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Wirtschaftsrecht
30.03.2023
Wirtschaftsrecht
EuGH: Zur Zuständigkeit in Verbrauchersachen und zum Begriff „Verbraucher“

EuGH, Urteil vom 9.3.2023 – C-177/22, JA gegen Wurth Automotive GmbH

ECLI:EU:C:2023:185

Volltext: BB-Online BBL2023-769-1

unter www.betriebs-berater.de

 

Tenor

1. Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass für die Feststellung, ob eine Person, die einen unter Buchst. c dieser Bestimmung fallenden Vertrag geschlossen hat, als „Verbraucher“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, die mit dem Abschluss dieses Vertrags verfolgten gegenwärtigen oder zukünftigen Ziele zu berücksichtigen sind, und zwar unabhängig von der Frage, ob diese Person ihre Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis oder selbständig ausübt.

2. Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 ist dahin auszulegen, dass für die Feststellung, ob eine Person, die einen unter Buchst. c dieser Bestimmung fallenden Vertrag geschlossen hat, als „Verbraucher“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, der Eindruck berücksichtigt werden kann, den diese, sich auf die Verbrauchereigenschaft berufende Person durch ihr Verhalten bei ihrem Vertragspartner erweckt hat, das insbesondere darin bestand, dass sie auf die Vertragsbestimmungen, in denen sie als Unternehmerin bezeichnet wird, nicht reagiert hat, darin, dass sie den Vertrag über einen Vermittler abgeschlossen hat, der in dem Bereich, in den der Vertrag fällt, beruflich oder gewerblich tätig ist und der nach der Unterzeichnung des Vertrags die andere Partei gefragt hat, ob es möglich sei, auf der entsprechenden Rechnung die Mehrwertsteuer auszuweisen, und darin, dass sie den Gegenstand, auf den sich der Vertrag bezieht, kurz nach dessen Abschluss und eventuell mit Gewinn verkauft hat.

3. Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 ist dahin auszulegen, dass das nationale Gericht, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen der Gesamtwürdigung der ihm zur Verfügung stehenden Informationen bestimmte den Abschluss eines Vertrags begleitende Umstände, bei denen es sich insbesondere um Angaben in diesem Vertrag oder um die Einschaltung eines Vermittlers im Zuge des Vertragsabschlusses handelt, rechtlich hinreichend festzustellen, den Beweiswert dieser Informationen nach den nationalen Rechtsvorschriften zu beurteilen hat, und zwar auch im Hinblick auf die Frage, ob Zweifel der Person zugutekommen müssen, die sich auf die Verbrauchereigenschaft im Sinne dieser Bestimmung beruft.

 

 

Aus den Gründen

1          Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 17 und 18 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1).

 

2          Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen JA, einer österreichischen Staatsangehörigen, und der Wurth Automotive GmbH, einer deutschen Gesellschaft, über die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte für die Entscheidung über eine Klage auf Schadenersatz wegen versteckter Mängel eines Kraftfahrzeugs, über das ein Kaufvertrag geschlossen wurde.

 

Rechtlicher Rahmen

3          Kapitel II („Zuständigkeit“) Abschnitt 4 („Zuständigkeit bei Verbrauchersachen“) Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 sieht vor:

„Bilden ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, den Gegenstand des Verfahrens, so bestimmt sich die Zuständigkeit unbeschadet des Artikels 6 und des Artikels 7 Nummer 5 nach diesem Abschnitt,

a) wenn es sich um den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung handelt,

b) wenn es sich um ein in Raten zurückzuzahlendes Darlehen oder ein anderes Kreditgeschäft handelt, das zur Finanzierung eines Kaufs derartiger Sachen bestimmt ist, oder

c) in allen anderen Fällen, wenn der andere Vertragspartner in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaats, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.“

 

4          Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 lautet:

„Die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner kann entweder vor den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des anderen Vertragspartners vor dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.“

 

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

5          Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, deren Lebensgefährte ein Autohändler und der Geschäftsleiter einer Online-Plattform für den Verkauf von Kraftfahrzeugen ist (im Folgenden: Lebensgefährte), war auf der Homepage dieser Plattform als Grafikerin und Webdesignerin genannt, ohne diese Tätigkeit zur maßgeblichen Zeit tatsächlich ausgeübt zu haben.

