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Wirtschaftsrecht
19.01.2011
Wirtschaftsrecht
BGH: Zur Nachfragepflicht des Notars

BGH, Urteil vom 9.12.2010 - III ZR 272/09

Leitsätze

a) Der Notar hat bei der Ermittlung des Willens der Urkundsbeteiligten Anlass zu einer Nachfrage, wenn das beabsichtigte Rechtsgeschäft einen Aspekt aufwirft, der üblicherweise zum Gegenstand der vertraglichen Abreden ge-macht wird.

b) Erst recht besteht eine Pflicht zur Nachfrage, wenn der Notar konkrete An-haltspunkte dafür hat, dass einer der Beteiligten ein rechtliches Ergebnis her-beiführen möchte, das in dem vorbereiteten Urkundsentwurf noch keine Be-rücksichtigung gefunden hat.

c) Solche Anhaltspunkte können insbesondere dann bestehen, wenn der Ver-tragsentwurf Regelungen nicht vorsieht, welche in einer Vielzahl gleichartiger Verträge enthalten waren, die einer der Urkundsbeteiligten zuvor von dem Notar hat beurkunden lassen, und welche ersichtlich wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells dieses Beteiligten waren.

BeurkG § 17 Abs. 1 Satz 1, BNotO § 19 Abs. 1 Satz 1

Sachverhalt

Die Klägerin macht gegen den inzwischen in den Ruhestand getretenen beklagten Notar Schadensersatzansprüche wegen einer Amtspflichtverletzung geltend.

Die Klägerin errichtete in der Gemeinde T. in mehreren Bauab-schnitten einen Ferienpark mit Apartmenthäusern. Das Bauprojekt war 1979 von einem anderen Unternehmen begonnen worden. Zugunsten der Gemeinde war in Abteilung II des Grundbuchs eine auf zehn Jahre befristete beschränkte persönliche Dienstbarkeit eingetragen, nach der die Häuser als Ferienwohnungen zu bewirtschaften waren und einem wechselnden Personenkreis zur Erho-lung zur Verfügung stehen sollten. Nach dem Konkurs des zunächst tätigen Bauunternehmens übernahm die Klägerin das Vorhaben 1984 aufgrund eines Vertrags mit der Gemeinde.

Nach Ablauf der Befristung der zu Gunsten der Gemeinde eingetragenen Dienstbarkeit bestellte die Klägerin 1995 - teilweise aufgrund einer Vollmacht der zwischenzeitlichen Erwerber - an den Eigentumswohnungen jeweils eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zu ihren Gunsten, nach der die Apart-ments wiederum nur als Ferienwohnungen zu bewirtschaften und einem wech-selnden Personenkreis zur Erholung zur Verfügung zu stellen waren. Ferner war Gegenstand der Dienstbarkeit die Verwaltung und Vermietung der Apart-ments, die Versorgung mit Wärme und Gas sowie der Betrieb einer Kabelfern-sehen- und einer Hoteltelefonanlage durch die Klägerin. Der Beklagte hatte den Text der Dienstbarkeit entworfen und ihre Bestellung beurkundet.

In der Folgezeit veräußerte die Klägerin 23 weitere Wohnungen. Sämtli-che Kaufverträge beurkundete der Beklagte. In diesen waren jeweils die Über-nahme des als Dienstbarkeit eingetragenen Ferienparkbetriebsrechts durch die Erwerber vereinbart und eine Klausel enthalten, nach der "der Grundbesitz auch ohne Gewähr für das angegebene Flächenmaß mit allen anhaftenden Dienstbarkeiten" verkauft und übertragen wurde.

Im Laufe des Jahres 1995 befand sich die Klägerin auch mit den Eheleu-ten F. in Verhandlungen über den Erwerb einer der Wohnungen, in deren Verlauf sie den beiden Interessenten einen Grundbuchauszug übersandte. Die-ser war jedoch veraltet. Aus ihm ging lediglich die inzwischen erloschene Dienstbarkeit der Gemeinde hervor, nicht aber die inzwischen zu Gunsten der Klägerin eingetragene.

