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Wirtschaftsrecht
28.07.2011
Wirtschaftsrecht
OLG Stuttgart: Zur Prüfungspflicht des Registergerichts bei der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister

OLG Stuttgart, Urteil vom 13.7.2011 - 8 W 252/11

sachverhalt

I. Die Antragstellerin reichte beim Amtsgericht - Registergericht - Stuttgart am 20. Dezember 2010 die notariell beglaubigte Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister vom 20. April 2010 bezüglich der neu errichteten Gesellschaft ein.

Mit Zwischenverfügung vom 19. Januar 2011 wurde als Eintragungshindernis aufgeführt, dass die Anmeldung hinsichtlich der Einzahlung auf die Geschäftsanteile nicht mit der Regelung im Gesellschaftsvertrag übereinstimme. Vom Geschäftsführer sei versichert worden, dass auf jeden Geschäftsanteil die Hälfte einbezahlt worden sei. Im Gesellschaftsvertrag sei allerdings geregelt, dass die Geschäftsanteile sofort in voller Höhe zu leisten seien. Die vertragliche Regelung sei somit abzuändern.

Nach wiederholter Nachfristsetzung hat das Registergericht mit Beschluss vom 11. Mai 2011 die Anmeldung zurückgewiesen, weil das Eintragungshindernis trotz Anmahnung nicht behoben worden sei.

Gegen die am 22./24. Juni 2011 zugestellte Entscheidung hat der Beteiligte Ziff. 2 als bevollmächtigter Notar am 6. Juli 2011 Beschwerde eingelegt, da die Mindesteinzahlung erfolgt und die entsprechende Versicherung des Geschäftsführers abgegeben worden sei. Mehr könne das Registergericht nicht fordern.

Die Rechtspflegerin hat die Akten ohne Abhilfe mit Beschluss vom 8. Juli 2011 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt und an ihrer Rechtsmeinung festgehalten.

aus den gründen

II. Die befristete Beschwerde ist statthaft (§§ 374 Nr. 1, 382 Abs. 3, 58 Abs. 1 FamFG) und wurde form- und fristgerecht gemäß §§ 58 ff FamFG erhoben. Die Beschwerdeberechtigung der beteiligten Gesellschaft, vertreten durch den bevollmächtigten Notar, ergibt sich aus § 59 Abs. 1 und 2 FamFG.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Nach § 7 Abs. 2 GmbHG darf die Anmeldung erst erfolgen, wenn auf jeden Geschäftsanteil ein Viertel des Nennbetrags eingezahlt ist. Insgesamt muss auf das Stammkapital mindestens soviel eingezahlt sein, dass die Hälfte des Mindeststammkapitals gem. § 5 Abs. 1 GmbHG (25.000 €) erreicht ist. Nach § 8 Abs. 2 GmbHG ist in der Anmeldung die Versicherung abzugeben, dass die in § 7 Abs. 2 GmbHG bezeichneten Leistungen auf die Geschäftsanteile bewirkt sind und dass der Gegenstand der Leistungen sich endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet.

Diese Anforderungen erfüllt die Anmeldung. Die Rechtspflegerin ist jedoch der Meinung, dass die Einzahlung und die Versicherung mit der gesellschaftsvertraglichen Regelung übereinstimmen müsse, weswegen diese, die die sofortige Bareinzahlung der Geschäftsanteile in voller Höhe vorsehe, entsprechend zu ändern sei.

Die Prüfungspflicht des Registergerichts gem. § 9 c Abs. 1 Satz 1 GmbHG bezieht sich allerdings nur auf die Mindestleistungen gemäß § 7 Abs. 2 GmbHG. Ob Mehrleistungen auf das Stammkapital erbracht wurden, ist nicht zu prüfen. Unerheblich ist dabei, ob die Mehrleistung durch die Satzung vorgeschrieben wurde, soweit die Versicherung gemäß § 8 Abs. 2 GmbHG korrekt ist (Tebben in Michalski, GmbHG, 2. Auflage 2010, § 9 c GmbHG Rn. 37; Wicke in Münchener Kommentar, GmbHG, Bd. 1, 2010, § 9 c GmbHG Rn. 33; Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Auflage 2009, § 8 GmbHG Rn. 16; je m.w.N.).

Eine entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrages kann nicht verlangt werden. Zwar wäre die Festlegung geringerer Einlageleistungen in der Satzung oder die tatsächliche Erbringung geringerer Einlageleistungen vor der Anmeldung wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 GmbHG unzulässig. Die Gesellschafter können dagegen eine höhere Mindesteinzahlung im Gesellschaftsvertrag vereinbaren (Schaub in Münchener Kommentar, a.a.O., § 7 GmbHG Rn. 45; OLG Nürnberg GmbHR 2011, 582/in juris Rn. 54; je m.w.N.). Insoweit fehlende Mehrleistungen sind kein Eintragungshindernis. Die Geschäftsführer sind dafür allenfalls gegenüber den Mitgesellschaftern verantwortlich (Roth, a.a.O., § 8 GmbHG Rn. 16).

Dies folgt bereits aus dem Gesetzeszweck des § 7 Abs. 2 und 3 GmbHG, eine Zugangsbeschränkung für vermögensmäßig nicht qualifizierte Unternehmen zu schaffen. Durch das Erfordernis der Mindestleistungen, die zur freien Verfügung der Geschäftsführung stehen müssen, soll sichergestellt werden, dass die Gesellschaft nicht ohne ein reales eigenes Vermögen ins Leben tritt, und es soll zugleich - als Seriositätsschwelle - eine gewisse Garantie für die Ernsthaftigkeit der Beteiligungen der Gesellschafter geschaffen werden (Schaub, a.a.O., § 7 GmbHG Rn. 1, m.w.N.).

Danach besteht das von der Rechtspflegerin beanstandete Eintragungshindernis nicht und der auf dessen Nichtbehebung gestützte Zurückweisungsbeschluss vom 11. Mai 2011 war aufzuheben. Das Registergericht hat erneut über die Anmeldung der Eintragung in das Handelsregister vom 20. April 2010 unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl. 2011, § 81 FamFG Rn. 2). Die Gerichtsgebührenfreiheit ergibt sich aus § 131 Abs. 3 KostO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 70 FamFG liegen nicht vor.

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