 

6          Auf Bitte der Klägerin des Ausgangsverfahrens, die ein neues Kraftfahrzeug erwerben wollte, unternahm ihr Lebensgefährte Recherchen und nahm mit der Beklagten des Ausgangsverfahrens am 11. März 2019 durch ein E‑Mail Kontakt auf, das er ihr von seiner geschäftlichen E‑Mail-Adresse aus sandte und in dem er ihr ein Angebot für den Barkauf eines Fahrzeugs mit Erstzulassung in Deutschland mit Differenzbesteuerung unterbreitete. Darin hieß es, dass der Kaufvertrag auf den Namen der Klägerin des Ausgangsverfahrens lauten sollte. Es gab auch einen telefonischen Kontakt zwischen dem Lebensgefährten und einem Mitarbeiter der Beklagten des Ausgangsverfahrens, dessen Inhalt jedoch nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen werden konnte.

 

7          Die Beklagte des Ausgangsverfahrens übermittelte dem Lebensgefährten per E‑Mail den Kaufvertrag, der als Käuferin die „Firma JA“ bezeichnete und folgende Rubrik enthielt: „Sondervereinbarungen Händlergeschäft/keine Rücknahme, keine Garantie/Auslieferung erfolgt nach Geldeingang …“.

 

8          Die Klägerin des Ausgangsverfahrens unterzeichnete diesen Vertrag, ohne die darin enthaltenen Angaben zu beanstanden. Ihr Lebensgefährte übersandte anschließend den Vertrag zurück an die Beklagte des Ausgangsverfahrens und holte dort am 13. März 2019 das Fahrzeug ab.

 

9          Die aus diesem Anlass ausgestellte Rechnung enthielt den Vermerk „kein Umsatzsteuerausweis möglich – § 25a [des Umsatzsteuergesetzes (UStG)]“. Wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, sind im Computersystem der Beklagten des Ausgangsverfahrens Sondervereinbarungen nicht automatisch vorgegeben, sondern werden vom Verkäufer in den Kaufvertrag aufgenommen. Bei Verträgen mit Privatpersonen lautet die Anrede auf Herr/Frau. Diese Verträge enthalten auch eine Klausel über eine einjährige Gewährleistung.

 

10        Das betreffende Fahrzeug wurde auf den Namen der Klägerin des Ausgangsverfahrens zugelassen. Einige Wochen später fragte der Lebensgefährte die Beklagte des Ausgangsverfahrens, ob es möglich sei, die Mehrwertsteuer auf der ausgestellten Rechnung auszuweisen, was diese verneinte.

 

11        Nachdem die Klägerin des Ausgangsverfahrens festgestellt hatte, dass dieses Fahrzeug mit versteckten Mängeln behaftet ist, erhob sie beim Bezirksgericht Salzburg (Österreich), dessen Zuständigkeit sie auf Art. 17 der Verordnung Nr. 1215/2012 stützte, Klage auf Verurteilung der Beklagten des Ausgangsverfahrens zur Zahlung von 3 257,52 Euro aus Gewährleistung. Zur Stützung ihrer Klage machte die Klägerin des Ausgangsverfahrens geltend, dass sie den Kaufvertrag im vorliegenden Fall als Verbraucherin geschlossen habe und dass die Beklagte des Ausgangsverfahrens ihre gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinne von Art. 17 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1215/2012 auf Österreich ausrichte.

 

12        Die Beklagte des Ausgangsverfahrens erhob die Einrede der Unzuständigkeit dieses Gerichts und bestritt auch die Begründetheit dieser Klage. Der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Kaufvertrag stelle ein Händlergeschäft dar, was sich aus den Angaben in der Rubrik „Sondervereinbarungen“, aus dem Kaufpreis, dessen Höhe unter Berücksichtigung der Differenzbesteuerung festgelegt worden sei, und aus der beabsichtigten Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs durch die Klägerin des Ausgangsverfahrens ergebe. Für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits seien daher die deutschen Gerichte zuständig.

