LG München I: Zur Stimmrechtsvollmacht in HV-Einladung
LG München I, Urteil vom 30.12.2008 - 5 HK O 11661/08
Sachverhalt
Die Parteien streiten mittels Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen um die Wirksamkeit mehrerer Beschlüsse einer Hauptversammlung der Beklagten.
I. Die Beklagte - eine Aktiengesellschaft mit einem in 5.980.000 Stückaktien zu einem Nennbetrag von € 3,-- eingeteilten Grundkapital von € 17.880.000,-- - veröffentlichte am 6.5.2008 im elektronischen Bundesanzeiger die Einladung zur ihrer Hauptversammlung, bei der über folgende Tagesordnungspunkte ein Beschluss gefasst werden sollte:
Tagesordnungspunkt 2: Verwendung des Bilanzgewinns
Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstandes
Tagesordnungspunkt 4: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates
Tagesordnungspunkt 5: Wahl zum Aufsichtsrat
Tagesordnungspunkt 6: Ermächtigung zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien unter Ausschluss des Bezugsrechts gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG
Tagesordnungspunkt 7: Schaffung eines genehmigten Kapitals mit der Ermächtigung des Vorstandes zum Ausschluss des Bezugsrechts in bestimmten Fällen sowie über die entsprechende Änderung der Satzung
Tagesordnungspunkt 8: Satzungsänderung
Tagesordnungspunkt 9: Wahl des Abschlussprüfers
Diese am 6.5.2008 veröffentlichte Bekanntmachung (Anl. K 1 aus dem hinzuverbundenen Verfahren 5 HK O 11919/08) enthielt unter anderem folgende Aussage:
„"Teilnahme an der Hauptversammlung
Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind nach § 19 der Satzung unserer Gesellschaft nur diejenigen Aktionäre berechtigt, die sich vor der Hauptversammlung in Textform in deutscher oder in englischer Sprache bis spätestens am 6. Juni 2008 unter Nachweis ihres Anteilsbesitzes bei nachfolgender Adresse anmelden:
B... AG
c/o D... B... AG,
...
... F...
e-Mail: ...
Telefax: ...
Für den Nachweis des Aktienbesitzes ist ein in Textform erstellter besonderer Nachweis des Anteilsbesitzes durch das depotführende Institut erforderlich. Der Nachweis des Aktienbesitzes ist in deutscher oder englischer Sprache zu erbringen. Der Nachweis hat sich auf den Beginn des 16. Mai 2008 (00:00 Uhr) zu beziehen und muss der Gesellschaft ebenso wie die Anmeldung spätestens bis zum Ablauf des 06. Juni 2008 (24.00 Uhr) unter der genannten Adresse zugehen.
Nach Eingang des Nachweises ihres Anteilsbesitzes bei der Gesellschaft werden den Aktionären Eintrittskarten für die Hauptversammlung übersandt. Um den rechtzeitigen Erhalt der Eintrittskarten sicherzustellen, bitten wir die Aktionäre, bei ihrem depotführenden Institut frühzeitig für die Übersendung des Nachweises ihres Anteilsbesitzes an die Gesellschaft unter vorgenannter Adresse Sorge zu tragen.
Bevollmächtigte
Die Aktionäre können ihr Stimmrecht in der Hauptversammlung auch durch Bevollmächtigte, z.B. die depotführende Bank, eine Aktionärsvereinigung oder andere schriftlich bevollmächtigte Person ihrer Wahl ausüben lassen. Auch hier hat der vertretene Aktionär für einen rechtzeitigen Nachweis seines Anteilsbesitzes Sorge zu tragen. Ein Vollmachtsformular ist auf der Rückseite der Eintrittskarte aufgedruckt.
Stimmrechtsvertretung
Darüber hinaus bieten wir unseren Aktionären an, einen von der Gesellschaft benannten weisungsgebundenen Stimmrechtsvertreter zur Ausübung ihrer Stimmrechte zu bevollmächtigen. Die Aktionäre, die dem von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter eine Vollmacht erteilen möchten, benötigen hierzu eine Eintrittskarte zur Hauptversammlung. Ein Vollmachtsformular erhalten die Aktionäre zusammen mit der Eintrittskarte zugesandt. Die Vollmachten sind schriftlich, faxschriftlich oder elektronisch an folgende Anschrift zu übermitteln:
B... AG
Hauptversammlungsbüro
...
... M...
E-Mail: ...
Telefax: ...
Soweit der von der Gesellschaft benannte Stimmrechtsvertreter bevollmächtigt wird, müssen diesem in jedem Fall schriftlich, faxschriftlich oder elektronisch Weisungen für die Ausübung des Stimmrechts erteilt werden. Ohne diese Weisungen ist die Vollmacht ungültig.
Die Bevollmächtigung und die erforderlichen Weisungen an den Stimmrechtsvertreter sollten spätestens am Tag vor der Hauptversammlung dem oben genannten B... AG Hauptversammlungsbüro zugehen. Die Berücksichtigung später eingegangener Weisungen kann nicht zugesichert werden.
Der Stimmrechtsvertreter ist verpflichtet, weisungsgemäß abzustimmen. Auch im Fall einer Bevollmächtigung eines von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreters ist der fristgerechte Zugang des besonderen Nachweises über den Anteilsbesitz nach den vorstehenden Bestimmungen erforderlich. Alle vorgenannten Formen der Teilnahme und Vertretung, insbesondere die persönliche Teilnahme oder die Teilnahme durch einen Vertreter, werden durch das Angebot zur Bevollmächtigung eines von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreters nicht berührt und bleiben nach wie vor in vollem Umfang möglich. Die vorzulegenden Vollmachten verbleiben in Verwahrung der Gesellschaft.
..."
Im elektronischen Bundesanzeiger vom 7.5.2008 veröffentlichte die Beklagte eine geänderte Einladung (Anlage B 1), die unter anderem folgende Aussage enthielt:
„Berichtigung zur im elektronischen Bundesanzeiger
vom 6. Mai 2008 veröffentlichten Einladung zur
Ordentlichen Hauptversammlung
am Freitag, den 13. Juni 2008,
um 11 Uhr im Konferenzraum der Hauptverwaltung
..., ... M....
