - die Funktion einer Treuhandkommanditistin und eines Mittelverwendungskontrolleurs. In dieser Rolle sollte sie auch die Gesellschaftsanteile der als Direktkommanditisten an der Fondsgesellschaft zu beteiligenden Anleger zunächst in eigener Person begründen und sodann auf diese übertragen und treuhänderisch verwalten. Im Zeitpunkt des Fondsbeitritts des Klägers war die Beklagte als Kommanditistin mit einer Einlage von 1.000,00 Euro im Handelsregister eingetragen.

Der Kläger hat vorgetragen, der Anlageberater P. habe ihm im Rahmen des Beratungsgesprächs am 16. November 2004 die Beteiligung an der Fondsgesellschaft besonders empfohlen. Er habe

- unter Hinweis auf die Darstellung auf Seiten  des Prospekts - insbesondere die beim Fonds in Form des Treuhand- und Mittelverwendungskontrollvertrags vorhandenen speziellen Sicherungsmechanismen betont. Über die sonstigen Einzelheiten des Prospekts, der ihm bei dem Beratungsgespräch mit P. erstmals vorgelegt worden sei, habe dieser ihn nicht aufgeklärt und auch die anfallenden Vertriebskosten in Höhe von über 15 % der Zeichnungssumme nicht erwähnt. Unter Bezugnahme auf die Planrechnung und die Angaben auf Seite 48 ff. des Prospekts sei im Beratungsgespräch explizit mit einer Mindestverzinsung in Höhe von 18,81 % nach Steuern geworben worden.

Den mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte hat der Kläger ausdrücklich unter anderem auf die von vornherein fehlerhafte Kalkulation der Erlöszahlungen und der daraus errechneten Rendite auf Seiten  und  des Fondsprospekts gestützt. Ferner hat er der Beklagten vorgeworfen, auf Seite  des Fondsprospekts sei in verharmlosender und damit irreführender Weise auf das Risiko eines Totalverlustes des investierten Kapitals hingewiesen worden. Eine weitere Pflichtverletzung der Beklagten sei darin zu sehen, dass die Hinweise zur Möglichkeit eines Wiederauflebens der Einlageverpflichtung auf Seite  des Prospekts keine hinreichende Aufklärung darstellten, da sie keinen Hinweis darauf enthielten, dass auch die Tilgung der von den Anlegern zur Finanzierung der Hälfte ihrer Beteiligung aufgenommenen Darlehen eine verdeckte Einlagenrückgewähr darstellen könnten. Darüber hinaus hat der Kläger seinen Anspruch damit begründet, dass ihn der Anlageberater P. auf diverse weitere Risiken, die teilweise im Prospekt erwähnt seien, nicht aufmerksam gemacht habe.

Das Landgericht hat die auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz und Feststellung gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei örtlich unzuständig, da für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche gem. § 32b ZPO die ausschließliche örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I begründet sei. Die Beklagte gehöre als zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers zur Fondsgesellschaft bereits beteiligte Mittelverwendungskontrolleurin zu den „sonstigen“ Prospektverantwortlichen. Der Kläger mache auch ausdrücklich geltend, dass ihm die Beklagte als solche dafür hafte, dass der Prospekt zum Zeitpunkt seiner Beteiligung Fehler enthalten habe. Für die Haftung der Beklagten sei dabei allein entscheidend, dass diese im Zeitpunkt des Beitritts des Klägers bereits beigetretene Kommanditistin gewesen sei. Als „sonstige“ Prospektverantwortliche unterfalle die Beklagte der Neuregelung des § 32b ZPO auch trotz des Umstands, dass sie allein verklagt worden sei. Der Wortlaut der Norm sei insofern nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30. Juli 2013 einzuschränken.

