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Wirtschaftsrecht
21.03.2024
Wirtschaftsrecht
OLG München: Zur Rechtsmissbräuchlichkeit der Berufung auf Legitimationswirkung

OLG München, Beschluss vom 24.1.2024 – 23 U 9287/21

(nicht rechtskräftig, NZB beim BGH unter II ZR 21/24 anhängig)

Volltext: BB-Online BBL2024-706-6

unter www.betriebs-berater.de

 

Amtliche Leitsätze

Die formelle Legitimationswirkung des § 16 Abs.1 Satz 1 GmbHG steht nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung (vgl. etwa BGH NZG 2019, 269 Rn. 42 ff, 73 [BB 2019, 779]; NZG 2019, 979 Rn. 42 [BB 2019, 1794, Ls.]; NZG 2021, 831 Rn. 45 [BB 2021, 844]) unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben. Rechtsmissbräuchlich kann die Berufung auf die Legitimationswirkung im Rahmen der Verteidigung gegen eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage eines zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils eingetragenen Gesellschafters einer GmbH sein, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer einen evidentermaßen noch nicht wirksamen Beschluss über die Ausschließung des Klägers herbeigeführt hatte und sodann die Eintragung der fehlerhaften Liste in das Handelsregister aus eigennützigen Motiven und in Kenntnis von deren Fehlerhaftigkeit selbst veranlasst hat und/oder wenn vor der Beschlussfassung die Rechtswidrigkeit der Ausschließung durch ein rechtskräftiges (Anerkenntnis-)Urteil im Verhältnis zwischen den Parteien festgestellt worden ist.

 

Sachverhalt

I.

Der Kläger wendet sich mit der Nichtigkeitsklage gegen einen Gesellschafterbeschluss zur Liquidation der Beklagten. Hinsichtlich der Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 16.12.2021, mit dem das Landgericht der Klage vollumfänglich stattgegeben hat, Bezug genommen.

Nach dem unstreitigen zweitinstanzlichen Vortrag fanden am 30.12.2016 nicht eine, sondern zwei Gesellschafterversammlungen statt.

In der ersten Versammlung (offenbar ab 10 Uhr) wurde unter TOP 5 ein Ausschließungsbeschluss getroffen, der als Grundlage einer Ausschließungsklage dienen sollte (Anlage CK 7, S. 21/22). Gegen diesen Beschluss hat der Kläger Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage erhoben, die insoweit mit Endurteil des LG München I vom 20.08.2020 – 8 HK O 1538/17 (Anlage N4) abgewiesen wurde. Die Ausschließungsklage wird beim LG München I unter dem Az. 15 HK O 214/17 geführt; eine Entscheidung wurde bislang nicht mitgeteilt.

In der zweiten Versammlung wurde unter TOP 6 Nr. 1 einstimmig – der Kläger gab keine Stimme ab – beschlossen: „M. [der Kläger] wird als Gesellschafter aus der Gesellschaft aus wichtigem Grund ausgeschlossen. Der Geschäftsanteil von M. wird auf die Erbengemeinschaft D. übertragen. Die Geschäftsführung wird beauftragt, alle geeigneten Maßnahmen einzureichen, insbesondere die Höhe des Abfindungsanspruches zu berechnen.“ (Anlage BK4, S. 18). Aufgrund dieser Beschlussfassung wurde die Geschäftsführung der Berufungsklägerin angewiesen, am selben Tag gem. § 40 Abs. 1 GmbHG beim zuständigen Handelsregister eine neue Gesellschafterliste zu hinterlegen. Dies geschah (Anlage BK 8). Diesen Beschluss hat das Landgericht München I mit Anerkenntnisurteil vom 23.04.2018 – 8 HK O 1539/17 (Anlage CK6) für nichtig erklärt.

Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren:

Das am 16. Dezember 2021 verkündete Urteil des Landgericht München I, Az. 12 HKO 3519/20 wird abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 06.11.2023 (Bl. 245/253 d. A.) darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Hierzu haben die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.01.2024 (im Folgenden: „GE Bekl“, Bl. 285/300 d. A.) und ihr Streithelfer mit Schriftsatz vom 10.01.2024 (im Folgenden „GE NI“, Bl. 258/284 d. A.) Gegenerklärungen abgegeben.

Aus den Gründen

II.

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 16.12.2021 (Az. 12 HK O 3519/20) ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

 

1. Das Landgericht hat der Klage zu Recht im Hauptantrag stattgegeben. Die dagegen vorgebrachten Rügen der Berufung greifen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in den Gegenerklärungen nicht durch.