Aufgrund eines Versehens enthielt die am 6. Mai 2008 veröffentlichte Einladung Fehler. Dies betrifft einerseits die Verweisungen in TOP 6 (Nr. 6.7, 6.8 und 6.9) sowie andererseits das unter der Überschrift „Teilnahme an der Hauptversammlung" angegebene Record Date:
Beschlussfassung zur Ermächtigung zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien unter Ausschluss des Bezugsrechts gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG
Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, die Gesellschaft zum Erwerb und zur Wiederveräußerung eigener Aktien zu ermächtigen und dazu folgenden Beschluss zu fassen:
...
Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats Aktien der Gesellschaft, die aufgrund der vorstehenden Ermächtigung erworben werden, als (Teil-)Gegenleistung im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen oder zum Erwerb von Unternehmen, Beteiligungen an Unternehmen oder Unternehmensteilen zu verwenden.
Ferner wird der Vorstand ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die noch zu erwerbenden eigenen Aktien zu einem Preis zu veräußern, der den Börsenpreis der Aktien der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Veräußerung nicht wesentlich unterschreitet. Diese Ermächtigung ist beschränkt auf Aktien mit einem anteiligen Betrag des Grundkapitals, der insgesamt 10 % des Grundkapitals nicht übersteigen darf, und zwar weder im Zeitpunkt des Wirksamwerdens noch im Zeitpunkt der Ausübung dieser Ermächtigung. Die Höchstgrenze von 10 % des Grundkapitals vermindert sich um den anteiligen Betrag des Grundkapitals, der auf diejenigen Aktien entfällt, die während der Laufzeit dieser Ermächtigung im Rahmen einer Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts gemäß § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG ausgegeben werden. Die Höchstgrenze von 10 % des Grundkapitals vermindert sich ferner um den anteiligen Betrag des Grundkapitals, der auf diejenigen Aktien entfällt, die zur Bedienung von Options-, Wandelschuldverschreibungen und / oder Wandelgenussrechten auszugeben sind, sofern diese Schuldverschreibungen während der Laufzeit dieser Ermächtigung unter Ausschluss des Bezugsrechts in entsprechender Anwendung des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG ausgegeben werden.
...
Teilnahme an der Hauptversammlung
Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind nach § 19 der Satzung unserer Gesellschaft nur diejenigen Aktionäre berechtigt, die sich vor der Hauptversammlung in Textform in deutscher oder in englischer Sprache bis spätestens am 6. Juni 2008 unter Nachweis ihres Anteilsbesitzes bei nachfolgender Adresse anmelden:
B... AG
c/o D... B... AG,
General Meetings
... F...
e-Mail: ...
Telefax: ...
Für den Nachweis des Aktienbesitzes ist ein in Textform erstellter besonderer Nachweis des Anteilsbesitzes durch das depotführende Institut erforderlich. Der Nachweis des Aktienbesitzes ist in deutscher oder englischer Sprache zu erbringen. Der Nachweis hat sich auf den Beginn des 23. Mai 2008 (00:00 Uhr) („Record Date") zu beziehen und muss der Gesellschaft ebenso wie die Anmeldung spätestens bis zum Ablauf des 06. Juni 2008 (24.00 Uhr) unter der genannten Adresse zugehen.
Nach Eingang des Nachweises ihres Anteilsbesitzes bei der Gesellschaft werden den Aktionären Eintrittskarten für die Hauptversammlung übersandt. Um den rechtzeitigen Erhalt der Eintrittskarten sicherzustellen, bitten wir die Aktionäre, bei ihrem depotführenden Institut frühzeitig für die Übersendung des Nachweises ihres Anteilsbesitzes an die Gesellschaft unter vorgenannter Adresse Sorge zu tragen.
München, im April 2008
B...
Aktiengesellschaft
Der Vorstand"
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten der beiden Bekanntmachungen wird in vollem Umfang auf die Anlage K 1 aus dem hinzuverbundenen Verfahren 5 HK O 11919/08 sowie Anlage B 1 Bezug genommen.
Die Satzung der Beklagten enthielt in ihrem § 17 eine Bestimmung, dass die Einberufung mindestens 30 Tage vor dem Tag, bis zu dessen Ablauf sich die Aktionäre gemäß § 19 der Satzung vor der Versammlung anzumelden haben, bekannt gemacht werden müsse.
Die Kläger, die ihre Aktien vor der Bekanntmachung der Einladung im elektronischen Bundesanzeiger erworben hatten, nahmen an der Hauptversammlung am 13.6.2008 teil. Die Hauptversammlung fasste jeweils mit den erforderlichen Mehrheiten die zu den einzelnen Tagesordnungspunkten angekündigten Beschlüsse, wobei zu Tagesordnungspunkt 6 die Beschlussfassung entsprechend der Bekanntmachung vom 7.5.2008 geschah. Die Kläger stimmten gegen die Beschlussvorschläge und erklärten Widerspruch zur Niederschrift des beurkundenden Notars.
II.
Zur Begründung ihrer Klagen machen die Kläger im Wesentlichen geltend, die zweite Einberufung mit der Korrektur des Beschlussvorschlages zu Tagesordnungspunkt 6 und des am Tag zuvor fehlerhaft angegebenen Datums des Record Date sei nicht mehr rechtzeitig erfolgt. Aufgrund der ersten Bekanntmachung mit einem fehlerhaft angegebenen Record Date dürfe die Hauptversammlung gesetzeskonform keine Beschlüsse fassen. Letzter Einberufungstag sei entsprechend der Regelung in § 17 der Satzung der 6.5.2008 gewesen, weil 30 volle Tage vor dem Anmeldetag einzuladen sei. Der letzte Anmeldetag werde dabei nicht mitgerechnet. Daher liege ein Verstoß gegen § 123 Abs. 1 AktG vor. Die zweite Bekanntgabe der Einladung und Tagesordnung enthalte zudem eine unzutreffende Datumsangabe, weil nicht angenommen werden könne, der Vorstand habe bereits im April 2008 beabsichtigt, zunächst eine fehlerhafte Bekanntmachung vorzunehmen und am Folgetag nach Fristablauf eine unzureichende Berichtigung zu veröffentlichen, woraus sich die Anfechtbarkeit ergebe. Die Nichtigkeit oder zumindest Anfechtbarkeit der gefassten und angegriffenen Beschlüsse resultiere weiterhin aus einer fehlerhaften Einladung zur Hauptversammlung, weil die dortigen Angaben zu den Voraussetzungen einer wirksamen Stimmrechtsvollmacht nicht in Einklang mit dem Gesetz seien. Vor allem für Kreditinstitute, aber auch für Aktionärsvereinbarungen schreibe das Aktienrecht eine schriftliche Vollmacht nicht mehr vor. Dieser Mangel führe angesichts seiner Schwere zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse. Die Einladung stelle auch nicht klar, wann eine Bevollmächtigung schriftlich oder in einer den Urheber zweifelsfrei identifizierbarer Weise sonst oder völlig formfrei vorgenommen werden müsse; insbesondere bleibe unklar, was „faxschriftlich" zu bedeuten habe.