 

13        Mit Beschluss vom 19. Oktober 2021 stellte das Bezirksgericht Salzburg fest, dass es für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits international unzuständig sei. Auch wenn sie tatsächlich keine Unternehmerin sei, habe die Klägerin des Ausgangsverfahrens mit Unterfertigung des Kaufvertrags und der Einbeziehung ihres Lebensgefährten in die Anbahnung der Beziehung zu der Beklagten des Ausgangsverfahrens dieser gegenüber den Anschein erweckt, dass sie als Unternehmerin handle. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens habe daher auf den Abschluss eines Vertrags zwischen Unternehmern vertrauen dürfen, so dass die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit von Art. 17 der Verordnung Nr. 1215/2012 nicht gegeben seien.

 

14        Die Klägerin des Ausgangsverfahrens erhob gegen diesen Beschluss Klage beim Landesgericht Salzburg (Österreich), dem vorlegenden Gericht.

 

15        Dem vorlegenden Gericht zufolge ist im vorliegenden Fall unstreitig, dass die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die ihren Sitz in Deutschland habe, ihre geschäftlichen Aktivitäten im Sinne von Art. 17 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1215/2012 auch auf Österreich ausgerichtet habe. Streitig sei allein die Frage, ob die Klägerin des Ausgangsverfahrens beim Abschluss des Kaufvertrags mit der Beklagten des Ausgangsverfahrens als Verbraucherin gehandelt habe.

 

16        Wenngleich die Klägerin des Ausgangsverfahrens behaupte, diesen Vertrag als unselbständig erwerbstätige Privatperson geschlossen zu haben, sei es nach den Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts nicht ausgeschlossen, dass sie den Beruf der Grafikerin und Webdesignerin als Selbständige ausgeübt habe. Unter diesen Umständen fragt sich das vorlegende Gericht, ob eine solche Situation, in der ein Umstand nicht hinreichend nachgewiesen werden könne, der Klägerin des Ausgangsverfahrens zum Nachteil gereichen könnte.

 

17        Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens das betreffende Fahrzeug zu privaten Zwecken gekauft habe, bleibe die Frage, ob dieser Umstand auch für die Beklagte des Ausgangsverfahrens erkennbar gewesen sei.

 

18        Schließlich fragt sich das vorlegende Gericht, ob im Rahmen der Gesamtwürdigung, die es vorzunehmen habe, um festzustellen, ob die Klägerin des Ausgangsverfahrens im vorliegenden Fall den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrag als Verbraucherin geschlossen habe, anderen besonderen Umständen des Ausgangsverfahrens eine gewisse Bedeutung zukommen könne, nämlich dem Umstand, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens die für den Abschluss des Vertrags erforderlichen Schritte von einem Autohändler habe erledigen lassen, dem Umstand, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens im August 2019 das Fahrzeug mit Gewinn weiterverkauft habe, oder dem Umstand, dass auf der Rechnung die Mehrwertsteuer nicht ausgewiesen worden sei. Zum letztgenannten Aspekt führt das vorlegende Gericht aus, dass nach deutschem Umsatzsteuerrecht das Unterbleiben der gesonderten Ausweisung der Umsatzsteuer in einer Rechnung sowohl beim Verkauf an einen Unternehmer als auch beim Verkauf an eine Privatperson erfolgen könne.

 

19        Unter diesen Umständen hat das Landesgericht Salzburg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

 

1.         Kommt es bei der Beurteilung der Eigenschaft der Klägerin als Verbraucher im Sinne der Art. 17 und 18 der Verordnung Nr. 1215/2012 darauf an,

 

a)         ob die Klägerin die von ihr im Verfahren angegebene Beschäftigung als Grafik- und Webdesignerin nur als unselbständig Erwerbstätige oder zumindest teilweise auch im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags und unmittelbar danach ausgeübt hat und

 

b)         zu welchem Zweck die Klägerin das Fahrzeug erworben hat, also nur zur Deckung ihres Eigenbedarfs zum privaten Verbrauch oder auch im Zusammenhang mit einer gegenwärtigen oder zukünftigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder Zielsetzung?

 

2.         Kann sich die Klägerin auf die Verbrauchereigenschaft schon dann nicht mehr berufen, wenn sie den Pkw im August 2019 weiterverkauft hätte, und käme es auf einen dabei erzielten Gewinn an?