Am 14. Oktober 1995 beurkundete der Beklagte den Kaufvertrag zwi-schen der Klägerin und den Eheleuten F. . In dem Text war entgegen den vorherigen 23 Beurkundungen weder die Übernahme der Dienstbarkeit durch die Erwerber noch der Gewährleistungsausschluss vorgesehen. Allerdings wies der Beklagte, wie im vorliegenden Rechtsstreit unstreitig ist, in dem Termin mündlich auf das Ferienparkbetriebsrecht hin. Zudem war in Nummer IV 29 des Vertrags die Verpflichtung der Erwerber enthalten, "das Apartment als Ferien-wohnung zu bewirtschaften und zur Erholung einem wechselnden Personen-kreis zur Verfügung zu stellen". Weiterhin enthielt der Vertragspassus die Rege-lung, dass die Feriendorfbetriebsgesellschaft mit der Verwaltung und Betreuung zu beauftragen war und die Vermietung nur über die Betriebsgesellschaft erfol-gen konnte. Beim Verkauf des Apartments war schließlich der neue Eigentümer auf diese Vereinbarungen zu verpflichten.

Im Jahr 2000 machten die Eheleute F. geltend, sie seien über das zu Gunsten der Klägerin im Grundbuch eingetragene Ferienparkbetriebsrecht nicht informiert worden. Sie verlangten von der Klägerin, die Löschung der Dienst-barkeit zu bewilligen, was diese verweigerte. Daraufhin verfolgten die Erwerber ihr Löschungsverlangen gerichtlich. Später änderten sie ihre Klage und verlang-ten Schadensersatz wegen Nichterfüllung Zug um Zug gegen Rückübertragung des Eigentums an der Ferienwohnung. Im Laufe des Rechtsstreits zwischen den Eheleuten F. und der Klägerin wurde der Beklagte als Zeuge zur Frage vernommen, ob im Beurkundungstermin auf die Dienstbarkeit hingewiesen worden sei. Er gab an, konkrete Erinnerungen an den Vorgang vom 14. Oktober 1995 nicht mehr zu haben. Er habe aber die jeweiligen Erwerber in allen Beurkundungsterminen auf das eingetragene Recht der Klägerin hinge-wiesen. Das Gericht gewann hieraus nicht die Überzeugung, dass auch die Eheleute F. tatsächlich über die zu Gunsten der Klägerin eingetragene Dienstbarkeit unterrichtet worden waren, und erließ ein Grund- und Teilurteil zu Lasten der Klägerin. Nachdem deren Berufung hiergegen erfolglos blieb, ist dieses Urteil rechtskräftig.

Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin, sie Zug um Zug ge-gen Übertragung des Eigentums an der Ferienwohnung von den Forderungen der Eheleute F. freizustellen, und die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, ihr, der Klägerin, allen weiteren Schaden zu ersetzen, welcher ihr durch die Rückabwicklung des Vertrags vom 14. Oktober 1995 noch entstehen wird. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Begehren weiter.

Aus den Gründen

9          Die zulässige Revision hat auch in der Sache Erfolg. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverwei-sung der Sache an die Vorinstanz.

10        I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, den Beklagten treffe zwar der Vor-wurf einer schuldhaften Amtspflichtverletzung. Diese bestehe indessen nicht in der Unterlassung, einen Gewährleistungsausschluss zu Gunsten der Klägerin in den Kaufvertrag aufzunehmen. Der Beklagte sei vielmehr verpflichtet gewesen, im Rahmen der Beurkundung den übereinstimmenden Willen der Vertragspar-teien wiederzugeben. Der Wille der Eheleute F. , einem solchen Aus-schluss zuzustimmen, sei nicht vorgetragen worden. Auch die Tatsache, dass in den früheren Verträgen Gewährleistungsausschlüsse vereinbart worden sei-en, führe zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Die Vertragsgestaltung ha-be sich am Einzelfall zu orientieren, wobei die Pflicht des Notars zu beachten sei, unabhängiger und unparteiischer Betreuer der Beteiligten zu sein.

11        Eine Amtspflichtverletzung des Beklagten sei jedoch darin zu sehen, dass er es unterlassen habe, die unstreitig erfolgte Belehrung der Erwerber ü-ber das auf dem Apartment lastende so genannte Ferienparkbetriebsrecht in der notariellen Urkunde zu dokumentieren. Der Verstoß des Beklagten gegen seine notariellen Amtspflichten sei auch fahrlässig erfolgt und habe den geltend gemachten Schaden verursacht.