Die Klägerin zu 1) macht darüber hinaus geltend, es müsse für den Erwerb eigener Aktien eine Untergrenze, bemessen am Börsenkurs, festgelegt werden, wenn der Vorstand ermächtigt werde, Aktien der Beklagten als (Teil-)Gegenleistung im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen oder zum Erwerb von Unternehmen, Beteiligungen an Unternehmen oder Unternehmensteilen zu verwenden. Dies zeige insbesondere ein Vergleich mit den Wertungen, die der Gesetzgeber bei den Vorschriften zum Pfandrecht in §§ 1221, 1273 Abs. 2 BGB sowie bei der Regelung der Hinterlegung in § 385 BGB vorgenommen habe. Wenn der Börsenkurs bei einer Zwangsverwertung die Untergrenze darstelle, müsse dies erst recht bei freiwilligen Verhandlungen gelten, um eine Schädigung der Aktionäre auszuschließen.
Alle Kläger beantragen daher:
Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 13. Juni 2006 zu Tagesordnungspunkt 6 mit folgendem Inhalt:
Beschlussfassung zur Ermächtigung zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien unter Ausschluss des Bezugsrechts gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG
wird für nichtig erklärt.
Alle Kläger beantragen darüber hinaus hilfsweise Folgendes:
Es wird festgestellt, dass der in der Hauptversammlung der Beklagten vom 13. Juni 2008 gefasste Beschluss mit dem im Hauptantrag wiedergegebenen Wortlaut nichtig ist.
Die Klägerin zu 1) beantragt zusätzlich äußerst hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass der in der Hauptversammlung der Beklagten vom 13. Juni 2008 gefasste Beschluss mit dem im Hauptantrag wiedergegebenen Wortlaut unwirksam ist.
Der Kläger zu 2) und die Klägerin zu 3) beantragen darüber hinaus Folgendes:
Die Beschlüsse der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 13. Juni 2008 zu
Tagesordnungspunkt 2: „Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns"
Tagesordnungspunkt 3: „Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2007"
Tagesordnungspunkt 4: „Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2007"
Tagesordnungspunkt 5: „Wahlen zum Aufsichtsrat der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 13. Juni 2008"
Tagesordnungspunkt 7: „Beschlussfassung über die Schaffung eines genehmigten Kapitals mit Ermächtigung des Vorstandes zum Ausschluss des Bezugsrechtes in bestimmten Fällen sowie über die entsprechende Änderung der Satzung"
Tagesordnungspunkt 8: „Satzungsänderung (Gegenstand des Unternehmens)"
werden für nichtig erklärt.
Hilfsweise beantragen diese beiden Kläger Folgendes:
Es wird festgestellt, dass die im Hauptantrag benannten Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 2, 3, 4, 5, 7 und 8 nichtig sind.
Die Klägerin zu 3) beantragt darüber hinaus Folgendes:
Der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 13. Juni 2008 gefasste Beschluss zu
Tagesordnungspunkt 9: „Wahl des Abschlussprüfers"
wird für nichtig erklärt.
Hilfsweise beantragt die Klägerin zu 3) Folgendes:
Es wird festgestellt, dass der zu Tagesordnungspunkt 9 gefasste Beschluss in der ordentlichen Hauptversammlung vom 13. Juni 2008 mit dem im Hauptantrag wiedergegebenen Wortlaut nichtig ist.
III.
Die Beklagte beantragt demgegenüber:
Klageabweisung.
Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen darauf, die Beschlüsse ihrer Hauptversammlung seien weder anfechtbar noch nichtig. Angesichts der am 7.5.2008 im elektronischen Bundesanzeiger publizierten Einladung müsse von einer ordnungsgemäßen Berechnung der Einberufungsfrist bei einer Hauptversammlung am 13.6.2008 ausgegangen werden. Angesichts des Anmeldeschlusses am 6.6.2008 um 24.00 Uhr komme es zu einer Rückrechnung von 30 Tagen, wobei entgegen der Auffassung der Kläger die Einberufung am 30. Tag genüge, wie sich insbesondere aus dem wortgetreuen Verständnis des § 188 Abs. 1 BGB ergebe. Auch zeige die Regelung des § 123 Abs. 4 2. Hs. AktG die Richtigkeit dieser Auffassung. Wenn überhaupt liege aber ohnehin nur ein geringfügiger Bekanntmachungsfehler vor, der allenfalls zur Anfechtbarkeit führe, aber keinesfalls die Nichtigkeit des Beschlusses begründen könne. Ebenso sei der Record Date richtig berechnet worden, weil für die Angabe die berichtigte Einladung maßgeblich sein müsse. Die Angaben zur Bevollmächtigung von Stimmrechtsvertretern begründe bereits deshalb keine Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse, weil es sich dabei nicht um eine Teilnahmebedingung im Sinne des § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG handele. Aber auch ein Anfechtungsgrund lasse sich angesichts der Unklarheit der Regelung in § 135 Abs. 2 AktG daraus nicht ableiten. Zudem habe die Beklagte in ihrer Einladung keinesfalls von Kreditinstituten oder Aktionärsvereinigungen eine schriftliche Bevollmächtigung verlangt, wie sich aus Grammatik und Syntax des Abschnitts „Bevollmächtigte" in der Einladung ergebe. Auch enthalte die Einladung zulässige, satzungskonforme Formerfordernisse hinsichtlich der Bevollmächtigung von Stimmrechtsvertretern. Die Beklagte habe von der Ermächtigung des § 18 Abs. 2 ihrer Satzung Gebrauch gemacht. Jedenfalls fehle es aber an der erforderlichen Relevanz des Anfechtungsgrundes. Die Datumsangabe „April 2008" in der Bekanntmachung der Einladung begründe keinen Einberufungsmangel, weil die beiden Bekanntmachungen als Einheit zu sehen seien und das in den Bekanntmachungen genannte Datum sich erkennbar auf den Termin beziehe, in dem der Vorstand die Hauptversammlungseinladung verabschiedet habe.
