OLG Dresden: Zur Zulässigkeit von Verwahrentgelten für Girokonto-Guthaben
OLG Dresden, Urteil vom 30.3.2023 – 8 U 1389/21
Volltext: BB-Online BBL2023-1218-5
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Amtliche Leitsätze
1. Die vertragliche Vereinbarung zwischen der beklagten Sparkasse und ihrem Kunden zur Führung eines Girokontos enthält, soweit es die Aufbewahrung von Kundengeldern betrifft, eine Verwahrungsfunktion, auf welche die Vorschriften über die unregelmäßige Verwahrung anzuwenden sind.
2. Die Aufbewahrung eines ausgewiesenen Guthabens auf dem Girokonto ist neben den von der Sparkasse zu erbringenden Zahlungsdiensten eine eigenständige Hauptleistungspflicht der Sparkasse.
Sachverhalt
A.
Der Kläger, eine qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG, macht AGB-rechtliche (und erstinstanzlich zusätzlich wettbewerbsrechtliche) Unterlassungsansprüche wegen der Verwendung einer Entgeltklausel der Beklagten gegenüber Verbrauchern, mit denen ein Zahlungsdiensterahmenvertrag abgeschlossen werden soll, geltend. Streitgegenständlich ist eine Bestimmung in den Vertragsbedingungen der Beklagten, die nach Vereinbarung mit den Kunden ein variables Verwahrentgelt für Guthaben ab 5.000,01 EUR in Höhe von 0,2 Prozentpunkten über dem Einlagefazilitätszinssatz der Europäischen Zentralbank (im Februar 2020: insgesamt 0,7 % p.a.) für ab dem 01.02.2020 neu eröffnete Privatkonten sowie bei einem Kontomodellwechsel ab diesem Zeitpunkt festlegt.
Die Beklagte bietet für Privatkunden, die Verbraucher sind, die kontoführungsgebührenpflichtigen Kontomodelle „VogtlandGiro komfort“, „VogtlandGiro basis“ und „VogtlandGiro direkt“ sowie das kontoführungsgebührenfreie „VogtlandGiro young“ an. Zu allen vier Kontomodellen informierte die Beklagte ihre Kunden auf ihrer Internetseite über das Anfallen des streitgegenständlichen Verwahrentgelts ab dem 01.02.2020 (Auszug Anlage K 2 – Screenshot Webseitenausdruck – Rubrik „Preise“). Das Kontomodell „VogtlandGiro young“ wurde weiterhin mit „kostenfreie Kontoführung für Schüler, Azubis und Studenten“ beworben (Screenshot Auszug Anlage K 3). Neukunden der Beklagten sowie (durch vertragliche Vereinbarung) kontowechselnden Bestandskunden wurde nach Beratung durch die Beklagte bei Vertragsschluss neben den weiteren Vertragsunterlagen jeweils eine „Anlage Verwahrentgelt zu Girokonto“ (Anlage B 1/B 9) zur Unterschrift vorgelegt. Parallel wurde die streitgegenständliche Verwahrentgeltklausel in das Preis-Leistungsverzeichnis und den Preisaushang (Anlage B 2) aufgenommen. Die Klausel wurde von der Beklagten im Zeitraum vom 01.02.2020 bis zum 13.02.2020 verwendet.
Mit Schreiben vom 20.02.2020 (Anlage K 4) mahnte der Kläger die Beklagte wegen der Verwendung der Entgeltklausel ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Beklagte trat dem Unterlassungsbegehren mit Schreiben vom 27.02.2020 (Anlage K 5) entgegen.
Mit seiner am 19.03.2020 erhobenen Klage hat der Kläger die Unterlassung der Verwendung und/oder Berufung auf diese bzw. inhaltsgleiche Bestimmung (Klageantrag Ziffer 1.a)), hilfsweise für den Fall, dass zugleich Kontoführungsentgelte erhoben werden, beantragt. Mit dem Klageantrag Ziffer 1.b) hat der Kläger die Unterlassung der Forderung und Einziehung von Entgelten auf Grundlage der angegriffenen Vertragsbestimmung gefordert. Mit dem Klageantrag Ziffer 1.c) hat er die Unterlassung der Werbung mit „kostenfreier Kontoführung für Schüler, Azubis und Studenten“ gefordert, wenn gleichzeitig ein Verwahrentgelt verlangt wird. Zudem hat er die Zahlung von 200,00 EUR für vorgerichtliche Abmahnungskosten (Klageantrag Ziffer 2) beantragt.
