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Wirtschaftsrecht
21.10.2010
Wirtschaftsrecht
BGH: Zur Kündbarkeit einer Patronatserklärung - Star 21

BGH, Urteil vom 20.9.2010 - II ZR 296/08

Leitsätze

a) Verspricht eine Muttergesellschaft in einer (Patronats-)Erklärung gegenüber ihrer bereits in der Krise befindlichen Tochtergesellschaft, während eines Zeitraums, der zur Prüfung der Sanierungsfähigkeit erforderlich ist, auf Anforderung zur Vermeidung von deren Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung deren fällige Verbindlichkeiten zu erfüllen, kann diese Erklärung mit Wirkung für die Zukunft gekündigt werden, wenn die Parteien nach den Umständen des Einzelfalles ein entsprechendes Kündi-gungsrecht vereinbart haben.

b) Der Wirksamkeit der Kündigung einer solchen konzernintern getroffenen Vereinba-rung stehen weder die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechts noch diejenigen des sog. Finanzplankredits entgegen (vgl. BGHZ 142, 116).

GG Art. 103 Abs. 1; GmbHG §§ 19, 30, 31, 32a, 32b aF; BGB § 280 Abs. 1; InsO § 135 aF

Sachverhalt

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der STAR 21 GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schuldnerin). Die Beklagte ist - durch eine mehrstufige Beteiligung von einhundertprozentigen Tochter- und Enkelgesellschaften - mittelbare Gesellschafterin der Schuldnerin. Zwischen der Beklagten und der Schuldnerin bestand ein jederzeit kündbarer cash-pool-Vertrag, nach dem die Bank täglich die Konten der Konzerntochterunternehmen der Beklagten durch Ausbuchung der Tagesumsätze der Konzerntochterunternehmen auf ein Zielkonto der Beklagten auszugleichen hatte. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Kündigung einer "Patronatserklärung" auf Schadensersatz in Höhe der im Rahmen des Insolvenzverfahrens angemeldeten und festgestell-ten Forderungen und auf Schadensersatzfeststellung im Hinblick auf noch end-gültig festzustellende Forderungen in Anspruch.

Die Schuldnerin war zum 31. Dezember 2001 in Höhe von 6.340.852 € handelsbilanziell überschuldet, relevante stille Reserven waren nicht vorhan-den. Eine Finanzierung durch einen Kredit zu marktüblichen Bedingungen von dritter Seite war zu diesem Zeitpunkt für die Schuldnerin ebenfalls nicht zu er-reichen.

Die Beklagte und die Schuldnerin schlossen am 8. Februar 2002 eine als "Patronatserklärung" überschriebene Vereinbarung, in der es unter anderem hieß:

1. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit ... sowie im Falle der Überschul-dung der [Schuldnerin] ist die [Beklagte] auf schriftliche Anforde-rung der [Schuldnerin] hin verpflichtet, Verbindlichkeiten der [Schuldnerin], sobald sie fällig geworden sind, in dem Umfange zu erfüllen, als dies zur Beseitigung der Überschuldung oder zur Ver-meidung der Zahlungsunfähigkeit erforderlich ist. Diese Verpflich-tung ist in der Höhe begrenzt auf den Betrag von Euro 8.000.000,00 ... abzüglich des jeweiligen Betrages der Verbindlichkeiten der [Schuldnerin] gegenüber [der Beklagten].

2. Mit allen Forderungen gegen die [Schuldnerin], bis zu einem Höchstbetrag von Euro 8.000.000,00 ... sei es aus Zahlungen gemäss Nr. 1 oder aus einem anderen Rechtsgrund, tritt die [Beklagte] ge-genüber allen gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen anderer Gläubiger im Rang zurück. Die Forderungen der [Beklagten] sollen nur aus dem bilanzmäßigen Reingewinn der [Schuldnerin] befriedigt werden. Im Falle der Liquidation der [Schuldnerin] soll die [Beklag-te]Befriedigung nur aus dem Liquidationsüberschuss erlangen. Die Forderungen der [Beklagten] erlöschen durch Erlass, wenn über das Vermögen der [Schuldnerin] das Insolvenzverfahren formal eröffnet oder die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abge-wiesen wird.

3. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. ...

Mit Schreiben vom 11. November 2002 kündigte die Beklagte diese Pat-ronatserklärung sowie den zwischen der Beklagten und der Schuldnerin beste-henden cash-pool-Vertrag jeweils zum 12. November 2002. Am 12. November 2002 stellte die Schuldnerin sodann Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfah-rens. Mit Beschluss des Amtsgerichts F. vom 31. Januar 2003 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet.

Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 18. August 2003 machte die Schuldne-rin gegenüber der Beklagten Zahlungsansprüche in Höhe der bis dahin nicht bestrittenen, festgestellten Insolvenzforderungen sowie Masseverbindlichkeiten geltend.

In der Klageschrift vom 25. August 2005 erklärte der Kläger die Anfech-tung der Kündigung der Patronatserklärung nach § 135 InsO. Die Parteien hat-ten zuvor im Rahmen von Vergleichsgesprächen die Verlängerung der Verjäh-rungsfrist des § 146 Abs. 1 InsO bis zum 29. August 2005 vereinbart.