 

1.1. Die erhobene Nichtigkeitsklage ist analog § 249 AktG statthaft und auch sonst zulässig.

 

1.1.1. Der Entscheidung ist zugrunde zu legen, dass der Kläger weiterhin Gesellschafter ist.

 

1.1.1.1. Der Ausschließungsbeschluss aus der ersten Versammlung vom 30.12.2016 führte nicht selbst die Ausschließung herbei. Der weitere Beschluss aus der zweiten Versammlung vom 30.12.2016 unter TOP 6 Nr. 1 wurde mit Anerkenntnisurteil vom 23.04.2018 für nichtig erklärt. Jedenfalls vor Rechtskraft eines Ausschließungsurteils im Verfahren des LG München I Az. 15 HK O 214/17 ist der Kläger materiell Gesellschafter der Beklagten (vgl. BGH NJW 2023, 3164). Es steht damit fest, dass der Kläger Gesellschafter bei Beschlussfassung über die Liquidation am 23.12.2019 sowie bei Klageerhebung war. Die Begründetheit der Ausschließungsklage ist nicht entscheidungserheblich; der Aussetzungsantrag des Nebenintervenienten (Schriftsatz vom 30.06.2020, S. 5, Bl. 27 d. A.) geht damit fehl.

 

1.1.1.2. Die negative Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zulasten des nicht mehr in die Gesellschafterliste eingetragenen Klägers steht dem nicht entgegen.

 

1.1.1.2.1. Zwar kann der Gesellschafter ab dem Zeitpunkt der Aufnahme einer ihn nicht mehr aufführenden Gesellschafterliste zum Handelsregister seine mitgliedschaftlichen Rechte grundsätzlich nicht länger ausüben. Die Anfechtungsbefugnis ist ein aus der Mitgliedschaft unmittelbar folgendes Verwaltungsrecht. Die negative Legitimationswirkung erfasst daher auch die Anfechtungsbefugnis (vgl. BGH NZG 2019, 979 Rn. 41 m. w. N.; NZG 2021, 831 Rn. 42 ff.).

 

Die formelle Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG steht allerdings nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung (vgl. etwa BGH NZG 2019, 269 Rn. 42 ff, 73; NZG 2019, 979 Rn. 42; NZG 2021, 831 Rn. 45) unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben. Welche Anforderungen sich im konkreten Fall aus Treu und Glauben ergeben, lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist insbesondere anerkannt, dass eine unzulässige Rechtsausübung dann vorliegen kann, wenn sich ein Berechtigter auf eine formale Rechtsposition beruft, die er durch ein gesetz-, sitten- oder vertragswidriges Verhalten erlangt hat.

 

Danach kann sich die Gesellschaft auf die Legitimationswirkung einer Gesellschafterliste unter anderem dann nicht berufen, wenn sie selbst durch unredliches Verhalten die Aufnahme der Gesellschafterliste im Handelsregister herbeigeführt hat. Nicht gehört werden kann die Beklagte mit der Argumentation, die vorgenannte Rechtsprechung zur Einschränkung der negativen Legitimationswirkung gelte allenfalls zur Beurteilung der Anfechtungsbefugnis. Denn § 242 BGB hat einen umfassenden Geltungsanspruch. Für eine Differenzierung zwischen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage, die dasselbe Rechtsschutzziel und den nämlichen Streitgegenstand haben, gibt es insofern keine Grundlage.

 

Der BGH hat entschieden, dass ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Gesellschaft hinsichtlich einer Gesellschafterliste vorliegt, wenn es ihr durch eine gerichtliche Verfügung untersagt war, nach einem Einziehungsbeschluss eine neue Gesellschafterliste einzureichen, in der der betroffene Gesellschafter nicht mehr als Gesellschafter eingetragen ist, und sie dennoch eine geänderte Liste einreichen lässt oder eine dem gerichtlichen Verbot zuwider aufgenommene Liste nicht korrigiert (BGH NZG 2019, 979 Rn. 42).

 

Auch hat der BGH das Verhalten eines Mitgesellschafters als sittenwidrig eingestuft, der einen Beschluss zu einem Zeitpunkt fasste, zu dem der nur vermeintlich ausgeschiedene Gesellschafter bereits zu seinen Gunsten die Zuordnung eines Widerspruchs gegen die Gesellschafterliste erwirkt hatte, nachdem der Mitgesellschafter im Rahmen von Vergleichsverhandlungen das Vertrauen erweckt hatte, er werde sich über die unmittelbaren Rechtswirkungen des Widerspruchs nach § 16 Abs. 3 Satz 3 GmbHG hinaus an die im Verfügungsverfahren zur Eintragung des Widerspruchs zugrunde gelegte Rechtsauffassung halten (BGH NJW 2023, 1220 Rn. 24; insoweit in Abweichung zu früheren OLG-Entscheidungen, wonach die Wirkung eines Widerspruchs gem. § 16 Abs. 3 Satz 3 GmbHG grundsätzlich auf das Verhältnis zu außenstehenden Dritten beschränkt sei).