Der Kläger ist der Auffassung, das Erheben eines Verwahrentgelts/Negativzinses von Bestands- und Neukunden verstoße gegen den Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen der §§ 675f Abs. 5, 675g BGB (Zahlungsdiensterahmenvertrag) und benachteilige Verbraucher unangemessen. Das Dokument „Anlage Verwahrentgelt zu Girokonto“ (Anlage B 1) sei keine Individualabrede. Die streitgegenständliche Klausel weiche sowohl bei Alt- als auch bei Neukunden vom gesetzlichen Leitbild ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Für Leistungen, zu denen die Bank kraft Gesetzes oder aufgrund vertraglicher Nebenpflicht verpflichtet sei oder die sie im eigenen Interesse wahrnehme, dürfe kein Entgelt berechnet werden. Die Regelungen der §§ 675c ff. BGB sähen ein Verwahrentgelt gerade nicht vor. Die Unangemessenheit der Klausel der Beklagten folge schließlich aus den Konditionen (Zuschlag von 0,2 % auf den Einlagefazilitätszins der Europäischen Zentralbank, Strafzins bereits ab einem Guthaben von 5.000,01 EUR). Die Klausel sei zudem überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB. Der Kunde werde unzulässig überrumpelt, weil ein Strafzins als Verwahrentgelt getarnt werde, dem keine zusätzliche Leistung der Beklagten gegenüberstehe. Umfang und Grund des Verwahrentgeltes werde in der „Anlage Verwahrentgelt zu Girokonto“ nicht klar und präzise dargelegt und es sei nicht ersichtlich, welchen Teil der Hauptleistung das Verwahrentgelt und welchen Teil die Kontoführungsgebühr abdecke. Insbesondere bei den streitgegenständlichen Angaben auf der Website der Beklagten seien Kunden über Umfang und Grund des Verwahrentgelts nicht informiert worden. Damit fehle es der Bestimmung an der notwendigen Transparenz (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das Vorgehen der Beklagten bedeute eine doppelte Bepreisung einer Leistung, nämlich der Verwahrung des Guthabens auf dem Girokonto, indem neben der Kontoführungsgebühr zusätzlich ein Negativzins erhoben werde. Es bestehe hinsichtlich sämtlicher Klageanträge Wiederholungsgefahr. Der Kläger behauptet, dass ihm durch die Abmahnung Kosten in Höhe von mindestens 200 EUR entstanden seien.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die mit der Klage angegriffene Vereinbarung über ein Verwahrentgelt nicht gegen AGB-rechtliche Vorschriften verstoße. Der Klageantrag Ziffer 1.b) scheitere bereits daran, dass zu keinem Zeitpunkt aus der angegriffenen Klausel Entgelte erhoben worden seien. Gegenüber betroffenen Kunden sei auf die Erhebung verzichtet worden. Die Vereinbarung eines Verwahrentgelts sei vor dem Hintergrund des anhaltenden Niedrig- und Negativzinsumfeldes erfolgt. Die Sparkasse sei gemäß § 2 Abs. 1 ÖRKredInstG nicht nur der Förderung des Sparens und der allgemeinen Vermögensbildung verpflichtet, sondern ebenso der wirtschaftlichen Geschäftsführung und der Stärkung des Wettbewerbs im Kreditgewerbe. Ein Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB liege schon deshalb nicht vor, weil es sich um ein Verwahrentgelt und nicht um einen Negativzins handele. Die streitgegenständliche Klausel sei als echte Preisabrede einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB entzogen. Der Girokontovertrag beinhalte stets auch einen verwahrungsrechtlichen Bestandteil, der aufgrund seiner Selbstständigkeit nach den Vorschriften über die unregelmäßige Verwahrung zu bewerten sei. Da die sichere Verwahrung der Einlage sowohl für den Kunden als auch für die Bank ein wesentliches Element darstelle, sei diese im Rahmen eines Girokontovertrages als Teil der Hauptleistungspflichten einzustufen. An der Einordnung der Verwahrung als eigenständiger Hauptleistungspflicht des Vertrages habe die in § 675f BGB normierte Vertragsart des Zahlungsdiensterahmenvertrages nichts geändert. Die Verwahrleistung sei nicht bereits Teil der nach § 675f BGB geschuldeten Leistung. Zweck des streitgegenständlichen Verwahrentgelts sei nicht die Mehrung von Vermögen gewesen, sondern das Vergüten der Verwahrungsleistung der Bank. Das Verwahrentgelt sei nach dem Parteiwillen kein Zins im darlehensrechtlichen Sinn, sondern ein klassisches Entgelt. Die von der Beklagten verwendete Vereinbarung stelle auch keine Doppelbepreisung dar. Die Verwahrung als eigenständige Hauptleistung sei zu keinem Zeitpunkt anderweitig bepreist gewesen und insbesondere nicht bereits durch Kontoführungsgebühren abgegolten. Bei neuen Verträgen sei es von vornherein möglich, zwischen der Führung des Kontos im klassischen Sinne (Zahlungsverkehrsdienstleistung) und der mit dem Verwahrentgelt bedachten eigentlichen Verwahrung des Kundenguthabens zu unterscheiden. Die Beklagte habe die streitgegenständliche Klausel zu keinem Zeitpunkt auf bestehende Altverträge angewendet.
Die streitgegenständliche Klausel sei in Anbetracht der seit Jahren bekannten Entwicklung im Zinsbereich weder objektiv ungewöhnlich noch subjektiv für die betroffenen Kunden überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB. Zudem bestehe kein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, da die Beklagte über Umfang und Grund des eingeführten Verwahrentgelts im individuellen Vertragsgespräch informiert habe.
Das Landgericht Leipzig hat mit Urteil vom 08.07.2021, berichtigt durch Beschluss vom 04.11.2021 (GA 169a), dem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag Ziffer 1.c) stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die streitgegenständliche Verwahrentgeltklausel auf der Website, im Preisaushang und in der Anlage B 1, die eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB darstelle, verstoße nicht gegen AGB-rechtliche Vorschriften der §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, 305c Abs. 1, 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Vereinbarung eines Verwahrentgelts für Neuverträge stelle eine kontrollfreie wirksame Preishauptabrede dar. Die streitgegenständliche Entgeltklausel sei ausschließlich über eine individuelle Vereinbarung („Anlage Verwahrentgelt zu Girokonto“) in die ab dem 01.02.2020 neu abgeschlossenen Verträge mit Neukunden und bei einem Kontomodellwechsel einbezogen worden. Diesen sei jeweils eine Beratung durch die Beklagte vorausgegangen. Eine Einbeziehung über den Preisaushang oder die AGB in Neuoder Bestandsverträge sei nicht erfolgt. Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten sei unbegründet. Zwar sei eine Abmahnung erfolgt, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung sei jedoch nicht gefordert worden. Zudem habe die Abmahnung zusätzliche, nicht begründete Forderungen enthalten.