 

3.         Ist die Verbrauchereigenschaft der Klägerin schon deshalb zu verneinen, weil sie einen von der Beklagten vorformulierten Kaufvertrag, der im Vordruck die Bezeichnung des Käufers als „Firma“ enthielt und in dem unter der kleiner geschriebenen Überschrift „Sondervereinbarungen“ von „Händlergeschäft/keine Rücknahme, keine Garantie/Auslieferung erfolgt nur nach Geldeingang“ die Rede war, unterschrieb, ohne dies zu beanstanden und auf eine Eigenschaft als Verbraucher hinzuweisen?

 

4.         Muss sich die Klägerin ein Verhalten ihres Lebensgefährten, der als Autohändler den Kauf vermittelt hat, zurechnen lassen, aus dem die Beklagte auf eine Unternehmereigenschaft der Klägerin hätte schließen dürfen?

 

5.         Geht es bei der Beurteilung der Verbrauchereigenschaft zulasten der Klägerin, wenn das Erstgericht nicht feststellen konnte, aus welchem Grund der schriftliche Kaufvertrag vom vorangehenden Anbot durch den Lebensgefährten der Klägerin hinsichtlich der Bezeichnung der Käuferin abweicht und was bei den telefonischen Kontakten zwischen dem Lebensgefährten der Klägerin und einem Verkäufer der Beklagten insoweit gesprochen wurde?

 

6.         Ist es für die Verbrauchereigenschaft der Klägerin von Bedeutung, wenn der Lebensgefährte der Klägerin einige Wochen nach der Übernahme des Fahrzeugs bei der Beklagten telefonisch anfragte, ob es die Möglichkeit gäbe, die Mehrwertsteuer auszuweisen?

 

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

 

20        Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 dahin auszulegen ist, dass für die Feststellung, ob eine Person, die einen unter Buchst. c dieser Bestimmung fallenden Vertrag geschlossen hat, als „Verbraucher“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, die mit dem Abschluss dieses Vertrags verfolgten gegenwärtigen oder zukünftigen Ziele sowie die Frage zu berücksichtigen sind, ob diese Person ihre Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis oder selbständig ausübt.

 

21        Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Zuständigkeitsvorschriften in Kapitel II Abschnitt 4 der Verordnung Nr. 1215/2012 sowohl von der allgemeinen Zuständigkeitsregel in ihrem Art. 4 Abs. 1, nach der die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig sind, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, abweichen als auch von der besonderen Zuständigkeitsregel in ihrem Art. 7 Nr. 1 für Verträge oder Ansprüche aus Verträgen, nach der das Gericht des Ortes zuständig ist, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre (vgl. entsprechend Urteil vom 25. Januar 2018, Schrems, C‑498/16, EU:C:2018:37, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

22        Der Begriff „Verbraucher“ im Sinne der Art. 17 und 18 der Verordnung Nr. 1215/2012 ist daher eng auszulegen und anhand der Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrags in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung und nicht anhand ihrer subjektiven Stellung zu bestimmen, so dass ein und dieselbe Person im Rahmen bestimmter Geschäfte als Verbraucher und im Rahmen anderer als Unternehmer angesehen werden kann (Urteil vom 14. Februar 2019, Milivojević, C‑630/17, EU:C:2019:123, Rn. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

23        Nur Verträge, die eine Einzelperson ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder Zielsetzung und unabhängig von einer solchen allein zu dem Zweck schließt, ihren Eigenbedarf beim privaten Verbrauch zu decken, fallen unter die Sonderregelung, die die Verordnung zum Schutz des Verbrauchers, des als schwächer angesehenen Vertragspartners, vorsieht, wohingegen dieser Schutz nicht gerechtfertigt ist bei Verträgen, deren Zweck in einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit besteht, auch wenn diese erst für die Zukunft vorgesehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2019, Milivojević, C‑630/17, EU:C:2019:123, Rn. 88 und 89 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

 

24        Folglich sind die speziellen Zuständigkeitsvorschriften der Art. 17 bis 19 der Verordnung Nr. 1215/2012 grundsätzlich nur dann anwendbar, wenn der Zweck des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags nicht in der beruflichen oder gewerblichen Verwendung des Gegenstands oder der Dienstleistung besteht, auf die sich der Vertrag bezieht (Urteil vom 3. Oktober 2019, Petruchová, C‑208/18, EU:C:2019:825, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