Die Beschlussfassung über den Erwerb eigener Aktien stehe auch inhaltlich in Einklang mit den aktienrechtlichen Vorgaben. Der aufgrund von § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG notwendige und gefasste Beschluss der Hauptversammlung müsse keine Bestimmungen zu einem Wert enthalten, für den die eigenen Aktien wieder veräußert werden sollen. Die Entscheidung über den Ausgabebetrag falle in die Geschäftsführungskompetenz des Vorstandes. Auch stelle der Verkauf rückerworbener Aktien durch die Gesellschaft keine Ausgabe im Sinne von § 9 Abs. 1 AktG dar, weshalb hier das Verbot der Unterpariemission nicht gelte.
IV.
Frau ... G... ist mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 19.9.2008 (Bl. 37/38 d.A.) dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beigetreten, soweit diese die Beschlussfassungen zu den Tagesordnungspunkten 6, 7 und 8 angegriffen haben. Sie hat sich insoweit im Termin vom 6.11.2008 den Anträgen der Kläger angeschlossen.
Die G... AG ist mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 4.9.2008 (Bl. 10/11 d.A.) dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.
V.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6.11.2008 (Bl. 58/62 d.A.).
aus den gründen
Die in den Hauptanträgen erhobenen Anfechtungsklagen sind zulässig, jedoch nicht begründet, weil die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten das Gesetz oder die Satzung im Sinne des § 243 Abs. 1 AktG nicht verletzen.
Die Anfechtbarkeit ergibt sich nicht aus einem Verstoß gegen § 123 Abs. 1, Abs. 2 Satz AktG in Verbindung mit der entsprechenden Regelung aus § 17 der Satzung der Beklagten. Nach diesen Vorschriften ist die Hauptversammlung mindestens 30 Tage vor dem Tage der Versammlung einzuberufen, wobei vorliegend für die Berechnung der Einberufungsfrist an die Stelle der Versammlung der Tag tritt, bis zu dessen Ablauf sich die Aktionäre vor der Versammlung anzumelden haben. Dieser Einberufungstag war der 7.5.2008, an dem die korrekte Einladung hinsichtlich des Beschlussvorschlages zu Tagesordnungspunkt 6 und hinsichtlich des nunmehr zutreffend berechneten Record Date veröffentlicht wurde.
Teilweise wird allerdings in Rechtsprechung Literatur die Auffassung vertreten, die Einberufung müsse spätestens am 31. Tag vor dem Tag der Versammlung enden (vgl. OLG Frankfurt AG 2008, 325, 326; Butzke WM 2005, 1981, 1985; Repgen ZGR 2006, 121, 129 ff.), weil volle 30 Tage frei bleiben müssten, weshalb die Einberufung am 31. Tag vor dem Stichtag zu erfolgen haben. Zur Begründung wird namentlich auf § 187 oder § 188 BGB analog abgestellt - da das Aktiengesetz eine Rückwärtsberechnung vorschreibe, ende die Frist am 30. Tag um 0.00 Uhr, weil ein Tag in dieser Perspektive nicht um 24.00 Uhr, sondern um 0.00 Uhr „ablaufe".
Dieser Auffassung kann indes nicht gefolgt werden. Es reicht zur Einhaltung der Einberufungsfrist aus, wenn die Einberufung am 30. Tag vor dem Tage der Hauptversammlung bzw. hier vor dem Tag der Anmeldefrist bis 24.00 Uhr erfolgt (vgl. Reger in: Bürgers/Körber, AktG, Rdn. 13 zu § 123; Willamowski in: Spindler/Stilz, AktG, Rdn. 2 zu § 123; Mimberg ZIP 2006, 649, 650 f.; Gantenberg DB 2005, 207, 209). Der Gesetzeswortlaut als Ausgangspunkt jeder Gesetzesauslegung trifft insoweit keine eindeutige Aussage; die Vorschrift des § 123 Abs. 4 AktG klammert ausdrücklich nur den Stichtag aus, erwähnt den Tag der Einberufung aber nicht. Maßgebend ist dann aber die gesamte Systematik des Rechts der Fristenberechnung, weshalb § 188 Abs. 1 BGB herangezogen werden muss. Ist eine Frist wie hier nach Tagen bemessen, so endet die Frist nach dieser Vorschrift mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist, ohne dass es darauf ankommt, ob die jeweilige Frist vorwärts oder rückwärts zu berechnen ist. Somit endet die Einberufungsfrist nach dem Wortlaut von § 188 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 30. Tages. Gegen die Ansicht, es müsse auf den 31. Tag vor dem Stichtag abgestellt werden, ergeben sich Bedenken vor allem auch aus dem systematischen Verhältnis, in dem die Vorschriften der §§ 123 Abs. 1 AktG, 188 Abs. 1 BGB einerseits zur Feiertagsregelung des § 123 Abs. 4 2. Hs. AktG andererseits stehen. Fällt nämlich der 30. Tag vor dem maßgeblichen Tag der Hauptversammlung bzw. des Endes der Anmeldefrist auf einen Sonntag, Samstag oder gesetzlichen Feiertag, tritt nach dem Wortlaut des § 123 Abs. 4 2. Hs. AktG der zeitlich vorhergehende Werktag an die Stelle dieses Tages. Bei Richtigkeit der Gegenauffassung müsste dann die Einberufung bereits an dem Werktag erfolgen, der vor dem ersten Werktag liegt, der gemäß § 123 Abs. 4 2. Hs. AktG errechnet wurde. Dieses Ergebnis steht indes nicht im Einklang mit der Gesamtsystematik der Fristenberechnungen.