Auf die Entscheidungsbegründung des landgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.
Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 14.07.2021, nach eigenem Vortrag im Berufungsschriftsatz vom 14.07.2021 (GA 174) allerdings bereits am 12.07.2021, zugestellt worden. Mit der am 15.07.2022 beim Oberlandesgericht eingelegten und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.10.2022 mit Schriftsatz vom 08.10.2022 (GA 188) begründeten Berufung verfolgt der Kläger unter weitgehender Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag sein ursprüngliches Klagebegehren weiter, soweit ihm nicht bereits mit der landgerichtlichen Entscheidung entsprochen wurde. Die Beklagte sei als Zahlungsdienstleister ohnehin verpflichtet, ein Zahlungskonto zu führen, wofür eine Kontoführungsgebühr erhoben werde. Die Guthabenverwaltung der Kunden sei eine zwangsläufig auftretende Nebenpflicht, für deren Bepreisung es keine von § 675f Abs. 5 Satz 2 BGB geforderte „Zulassung“ gebe. § 700 Abs. 1 Satz 2, § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB sehen vor, dass der Darlehensnehmer (der Verwahrer), einen vereinbarten Zins zahle, nicht hingegen der Darlehensgeber (der Hinterleger). Dem Verwahrentgelt stehe zudem keine Gegenleistung gegenüber, vielmehr würden Kosten, welche die Beklagte ohnehin habe, auf die Kunden abgewälzt. Mit der Gutschrift oder Einzahlung von Kundengeldern werde die Beklagte hieran dinglich berechtigt. Sie verwahre daher nichts für die Kunden, sondern nur ihre eigene Rückzahlungsverpflichtung. Über die (gesondert bepreiste) Führung eines Zahlungskontos hinaus sei auch kein Mehraufwand der Beklagten erkennbar. Die Klausel sei daher kontrollfähig. Ihre Unangemessenheit folge schon daraus, dass die Verwahrung von Kundenguthaben eine mit der Führung eines Zahlungskontos untrennbar verbundene Nebenpflicht aus dem Zahlungsdiensterahmenvertrag sei. Es sei zudem nicht ersichtlich, dass bei der Beklagten tatsächlich ein mit der Kundeneinlage verbundener kongruenter Aufwand entstehe. Es sei ferner (aufgrund der gewährten Freibeträge in Höhe von 6 % der Mindestreserve in Höhe von 1 % der Einlagen) nicht absehbar, dass die Beklagte tatsächlich auch nur absehbar einen „Negativzins“ (Einlagefazilität) an die Europäische Zentralbank zahlen müsste. Zudem verschaffe sich die Beklagte durch Verlangung des die Einlagefazilität (0,5 %) um 0,2 % übersteigenden Zinssatzes (insgesamt 0,7 %) einen Zusatzgewinn ohne echte Gegenleistung; aufgrund der elektronischen Verwahrung verursache diese pro Monat allenfalls Kosten im Cent-Bereich und der Kostenaufwand sei zudem unabhängig von der Höhe verwahrten Guthaben. Im Übrigen sei die angegriffene Klausel intransparent, da Grund und Gegenleistung für die Erhebung des „Verwahrentgelts“ für den Verbraucher nicht verständlich und die Abgrenzung zur Kontoführungsgebühr unklar sei.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Leipzig vom 08.07.2021 (Az. 05 O 640/20) wie folgt zu entscheiden:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 € – und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft – oder eine Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an den Vorständen der Beklagten,
zukünftig zu unterlassen,
a) im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, mit denen ein Zahlungsdiensterahmenvertrag abgeschlossen ist (Bestandskunden) und/oder abgeschlossen wird (Neukunden), folgende und/oder inhaltsgleiche Bestimmungen in Vertragsbedingungen zu verwenden und/oder sich darauf zu berufen:
„Verwahrentgelt für Guthaben ab 5.000,01 € (Freibetrag 5.000 €)*
- 0,70 % p.a.
* Das Verwahrentgelt auf allen Privatgirokonten, die ab dem 01.02.2020 neu eröffnet werden, beträgt ab einer Einlagenhöhe von 5.000,01 € 0,7 % p.a. (Freibetrag 5.000,00 €). Die gleiche Regelung gilt für Kontomodellwechsel ab 01.02.2020.“
wie dies in dem als Anlagenkonvolut K 2 vorgelegten Internetausdruck vom 13. Februar 2020 geschehen ist,
hilfsweise,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, mit denen ein Zahlungsdiensterahmenvertrag abgeschlossen ist (Bestandskunden) und/oder abgeschlossen wird (Neukunden), die unter Buchst. a) genannten und/oder inhaltsgleichen Bestimmungen zu verwenden und/oder sich darauf zu berufen, wenn zugleich auch Kontoführungsentgelte erhoben werden, wie dies in dem als Anlagenkonvolut K 2 vorgelegten Internetausdruck vom 13. Februar 2020 geschehen ist.
und/oder
b) auf Grundlage der unter Buchst. a) genannten und/oder inhaltsgleicher Bestimmungen von Verbrauchern Entgelte zu fordern und/oder einzuziehen. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200,00 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung, soweit diese vom Kläger angegriffen wird. Im Übrigen seien die klägerischen Behauptungen hinsichtlich der von der Beklagten vorzuhaltenden Mindestreserve sowie zum von der Europäischen Zentralbank eingeräumten Freibetrag verspätet.