25        Speziell in Bezug auf eine Person, die einen Vertrag mit doppeltem Zweck abschließt, der sich teilweise auf ihre berufliche oder gewerbliche Tätigkeit und teilweise auf private Zwecke bezieht, hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die genannten Zuständigkeitsvorschriften einer solchen Person nur dann zugutekommen könnten, wenn die Verbindung zwischen dem Vertrag und der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person so schwach wäre, dass sie nebensächlich würde und folglich im Zusammenhang mit dem Geschäft, über das der Vertrag abgeschlossen wurde, insgesamt betrachtet nur eine ganz untergeordnete Rolle spielte (Urteil vom 14. Februar 2019, Milivojević, C‑630/17, EU:C:2019:123, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

26        Hinsichtlich der Art der von der Person, die die Verbrauchereigenschaft beansprucht, ausgeübten beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit hat der Gerichtshof entschieden, dass nach seiner Rechtsprechung nicht danach zu unterscheiden ist, ob es sich bei dieser Tätigkeit um eine selbständige Tätigkeit oder eine abhängige Beschäftigung handelt. Nach dieser Rechtsprechung ist lediglich zu ermitteln, ob der Vertrag ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder Zielsetzung und unabhängig von einer solchen geschlossen worden ist, so dass eine abhängige Beschäftigung ebenfalls unter den Begriff der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 fällt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Oktober 2022, ROI Land Investments, C‑604/20, EU:C:2022:807, Rn. 54 und 55).

 

27        Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass die Verbrauchereigenschaft im Sinne dieser Bestimmung von der beruflichen oder gewerblichen oder der privaten Zielsetzung abhängt, die mit dem Abschluss des betreffenden Vertrags verfolgt wird. Eine Person, die einen Vertrag geschlossen hat, ist nämlich als Verbraucher anzusehen, wenn der Abschluss dieses Vertrags nicht unter ihre berufliche oder gewerbliche Tätigkeit fällt oder wenn, im Fall eines Vertrags mit doppeltem – teilweise beruflichem oder gewerblichem und teilweise privatem – Zweck, der berufliche oder gewerbliche Zweck im Zusammenhang mit dem Geschäft insgesamt betrachtet eine ganz untergeordnete Rolle spielt. Dagegen kommt es für eine solche Einstufung nicht auf die Art der von der Person, die sich auf die Verbrauchereigenschaft beruft, ausgeübten beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit an.

 

28        Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 dahin auszulegen ist, dass für die Feststellung, ob eine Person, die einen unter Buchst. c dieser Bestimmung fallenden Vertrag geschlossen hat, als „Verbraucher“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, die mit dem Abschluss dieses Vertrags verfolgten gegenwärtigen oder zukünftigen Ziele zu berücksichtigen sind, und zwar unabhängig von der Frage, ob diese Person ihre Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis oder selbständig ausübt.

 

Zu den Fragen 2 bis 4 und zur sechsten Frage

 

29        Mit seinen Fragen 2 bis 4 und mit seiner sechsten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 dahin auszulegen ist, dass für die Feststellung, ob eine Person, die einen unter Buchst. c dieser Bestimmung fallenden Vertrag geschlossen hat, als „Verbraucher“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, der Eindruck berücksichtigt werden kann, den diese, sich auf die Verbrauchereigenschaft berufende Person durch ihr Verhalten bei ihrem Vertragspartner erweckt hat, das insbesondere darin bestand, dass sie auf die Vertragsbestimmungen, in denen sie als Unternehmerin bezeichnet wird, nicht reagiert hat, darin, dass sie den Vertrag über einen Vermittler abgeschlossen hat, der in dem Bereich, in den der Vertrag fällt, beruflich oder gewerblich tätig ist und der nach der Unterzeichnung des Vertrags die andere Partei gefragt hat, ob es möglich sei, auf der entsprechenden Rechnung die Mehrwertsteuer auszuweisen, und darin, dass sie den Gegenstand, auf den sich der Vertrag bezieht, kurz nach dessen Abschluss und eventuell mit Gewinn verkauft hat.

 

30        Hierzu ist festzustellen, dass aus der Antwort auf die erste Frage hervorgeht, dass das nationale Gericht im Rahmen der Analyse des Begriffs „Verbraucher“ im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 die Ziele zu ermitteln hat, die die Person, die sich auf die Verbrauchereigenschaft beruft, mit dem Abschluss des Vertrags verfolgt, und, wenn dieser Vertrag einem doppelten Zweck dient, die Frage zu beantworten hat, ob mit dem Vertrag in nicht unerheblichem Maße Bedürfnisse, die der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit der betreffenden Person zuzurechnen sind, oder private Bedürfnisse gedeckt werden sollen.