 

Schließlich hat der BGH am 08.11.2022 entschieden, dass ein Gesellschafter einer GmbH, der seine Stellung als Geschäftsführer dadurch missbraucht, dass er eine materiell unrichtige Gesellschafterliste zum Handelsregister einreicht, um damit eigennützige Interessen durchzusetzen, seine gesellschafterliche Treuepflicht gegenüber dem von der Unrichtigkeit nachteilig betroffenen Gesellschafter verletzt (BGH NZG 2023, 784).

 

1.1.1.2.2. Bei Anwendung dieser Maßstäbe sieht der Senat im vorliegenden Einzelfall die Voraussetzungen für rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten unter zwei Gesichtspunkten für gegeben an, sodass die Berufung der Beklagten auf die formale Rechtsposition des § 16 Abs. 1 GmbH treuwidrig und damit gem. § 242 BGB unbeachtlich ist. Dabei tragen die nachfolgenden Gesichtspunkte (unter Nr. 1.1.1.2.2.1 und Nr. 1.1.1.2.2.2) jeder für sich und auch in Gesamtschau den Treuwidrigkeitsvorwurf.

 

1.1.1.2.2.1. Der Vorwurf gründet zum einen darauf, dass der Nebenintervenient am 30.12.2016 die klar ersichtlich noch nicht wirksame Beschlusslage zur Ausschließung des Klägers selbst herbeigeführt und in Ausführung sodann als Geschäftsführer die Eintragung der fehlerhaften Liste in das Handelsregister veranlasst hat.

 

1.1.1.2.2.1.1. Dabei hat sich die Beklagte das Handeln ihres Geschäftsführers, der zugleich als Testamentsvollstrecker die einzige Mitgesellschafterin vertritt, zurechnen zu lassen. Das sittenwidrige Handeln des Nebenintervenienten schlägt auf die Gesellschaft durch. Der Nebenintervenient handelte, auch wenn er nicht in persona, sondern als Teil einer Gesamthand Gesellschafter war, wie ein Gesellschaftergeschäftsführer, nachdem er Testamentsvollstrecker und Miterbe der Erbengemeinschaft nach D. ist. Wenn die Beklagte darauf hinweist, dass neben dem Nebenintervenienten ein Fremdgeschäftsführer bestellt war (GE Bekl S. 8, Bl. 292 d. A.), ändert das nichts, zumal die Gesellschafterliste durch den Nebenintervenienten selbst gezeichnet wurde (Anlage BK 8).

 

1.1.1.2.2.1.2. Der Beschluss unter TOP 5 in der ersten Gesellschafterversammlung hatte lediglich die Funktion, eine Ausschließungsklage vorzubereiten, beinhaltete aber nicht selbst eine Ausschließung.

 

Dem Beschluss unter TOP 6 Nr. 1 in der zweiten Gesellschafterversammlung fehlte in Ermangelung jeglicher Satzungsbestimmung evident jede Rechtsgrundlage. Es ist zwar anerkannt, dass in der Satzung auch vorgesehen werden kann, dass das übliche zweistufige Ausschließungsverfahren durch einen sofort wirksamen Ausschließungsbeschluss ersetzt wird (MüKoGmbHG/Strohn, 4. Aufl. 2022, § 34 Rn. 180). Wenn eine solche Satzungsregelung wie vorliegend fehlt, kann eine Ausschließung jedoch nur durch ein gestaltendes Urteil aufgrund der Erhebung einer Ausschließungsklage, nicht durch Gesellschafterbeschluss geschehen (BGH NJW 1999, 3779 m. w. N.); in diesem Fall tritt anerkanntermaßen die Ausschließungswirkung frühestens mit Rechtskraft des Ausschließungsurteils ein (siehe oben Nr. 1.1.1.1; siehe auch Henssler/Strohn/Th. Fleischer, GesR, 5. Aufl. 2021, § 34 GmbHG Rn. 29). Daher kann der Gedanke der Umdeutung (GE NI S. 5, Bl. 262 d. A.) keinesfalls zu einer sofortigen Wirksamkeit der Ausschließung führen.

 

Darauf, ob Pflichtwidrigkeiten des Klägers vorlagen, die einen wichtigen Grund für die Ausschließung bildeten (GE Bekl S. 4/5 u. 8/13, Bl. 288/289, 292/297 d. A.; GE NI S. 7 ff., Bl. 264 ff. d. A.), kommt es folglich im vorliegenden Verfahren nicht an. Diese Fragen sind im Ausschließungsverfahren zu prüfen. Aus den behaupteten vorangegangenen Pflichtverletzungen lassen sich vor diesem Hintergrund auch keine Einwendungen gegen die Berufung des Klägers auf Treuwidrigkeit gewinnen.