Mit Beschluss vom 18.01.2022, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat der Senat angekündigt, dass er beabsichtige, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
Auf die zwischen den Parteien vor und nach diesem Hinweis gewechselten Schriftsätze wird ergänzend verwiesen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Aus den Gründen
B.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist ohne Erfolg.
I. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Verwenden der streitgegenständlichen Verwahrentgeltklausel, das Sich-darauf-Berufen bzw. das Fordern oder Einziehen eines Entgelts aufgrund dieser Verwahrentgeltklausel durch die Beklagte, welche sie durch Unterzeichnung der „Anlage Verwahrentgelt zu Girokonto“ bei dem Neuabschluss eines Girokontovertrages oder dem Kontomodellwechsel durch Abschluss eines Änderungsvertrages mit Verbrauchern zum Vertragsinhalt des Girokontovertrages macht.
Die Werbung für die kostenfreie Kontoführung für das Kontomodell „VogtlandGiro young“, wenn gleichzeitig ein Verwahrentgelt verlangt wird, ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Insoweit hat die Beklagte, die selbst keine Berufung oder Anschlussberufung führt, die erstinstanzliche Verurteilung akzeptiert.
II. Die Berufung ist hinsichtlich des Klageantrags 1.a) (Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Verwahrentgeltklausel und/oder des sich darauf Berufens) unbegründet, da dem Kläger kein Anspruch gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG auf Unterlassung der weiteren Verwendung der angegriffenen Klausel zur Bepreisung der Verwahrung von mehr als 5.000,00 EUR Guthaben zusteht.
1. Der Kläger ist eine qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG und damit anspruchsberechtigte Stelle i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG.
2. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UKlaG besteht nicht, weil die von der Beklagten verwendete Verwahrentgeltklausel als Allgemeine Geschäftsbedingung nicht nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam ist. Sie unterliegt nicht der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB.
Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind Gegenstand der Inhaltskontrolle solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Darunter fallen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich weder bloß deklaratorische Klauseln noch solche, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung oder das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen. Kontrollfähig sind hingegen Klauseln, die von gesetzlichen Preisregelungen abweichen (BGH, Urteil vom 20.10.2015 – XI ZR 166/14, juris, Rn. 16; BGH, Urteil vom 25.10.2016 - XI ZR 9/15, juris, Rn. 22; BGH, Urteil vom 05.06.2018 - XI ZR 790/16, juris, Rn. 36), sowie Bestimmungen, die kein Entgelt für eine Leistung zum Gegenstand haben, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, sondern mittels derer der Verwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden abwälzt (BGH, Urteil vom 20.10.2015 - XI ZR 166/14, juris, Rn. 16; BGH, Urteil vom 25.10.2016 - XI ZR 9/15, juris, Rn. 22; BGH, Urteil vom 05.06.2018 - XI ZR 790/16, juris, Rn. 36; BGH, Urteil vom 18.06.2019 – XI ZR 768/17, juris, Rn. 23).
Die streitgegenständliche Verwahrentgeltklausel stellt eine Preisabrede über eine von der Beklagten ihren Kunden gegenüber geschuldete Hauptleistung (Guthabenverwahrung) aus dem Giroverhältnis dar.
a) Die vertragliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und ihren Kunden zur Führung der Kontomodelle „VogtlandGiro komfort“, „VogtlandGiro basis“, „VogtlandGiro direkt“ und „VogtlandGiro young“ enthält, soweit es die Aufbewahrung von Kundengeldern betrifft, eine Verwahrungsfunktion, auf welche die Vorschriften über die unregelmäßige Verwahrung anzuwenden sind.
Den von der Beklagten angebotenen Kontomodellen „VogtlandGiro komfort“, „VogtlandGiro basis“, „VogtlandGiro direkt“ und „VogtlandGiro young“ liegen jeweils Verträge zur Führung eines Girokontos zugrunde. Soweit die Bank im Giroverhältnis verpflichtet ist, für den Kunden ein Zahlungskonto (§ 675c Abs. 3 BGB i. V. m. § 1 Abs. 17 ZAG) zu führen und Zahlungsaufträge auszuführen, ist der Girovertrag ein Zahlungsdiensterahmenvertrag (BGH, Urteil vom 21.02.2019 - IX ZR 246/17, juris, Rn. 11; MüKoHGB/Fest, 4. Aufl., Band 6, N. Einlagengeschäft, Rn. 261; Staudinger/Omlor, BGB (2020), § 675f Rn. 3).
Allerdings umfasst das Giroverhältnis regelmäßig noch weitere Leistungen der Bank (vgl. § 675f Abs. 2 Satz 2 BGB), die dem Zahlungsdiensterecht nicht notwendig unterliegen. Letzteres gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Darlehens- (§§ 488 ff. BGB) und unregelmäßigen Verwahrungsverhältnisse (§ 700 BGB), die auf Grundlage des Giroverhältnisses durch Ein- und Auszahlungen auf bzw. vom Girokonto begründet oder erfüllt werden. Diese Darlehens- und Verwahrungsfunktion des Girokontos (BGH, Urteil vom 28.07.2015 - XI ZR 434/14, juris, Rn. 41) ist für den Girovertrag auch nach Inkrafttreten des Zahlungsdiensterechts nach wie vor charakteristisch (BGH, Urteil vom 18.06.2019 – XI ZR 768/17, juris, Rn. 26).