 

31        Dabei hat sich dieses Gericht vorrangig auf die Beweismittel zu stützen, die sich objektiv aus den Akten ergeben, so dass, wenn diese Beweismittel ausreichen, um dem Gericht den Schluss auf den Vertragszweck zu ermöglichen, nicht geprüft zu werden braucht, ob der berufliche oder gewerbliche oder der private Zweck für den Vertragspartner erkennbar war (vgl. entsprechend Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber, C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 48 und 49).

 

32        Sofern diese Beweismittel jedoch nicht ausreichen, kann das Gericht auch prüfen, ob der vermeintliche Verbraucher in Wirklichkeit durch sein eigenes Verhalten gegenüber seinem Vertragspartner bei diesem den Eindruck erweckt hat, dass er zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken handelte, so dass der Vertragspartner den nicht beruflich-gewerblichen Zweck des betreffenden Geschäfts zu Recht nicht zu kennen brauchte (vgl. entsprechend Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber, C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 51).

 

33        Das wäre beispielsweise der Fall, wenn eine Privatperson ohne weitere Angaben Gegenstände bestellt, die tatsächlich der Ausübung ihres Berufs dienen können, zu diesem Zweck Briefpapier mit Geschäftsbriefkopf verwendet, sich Waren an ihre Geschäftsadresse liefern lässt oder die Möglichkeit der Mehrwertsteuererstattung erwähnt (vgl. entsprechend Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber, C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 52).

 

34        In einem solchen Fall wären die speziellen Zuständigkeitsvorschriften der Art. 17 und 18 der Verordnung Nr. 1215/2012 für Verbrauchersachen selbst dann nicht anwendbar, wenn mit dem Vertrag als solchem kein erheblicher beruflicher oder gewerblicher Zweck verfolgt wird, da angesichts des Eindrucks, den die Privatperson bei ihrem gutgläubigen Vertragspartner erweckt hat, davon auszugehen ist, dass sie auf den in diesen Artikeln vorgesehenen Schutz verzichtet hat (vgl. entsprechend Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber, C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 53).

 

35        Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass der Eindruck, den das Verhalten der Person, die die Verbrauchereigenschaft im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 beansprucht, bei ihrem Vertragspartner erweckt, berücksichtigt werden kann, um festzustellen, ob dieser Person der in Abschnitt 4 dieser Verordnung festgelegte verfahrensrechtliche Schutz zugutekommen muss.

 

36        Im vorliegenden Fall stellt sich das vorlegende Gericht die Frage, ob für die Einstufung der Klägerin des Ausgangsverfahrens als Verbraucherin bestimmte tatsächliche Umstände relevant sind, nämlich dass sie auf die Vertragsbestimmungen, in denen sie als Unternehmerin bezeichnet wird, nicht reagiert hat, dass in die Vertragsverhandlungen ihr Lebensgefährte eingebunden war, der selbst Autohändler ist und der nach der Unterzeichnung des Vertrags die Beklagte des Ausgangsverfahrens gefragt hat, ob es möglich sei, auf der entsprechenden Rechnung die Mehrwertsteuer auszuweisen, und dass sie das Fahrzeug kurz nach Vertragsschluss und eventuell mit Gewinn verkauft hat.

 

37        Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es allein Sache des vorlegenden Gerichts ist, unter Berücksichtigung aller ihm vorliegenden Informationen, einschließlich des guten Glaubens der Beklagten des Ausgangsverfahrens, festzustellen, ob die Klägerin des Ausgangsverfahrens durch ihr Verhalten den Eindruck erweckt hat, sie habe zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken gehandelt. Bei seiner Prüfung muss sich das vorlegende Gericht auf alle den Vertragsabschluss begleitenden Umstände beziehen, wobei auch später eingetretene Umstände relevant sein können, soweit sie diese Prüfung bestätigen.