12            Gleichwohl sei dieser dem Beklagten haftungsrechtlich nicht zuzurech-nen, da die Klägerin völlig sachwidrig und schlechthin unvertretbar in den Kau-salverlauf eingegriffen habe. Sie habe dadurch, dass sie die von den Erwerbern zunächst verlangte Bewilligung der Löschung des Ferienparkbetriebsrechts oh-ne weiteres zurückgewiesen habe, die nachfolgende prozessuale Entwicklung erst herausgefordert. Zum Zeitpunkt der Forderung der Eheleute F. , die Löschung zu bewilligen, sei der Klägerin bewusst gewesen, dass weder die Ü-bernahme der zu ihren Gunsten bestehenden persönlichen Dienstbarkeit oder ein Gewährleistungsausschluss vereinbart noch der Hinweis auf die im Grund-buch eingetragene Belastung beurkundet worden sei. Darüber hinaus habe die Klägerin den Käufern einen veralteten Grundbuchauszug überlassen, dem sich eine noch bestehende dingliche Belastung ebenfalls nicht habe entnehmen lassen. In dieser Situation hätte die Klägerin dem Ansinnen der Eheleute F. , die Löschungsbewilligung zu erteilen, bei vernünftiger Risikobetrachtung nachkommen müssen. Sie habe sich angesichts der verstrichenen Zeit auch nicht darauf verlassen dürfen, den Beweis für die erfolgte Belehrung über die Dienstbarkeit durch die Vernehmung des Beklagten als Zeugen im Rechtsstreit mit den Eheleuten F. erbringen zu können. Vielmehr hätte sie vor Verwei-gerung der geforderten Löschungsbewilligung zumindest Rücksprache mit ihm nehmen müssen, um zu ergründen, inwieweit er sich des Hinweises auf die Dienstbarkeit nach dem langen Zeitablauf noch zu entsinnen vermocht habe. In diesem Fall wäre das mangelnde Erinnerungsvermögen des Beklagten offenbar geworden.

13        Die Frage, ob und gegebenenfalls welche Schäden die Klägerin bei Ertei-lung der Löschungsbewilligung gehabt hätte, könne dahingestellt bleiben, da solche mit der vorliegenden Klage nicht geltend gemacht würden.

14        II. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffas-sung des Berufungsgerichts ist ein Schadensersatzanspruch der Klägerin ge-gen den Beklagten gemäß § 19 Abs. 1 BNotO nach dem dem Revisionsverfah-ren zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand nicht auszuschließen.

15        1. Dem Berufungsgericht ist im Ergebnis darin beizupflichten, dass dem Beklagten ein Verstoß gegen seine Amtspflichten als Notar zur Last fällt. Er ver-letzte seine aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG folgende Pflicht zur Erforschung des Willens der Urkundsbeteiligten, indem er es vor der Beurkundung des Kaufvertrags am 14. Oktober 1995 unterließ, nachzufragen, ob die in Abteilung II des Grundbuchs eingetragene Dienstbarkeit von den Erwerbern F. übernom-men werden sollte.

16        Die Pflichten, die dem Notar durch § 17 Abs. 1 BeurkG auferlegt sind, sollen gewährleisten, dass dieser eine rechtswirksame Urkunde über das von den Beteiligten beabsichtigte Rechtsgeschäft errichtet. Der Notar muss zu die-sem Zweck den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und deren Er-klärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben. Er muss bei der Erforschung des Willens unter anderem bedenken, dass die Beteiligten möglicherweise entscheidende Gesichtspunkte übersehen, auf die es für das Rechtsgeschäft ankommen kann (z.B. Senatsurteil vom 24. April 2008 - III ZR 223/06, WM 2008, 1318 Rn. 12; Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2007 - III ZR 13/07. NJW 2007, 3566 Rn. 9, 12; BGH, Urteil vom 16. November 1995 - IX ZR 14/95, NJW 1996, 524, 525 und vom 9. Juli 1992 - IX ZR 209/91, WM 1992, 1662, 1665), wobei er allerdings nicht "ins Blaue hinein" nachzufragen braucht (BGH, Urteil vom 16. November 1995 aaO; vom 27. Oktober 1994 - IX ZR 12/94, NJW 1995, 330, 331 und vom 9. Juli 1992 aaO).