Maßgeblich für die Abgrenzung der anzuwendenden Vertragsarten ist das vertragliche Pflichtenprogramm. Voraussetzung für einen unregelmäßigen Verwahrungsvertrag gemäß § 700 Abs. 1 Satz 1 BGB ist in Abgrenzung zur regelmäßigen Verwahrung (§§ 688 ff. BGB) und zum Darlehen (§§ 488 ff. BGB), dass vertretbare Sachen in der Art hinterlegt werden, dass das Eigentum auf den Verwahrer übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren. Insoweit ist der unregelmäßige Verwahrungsvertrag im Grundsatz einseitig verpflichtend. Der Hinterleger geht keine Verpflichtung zur Hinterlegung ein; ihm kommt es in der Regel in erster Linie auf eine sichere Aufbewahrung der überlassenen Sache und daneben auf die jederzeitige Verfügbarkeit darüber an. Eine unregelmäßige Verwahrung scheidet daher aus, wenn der Hinterleger zur Erbringung der Einlage verpflichtet sein soll; denn die Verpflichtung, einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen, ist gemäß § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB die vertragstypische Pflicht des Darlehensgebers bei einem Darlehensvertrag (BGH, Urteil vom 14.05.2019 – XI ZR 345/18, juris, Rn. 26 m.w.N.).
Gemessen hieran sind auf die mit den Girokontoverträgen der Beklagten vereinbarten Pflichten unterschiedliche gesetzliche Regelungen anwendbar: Hinsichtlich der Führung eines Zahlungskontos oder der Ausführung von Zahlungsvorgängen findet Zahlungsdiensterecht Anwendung. Die Inanspruchnahme der vertraglich eingeräumten Kontoüberziehung stellt einen Darlehensvertrag dar (BGH, Urteil vom 10.02. 2015 – XI ZR 187/13, juris, Rn. 34). Die sichere Aufbewahrung überschüssiger Mittel auf dem Girokonto, verbunden mit der Verpflichtung der Beklagten zur Rückgewähr des Geldes in gleicher Menge, der jederzeitigen Verfügbarkeit der Geldmittel und ohne Verpflichtung der Kunden zur Einzahlung von Geldern, ist hingegen eine unregelmäßige Verwahrung (depositum irregulare). Ein regelmäßiger Verwahrungsvertrag i.S.v. §§ 688 ff. BGB ist nach dem Willen der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB) erkennbar nicht gewollt. Denn bei einem regelmäßigen Verwahrungsvertrag verbleiben die Gelder im Eigentum der Kunden, wodurch diese ihr Ziel, die Gelder der Einlagensicherung zu unterstellen, nicht erreichen könnten, da lediglich verwahrte Gelder nicht zu den gemäß § 1 Satz 1 EinSiG sicherungspflichtigen Einlagen zählen (§ 2 Abs. 3 EinSiG). Außerdem widerspräche ein regelmäßiger Verwahrungsvertrag dem Willen der Kreditinstitute insoweit, als es ihnen aufgrund der Verpflichtung, die hinterlegten Sachen (§ 695 Satz 1 BGB) und nicht nur den entsprechenden Geldbetrag zurückzugewähren, obläge, die angenommenen Geldwertzeichen gesondert aufzubewahren (MüKoHGB/Fest, 4. Aufl., Band 6, N. Einlagengeschäft, Rn. 432).
Die ausweislich Ziffer 7 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (Anlage K 10) vereinbarte Girokontoführung als Kontokorrent i. S. d. § 355 HGB lässt die rechtliche Qualifikation von Sichteinlagen, zu der auch Guthaben auf Girokonten gehören, als unregelmäßige Verwahrungsverträge unberührt (BGH, Urteil vom 08.07.1982 – I ZR 148/80 –, juris, Rn. 11; MüKo/Berger, BGB, 9. Aufl., vor § 488 Rn. 69; MüKoHGB/Fest, 4. Aufl., Band 6, N. Einlagengeschäft, Rn. 195).
b) Die Aufbewahrung eines ausgewiesenen Guthabens auf dem Girokonto ist eine eigenständige Hauptleistungspflicht dieses typengemischtvertraglichen Rechtsverhältnisses. Hauptleistungspflichten sind nach allgemeinen Grundsätzen nur die für die Eigenart des jeweiligen Schuldverhältnisses prägenden Bestimmungen, die für die Einordnung in die verschiedenen Typen der Schuldverhältnisse entscheidend sind (BGH, Urteil vom 13.11.2012 - XI ZR 500/11, juris, Rn. 23 m. w. N). In einem typengemischten Vertrag können sich daher aus den unterschiedlichen Vertragstypen verschiedene Hauptleistungspflichten ergeben.