Der Kläger ist - unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen - weiterhin der Ansicht, das Landgericht Berlin sei örtlich zuständig. Die Voraussetzungen des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO seien nicht erfüllt, da er seinen Anspruch nicht auf die Verwendung einer öffentlichen Kapitalmarktinformation, sondern auf ein individuelles Aufklärungsverschulden des Anlageberaters P. stütze, welches der Beklagten nach § 278 BGB zuzurechnen sei. Dies werde insbesondere dadurch deutlich, dass er nicht vortrage, er habe den Prospekt vor Durchführung der Anlageberatung erhalten oder diesen studiert und auf seine Fehlerfreiheit vertraut. Als Prospektherausgeberin nehme er die Beklagte nicht in Anspruch. Darüber hinaus begründe er seine Ansprüche mit einer Verletzung von Vertragspflichten aus dem Treuhand- und Mittelverwendungskontrollvertrag durch die Beklagte. Auch § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO finde vorliegend keine Anwendung, da er die Beklagte nicht als Anlageberaterin oder -vermittlerin in Anspruch nehme und zudem die Voraussetzung des § 32b Abs. 1 ZPO a.E., wonach die Klage auch gegen den Emittenten oder Anbieter der Kapitalanlage gerichtet sein muss, nicht erfüllt sei. Zudem könne § 32b Abs. 1 ZPO nur dahin verstanden werden, dass im Falle der Inanspruchnahme eines „sonstigen Prospektverantwortlichen“, der nicht Emittent oder Anbieter der Kapitalanlage sei, dessen Sitz für die Festlegung der örtlichen Zuständigkeit maßgeblich sei.

Der Kläger stellt den Antrag,

1.         unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen,

            hilfsweise, den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Landgericht München I zu verweisen,

2.         im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils

a.         die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 53.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 24.05.2014 zu zahlen,

b.         die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 535,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

c.         festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verpflichtungen und steuerlichen Nachteilen freizustellen, die diesem durch die Zeichnung seiner Kommanditbeteiligung an der E P M GmbH & Co. KG III vom 26.11.2004 entstanden sind und noch entstehen werden,

d.         2. a. bis c. jeweils Zug-um-Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus der Beteiligung an der E P M GmbH & Co. KG III vom 26.11.2004,

e.         festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme seiner Kommanditbeteiligung an der E P M GmbH & Co. KG III vom 26.11.2004 in Annahmeverzug befinde.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von diesen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht mangels örtlicher Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen, da gem. § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO das Landgericht München I ausschließlich örtlich zuständig ist.

1. Auf den hier geltend gemachten Anspruch findet in zeitlicher Hinsicht § 32b ZPO in der seit dem 1. November 2012 geltenden Fassung (im Folgenden § 32b ZPO n.F.) Anwendung, denn die Klage ist nach diesem Stichtag erhoben worden.

2. Der Anwendungsbereich des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist auch in sachlicher Hinsicht für die Beklagte eröffnet, ohne dass sie die Stellung eines Emittenten oder Anbieters der Kapitalanlage gehabt haben müsste, da der Kläger sie zumindest auch als Verantwortliche für irreführende und fehlerhafte Angaben in dem Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft in Anspruch nimmt.

a. Der als Anlage K 6 vorgelegte Emissionsprospekt der Fondsgesellschaft stellt eine öffentliche Kapitalmarktinformation im Sinne des - auch im Anwendungsbereich des § 32b ZPO für die Abgrenzung einschlägigen - § 1 Abs. 2 Satz 1 KapMuG dar. Denn er enthält Informationen über Tatsachen, Umstände, Kennzahlen und sonstige Unternehmensdaten, die für eine Vielzahl von Kapitalanlegern bestimmt sind und einen Anbieter von sonstigen Vermögensanlagen betreffen.

b. Der Kläger macht einen Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation im Sinne des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO geltend.

aa. Entgegen seiner Darstellung in der Berufungsbegründung stützt der Kläger seinen Anspruch gegen die Beklagte nicht allein auf eine - prospektunabhängig - fehlerhafte Beratung durch den Anlagevermittler P., sondern auch auf die unzutreffende bzw. unzulängliche Beschreibung der mit einer Beteiligung an der Fondsgesellschaft verbundenen Risiken im Prospekt. So moniert er beispielsweise die fehlerhafte Kalkulation der Rendite im Fondsprospekt (vgl. S.  . der Klageschrift), die nicht hinreichende Information des Totalverlustrisikos auf Seite  des Fondsprospekts (          ) sowie die unzulängliche Aufklärung über das Risiko einer verdeckten Einlagenrückgewähr im Falle einer Ausschüttung auf Seite  des Prospekts (          ). Mit diesen Vorwürfen knüpft er gerade nicht nur an die Aussagen des Anlagevermittlers P. im konkreten Beratungsgespräch an, sondern zumindest auch an für seine Anlageentscheidung