17        Besteht jedoch ein Anhalt dafür, dass bestimmte Punkte nach dem Wil-len der Parteien regelungsbedürftig sein könnten, muss der Notar entsprechen-de Fragen stellen (vgl. Senatsurteil vom 24. April 2008 und Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2007 jew. aaO). Hierzu besteht namentlich Anlass, wenn das beabsichtigte Rechtsgeschäft einen Aspekt aufwirft, der üblicherweise zum Ge-genstand der vertraglichen Abreden gemacht wird. In diesem Fall ergibt sich die Notwendigkeit der Prüfung, ob die Urkundsbeteiligten eine Regelung hierzu wünschen oder bewusst davon absehen wollen (vgl. Senatsurteil vom 11. Juli 1957 - III ZR 28/56, DNotZ 1958, 23, 24; Ganter in Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 2. Aufl., Rn. 840). Erst recht besteht eine Pflicht zur Nachfrage, wenn der Notar konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass eine Partei ein rechtliches Ergebnis herbeiführen möchte, das in dem vorbereiteten Vertragsentwurf noch keine Berücksichtigung gefunden hat. Eine solche Fall-gestaltung liegt hier vor.

18            Aufgrund der vorangegangenen vom Beklagten beurkundeten 23 Kauf-verträge über Ferienwohnungen, die die Klägerin veräußerte, hatte dieser ent-gegen der Auffassung des Berufungsgerichts Anlass zu der Nachfrage, ob ent-sprechend der bisherigen Handhabung in dem Kaufvertrag zwischen der Kläge-rin und den Eheleuten F. auch die Übernahme des in Abteilung II des Grundbuchs als Dienstbarkeit eingetragenen Ferienparkbetriebsrechts durch die Erwerber und der Gewährleistungsausschluss vereinbart werden sollte. Da eine entsprechende Regelung in allen 23 Verträgen zuvor enthalten war, han-delte es sich um eine Vereinbarung, die üblicherweise Gegenstand der von der Klägerin abgeschlossenen Kaufverträge und ersichtlich wesentlicher Bestandteil des "Vertriebskonzepts" der Klägerin war. Bereits dies hätte dem Beklagten Veranlassung geben müssen, nachzufragen, ob auch in den zwischen der Klä-gerin und den Eheleuten F. zu schließenden Kaufvertrag eine solche Rege-lung aufgenommen werden sollte oder ob die Vertragsparteien hierauf bewusst verzichten wollten. Vor allem aber war der Beklagte zu einer Nachfrage ver-pflichtet, weil er, wie die von ihm im Beurkundungstermin erteilte Belehrung über das Ferienparkbetriebsrecht zeigt, wusste, dass dieses auch für die ver-kaufte Wohnung gelten sollte.

19        Er durfte sich nicht darauf verlassen, dass die Klägerin sich insoweit mit dem in Nummer IV 29 des Vertrags schuldrechtlich vereinbarten Ferienparkbe-triebsrecht zufrieden geben würde. Sie erlangte damit keine gleichwertige Rechtsposition, da diesem Recht die dingliche Sicherung insbesondere gegen-über Dritten fehlte.

20            Schließlich durfte der Beklagte auch nicht darauf vertrauen, dass aus dem von der Klägerin den Eheleuten F. überlassenen Grundbuchauszug die Dienstbarkeit hervorging, mit der Folge, dass Ansprüche der Erwerber wegen des dinglichen Rechts gemäß § 439 Abs. 1 BGB in der seinerzeit noch maß-geblichen, bis zum 31. Januar 2001 geltenden Fassung ausgeschlossen waren. Zum einen ist der Notar verpflichtet, den jeweils sichersten Weg zu wählen (st. Rspr. z.B. BGH, Urteile vom 9. Juli 1992 - IX ZR 209/91, WM 1992, 1662, 1665; vom 23. März 1971 - VI ZR 177/69, BGHZ 56, 26, 28 m.w.N.; Ganter aaO Rn. 2127 m.w.N.). Hiernach war der Beklagte gehalten, bereits das Entstehen eines Rechtsmangels zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1992 aaO, S. 1666), so dass er ungeachtet des Inhalts des Grundbuchauszugs verpflichtet war, abzuklären, ob die Dienstbarkeit übernommen werden sollte. Zum anderen durfte der Beklagte nicht darauf vertrauen, dass der - von ihm nicht überprüfte - Auszug den aktuellen Grundbuchstand wiedergab.