Bei einem Zahlungsdiensterahmenvertrag sind Hauptleistungspflichten regelmäßig die vom Geldinstitut als Zahlungsdienstleister zu erbringenden Zahlungsdienste. Zahlungsdienste sind nach § 675c Abs. 3 BGB i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZAG auch Dienste, mit denen Bareinzahlungen auf ein Zahlungskonto (Einzahlungsgeschäft) oder Barauszahlungen von einem Zahlungskonto (Auszahlungsgeschäft) ermöglicht werden (BGH, Urteil vom 27.01.2015 - XI ZR 174/13, juris, Rn. 15 m.w.N.). Das Ein- und Auszahlungsgeschäft ist für den Girovertrag prägend (BGH, Urteil vom 28.07.2015 - XI ZR 434/14, juris, Rn. 41) und gehört damit zu den aus ihm erwachsenden Hauptleistungspflichten (BGH, Urteil vom 18.06.2019 – XI ZR 768/17, juris, Rn. 25).
Ob dies auch für die Aufbewahrung eines Guthabens auf einem Girokonto gilt, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten.
Soweit in Rechtsprechung und Literatur vertreten wird, die Aufbewahrung eines Kontokorrentguthabens durch die Bank sei keine (gesonderte) Hauptleistungspflicht der Bank, da der Giroverkehr sachlogisch die Verwahrung voraussetze, weil zumindest für eine kurze Zeit die Bank vor dem Zahlungsvorgang Geld – in ausreichender Höhe – verwahrt haben muss (Schwintowski in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 675f BGB (Stand: 12.05.2022), Rn. 24_2; LG Berlin, Urteil vom 28.10.2021 – 16 O 43/21, juris; LG Düsseldorf, Urteil vom 22.12.2021 – 12 O 34/21, juris; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 28.10.2022 – 7 O 566/21, Anlage K 14; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 18.11.2022 – 2-25 O 228/21, juris), überzeugt dies nicht. Die damit angesprochene Vorschusspflicht gemäß §§ 675c Abs. 1, 669 BGB ist zum einen lediglich optional und bezieht sich zum anderen nur auf konkrete Zahlungsaufträge, deren Durchführung von der Kontodeckung abhängig gemacht werden kann, die aber auch durch eine unmittelbar vorhergehende Bareinzahlung realisierbar ist (BeckOK BGB/Schmalenbach, 65. Ed. 1.2.2023, BGB § 675f Rn. 127a; Strobel, BKR 2022, 96, 97; Rodi, EWiR 2022, 289, 290). Ausweislich Punkt 4 des zwischen der Beklagten und ihren Kunden geschlossenen Girovertrages (Anlage B 9) duldet die Beklagte zum anderen eine Kontoüberziehung, weshalb das Girokonto vor Ausführung von Zahlungsdiensten kein Guthaben aufweisen muss.
Die Verwahrung des Guthabens auf dem Girokonto für die Kunden stellt vielmehr eine Hauptleistung der Bank dar (so auch Langner, in: Ellenberger/Bunte, BankR-HdB, 6. Aufl., § 45 Rn. 85; Freitag, ZBB 2018, 269, 272; Beyer, WuB 2022, 357, 358; Homberger, EWiR 2022, 163, 164; Vogel, BKR 2018, 45, 54; Freitag, JZ 2022, 134; Wollgarten/Bohne, BKR 2022, 113, 114; a. A. Strobl, NJW 2021, 881, 884; MüKoHGB/Fest, 4. Aufl., Band 6, N. Einlagengeschäft, Rn. 444; Beyer, WuB 2022, 357, 359). Denn die Verwahrungsfunktion des Girokontos, die eigenständig neben den nach dem Zahlungsdienstevertrag geschuldeten Leistungen im Girovertragsverhältnis besteht, ist für den Girovertrag charakteristisch (BGH, Urteil vom 18.06.2019 – XI ZR 768/17, juris, Rn. 26) und damit für das Giroverhältnis prägend.
Anstatt selbst für die sichere Aufbewahrung ihres Geldes zu sorgen, übertragen Kunden diese Aufgabe in der Regel Banken. Typischerweise haben Kunden ein hohes Bedürfnis an der Sicherung ihrer Finanzmittel gegen Verlust. Neben der eigenen Entlastung von der Aufgabe steht für die Kunden vor allem im Vordergrund, dass Banken über ein höheres Sicherheitsniveau für die Geldaufbewahrung verfügen als die Kunden selbst. Hinzu kommt, dass sie mit der Aufbewahrung ihrer Gelder auf einem Girokonto einer Bank über die Einlagensicherung nach dem EinSiG eine Absicherung gegen den Rückzahlungsausfall erlangen und damit eine zusätzliche Sicherheit erhalten. Die Hingabe von Geld durch die Kapitalgeber an die Bank im Giroverhältnis erfolgt somit deshalb, weil die Kapitalgeber einen Liquiditätsüberschuss bei höchster Liquidität, d.h. jederzeitiger Verfügbarkeit, sicher aufbewahren wollen. Aufgrund dieses überragenden Interesses der Kunden an der sicheren Aufbewahrung stellt die Verwahrung eine Hauptleistungspflicht der Banken und nicht nur eine Obliegenheit zur Sicherstellung ihrer eigenen Leistungsfähigkeit dar.