Die historische Auslegung spricht gleichfalls für die hier vertretene Ansicht. Die Problematik, ob der Tag der Einberufung bei Ermittlung der Einberufungsfrist auszuklammern ist oder nicht, war Gegenstand intensiver Diskussionen seit dem Inkrafttreten der Aktienrechtsnovelle von 1965 (vgl. zum Streitstand nur Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., Rdn. 7 zu § 123; Werner in: Großkommentar zum AktG, 4. Aufl., Rdn. 3 und 4 zu § 123 einerseits; Hüffer, AktG, 6. Aufl., Rdn. 3 zu § 123). Wenn nun der Gesetzgeber angesichts dieses Meinungsstreits ausdrücklich nur den Tag der Hauptversammlung, nicht aber den Tag der Einberufung von der Fristberechnung ausklammert, so spricht die Formulierung des § 123 Abs. 4 1. Hs. AktG ebenfalls dafür, eine genau am 30. Tag vor der Versammlung erfolgende Einberufung als ausreichend anzusehen. Das Berechnungsbeispiel aus der Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (vgl. BT-Drucks. 15/5092 S. 14) spricht gleichfalls für diese Auslegung, nachdem sich der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages das in der Regierungsbegründung enthaltene Rechenbeispiel ausdrücklich zueigen gemacht hat (vgl. BT-Drucks. 15/5693 S. 17).
Das Urteil des OLG München vom 26.3.2008 (AG 2008, 460, 461) rechtfertigt kein anderes Ergebnis, nachdem sich das OLG München in dieser Entscheidung nicht zu der Frage äußerte, ob der Tag der Einberufung bei der Fristenberechnung ausgespart werden muss oder nicht.
Ein Gesetzesverstoß lässt sich auch nicht damit begründen, die ursprüngliche Einladung vom 6.5.2008 enthalte einen unzutreffenden Record Date und der Aktionär müsse nicht mit einer Korrektur rechnen. Entscheidend ist in einer solchen Situation der Inhalt der letzten mitgeteilten Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger vom 7.5.2008, die rechtzeitig erfolgte. Eine Änderung der Einberufung ist zulässig, sofern dabei die Vorgaben aus § 123 AktG beachtet werden (vgl. Hüffer, AktG, 8. Aufl., Rdn. 18 zu § 121; Willamowski in: Spindler/Stilz, AktG, Rdn. 11 zu § 121; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., Rdn. 71 zu § 121; Werner in: Großkommentar zum AktG, 4. Aufl., Rdn. 71 zu § 121; Pluta in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., Rdn. 21 zu § 121). Eine Verletzung namentlich des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus § 53 a AktG kann darin nicht gesehen werden, weil es insbesondere kein schutzwürdiges Vertrauen eines Aktionärs gibt, dass es nicht zu einer Änderung von bekanntgemachten Teilnahmebedingungen und von Beschlussvorschlägen kommen kann.
Die Angabe des Datums in der korrigierten Einladung führt nicht zur Anfechtbarkeit der während der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse. In § 121 Abs. 3 AktG ist ausdrücklich nicht vorgeschrieben, dass in der Bekanntmachung der Einberufung das Datum der Befassung des Vorstandes mit der Tagesordnung angeführt werden muss. Dann aber kann - ungeachtet der Tatsache, dass hier eine zulässige Änderung der Bekanntmachung erfolgte - ein Gesetzesverstoß keine Relevanz haben und folglich auch nicht kausal für die Beschlussfassung sein. Maßgebend für die Frage der Kausalität ist die Relevanz des Verfahrensverstoßes für das Mitgliedschafts- bzw. Mitwirkungsrecht des Aktionärs im Sinne eines dem Beschluss anhaftenden Legitimationsdefizits, das bei einer wertenden, am Schutzzweck der verletzten Norm orientierten Betrachtung die Rechtsfolge der Anfechtbarkeit gem. § 243 Abs. 1 AktG rechtfertigt (vgl. BGH NZG 2005, 77, 79 - ThyssenKrupp). Vorliegend erhielt der Aktionär in den beiden Bekanntmachungen die Informationen, die notwendig sind, um eine Entscheidung über die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung seines Stimmrechts zu treffen. Die Vorgaben von §§ 121, 123 AktG wurden beachtet. Hierzu gehört - wie bereits angesprochen - nicht der Zeitpunkt der Befassung des Vorstandes mit den Beschlussvorschlägen. Selbst wenn bezüglich dieses Zeitpunkts Unklarheit bestehen sollte, so fehlt es an der Relevanz des Verstoßes, weil der Aktionär erfahren hat, worüber er abstimmen soll und unter welchen Voraussetzungen er an der Hauptversammlung teilnehmen kann.
Die Anfechtbarkeit ergibt sich nicht aus den Angaben zu den Voraussetzungen, unter denen ein Dritter bevollmächtigt werden kann.