21        2. Anhaltspunkte dafür, dass die Amtspflichtverletzung des Beklagten nicht fahrlässig war, wofür ihn die Darlegungs- und Beweislast trifft (z.B. BGH, Urteil vom 28. September 2000 - IX ZR 279/99, BGHZ 145, 265, 275 m.w.N.), beste-hen nicht. Ihm kommt auch nicht die so genannte Kollegialgerichtsrichtlinie zu-gute, obgleich das mit drei Berufsrichtern besetzte Berufungsgericht einen Ver-stoß des Beklagten gegen seine Pflicht zur Feststellung des Willens der Ver-tragsparteien verneint hat. Diese - an sich auch zugunsten des Notars geltende - Richtlinie findet vorliegend schon deshalb keine Anwendung, weil das Be-rufungsgericht die Pflichten des Beklagten im Zusammenhang mit der Verein-barung der Übernahme der Dienstbarkeit lediglich unter dem Gesichtspunkt der Neutralitätspflicht des Notars (§ 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO) betrachtet, dabei je-doch die Pflicht zur Erforschung des Willens der Urkundsbeteiligten gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG nicht in den Blick genommen hat (vgl. z.B. Senatsurteile vom 16. Oktober 2008 - III ZR 15/08, WM 2009, 86 Rn. 21 und vom 2. Juni 2005 - III ZR 306/04, NJW 2005, 3495, 3497 m.w.N.).

22        3. Für das Revisionsverfahren ist zu unterstellen, dass diese schuldhafte Amtspflichtverletzung ursächlich für einen Schaden der Klägerin ist.

23        4. Der Zurechnungszusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung des Beklagten und dem von der Klägerin ersetzt verlangten Schaden lässt sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht mit der Begründung verneinen, die Klägerin habe dadurch, dass sie die von den Erwerbern verlangte Bewilli-gung der Löschung des Ferienparkbetriebsrechts ohne weiteres zurückgewie-sen habe, die nachfolgende prozessuale Entwicklung (Umstellung der Klage der Erwerber auf den "großen Schadensersatz") erst herausgefordert und dadurch den streitgegenständlichen Vermögensschaden bei wertender Betrachtung letztlich allein zu verantworten.

24        Der Zurechnungszusammenhang zwischen der haftungsbegründenden Handlung und dem eingetretenen Schaden kann zwar fehlen, wenn der Ge-schädigte in ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den Geschehensab-lauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt. Eine solche "Unterbrechung" der durch die Verletzung notarieller Amtspflichten ausgelösten Ursachenkette tritt allerdings nicht ein, wenn für die Zweithandlung des Geschädigten ein rechtfertigender Anlass bestand oder die-se durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert wurde und eine nicht ungewöhnliche Reaktion auf dasselbe darstellt (z.B. Senatsbeschluss vom 9. Oktober 2008 - III ZR 13/08, juris Rn. 10; Senatsurteil vom 6. Mai 2004 - III ZR 247/03, DNotZ 2004, 849, 852 m.w.N.). Die Würdigung, ob dies der Fall ist, ist zwar grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Oktober 2008 aaO), so dass sie vom Revisionsgericht nur eingeschränkt nachgeprüft werden kann. Jedoch hat das Berufungsgericht seinen Beurtei-lungsspielraum überschritten, weil es bei seiner Würdigung wesentliche Um-stände unberücksichtigt gelassen und gegen Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. z.B. Senatsurteil vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, WM 2010, 1690 Rn. 12 m.w.N.).

25        Da die Übernahme der Dienstbarkeit durch die Erwerber, wie im Revisi-onsverfahren zu unterstellen ist, als Folge der Amtspflichtverletzung des Be-klagten nicht Gegenstand des Kaufvertrags vom 14. Oktober 1995 geworden war, stellte sich der Fortbestand des Ferienparkbetriebsrechts auf dem von den Eheleuten F. erworbenen Wohnungseigentum als Rechtsmangel im Sinne des § 434 BGB a.F. dar. Gleichwohl schied die Haftung der Klägerin als Ver-käuferin aus, wenn die Vertragsparteien einen Gewährleistungsausschluss ver-einbart hatten oder den Käufern das Bestehen der Dienstbarkeit gemäß § 439 Abs. 1 BGB a.F. bei Abschluss des Kaufvertrags bekannt war. Ungeachtet des-sen, dass eine entsprechende Belehrung nach dem Parteivorbringen im vorlie-genden Verfahren unstreitig erfolgt ist und die Klägerin im Vorprozess somit eine objektiv zutreffende Rechtsposition verfolgte, war es für die Beurteilung des Verhaltens der Klägerin erforderlichen ex-ante-Betrachtung jedenfalls zwar nicht ohne Risiko, aber auch nicht von vornherein aussichtslos, zu versuchen, das Vorliegen der Voraussetzungen hierfür im Rechtsstreit mit den Erwerbern geltend zu machen, obwohl es ihr oblag, hierfür den Beweis zu erbringen und ein urkundlicher Nachweis für die erteilte Belehrung nicht möglich war.