Dem kann nicht erfolgreich entgegengehalten werden, dass aufgrund des Verweises in § 700 Abs. 1 BGB auf die Vorschriften über den Darlehensvertrag die Hauptleistungspflichten des Darlehensnehmers (= Bank) entsprechend § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB nur in der Zinszahlung und der Darlehensrückzahlung, nicht hingegen in der Verwahrung eines Guthabens, liegen könne. Die Anwendung der Vorschriften über das Darlehensrecht finden über § 700 Abs. 1 BGB nur insoweit Anwendung, als sie dem von den Parteien angestrebten Zweck nicht entgegenstehen. Im Giroverhältnis ist von den Vertragsparteien weder eine Rückzahlungsverpflichtung erst nach Ablauf einer Vertragslaufzeit oder nach Wirksamwerden einer Kündigung (§ 488 Abs. 3 BGB) noch die Zahlung eines Zinses für die Kapitalbereitstellung gewollt. Zum einen steht bei der unregelmäßigen Verwahrung die jederzeitige Verfügbarkeit des Geldes im Vordergrund. Zum anderen stellt der (ggf.) von der Bank gewährte Zins im Giroverhältnis keine Gegenleistung für die Bereitstellung von Kapital, sondern lediglich eine freiwillige Beteiligungsmöglichkeit des Kunden an der Fruchtziehung aus dem von ihm überlassenen Kapital durch die Bank dar (vgl. zur Funktion des Zinses bei der unregelmäßigen Verwahrung bereits Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, II. Band, 971; Staudinger/Bieder, BGB (2020), § 700 Rn. 7; Freitag, JZ 2022, 132, 134). Die damit verbundenen Kosten wurden zudem auch in der Vergangenheit, nämlich bei der Festsetzung der Höhe des Zinses berücksichtigt. (Nur) Soweit die Fruchtziehung durch die Bank höher als der Aufwand für die Verwahrung ausfällt, erhielt der Kunde einen positiven Betrag als Kundenzins (vgl. ausführlicher Langner, in: Ellenberger/Bunte, BankR-HdB, 6. Aufl., § 45 Rn. 85; Vogel, BKR 2018, 45, 53; Freitag, JZ 2022, 132, 133; ähnlich Homberger, EWiR 2022, 163, 164, nach dem die Kreditinstitute in der Vergangenheit lediglich freiwillig auf die separate Bepreisung der Verwahrung verzichtet haben).
In Übereinstimmung mit der dargestellten Rechtslage hat die Beklagte mit ihren Kunden vertraglich die Verwahrung von Guthaben als Hauptleistungspflicht vereinbart. Denn die ab dem 01.02.2020 vorgenommenen Änderungen von Giroverträgen mit der Beklagten durch Änderungsvertrag (vgl. Anlage B 9) - nichts anderes gilt für Neuverträge - sehen in Ziffer 1 ausdrücklich vor, dass die Beklagte ein Guthaben im Auftrag des Kontoinhabers verwahrt.
Dies wird in Ziffer 1.1 der „Anlage Verwahrentgelt zur Girokonto“ (Anlagen B 1, B 9) wiederholt und damit Grundlage der zwischen der Beklagten und ihren Kunden ab dem 01.02.2020 geschlossenen Verträge über Girokonten nach den Kontomodellen „VogtlandGiro komfort“, „VogtlandGiro basis“, „VogtlandGiro direkt“ und „VogtlandGiro young“. Da die Vertragsparteien bei Neuabschluss von Verträgen grundsätzlich in der Bestimmung ihrer Hauptleistungspflichten frei sind (Edelmann, BB 2018, 394, 397), können sie die Hauptleistungspflichten ihres Rechtsverhältnisses privatautonom bestimmen.
c) Weil mit der streitgegenständlichen Verwahrentgeltklausel eine von der Beklagten angebotene Hauptleistung bepreist wird, unterfällt diese Klausel nicht der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB.
3. Die streitgegenständliche Verwahrentgeltklausel ist zudem weder überraschend noch unklar oder intransparent (§ 305c Abs. 1, 2 BGB, § 307 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 BGB).
a) Überraschenden Charakter hat eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Die Erwartungen des Vertragspartners werden dabei von allgemeinen und von individuellen Begleitumständen des Vertragsschlusses bestimmt. Hierzu zählen der Grad der Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht und die für den Geschäftskreis übliche Gestaltung einerseits, Gang und Inhalt der Vertragsverhandlungen sowie der äußere Zuschnitt des Vertrages andererseits (BGH, Urteil vom 26.02.2013 – XI ZR 417/11, juris, Rn. 23 m.w.N.)
Gemessen hieran war die Vereinbarung eines Verwahrentgelts nicht überraschend i. S. v. § 305c Abs. 1 BGB. Angesichts der bereits mehrjährigen Diskussion vor dem 01.02.2020 - auch über die Fachöffentlichkeit hinaus - über Verwahrentgelte unter dem Schlagwort „Negativzinsen“ war in der Öffentlichkeit bekannt, dass Banken für die Verwahrung von Einlagen Gebühren erheben wollen bzw. einzelne Banken dies bereits getan haben. Aufgrund der - auch der Öffentlichkeit bekannten - mehrjährigen Niedrigzinsphase ohne Ankündigung ihrer Beendigung mussten auch aktuelle und potentielle Kunden der Beklagten vernünftigerweise damit rechnen, dass die Beklagte die Erhebung von Verwahrentgelten beabsichtigt. Hinzu kommt, dass die Kunden vor Vereinbarung eines Verwahrentgelts durch Mitarbeiter der Beklagten vor Abschluss des Girovertrages nebst Anlage zum Verwahrentgelt aufgeklärt wurden und eine gesonderte Vereinbarung („Anlage Verwahrentgelt zu Girokonto“, Anlage B 9) unterzeichneten, die ihnen den Inhalt dieser Allgemeinen Geschäftsbedingung vor Vertragsschluss deutlich aufzeigten.
b) Ebenso wenig bestehen Bedenken im Hinblick auf die Klarheit bzw. Transparenz der Regelung.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 20.11.2019 – IV ZR 159/18, juris, Rn. 8; BGH, Urteil vom 26.02.2013 – XI ZR 417/11, juris, Rn. 18 m.w.N.). Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders.