- angeblich - relevante Informationen im Fondsprospekt, der ihm nach seinem eigenen Vortrag im Rahmen des Beratungsgesprächs vorgelegt worden ist ( ). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht es zudem der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist, und zwar selbst dann, wenn der Anlagevermittler den Prospekt nur als Arbeitsgrundlage für sein Beratungsgespräch verwendet hat, ohne dass der Anleger ihn ausgehändigt bekommen und gelesen hätte (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 13. Dezember 2012 - III ZR 70/12 -, juris Rn. 11 mwN.). Das war hier nach dem Vortrag des Klägers der Fall.

Auch soweit der Kläger moniert, durch die Installierung der Mittelverwendungskontrolle sei tatsächlich nicht sichergestellt gewesen, dass die Fondsgesellschaft über die Anlegergelder erst nach Prüfung und Zustimmung der Beklagten habe verfügen können, rügt er in der Sache eine fehlerhafte Darstellung im Fondsprospekt. Denn er führt aus, nach den Vorgaben des Fondsprospekts habe die Beklagte nach Freigabe der von den Anlegern eingebrachten Mittel eine ständige unabhängige Mittelverwendungskontrolle ausüben sollen (), macht also ein Auseinanderfallen von Darstellung und Rechtswirklichkeit geltend.

bb. Den Vortrag des Klägers als zutreffend unterstellt, käme eine Haftung der Beklagten für etwaige fehlerhafte Prospektangaben auch gegenüber dem Kläger in Betracht.

(1) Zwar ergäbe sich diese nicht daraus, dass die Beklagte Emittentin oder Anbieterin der streitgegenständlichen Vermögensanlagen gewesen wäre. Denn sie hat die Vermögensanlage nicht erstmals auf den Markt gebracht und für ihre Rechnung unmittelbar oder durch Dritte öffentlich zum Erwerb angeboten. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass sie den Anlegern gegenüber nach außen erkennbar, beispielsweise in Zeitungsanzeigen, als Anbieter aufgetreten oder die Verantwortung für die Koordination der Vertriebsaktivitäten der eingeschalteten Vermittler innegehabt hätte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 - X ARZ 320/13 - juris Rn. 9 ff.).

(2) Eine Haftung der Beklagten wegen fehlerhafter bzw. irreführender Angaben im Fondsprospekt kann aber aus ihrer Stellung als (Gründungs-)Gesellschafterin der Fondsgesellschaft und als Treuhänderin folgen. Als solche könnten den Fondsanlegern - und so auch dem Kläger - Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinne nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 282, 280 BGB gegen sie zustehen.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kann die Prospekthaftung im weiteren Sinne bei einem Beitritt zu einer Kommanditgesellschaft grundsätzlich die schon beigetretenen Gesellschafter treffen, da sie ein Anwendungsfall der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss ist und grundsätzlich denjenigen trifft, der - wie die Altgesellschafter mit dem Neugesellschafter - den Vertrag im eigenen Namen abschließen will (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2013 - II ZR 9/12 -, juris Rn. 26 mwN.). Bei einer Publikumsgesellschaft ist nach dieser Rechtsprechung eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss nur insoweit ausgeschlossen, als sie sich gegen Altgesellschafter richten würde, die nach der Gründung der Gesellschaft rein kapitalistisch, also als einfache Anleger, beigetreten sind und auf die Vertragsgestaltung und die Beitrittsverhandlungen und -abschlüsse erkennbar keinerlei Einfluss hatten (BGH aaO. Rn. 27 mwN.). Ein solcher Ausnahmefall liegt in Bezug auf die Beklagte - ungeachtet der Frage, ob sie zu den Gründungskommanditisten der Fondsgesellschaft gehört - jedoch nicht vor.