26        Die Eheleute F. hatten in Nummer IV 29 des Kaufvertrags eine im Kern inhaltlich der Dienstbarkeit entsprechende schuldrechtliche Verpflichtung übernommen. Zudem hatte der Beklagte im Beurkundungstermin auf das ding-liche Recht hingewiesen. Insofern hätte die Klägerin mit jedenfalls nicht gerin-ger Aussicht auf Erfolg geltend machen können, dass die Erwerber sich konklu-dent zur Übernahme der Dienstbarkeit bereit erklärt hatten, zumindest aber, dass sie sich wegen Kenntnis von der Dienstbarkeit nicht auf einen Rechts-mangel berufen konnten.

27        Der Klägerin stand der - im Vorprozess auch tatsächlich vernommene - Beklagte als Zeuge für die Belehrung über die Dienstbarkeit zur Verfügung. Es war entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht chancenlos, mit seiner Benen-nung als Zeugen den Beweis für die Kenntnis der Erwerber von der Belastung zu führen. Dies gilt auch, wenn die Klägerin durch eine vorherige Rücksprache mit dem Beklagten in Erfahrung gebracht hätte, dass dieser an den konkreten Beurkundungsvorgang vom 14. Oktober 1995 keine Erinnerung hatte und nur in der Lage war zu bekunden, dass er in den die Ferienparkanlage betreffenden Beurkundungsterminen stets auf die Dienstbarkeit hingewiesen habe. Nach der Erfahrung ist es nicht aussichtslos, dass ein Gericht auch auf der Grundlage einer solchen Aussage, mit der unmittelbar lediglich eine allgemeine Verfah-rensweise bewiesen werden kann, die Überzeugung gewinnt, der maßgebliche Einzelfall sei ebenfalls dieser Übung entsprechend gehandhabt worden.

28        War die Rechtsverteidigung der Klägerin im Prozess mit den Erwerbern somit nicht ohne Aussicht auf Erfolg, kann es ihr trotz der Risiken der Prozessführung nicht als ungewöhnliches und unsachgemäßes Verhalten angelastet werden, sich dem Verlangen der Erwerber, eine Löschungsbewilligung zu ertei-len, zu widersetzen und auf den Rechtsstreit einzulassen.

29        5. Weiterhin ist der Schadensersatzanspruch der Klägerin nach dem bishe-rigen Sach- und Streitstand und auf der Grundlage der bisher vom Berufungs-gericht getroffenen Feststellungen auch nicht wegen deutlich überwiegenden Mitverschuldens gemäß § 254 Abs. 1 BGB i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO ausgeschlossen. Allerdings leistete die Klägerin unter Verstoß gegen ihre Sorg-faltsobliegenheiten wesentliche Beiträge zur Entstehung des Schadens, den sie vom Beklagten ersetzt verlangt, indem sie den Eheleuten F. einen veralte-ten Grundbuchauszug überließ, den Vertragsentwurf nicht oder nicht mit gehö-riger Genauigkeit prüfte und die Verlesung des Vertragstexts im Beurkundungs-termin nicht mit der notwendigen Aufmerksamkeit verfolgte. Andererseits ist es ihr aus den oben ausgeführten Gründen nicht anzulasten, sich auf die rechtliche Auseinandersetzung mit den Erwerbern eingelassen zu haben. Insgesamt wie-gen die das Mitverschulden der Klägerin begründenden Umstände gegenüber der ebenfalls erheblichen Amtspflichtverletzung des Beklagten - vorbehaltlich weiterer Feststellungen - nicht so schwer, dass ein Schadensersatzanspruch vollständig ausgeschlossen wäre. Die Abwägung im Einzelnen bleibt dem Tat-richter vorbehalten.

30        6. Zur Verjährung, deren Einrede der Beklagte erhoben hat, hat das Beru-fungsgericht, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, keine Feststellun-gen getroffen.

31        7. Auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage, ob der Beklagte verpflich-tet war, die mündliche Belehrung über das Bestehen der Dienstbarkeit in der Urkunde zu vermerken, kommt es nicht an, da der Beklagte bereits eine vorge-lagerte Pflicht verletzte.

32        8. Da noch weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich sind, ist die Sa-che nicht zur Endentscheidung reif, so dass sie unter Aufhebung des angefoch-tenen Urteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).

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