 

Nicht durchdringen kann die Beklagte, soweit sie dafürhält, dass der Beschluss in der Gesellschafterversammlung vom 30.12.2016 unter TOP 6 Nr. 1 zur sofortigen Ausschließung des Klägers in dem Anerkenntnisurteil vom 24.04.2018 entsprechend dem Antrag des Beklagten nur ex nunc und nicht ex tunc für nichtig erklärt worden sei und daher die am 30.12.2016 eingereichte Gesellschafterliste die Beschlusslage bei Einreichung und bis zum 24.04.2018 richtig abgebildet habe (GE Bekl S. 2, Bl. 286 d. A.). Es trifft bereits nicht zu, dass das Anerkenntnisurteil Wirkung erst ab dem 24.04.2018 entfaltet hätte. Vielmehr wirkt die Nichtigerklärung durch ein rechtskräftiges Urteil analog § 248 AktG nach allgemeiner Meinung zurück, sodass der angefochtene Beschluss von Anfang an nichtig ist (BeckOGK/Vatter, Stand 01.10.2023, § 248 AktG Rn. 8; MüKoAktG/Schäfer, 5. Aufl. 2021, § 248 Rn. 14, je m. w. N.). Dies ergibt sich aus dem Gesetz und muss daher nicht weiter in der Antragsformulierung und in der Urteilsformel zum Ausdruck kommen. Sollte der Kläger abweichend beabsichtigt haben, dass das Urteil nur ex nunc wirkt, so ist dies also im Urteil, das schon aufgrund seiner inter-omnes-Wirkung aus sich heraus auszulegen ist, nicht zum Ausdruck gekommen.

 

1.1.1.2.2.1.3. Der Senat ist auf Grundlage des bisherigen Tatsachenvortrags davon überzeugt im Sinne des § 286 ZPO, dass der Nebenintervenient – Geschäftsführer einer GmbH – bei Einreichung der falschen Gesellschafterliste in dem Bewusstsein handelte, dass eine sofortige Ausschließung des Klägers nicht erfolgt ist und die Liste damit fehlerhaft war. Die Einreichung der neuen Gesellschafterliste zum Handelsregister erfolgte in dem Bewusstsein, dass sie keine Rechtfertigung hatte. Dabei handelte der Nebenintervenient erkennbar eigennützig, indem er eine evident unrichtige formale Rechtsposition zu seinen eigenen Gunsten (als Mitglied der Erbengemeinschaft) schuf. Gleichzeitig war die fehlerhafte Gesellschafterliste mit erheblichen formalen rechtlichen Nachteilen für den Kläger verbunden. Für den Senat ist keine Motivationslage erkennbar, die nicht zur Beurteilung des Handelns des Nebenintervenienten als in besonderem Maße verwerflich und damit sittenwidrig führen würde. Selbst wenn sich der Nebenintervenient – wovon der Senat ausdrücklich nicht ausgeht – dieser offenkundigen und unzweideutigen Erkenntnis verschlossen hätte, wäre gleichwohl der Vorwurf der Treuwidrigkeit gerechtfertigt.

 

1.1.1.2.2.1.4. Wenn die Beklagte und der Nebenintervenient nunmehr geltend machen, dass die Erstreckung der Rechtsfolgen eines Widerspruchs nach § 16 Abs. 3 Satz 3 GmbHG auf das Verhältnis unter den Gesellschaftern und zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft erst nachfolgend (2022) durch den BGH entschieden wurde und dass diese Rechtsfrage zuvor durch Oberlandesgerichte anders gesehen wurde, so ergibt sich hieraus kein Gegenargument gegen die Bewertung seines Handelns als rechtsmissbräuchlich. Im Zeitpunkt der Einreichung der Gesellschafterliste mag der Nebenintervenient womöglich aufgrund der früheren OLG-Rechtsprechung gemeint haben, mit seinem treuwidrigen Verhalten „durchzukommen“, weil die negative Legitimationswirkung des § 16 Abs. 3 Satz 3 GmbHG u. U. gleichwohl greifen könnte. Falls der Nebenintervenient das geglaubt haben sollte, betrifft eine solche Fehlvorstellung allerdings nur die Rechtsfolgen seines Verhaltens und stellt gerade nicht in Frage, dass die Einreichung der Gesellschafterliste in dem Bewusstsein geschah, dass sie keine Rechtfertigung hatte. Ohnehin genügt es, wenn der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt; ein Bewusstsein der Sittenwidrigkeit selbst ist nicht erforderlich (BeckOK BGB/Wendtland, 68. Ed. 01.11.2023, § 138 Rn. 23 m. w. N.).