Die Beklagte war Gesellschafterin und als solche im Handelsregister eingetragen, als sich der Kläger an der Fondsgesellschaft beteiligte. Ihre Gesellschafterstellung erschöpfte sich nicht in dem treuhänderischen Halten von Beteiligungen der Treugeber; vielmehr hielt sie auch einen eigenen Anteil. Anders als die rein kapitalistischen „Altgesellschafter“ verfolgte sie nicht ausschließlich Anlageinteressen, sondern profitierte durch die ihr nach § 8 des Treuhand- und Mittelverwendungs-kontrollvertrags zustehende beteiligungsabhängige Vergütung selbst von der Werbung weiterer Anleger. Anders als die vor dem Kläger beigetretenen Anleger war die Beklagte nicht von jedem Einfluss auf die Vertragsgestaltung und die Einwerbung von neuen Gesellschaftern ausgeschlossen. Unabhängig von der Frage, ob sie tatsächlich auf die Gestaltung des Gesellschafts- und des Treuhandvertrages Einfluss genommen hat, war das aufgrund ihrer Einbindung in die Gesellschaftsstruktur jedenfalls aus der Sicht der Anleger nicht ausgeschlossen. Die Anleger mussten daher auch nicht davon ausgehen, dass die Beklagte zu ihrem Gesellschaftsbeitritt und ihrer Tätigkeit als Treuhänderin ausschließlich mit den Informationen gewonnen worden war, die sich aus dem Prospekt ergaben. Zumindest aber hatte die Beklagte insoweit einen eigenen Handlungsspielraum, als sie die Angebote auf Abschluss von Treuhandverträgen annehmen oder ablehnen konnte und ohne ihre Annahmeerklärung solche Verträge nicht zustande kommen konnten (vgl. zu diesen Voraussetzungen auch BGH, Urteil vom 9. Juli 2013, aaO. Rn. 29).

(3) Dass der Kläger sich nicht als mittelbarer Kommanditist über die Beklagte als Treuhänderin, sondern als Direktkommanditist an der Fondsgesellschaft beteiligt hat, schließt eine potenzielle Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger aus Prospekthaftung im weiteren Sinne nicht aus. Zum einen wurde nach den Regelungen des im Fondsprospekt abgedruckten Treuhand- und Mittelverwendungsvertrags auch seitens der direkt beteiligten Gesellschafter im Augenblick ihres Beitritts ein Treuhandverhältnis begründet, da die Beklagte deren Gesellschaftsanteile zunächst in eigener Person begründen und sodann auf die Direktkommanditisten übertragen und treuhänderisch verwalten sollte. Zum anderen kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs primär auf die Gesellschafterstellung des Treuhänders an (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2013, aaO. Rn. 30), die hier, wie ausgeführt, bestand.

c. Vom Anwendungsbereich des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO werden auch diejenigen Personen erfasst, die den Anlegern für fehlerhafte Kapitalmarktinformation aufgrund eines quasivertraglichen Anspruchs, nämlich aus dem in § 311 Abs. 2 BGB normierten Verschulden beim Vertragsschluss haften. Zwar ergibt sich dies unmittelbar weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung, die lediglich von „außervertraglichen Ansprüchen“ insbesondere aus Delikt spricht (vgl. BT-Drs. 15/5091, S. 33 f.). Unter Heranziehung des mit der im Jahr 2005 eingeführten Neuregelung verfolgten Zwecks, die in entsprechenden Klageverfahren regelmäßig erforderliche sachverständige Beurteilung öffentlicher Kapitalmarktinformationen an einem Gerichtsstand zu konzentrieren, geht die obergerichtliche Rechtsprechung regelmäßig davon aus, dass auch die Fälle der sog. Prospekthaftung im weiteren Sinne einen Anwendungsfall des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO darstellen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 25. Februar 2014 - 17 U 242/12 -, juris Rn. 23 ff. mwN.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Februar 2014 - 11 SV 7/14 -, juris Rn. 7; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Juni 2013, NZG 2013, 1234, juris Rn. 7). Auch der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Inanspruchnahme eines Gründungsgesellschafters aus Prospekthaftung im weiteren Sinne und damit aus Verschulden bei Vertragsschluss ohne weitere Begründung unter § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO subsumiert (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013, aaO. Rn. 18).