Ein Gesetzesverstoß ergibt sich nicht aus den Ausführungen in der Einladung zur Stimmrechtsvollmacht. Die Einladung gibt den Gesetzeswortlaut von § 134 Abs. 3 Satz 2 AktG wieder, wonach die Vollmacht der Schriftform bedarf, wenn die Satzung keine Erleichterung bestimmt. Auch für Aktionärsvereinbarungen ergibt sich die Form der Vollmachtserteilung im Grundsatz aus § 134 Abs. 3 Satz 2 AktG, weshalb darin keine Verletzung der gesetzlichen Regelung in relevanter Weise gesehen werden kann. Die gesetzliche Regelung ist in § 135 Abs. 2 AktG unklar; aus ihr lässt sich namentlich nicht mit der hinreichenden Deutlichkeit ableiten, wie das dort normierte, den Kreditinstituten, gleichgestellten Institutionen und Aktionärsvereinigungen auferlegte „nachprüfbare" Festhalten der Vollmachtserklärung nach § 135 Abs. 2 Satz 4 AktG zu verstehen ist. Der Gesetzgeber hat auf keine der gesetzlich normierten Formvorschriften - Schriftform, Textform, notarielle Beurkundung - zurückgegriffen, gleichwohl aber vorgesehen, dass die Vollmachtserklärung vollständig sein muss und „nur mit der Stimmrechtsausübung verbundene Erklärungen enthalten darf". Aus der Formulierung über das nachprüfbare Festhalten ergibt sich nach dem Willen des Gesetzgebers dann zwar eine Formerleichterung dergestalt, dass die Bevollmächtigung nicht mehr der Schriftform bedarf (vgl. BT-Drucks. 14/4051, S. 15). Andererseits darf die Bevollmächtigung nicht in beliebiger Weise erfolgen, weil die Nachweis-, Identifikations- und Dokumentationsfunktion gewahrt bleiben muss (vgl. Spindler in: Schmidt/Lutter, AktG, 2008, Rdn. 6 zu § 135), weshalb die Erklärung nach § 135 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 AktG vollständig, exklusiv und dokumentationsfähig sein muss (vgl. Hüffer, AktG, 8. Aufl., Rdn. 13 zu § 135). Regelt eine gesetzliche Vorschrift jedoch selbst nicht klar und eindeutig, welche formellen Anforderungen an die Vollmachtserklärung bzw. deren Nachweis zu stellen sind, stellt die Einladung, die die unklare Gesetzeslage nicht wiedergibt bzw. nicht auf sie verweist, sondern sich am Grundsatz des § 134 Abs. 3 AktG ausrichtet, keinen vorwerfbaren Mangel dar, der die Anfechtbarkeit begründen könnte. Der Hinweis in § 135 Abs. 2 Satz 3 und 4 AktG wird in der Literatur auch so interpretiert, dass die Vorschrift des § 134 Abs. 3 Satz 2 AktG weiterhin maßgeblich bleiben soll. Es wird darauf verwiesen, dass es inkongruent wäre, wenn die Schriftform nicht die Regel bliebe, nachdem die bisherige Linie des Gesetzgebers darin bestand, die Anforderungen für Kreditinstitutsvollmachten höher anzusetzen als für sonstige Vollmachten, vor allem mit Hinblick auf Weisungen der Aktionäre (vgl. Zätzsch/Gröning NZG 2000, 393, 399). Da somit der Gesetzestext nicht eindeutig und folglich auslegungsbedürftig ist, wobei sich die Formerleichterung letztlich erst aus der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 14/4051, S. 15) ergibt, erachtet es die Kammer als nicht sachgerecht, in diesen Fällen bei der gegebenen Unsicherheit die Rechtsfolge der Anfechtbarkeit anzunehmen, nachdem die Mitteilungen zur Erteilung von Stimmrechtsvollmachten in der Einladung zur Hauptversammlung ohnehin nicht obligatorisch sind (vgl. LG Dresden der Konzern 2007, 461, 462 - SAP-Systems; LG München I, Urteil vom 28.8.2008, Az. 5 HK O 12871/06, S. 106). Zudem erfährt der Aktionär selbst bei Wiedergabe der gesetzlichen Regelung nicht, wie und in welcher Form den gesetzlichen Anforderungen an die Vollmacht bzw. deren Nachweis entsprochen werden kann. Ebenso muss die Wertung des Gesetzes aus § 135 Abs. 6 AktG berücksichtigt werden, dass die Wirksamkeit der Stimmabgabe in der Hauptversammlung nicht dadurch beeinträchtigt wird, wenn die Bevollmächtigung nicht den formalen Anforderungen aus § 135 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 3 und 5 AktG entspricht. Ein gefasster Beschluss ist dann in diesem Fall aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 135 Abs. 6 AktG nicht anfechtbar (vgl. Schröer in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., Rdn. 142 zu § 135). Dies erhellt, dass der Gesetzgeber Verstöße im Zusammenhang mit der Erteilung von Stimmrechtsvollmachten als nicht so gravierend einstuft, als dass darauf eine Anfechtungsklage gestützt werden könnte.
Vor dem Hintergrund dieser Wertungen und der fehlenden Eindeutigkeit der gesetzlichen Regelung muss die Vorschrift des § 135 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 AktG als bloße Ordnungsvorschrift angesehen werden, weshalb eine Pflicht zum Hinweis auf die in § 135 Abs. 2 AktG normierte Vollmachtsform, die bei ihrem Unterlassen zur Anfechtbarkeit führen würde, nicht bejaht werden kann (vgl. OLG München AG 2008, 746, 748 = ZIP 2008, 2117, 2119 f. = BB 2008, 2366, 2368 f. mit zust. Anm. Wilken/Felke - HVB/UniCredit; LG München I, Urteil vom 28.8.2008, Az. 5 HK O 10153/08, S. 14 f. - n.v.).
Nach alledem ist auch nicht erkennbar, inwieweit der behauptete Verstoß gegen § 135 Abs. 2 AktG Relevanz für das Mitgliedschafts- bzw. Mitwirkungsrecht des Aktionärs im Sinne eines dem Beschluss anhaftenden Legitimationsdefizits zukommt.
Die Ausführungen in der Einladung zur Bevollmächtigung eines von der Beklagten benannten Stimmrechtsvertreters führen ebenfalls nicht zur Anfechtbarkeit; eine Verletzung von § 134 Abs. 3 Satz 3 AktG ist nicht erkennbar. Nach dieser Vorschrift ist im Falle der Bevollmächtigung eines von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreters die Vollmachtserklärung von der Gesellschaft drei Jahre nachprüfbar festzuhalten. Die Anforderungen in der Einladung über die schriftlich, faxschriftlich oder elektronisch zu erteilenden Vollmachten beziehen sich ausschließlich auf diejenigen Stimmrechtsvertreter, die von der Gesellschaft benannt sind. Daran kann nach der Einberufung kein Zweifel bestehen, weil diese Formulierung ausschließlich unter der zudem fettgedruckten Überschrift „Stimmrechtsvertretung" in der Einberufung erscheint. Die Angaben über denkbare Formen der Vollmachtserteilung an Stimmrechtsvertreter entsprechen auch nach dem Vortrag der Klägerin zu 3) den Vorgaben der Satzung der Beklagten. Selbst wenn eine „faxschriftlich" erfolgende Übermittlung nicht der Textform entsprechen wird, so kann dies zweifelsohne als von der Gesellschaft näher bestimmter elektronischer Weg ausgelegt werden, wie dies in der Satzung als zulässig bezeichnet wird.