 

1.1.1.2.2.1.5. Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang auch der Vortrag des Streithelfers, wonach er in den beiden Gesellschafterversammlungen am 30.12.2016 nicht selbst an der Abstimmung teilgenommen habe, auf die Versammlung keinen Einfluss genommen habe und die Erbengemeinschaft durch K. vertreten worden sei (GE NI S. 2 u. 4, Bl. 259 u. 261 d. A.). Dieser erstmals in der Gegenerklärung geführte Vortrag ist bereits wegen Verspätung nicht zuzulassen; es werden keine Gründe für seine ausnahmsweise Zulassung benannt. Überdies wäre der Vortrag auch nicht schlüssig, denn ausweislich der Versammlungsprotokolle war der Streithelfer als Testamentsvollstrecker des Nachlasses nach D. in beiden Versammlungen anwesend (Anlagen CK7, S. 1, 3; BK4 S. 1, 3) und stellte jeweils den Beschlussantrag selbst (Anlagen CK7, S. 21; BK4 S. 18). Dass die Gesellschafterin just bei den namentlichen Abstimmungen durch jemand anderen vertreten worden wäre, was eine Vollmachterteilung durch den Streithelfer als Testamentsvollstrecker erfordern würde, geht auch nicht im Ansatz aus den Protokollen hervor. Selbst wenn der Vortrag, dass die Mitgliedschaftsrechte bei den beiden Abstimmungen tatsächlich nicht durch den Nebenintervenienten, sondern durch K. wahrgenommen worden sein sollten, verbleibt es dabei, dass der Streithelfer ausweislich der Protokolle jeweils unmittelbar vor der Beschlussfassung selbst den Beschlussantrag stellte. Der Senat hat keine Veranlassung, an dem durch die Protokolle, deren Echtheit von keiner Seite in Zweifel gezogen wird, belegten Ablauf zu zweifeln. Es ist damit eben nicht so, dass der Streithelfer bei der Beschlussfassung unbeteiligt war. Sein Handeln bei Einreichung der fehlerhaften Liste erscheint damit selbst bei Zugrundelegung dieses neuen Vortrags nicht in einem günstigeren Licht. Ohnehin würde arbeitsteiliges Handeln auf Seiten der Erbengemeinschaft nicht zu einer Entlastung der Beklagten führen.

 

1.1.1.2.2.1.6. Es war auch nicht so, dass der Streithelfer bei der Einreichung der fehlerhaften Gesellschafterliste lediglich Beschlüsse der Gesellschafter ausgeführt hätte und deshalb nicht sittenwidrig hätte handeln können (GE NI S. 4, Bl. 261 d. A). Denn den Beschlussantrag stellte er als Testamentsvollstrecker für die Erbengemeinschaft, also für die Gesellschafterin (so ausdrücklich BK4 S. 18). Ohnehin geht es im Verfahren um die Zurechnung des Handelns des Streithelfers an die Beklagte; selbst wenn der Streithelfer sich durch Berufung auf einen Beschluss des Gesellschafters entlasten könnte, wäre dies der Beklagten nicht möglich.

 

1.1.1.2.2.1.7. Schließlich führt die späte und unsubstantiierte Behauptung, „so vorzugehen“ entspringe einem von der Erbengemeinschaft gefassten „internen Beschluss“, auf den sich K. habe stützen können und auf dessen Entstehung der Nebenintervenient keinen Einfluss genommen habe (GE NI S. 4, Bl. 261 d. A), zu keiner abweichenden Bewertung. Als Testamentsvollstrecker verwaltete der Nebenintervenient den Nachlass (§ 2205 Satz 1 BGB) und war gerade nicht an Weisungen der Erben gebunden. Im Übrigen kann sich die Beklagte nicht entlastend auf ein arbeitsteiliges Handeln auf Seiten ihrer verbleibenden Gesellschafterin bei der Herbeiführung einer eklatant rechtswidrigen formalen Rechtsposition berufen.

 

1.1.1.2.2.2. Der Vorwurf gründet zum zweiten darauf, dass durch das Anerkenntnisurteil vom 23.04.2018 die Rechtswidrigkeit des Beschlusses in der zweiten Versammlung im Verhältnis zwischen den Parteien rechtskräftig festgestellt wurde. Jedenfalls seitdem handelt die Beklagte rechtsmissbräuchlich, wenn sie sich im Verhältnis zum Kläger auf die negative Legitimationswirkung der von ihrem Gesellschaftergeschäftsführer eingereichten fehlerhaften Gesellschafterliste beruft.