 

38        Was insbesondere das Fehlen einer Reaktion der Klägerin des Ausgangsverfahrens auf die Vertragsbestimmungen betrifft, in denen sie als Unternehmerin bezeichnet wird, ist anzumerken, dass dieser Umstand, der im Übrigen durch die Art der Vertragsabfassung durch die Beklagte des Ausgangsverfahrens erklärt werden könnte, für sich genommen nicht ausreicht, um der Klägerin des Ausgangsverfahrens den mit der Zuständigkeitsvorschrift nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 verbundenen Vorteil zu verwehren. Allerdings könnte eine solche Untätigkeit, wenn sie durch weitere Informationen bestätigt wird, ein Indiz dafür sein, dass das Verhalten der Klägerin des Ausgangsverfahrens bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens den Eindruck erwecken konnte, sie habe zu beruflichen Zwecken gehandelt.

 

39        So können sich die Einbeziehung eines Vermittlers, der selbst Autohändler ist, in die Vertragsverhandlungen und die Tatsache, dass dieser sich kurz nach Vertragsabschluss für die Möglichkeit einer Ausweisung der Mehrwertsteuer auf der bei dieser Gelegenheit ausgestellten Rechnung interessierte, als für die Prüfung durch das vorlegende Gericht relevant erweisen. Hierbei müsste das vorlegende Gericht auch die Besonderheiten des deutschen Mehrwertsteuersystems berücksichtigen, denn der Vorlageentscheidung zufolge kann nach deutschem Recht eine gesonderte Ausweisung der Umsatzsteuer in einer Rechnung sowohl beim Verkauf an einen Unternehmer als auch beim Verkauf an eine Privatperson unterbleiben.

 

40        Was hingegen den Weiterverkauf der vertragsgegenständlichen Ware und den von der Klägerin des Ausgangsverfahrens daraus möglicherweise erzielten Gewinn betrifft, so scheinen diese Umstände auf den ersten Blick nicht relevant zu sein, wenn es um die Bestimmung des Eindrucks geht, den die Klägerin des Ausgangsverfahrens bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens erwecken konnte. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, dass das vorlegende Gericht im Rahmen seiner Gesamtwürdigung der ihm zur Verfügung stehenden Informationen auch diese Umstände berücksichtigt.

 

41        Nach alledem ist auf die Fragen 2 bis 4 und auf die sechste Frage zu antworten, dass Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 dahin auszulegen ist, dass für die Feststellung, ob eine Person, die einen unter Buchst. c dieser Bestimmung fallenden Vertrag geschlossen hat, als „Verbraucher“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, der Eindruck berücksichtigt werden kann, den diese, sich auf die Verbrauchereigenschaft berufende Person durch ihr Verhalten bei ihrem Vertragspartner erweckt hat, das insbesondere darin bestand, dass sie auf die Vertragsbestimmungen, in denen sie als Unternehmerin bezeichnet wird, nicht reagiert hat, darin, dass sie den Vertrag über einen Vermittler abgeschlossen hat, der in dem Bereich, in den der Vertrag fällt, beruflich oder gewerblich tätig ist und der nach der Unterzeichnung des Vertrags die andere Partei gefragt hat, ob es möglich sei, auf der entsprechenden Rechnung die Mehrwertsteuer auszuweisen, und darin, dass sie den Gegenstand, auf den sich der Vertrag bezieht, kurz nach dessen Abschluss und eventuell mit Gewinn verkauft hat.

 

Zur fünften Frage

 

42        Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 dahin auszulegen ist, dass Zweifel der Person zugutekommen müssen, die sich auf die Eigenschaft als „Verbraucher“ im Sinne dieser Bestimmung beruft, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen der Gesamtwürdigung der einem nationalen Gericht zur Verfügung stehenden Informationen bestimmte den Abschluss eines Vertrags begleitende Umstände, bei denen es sich insbesondere um Angaben in diesem Vertrag oder um die Einschaltung eines Vermittlers im Zuge des Vertragsabschlusses handelt, rechtlich hinreichend festzustellen.