d. Der Anwendbarkeit des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO steht vorliegend nicht entgegen, dass der Kläger neben der Beklagten, die ihren Sitz in Berlin hat, nicht auch den Emittenten, den Anbieter oder die Zielgesellschaft verklagt hat. Die ihrem Wortlaut nach eine solche Bedingung aufstellende Regelung in § 32b Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO, die gemeinsam mit der Erweiterung des § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO in der aktuellen Fassung im Jahr 2012 neu in das Gesetz eingefügt wurde, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgrund der aus der Entstehungsgeschichte und der in den Gesetzesmaterialien dokumentierten Zielsetzung der Neuregelung einschränkend dahingehend auszulegen, dass sie ausschließlich für die Fälle des § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO gelten soll (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013, aaO. Rn. 19 ff.). Dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung schließt sich der Senat an.

3. Dass der Kläger seine Klage auch auf eine fehlerhafte Beratung des Anlagevermittlers jenseits der geltend gemachten Prospektfehler stützt, welche nach seiner Auffassung der Beklagten ebenfalls nach § 278 BGB zuzurechnen ist, schließt die Geltung des § 32b ZPO nicht aus, da nach dem Rechtsgedanken des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2002 - X ARZ 208/02 -, BGHZ 153, 173 ff., juris Rn. 12 ff.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 21. Februar 2013 - 1 (Z) Sa 1/13 -, juris Rn. 7).

4. Ausschließlicher Gerichtsstand gemäß § 32b Abs. 1 ZPO ist vorliegend München, weil dort die E P AG ihren Sitz hatte. Diese ist als Emittentin oder Anbieterin der streitgegenständlichen Vermögensanlage anzusehen, denn ausweislich des Impressums hat sie den für die Vermarktung der Beteiligungen an der Fondsgesellschaft herausgegebenen Prospekt „erstellt“. Daher ist davon auszugehen, dass sie die Vermögensanlage erstmals auf den Markt gebracht und für ihre Rechnung unmittelbar oder durch Dritte öffentlich zum Erwerb angeboten hat.

Die - in der obergerichtlichen Rechtsprechung uneinheitlich beantwortete Frage -, ob im Falle einer geltend gemachten Prospekthaftung bei einer Vermögensanlage, die in der Beteiligung an einer als Personengesellschaft organisierten Fondsgesellschaft besteht, auch der - gegebenenfalls mit dem Sitz des Emittenten nicht identische - Sitz der Fondsgesellschaft die ausschließliche örtliche Zuständigkeit nach § 32b ZPO begründen kann, weil diese als „Zielgesellschaft“ im Sinne dieser Norm anzusehen wäre (so entgegen der ganz herrschenden Meinung offenbar OLG München, Beschluss vom 16. Mai 2007, NJW 2007, 1644 f, juris Rn. 8 [zu § 32b a.F.]; anderer Ansicht: OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. Juni 2014 - 11 SV 114/13 -, juris Rn. 12; OLG Hamm, Beschluss vom 8. April 2013, NJW-RR 2013, 1451 f, juris Rn. 13; OLG Düsseldorf, aaO. Rn. 6; jew. mwN.) bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da auch die Fondsgesellschaft ihren Sitz im Bezirk des Landgerichts München I hat.

III.

Aufgrund des erstmals in der Berufungsinstanz vom Kläger hilfsweise gestellten Verweisungsantrags war das Rechtsmittel nicht zurückzuweisen, sondern der Rechtsstreit gem. § 281 Abs. ZPO - unter Aufhebung des rechtsfehlerfrei ergangenen Urteils des Landgerichts - an das sachlich und örtlich zuständige Landgericht München I zu verweisen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2014 - VIII ZR 376/13 - NJW 2014, 2864 Rn. 52 mwN.).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 710 ZPO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, da der persönliche und sachliche Anwendungsbereich des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO bei Inanspruchnahme eines Prospektverantwortlichen wegen - nach § 278 BGB zurechenbarer - fehlerhafter Anlageberatung durch den Anlagevermittler, die auch auf unzutreffende oder irreführende Angaben im Prospekt gestützt wird, auch nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30. Juli 2013 (X ARZ 320/13) nicht hinreichend geklärt ist.

stats