 

Auch insoweit kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, dass maßgebliche BGH-Entscheidungen erst nachher getroffen wurden. Es ist schon nicht ersichtlich, wieso die Beklagtenseite meinte, sie könne sich auf der Basis der früheren Rechtsprechung über eine rechtskräftige Feststellung ohne Weiteres hinwegsetzen. Überdies belegen die BGH-Entscheidungen ebenso wenig wie eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Senats einen Wandel der sittlichen Anschauung, sondern deuten darauf hin, dass das streitgegenständliche Handeln bereits (2016 und) 2019 rechtsmissbräuchlich war. Folgerichtig hat auch der BGH in den von ihm entschiedenen Fällen nicht davon abgesehen, die jeweils zu beurteilenden Handlungen als rechtsmissbräuchlich zu betrachten. Es genügt, wenn der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt; ein Bewusstsein der Sittenwidrigkeit selbst ist nicht erforderlich (BeckOK BGB/Wendtland, 68. Ed. 01.11.2023, § 138 Rn. 23 m. w. N.).

 

Es ist nicht ersichtlich, inwiefern der Hinweis des Nebenintervenienten darauf, dass das LG München I im Verfahren 12 HK O 214/17 am 23.12.2019 noch keine Entscheidung über den Widerklageantrag zur Verurteilung der hiesigen Beklagten zur Korrektur der eingereichten Gesellschafterliste gefasst hatte (GE NI S. 4, Bl. 261 d. A.), zu einer günstigeren Bewertung des Handelns der Beklagten führen sollte, wenn diese die mit Rechtskraft festgestellte Fehlerhaftigkeit der durch ihren Geschäftsführer herbeigeführten formalen Rechtsposition ausnutzt.

 

1.1.1.2.3. Auch die weiteren Einwendungen aus den Gegenerklärungen führen nicht zu einer abweichenden Bewertung. Das gilt namentlich für folgende Rügen:

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1.1.1.2.3.1. Dem Senat ist bewusst, dass anders als im Fall BGH NZG 2019, 979 (siehe aber BGH NJW 2023, 1220), eine gerichtliche Verfügung, in der es untersagt wurde, nach einem Einziehungsbeschluss eine neue Gesellschafterliste einzureichen, in der der betroffene Gesellschafter nicht mehr als Gesellschafter eingetragen ist, vorliegend nicht ergangen ist. Gleichwohl ergibt sich gemäß der vorstehenden Erwägungen (Nr. 1.1.1.2.2) der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs.

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1.1.1.2.3.2. Die Beklagte und der Streithelfer dringen nicht damit durch, dass der Kläger seinerseits Pflichtverletzungen begangen habe. Ob sich hieraus ein Ausschließungsgrund ergibt, ist in Ermangelung einer abweichenden Satzungsbestimmung in einem gerichtlichen Ausschließungsverfahren zu prüfen (oben Nr. 1.1.1.2.2.1.2). Dies durch Einreichung einer fehlerhaften Gesellschafterliste zu vereiteln, ist unabhängig von etwaigen vorangegangenen Pflichtverletzungen des Klägers rechtsmissbräuchlich.

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1.1.1.2.3.3. Es kommt nicht darauf an, ob die Erbengemeinschaft „jeder Zahlung, Auskunft und Erledigung“ an den Kläger zugestimmt hat, ohne bis heute selbst Zahlungen erhalten zu haben (GE Bekl S. 5, Bl. 289 d. A.).

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1.1.1.3. Die Frage, ob ein formal ausgeschiedener Kläger im Rahmen einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage gegen einen Liquidationsbeschluss ebenso wie bei einer Klage gegen eine Einziehung seines Geschäftsanteils oder seinen Ausschluss zur effektiven Verwirklichung seines Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes generell als aktivlegitimiert zu behandeln ist (hiergegen wendet sich die Beklagte nochmals in der Gegenerklärung vom 16.01.2024), kann offen bleiben.

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1.1.2. Angesichts seiner fortbestehenden Gesellschafterstellung fehlt dem Kläger nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der Darlegung eines besonderen Feststellungsinteresses bedarf es bei der Nichtigkeitsklage im Gegensatz zur allgemeinen Feststellungsklage durch Dritte nicht.

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1.2. Der Liquidationsbeschluss vom 23.12.2019 ist in entsprechender Anwendung von § 241 Nr. 1 AktG in Verbindung mit § 121 Abs. 4 AktG nichtig, weil der Kläger nach dem Vorstehenden Gesellschafter war und gleichwohl zu der beschlussfassenden Gesellschafterversammlung nicht geladen war (BGH NJW-RR 2006, 831 [832] m. w. N.; siehe auch MüKoGmbHG, GmbHG Anh. § 47 Rn. 42 f.).