 

43        Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass diese Frage im Rahmen der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfung der internationalen Zuständigkeit der österreichischen Gerichte für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 gestellt wird. In diesem Stadium prüft dieses Gericht weder die Zulässigkeit noch die Begründetheit der Klage, sondern beschränkt sich darauf, die Anknüpfungspunkte mit dem Staat des Gerichtsstands zu ermitteln, die seine Zuständigkeit nach dieser Bestimmung rechtfertigen. Daher darf dieses Gericht, soweit es nur um die Prüfung seiner Zuständigkeit geht, die einschlägigen Behauptungen des Klägers als erwiesen ansehen (vgl. entsprechend Urteil vom 28. Januar 2015, Kolassa, C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

44        Im Fall des Bestreitens der Behauptungen des Klägers durch den Beklagten erfordern es allerdings sowohl das Ziel einer geordneten Rechtspflege, das der Verordnung Nr. 1215/2012 zugrunde liegt, als auch die gebotene Achtung der Autonomie des Richters bei der Ausübung seines Amtes, dass dieses Gericht seine internationale Zuständigkeit im Licht aller ihm vorliegenden Informationen prüfen kann, wozu gegebenenfalls auch die Einwände des Beklagten gehören (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Juni 2016, Universal Music International Holding, C‑12/15, EU:C:2016:449, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

45        Der Beweiswert, der diesen Informationen im Rahmen der Gesamtwürdigung der Beweise beizumessen ist, richtet sich dabei allein nach dem nationalen Recht. Die Verordnung Nr. 1215/2012 zielt nämlich nicht etwa darauf ab, die Verfahrensregeln der Mitgliedstaaten zu vereinheitlichen, sondern die gerichtlichen Zuständigkeiten für Zivil- und Handelssachen zu verteilen (Urteil vom 6. Oktober 2021, TOTO und Vianini Lavori, C‑581/20, EU:C:2021:808, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

46        Im vorliegenden Fall ist es daher Sache des vorlegenden Gerichts, die ihm zur Verfügung stehenden Informationen über die den Abschluss des Vertrags des Ausgangsverfahrens begleitenden Umstände, insbesondere über den Grund, aus dem die Klägerin des Ausgangsverfahrens im Vertrag als Unternehmerin bezeichnet wurde, und über die Bedeutung der Gespräche zwischen dem Vermittler und den Mitarbeitern der Beklagten des Ausgangsverfahrens bei der Aushandlung dieses Vertrags, zu prüfen und ihren Beweiswert nach den nationalen Rechtsvorschriften anhand aller ihm zur Verfügung stehenden Informationen zu beurteilen, und zwar auch im Hinblick auf die Frage, wem es im Zweifelsfall zugutekommt, wenn es sich als unmöglich erweisen sollte, bestimmte dieser Umstände rechtlich hinreichend festzustellen.

 

47        Im Übrigen hat der Gerichtshof zwar entschieden, dass Zweifel grundsätzlich der Person, die sich auf die Verbrauchereigenschaft beruft, zugutekommen müssen, wenn sich aus den den Akten zu entnehmenden objektiven Umständen nicht rechtlich hinreichend der Beweis ergibt, dass mit dem Geschäft, über das ein Vertrag abgeschlossen wurde, der einem doppelten Zweck dient, ein erheblicher beruflicher oder gewerblicher Zweck verfolgt wurde (vgl. entsprechend Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber, C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 50), jedoch kann aus dieser Rechtsprechung nicht abgeleitet werden, dass die praktische Wirksamkeit der Vorschriften über die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen es erfordern würde, dass dieser Person, die sich auf die Verbrauchereigenschaft beruft, für alle den Abschluss eines Vertrags begleitenden Umstände, insbesondere für diejenigen, die ihr eigenes Verhalten betreffen, ein solcher Vorteil zuteilwerden muss (vgl. entsprechend Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber, C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 51).

 

48        Nach alledem ist auf die fünfte Frage zu antworten, dass Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 dahin auszulegen ist, dass das nationale Gericht, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen der Gesamtwürdigung der ihm zur Verfügung stehenden Informationen bestimmte den Abschluss eines Vertrags begleitende Umstände, bei denen es sich insbesondere um Angaben in diesem Vertrag oder um die Einschaltung eines Vermittlers im Zuge des Vertragsabschlusses handelt, rechtlich hinreichend festzustellen, den Beweiswert dieser Informationen nach den nationalen Rechtsvorschriften zu beurteilen hat, und zwar auch im Hinblick auf die Frage, ob Zweifel der Person zugutekommen müssen, die sich auf die Verbrauchereigenschaft im Sinne dieser Bestimmung beruft.

 

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