Soweit darüber hinaus von der Klägerin zu 1) hinsichtlich des zu Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschlusses materiell-rechtliche Mängel des Beschlussinhalts gerügt werden, vermag dies der Anfechtungsklage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Regelungen in Ziffern 6.5 und 6.6 des Beschlusses über die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien mit der Höhe der Gegenleistung verstoßen nicht gegen das Gesetz.
Der Beschluss musste keine sich am Börsenwert orientierende Untergrenze festlegen. Die Gegenleistung ist für den Fall der Verwendung als (Teil-)Gegenleistung im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen oder zum Erwerb von Unternehmen, Beteiligungen an Unternehmen oder Unternehmensteilen ebenso wie für den Fall der Veräußerung der Aktien hinreichend bestimmt. Der Beschluss legt entsprechend den Vorgaben aus § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG fest, dass bei der Veräußerung der Verkaufspreis den Börsenkurs nicht wesentlich unterschreiten darf. Der Umstand, dass der Begriff „wesentlich" nicht weiter präzisiert wird und namentlich kein fester Prozentsatz als Grenze genannt ist, macht den Beschluss nicht fehlerhaft. Die gesetzliche Regelung verlangt - anders als beim Erwerb eigener Aktien auf der Basis des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG - keine Festlegung des Mindestpreises, wenn erworbene eigene Aktien unter Ausschluss des Bezugsrechts veräußert werden sollen. Die Auslegung des Begriffs „wesentlich" obliegt dem Vorstand, dessen Aufgabe es aufgrund seiner Geschäftsführungskompetenz ist, im Zeitpunkt der Veräußerung zu entscheiden, welche Abweichung vom Börsenpreis angesichts der Marktlage, der Interessen der Gesellschaft, der vorhandenen Aktionäre und der Realisierung der im Beschluss vorgesehenen Zwecke wesentlich ist (vgl. OLG Hamburg AG 2005, 355, 359; auch Cahn in: Spindler/Stilz, AktG, Rdn. 138 zu § 71). Dem kann die Klägerin einen Vergleich mit den Vorschriften insbesondere über die Pfandverwertung in §§ 1221, 1273 Abs. 2 BGB nicht entgegenhalten. Zum einen ist es entsprechend den bindenden Vorgaben des Hauptversammlungsbeschlusses Aufgabe des Vorstandes, mit Zustimmung des Aufsichtsrates festzulegen, wann die Aktien veräußert werden dürfen und ob der Börsenpreis durch den Verkaufspreis nicht unwesentlich unterschritten wird. Der Angabe eines festen Betrages bedarf es nach der zitierten Rechtsprechung nicht, weil die gesetzliche Regelung entsprechend des anwendbaren § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG keine Festlegung eines Mindestpreises verlangt. Dies zeigt bereits, dass das Aktienrecht für diese Situation eine abschließende Regelung beinhaltet. Zum anderen ist die Situation bei der Veräußerung zuvor erworbener eigener Aktien nicht mit der Pfandverwertung oder der Hinterlegung vergleichbar. Auch hier ist darauf hinzuweisen, dass das Aktienrecht ein in sich geschlossenes Regelungssystem kennt, das einen Rückgriff auf Wertungen des BGB über das Pfandrecht angesichts der Spezialität der Vorschriften in §§ 71 Abs. 1 Nr. 8, 186 Abs. 3 Satz 4 AktG nicht zulässt. Auch ist bei der Veräußerung der zuvor erworbenen eigenen Aktien unter Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktionäre eine Vergleichbarkeit der Situation mit der bei der Verwertung gem. §§ 1221, 1273 BGB nicht zu bejahen. Bei einer freihändigen Veräußerung des Pfandgegenstandes bleibt die Veräußerung nach zutreffender Ansicht wegen der sonst auftretenden Rechtsunsicherheiten wirksam, auch wenn sie über dem durchschnittlichen Börsenpreis erfolgt; jedenfalls bleibt ein gutgläubiger Erwerb nach § 1244 BGB möglich (vgl. Damrau in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl., Rdn. 1 zu § 1221; Soergel-Habersack, BGB, 13. Aufl., Rdn. 2 zu § 1221; Wiegand in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2002, Rdn. 4 zu § 1221). Die freihändige Veräußerung führt somit zu einem vollständigen Rechtsverlust. Hiervon unterscheidet sich die Veräußerung zuvor erworbener eigener Aktien an Dritte im Hinblick auf die Situation der Altaktionäre grundlegend - in dieser Situation kommt es beim Altaktionär gerade nicht zu einem vollständigen Verlust seiner bisherigen Rechtsposition, sondern lediglich zu einer Verwässerung seines Aktienanteils, die aber ihre Grundlagen in einem bestandskräftigen Beschluss der Hauptversammlung hat.
Der Inhalt des Vorstandsberichts zum Bezugsrechtsausschluss, der auf der Basis von §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 2. Hs., 186 Abs. 3 Satz 4 AktG in die Einberufung aufgenommen wurde, entspricht den gesetzlichen Anforderungen an einen solchen Bericht. Nachdem der Ermächtigungsbeschluss zulässigerweise keine Vorgaben hinsichtlich des Veräußerungspreises machte, musste der Vorstand in seinem Bericht auch nicht zum Ausgabebetrag Stellung nehmen (vgl. Groß in: Happ, Aktienrecht, 3. Aufl., Kap. 13.01 Rdn. 22; zu einem vergleichbaren Problem ebenso Lutter in: Kölner Kommentar zum AktG, 2. Aufl., Rdn. 40 zu § 203). Abgesehen davon erläutert der Vorstandsbericht Maßstäbe, die bei der Ermittlung des Verkaufspreises berücksichtigt werden, ebenso wie die Notwendigkeit des Bezugsrechtsausschlusses, indem darauf hingewiesen wurde, dass der Vorstand den Börsenkurs berücksichtigen werde, ohne dass dabei aber eine schematische Anknüpfung an den Börsenkurs vorgesehen sei, damit einmal erzielte Verhandlungsergebnisse durch Schwankungen des Kurses nicht wieder in Frage gestellt werden.
II.
Die hilfsweise auf Feststellung der Nichtigkeit gerichteten Klagen sind zulässig, jedoch nicht begründet, weil ein Nichtigkeitsgrund nicht angenommen werden kann.