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Soweit die Beklagte und der Streithelfer in den Gegenerklärungen vortragen, der Kläger sei „fortlaufend zu sämtlichen Gesellschafterversammlungen der Beklagten geladen worden“ (GE Bekl S. 7, Bl. 291 d. A.) bzw. werde „bereits seit dem Urteil des LG München I vom Urteil v. 23.04.2018, 8 HK O 1539/17 bis zur Entscheidung über die Ausschlussklage als Gesellschafter behandelt und erhält solange alle Teilnahme- und Informationsrechte“ (GE NI S. 2, Bl. 259 d. A), führt dies nicht zu einer prozessual wirksamen Behauptung, dass der Kläger auch zur Gesellschafterversammlung am 23.12.2019 geladen worden sei. Ein solche konkrete Behauptung ist diesem pauschalen Vortrag nicht zu entnehmen. Bezeichnenderweise wird die Gesellschafterversammlung vom 23.12.2019 in der Gegenerklärung der Beklagten, die eine Vielzahl von Versammlungen konkret auflistet (GE Bekl S. 7, Bl. 291 d. A.), gerade nicht erwähnt. Eine solche Behauptung stünde auch im Widerspruch zum Tatbestand des Ersturteils (LGU, S. 2), der die fehlende Ladung mit der Beweiskraft des § 314 ZPO als unstreitig feststellt. Ein erstmaliges Bestreiten in der Berufungsinstanz wäre verspätet und nicht der Entscheidung des Berufungsgerichts zugrunde zu legen, zumal keine Gründe für die ausnahmsweise Zulassung vorgetragen werden (§ 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

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Frühere eventuelle Meinungsäußerungen des Klägers über eine mögliche Liquidation machten eine Ladung nicht entbehrlich. Die Beschlussfassung wurde auch nicht durch eine gleichwohl erfolgte Anwesenheit des Klägers geheilt.

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1.3. Auf Anfechtungsgründe kommt es mithin nicht an.

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1.4. Die Nichtigkeitsklage erweist sich nicht deswegen als rechtsmissbräuchlich, weil der Kläger zur Zustimmung zu einer Auflösung verpflichtet wäre (dolo agit qui petit quod statim redditurus est). Bei der Stimmrechtsausübung unterliegen die Gesellschafter zwar grundsätzlich der Treuepflicht, die Möglichkeit positiver, d. h. auf Auflösung zielender Stimmpflichten ist in der Literatur jedoch umstritten (ablehnend Hofmann, GmbHR 1975, 217/219). Wegen der in § 61 GmbHG vorgesehenen Auflösungsklage kommt nach der herrschenden Meinung, der auch der Senat folgt (OLG München Endurteil v. 15.01.2015 – 23 U 2469/14, BeckRS 2016, 5420 Rn. 10), eine Pflicht, dem Auflösungsbeschluss aus Gründen der Treuepflicht zuzustimmen, allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht. Voraussetzung ist, dass das Erreichen des Gesellschaftszwecks objektiv unmöglich und eine Ablehnung der Auflösung evident rechtsmissbräuchlich ist (Scheller in: Scholz, GmbHG, 12./13. Aufl. 2021/2022, § 60 GmbHG, Rn. 24; Haas in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, § 60 Rn. 20). Denkbar ist dies beispielsweise, wenn sich durch weiteres Zuwarten die Zerschlagungswerte zu verschlechtern drohen (Haas a. a. O.). Aus der in der Gegenerklärung des Nebenintervenienten (GE NI S. 17, Bl. 274 d. A.) zitierten Entscheidung des OLG Köln NZG 2021, 1217, folgt nichts anderes; im Gegenteil schließt sich das OLG Köln in Rn. 44 ausdrücklich der auch hier vertretenen Auffassung an. Der Vortrag zur Einrede der Auflösungsreife greift vor diesem Maßstab auch unter Berücksichtigung der Gegenerklärungen nicht durch.

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1.4.1. Schon die objektive Unmöglichkeit zur Erreichung des Gesellschaftszwecks steht nicht zur Überzeugung des Senats fest. Die durch nichts belegte Behauptung, erforderliche gewerbe- und emissionsrechtliche Zulassungen könnten nicht wiedererlangt werden, ist insofern zu unsubstantiiert, zumal die Beklagte selbst einen Aktivprozess zur Wiedererlangung eines umfangreichen Geschäftsbetriebs führt. Zu dem Aktivprozess, auf den der Senat im Hinweisbeschluss vom 06.11.2023 hingewiesen hat, nehmen die Gegenerklärungen nicht weiter Stellung. Soweit der Nebenintervenient abermals die erfolgte Veräußerung der erforderlichen Betriebsmittel (insbesondere Grundstück) betont, ist auch insoweit nicht ersichtlich, dass die Betriebsgrundlagen bei einem Willen der Gesellschaft zur Fortführung nicht wieder erworben werden könnten.