Die streitgegenständliche Klausel benennt deutlich die bepreiste Leistung der Beklagten (Verwahrung von Guthaben auf dem Girokonto), den Freibetrag, die Berechnung des Entgeltes sowie seine Veränderbarkeit und ist daher nicht zu beanstanden.
4. Auch hinsichtlich des Hilfsantrags, über welchen mangels Erfolgs des Hauptantrags zu entscheiden ist, bleibt die Berufung des Klägers erfolglos, da ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UKlaG nicht besteht. Denn die von der Beklagten verwendete Verwahrentgeltklausel ist auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung zur Zahlung von Kontoführungsgebühren nicht unwirksam. Weder liegt eine Doppelbepreisung einer Leistung der Beklagten vor, noch bestehen Unklarheiten i. S. v. § 305c Abs. 2 BGB bzw. Intransparenz i. S. v. § 307 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 BGB.
Offensichtlich ist dies hinsichtlich des Kontomodells „VogtlandGiro young“, für welches von der Beklagten keine Kontoführungsgebühr erhoben wird. Aber auch für die Kontomodelle „VogtlandGiro komfort“, „VogtlandGiro basis“ und „VogtlandGiro direkt“ besteht kein Verstoß gegen § 312a Abs. 3 BGB, § 305c Abs. 2 BGB oder § 307 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 BGB.
Kontoführungsgebühren fallen für die Führung eines Zahlungskontos sowie die Erbringung von Zahlungsdiensten an. Die unregelmäßige Verwahrung eines Guthabens ist jedoch nicht identisch mit der Führung eines Girokontos und der Erbringung einzelner Zahlungsdienste (Beyer, WuB 2022, 357, 358; BeckOK BGB/Schmalenbach, 65. Ed. 1.2.2023, BGB § 675f Rn. 127a m.w.N.), sondern stellt eine eigenständige Hauptpflicht der Bank im Giroverhältnis neben den aus dem Zahlungsdiensterecht resultierenden Pflichten dar. Deshalb läge eine Doppelbepreisung nur dann vor, wenn die vereinbarte Kontoführungsgebühr ausdrücklich die Verwahrung jeglichen Guthabens umfasst (BeckOK BGB/Schmalenbach, 65. Ed. 1.2.2023, BGB § 675f Rn. 127a). Dies hat der Kläger indes nicht behauptet. Unklarheiten oder Intransparenz bei der Abgrenzung von Kontoführungsgebühr und Verwahrentgelt bestehen ebenfalls nicht, weil das Verwahrentgelt ausweislich der streitgegenständlichen Klausel für einen durchschnittlichen Verbraucher erkennbar eine Hauptleistung der Bank erstmalig bepreist.
III. Die Berufung ist auch hinsichtlich des auf Unterlassung des Forderns und/oder Einziehens von Entgelten aufgrund der streitgegenständlichen Verwahrentgeltklausel gerichteten Klageantrags Ziffer 1.b) unbegründet, da ein Unterlassungsanspruch gemäß § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 lit. f) UKlaG in der seit dem 01.01.2022 geltenden Fassung bzw. § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 lit. e) UKlaG in der bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung nicht besteht, weil die streitgegenständliche Verwahrentgeltklausel nicht gegen Verbraucherschutzgesetze verstößt (vgl. oben unter II.).
IV. Die Berufung bleibt schließlich ebenso bezüglich Klageantrag Ziffer 2) ohne Erfolg, da der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten gemäß § 5 UKlaG i.V.m. § 13 Abs. 1 und 3 UWG hat.
Die mit Abmahnung vom 20.02.2020 (Anlage K 4) geltend gemachten Unterlassungsansprüche nach dem UKlaG sind unbegründet (vgl. oben II. und III.). Soweit der Kläger mit seinem Klageantrag Ziffer 1.c), mit dem er die Unterlassung der Werbung mit „kostenfreier Kontoführung für Schüler, Azubis und Studenten“ gefordert hatte, wenn gleichzeitig ein Verwahrentgelt verlangt wird, erstinstanzlich erfolgreich war, rechtfertigt dies gleichwohl nicht die Erstattung von Abmahnkosten, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Der Abmahnende muss gemäß § 13 Abs. 1 UWG den Abgemahnten auffordern, eine Unterlassungserklärung nebst Vertragsstrafeversprechen abzugeben. Dies ist durch den Kläger gegenüber der Beklagten ausweislich des Wortlauts der dem Abmahnschreiben beigefügten „Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen“ lediglich im Hinblick auf die unberechtigten Unterlassungsansprüche nach dem UKlaG erfolgt. Der dem Klageantrag Ziffer 1.c) entsprechende Anspruch nach dem UWG ist zwar im Abmahnschreiben ausgeführt, in die Unterlassungserklärung indes nicht aufgenommen. Der Kläger forderte ausdrücklich (nur) die Unterzeichnung dieser Unterlassungserklärung.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 709 Satz 2, § 711 ZPO.
Die Revision wird nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zugelassen. Die Frage, ob Banken mit ihren Kunden mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen Entgelte für die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten vereinbaren können, ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden und von grundsätzlicher Bedeutung.