Ein Beschluss ist nach dieser Vorschrift dann nichtig, wenn er in einer Hauptversammlung gefasst worden ist, die unter Verstoß gegen § 121 Abs. 2 und 3 oder 4 AktG einberufen war.
Aufgrund von § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG muss die in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachende Einberufung unter anderem die Bedingungen angeben, von denen die Ausübung des Stimmrechts abhängen. Allerdings muss zunächst davon ausgegangen werden, dass Fehler bei der Bekanntmachung gemäß §§ 121 Abs. 3 Satz 2, 123 Abs. 3 AktG zur Nichtigkeit und nicht lediglich zur Anfechtbarkeit des gefassten Beschlusses führen, weil der Wortlaut des Gesetzes insoweit eindeutig ist und auch die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion wegen eines im Vergleich zum Normzweck zu weit gefassten Wortlauts nicht gegeben sind (vgl. nur LG München I WM 2007, 975, 976; Heidel in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., Rdn. 6 zu § 241; Hüffer, AktG, 8. Aufl., Rdn. 11 zu § 121).
b. Vorliegend lässt sich ein Verstoß gegen § 241 Nr. 1 AktG nicht bejahen. Mängel über Ausführungen zu den Voraussetzungen einer wirksamen Stimmrechtsvollmacht ziehen nicht die Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses nach sich. Die insoweit vertretene gegenteilige Auffassung, § 121 Abs. 3 AktG erfasse alle Modalitäten, die die Art und Weise oder die Form der Stimmrechtsausübung betreffen einschließlich der Fragen der Vollmacht (vgl. OLG Frankfurt ZIP 2008, 1722, 1723 - Leica; LG Frankfurt am Main ZIP 2008, 1723, 1725 f. - Leica), teilt die Kammer nicht. Regelungen über die Stimmrechtsausübung durch einen Vertreter gehören nicht zu den von §§ 121, 123 AktG umfassten Sachverhalten, die aufgrund von § 241 Nr. 1 AktG zur Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen führen. Bei den Angaben zur Stimmrechtsausübung durch einen Vertreter handelt es sich nicht um eine Teilnahmebedingung im Sinne des § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG. Bedingungen, von denen die Ausübung des Stimmrechts abhängen, sind lediglich Bestimmungen der Satzung zur Anmeldung und zur Legitimation der Aktionäre nach § 123 Abs.2 und Abs. 3 AktG. Bestimmungen über die Form der Stimmrechtsvollmacht betreffen nicht die Bedingungen für die Teilnahme und die Ausübung des Stimmrechts, sondern die Frage, unter welchen Voraussetzungen sich ein bereits zur Teilnahme und zur Ausübung des Stimmrechts berechtigter Aktionär durch einen Dritten bei der Wahrnehmung dieser Rechte auf der Hauptversammlung vertreten lassen kann. Dieses Ergebnis wird auch durch § 125 Abs. 1 Satz 2 AktG gestützt, der verlangt, dass in der Mitteilung nach § 125 AktG auf die Möglichkeit der Ausübung des Stimmrechts durch einen Bevollmächtigten hinzuweisen ist - wäre das gegenteilige Verständnis von § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG zutreffend, wäre die Vorschrift des § 125 AktG zumindest in Teilen überflüssig. Gegen die Annahme einer Nichtigkeit spricht auch die Gesetzessystematik, nachdem die Regelungen zur Vollmacht nach §§ 134 f. AktG systematisch in einem anderen Unterabschnitt des Aktiengesetzes enthalten sind als die Regelungen zur Einberufung der Hauptversammlung (vgl. OLG München, AG 2008, 746, 747 f. = ZIP 2008, 2117, 2119 f. = BB 2008, 2366, 2368 mit zust. Anm. Wilken/Felke - HVB/UniCredit; LG München I, Urteil vom 28.8.2008, Az. 5 HKO 10153/08, S. 16 - n.v.; Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 10 zu § 121; Pluta in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, a.a.O., Rdn. 20 zu § 121; Wagner ZIP 2008, 1726, 1727 f.; Stohlmeier/Mock BB 2008, 2143 f.; Willburger DStR 2008, 1889 f.).
2. Die Nichtigkeit lässt sich ebenso wenig aus § 241 Nr. 3 AktG ableiten, weil die Regelungen über den Erwerb eigener Aktien aus den oben unter I. 3. angeführten Gründen mit dem Aktienrecht in Einklang stehen und daher eine Nichtigkeit nicht in Betracht kommen kann.
III.
Soweit die Klägerin zu 1) äußerst hilfsweise Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses zu Tagesordnungspunkt 6 erhoben hat, ist diese Klage als allgemeine Feststellungsklage im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, jedoch nicht begründet. Ein Unwirksamkeitsgrund ist seitens der Klägerin zu 1) weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
IV.
Die Entscheidung über die Kosten hat ihre Grundlage in §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 2, 100 Abs. 1 ZPO. Da es sich bei der Nebenintervenientin, die dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten ist, um eine streitgenössische Nebenintervenientin handelt, findet § 101 Abs. 2 ZPO Anwendung. Der dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetretenen Nebenintervenientin steht ein Kostenerstattungsanspruch zu, weil die Klagen keinen Erfolg hatten.
Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit haben ihre Grundlage in § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO, soweit das Urteil gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; im Übrigen finden §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO Anwendung.
V.
Der Streitwert war entsprechend § 247 Abs. 1 AktG bezüglich der einzelnen angegriffenen Tagesordnungspunkte der Hauptversammlung festzusetzen. Dabei waren aufgrund von § 5 ZPO die Streitwerte der einzelnen Streitgegenstände zu addieren. Angesichts der Bedeutung der gefassten Beschlüsse für die Kläger einerseits und die Beklagte andererseits erachtet die Kammer unter Berücksichtigung gerade auch der Größe der Beklagten folgende Werte für angemessen:
Tagesordnungspunkte 2 und 7: je € 100.000,--,
Tagesordnungspunkte 3, 4, 5, 8 und 9: je € 25.000,--,
Tagesordnungspunkt 6: € 50.000,--.
Die Abweisung der hilfsweise erhobenen Klagen kann sich nicht streitwerterhöhend auswirken, weil sie denselben Streitgegenstand betreffen wie die entsprechenden Anfechtungsklagen (vgl. BGHZ 152, 1, 4) und daher § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG eingreift.