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1.4.2. Soweit eine nicht zu behebende Zerrüttung der Gesellschafter und gröbliche Pflichtverletzungen des Klägers geltend gemacht werden, ist die Beklagte auf den Weg über die Auflösungsklage gem. § 61 GmbHG zu verweisen. Das gilt auch, soweit der Nebenintervenient in seiner Gegenerklärung weiter – und insofern neu – insistiert, der Kläger sei u. a. wegen seiner Beteiligung an Wettbewerbern der Beklagten weder willens noch in der Lage, weiterhin im geschuldeten Maß für die Beklagte tätig zu werden (GE NI S. 21ff., Bl. 278 ff. d. A.). Dass der Weg über die Auflösungsklage für die Beklagte z. B. wegen eines zu besorgenden Wertverfalls unzumutbar wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Hinweis des Nebenintervenienten auf ein Abschmelzen „etwaig verbliebener Barmittel“ genügt insoweit ersichtlich nicht (GE NI S. 17, Bl. 274 d. A.); insoweit unterscheidet sich der Parteivortrag auch offensichtlich von dem Fall des OLG Köln (NZG 2021, 1217 Rn. 48 ff.).

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Der Senat vermag auch der Argumentation des Nebenintervenienten nicht zu folgen, dass in der Beklagten wegen ihrer familiären Prägung eine Zustimmungspflicht eingeräumt werden sollte, auch wenn der Weg über die Auflösungsklage zumutbar ist (GE NI S. 18 ff., Bl. 275 ff. d. A.). Damit würde in der Familien GmbH für den Tatbestand der Zerrüttung letztlich entgegen der Wertung von § 61 GmbHG und § 140 HGB analog und entgegen der soweit ersichtlich einhelligen Ansicht in Rechtsprechung und Literatur doch die Ausschließung/Auflösung durch einfachen Beschluss des verbleibenden Gesellschafters auch ohne entsprechende statuarische Regelung ermöglicht. Das wäre angesichts der weitreichenden Folgen nicht sachgerecht (siehe oben Nr. 1.1.2.2.1.2). Wenn überhaupt, würde der unterstellte besondere generationenübergreifende Gesellschaftszweck (GE NI S. 18, Bl. 275 d. A.) vorliegend wohl auch ein Argument gegen eine Zustimmungspflicht zur Liquidation bilden.

49

1.4.3. Dem erstmals in den Gegenerklärungen gehaltenen Vortrag, dass der Kläger sich bereits „vollständig“ habe auszahlen lassen bzw. umfangreich Forderungen gegen die Beklagte geltend gemacht und daher kein Interesse am Fortbestand der Beklagten habe (GE Bekl S. 7, Bl. 291 d. A., GE NI S. 23, Bl. 280 d. A.), lässt sich weder entnehmen, wieso die Fortsetzung der Gesellschaft deswegen unmöglich wäre (dass damit „[s]ämtliche Grundlagen für die Fortführung der Beklagten im Sinne einer planmäßigen Famiiliengesellschaft […] zwischenzeitlich weggefallen“ seien, erfüllt die Ansprüche an konkrete Tatsachenbehauptungen, auf deren Grundlage ein Rechtsstreit entschieden werden kann, erkennbar nicht), noch, wieso dem Kläger das Interesse an der Fortsetzung der Gesellschaft von vornherein fehlen sollte, sodass die fehlende Zustimmung zur Liquidation evident rechtsmissbräuchlich wäre. Soweit die Beklagte und der Nebenintervenient in den genannten Behauptungen Pflichtverletzungen des Klägers erkennen sollten, wird auf die Ausführungen unter Nr. 1.4.2 verwiesen. Auf die Verspätung des Vortrags kommt es somit nicht mehr an.

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1.4.4. Wenn der Kläger im Rahmen des Liquidationsverfahrens vorsorglich selbst Ansprüche geltend macht (GE Bekl S. 6/7, Bl. 290/291 d. A.), vermag der Senat nicht zu erkennen, dass er sich dadurch zu seinem Rechtsschutzziel im hiesigen Verfahren in Widerspruch setzt.

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2. Die Zulassung der Revision ist nicht geboten. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Die rechtlichen Grundlagen sind geklärt. Eine divergierende Rechtsprechung liegt auch nicht in Bezug auf die Frage der Zustimmungspflicht vor (siehe oben Nr. 1.4).

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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4. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

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5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.

 

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