Das Landgericht hat die Beklagte - unter Abweisung eines Teils der gel-tend gemachten Zinsforderung - zur Zahlung von 822.704,90 € an den Kläger verurteilt sowie festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Zahlungen in Höhe der in dem am 31. Januar 2003 eröffneten Insolvenzverfah-ren über das Vermögen der Schuldnerin künftig zur Insolvenztabelle endgültig festzustellenden Forderungen zu leisten. Das Berufungsgericht hat - unter Zu-rückweisung der Berufung des Klägers und der weitergehenden Berufung der Beklagten - dem Zahlungsantrag ebenfalls in voller Höhe und dem Feststel-lungsantrag entsprechend einer dahingehenden Einschränkung des Klägers bis zu einer Haftung von höchstens 8.000.000 € stattgegeben. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Aus den Gründen

8          Die Revision der Beklagten hat Erfolg und führt zur Aufhebung des ange-fochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

9          I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im We-sentlichen ausgeführt:

10        Dem Kläger stehe der Zahlungsanspruch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung (§ 280 Abs. 1 BGB) zu. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung aus der Erklärung vom 8. Februar 2002, auf schriftliche Anforderung der Schuldnerin deren fällige Verbindlichkeiten in dem Umfang zu erfüllen, als dies zur Beseitigung der Überschuldung oder zur Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit erforderlich sei, schuldhaft unmöglich gemacht. Sie habe die Schuldnerin so zu stellen, wie sie bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Pflicht stehen würde und müsse ihr deshalb die zur Abwicklung des Insolvenzverfah-rens erforderlichen Beträge zahlen. Die Vereinbarung sei als so genannte "har-te" Patronatserklärung zu qualifizieren und stelle eine rechtlich bindende Liqui-ditätszusage in Form eines aufschiebend bedingten Darlehensversprechens dar. Hiervon könne sich die Beklagte nach Eintritt der Krise oder im Stadium der Insolvenz nicht mehr lösen. Der Beklagten stehe weder ein ordentliches noch ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Auf den Willen, die Schuldnerin dann nicht mehr mit Liquidität auszustatten, wenn die Sanierungsbemühungen scheiterten, könne sich die Beklagte selbst dann nicht berufen, wenn sie dar-über mit der Schuldnerin Einvernehmen erzielt hätte. Auf die Frage, ob die Kündigung der Beklagten nach insolvenzrechtlichen Vorschriften der Anfech-tung unterliege, insbesondere ob § 135 InsO auf die "harte" Patronatserklärung Anwendung finde, komme es nach alledem nicht an. Angesichts der Unwirk-samkeit der Kündigung sei es entgegen der Ansicht der Beklagten auch uner-heblich, ob die Ansprüche in der Zeit nach dem 11. November 2002, also nach dem Ausspruch der Kündigung, fällig geworden oder gar begründet worden seien; die Ausstattungspflicht aus der Vereinbarung habe vielmehr fortbestan-den.

11        II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

12        1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte könne sich auf ihren Willen, die Schuldnerin dann nicht mehr mit Liquidität auszustatten, wenn die Sanierungsbemühungen scheiterten, selbst dann nicht berufen, wenn sie darüber mit der Schuldnerin Einvernehmen erzielt hätte. Hierbei hat es den Vor-trag der Beklagten nur unvollständig zur Kenntnis genommen.

13        a) Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht den unter Be-weis gestellten Vortrag der Beklagten nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass mit der Vereinbarung vom 8. Februar 2002 beide Parteien auf Anraten der steuerlichen Berater eine mögliche Insolvenzantragspflicht hätten abwenden wollen, weil zu diesem Zeitpunkt Sanierungsbemühungen unter anderem durch Beteiligungsverhandlungen mit Dritten stattgefunden hätten. Es sei gewollt und evident gewesen, dass die Insolvenzantragstellung nur solange habe vermie-den werden sollen, als die Sanierungsbemühungen Aussicht auf Erfolg haben würden. Keinesfalls habe eine "Überlebensgarantie" für die Schuldnerin über den Zeitpunkt der Feststellung der Sanierungsfähigkeit bzw. Sanierungsunfä-higkeit hinaus abgegeben werden sollen.

14        b) Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag der Beklagten in seiner Tragweite verkannt. Das angefochtene Urteil beruht auch auf diesem Verfah-rensfehler. Diese Voraussetzung ist bereits dann erfüllt, wenn nicht ausge-schlossen werden kann, dass das Gericht bei Berücksichtigung des übergan-genen Vorbringens anders entschieden hätte (BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02, WM 2004, 46, 47 mwN). So liegt der Fall hier. Es ist nicht aus-zuschließen, dass das Berufungsgericht bei vollständiger Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten und nach ggf. erforderlicher weiterer Aufklärung des Sachverhalts durch die von der Beklagten angebotenen Beweise von einer wirksamen Kündigung der Vereinbarung vom 8. Februar 2002 ausgegangen wäre und deshalb eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung i.S. des § 280 Abs. 1 BGB abgelehnt hätte.

15        Für das weitere Verfahren ist zugunsten der Beklagten die Richtigkeit ih-res Vortrags revisionsrechtlich zu unterstellen, für die im Übrigen auch die sons-tigen unstreitigen bzw. festgestellten Tatsachen und eine interessengerechte Auslegung der Patronatserklärung sprechen.

16        Danach ist hier eine wirksame Kündigung anzunehmen.

17        aa) Die Parteien einer so genannten "harten Patronatserklärung", in der sich eine Patronin entweder - wie hier - intern gegenüber einer Konzerntochter-gesellschaft oder extern gegenüber einem Gläubiger dieser Gesellschaft rechtsverbindlich zur finanziellen Absicherung verpflichtet (zu den verschiede-nen möglichen Ausformungen vgl. von Rosenberg/Kruse, BB 2003, 641 ff.), können in Ausübung der ihnen zustehenden Privatautonomie ein ex nunc wirkendes Kündigungsrecht der Patronin vereinbaren (von Rosenberg/Kruse, BB 2003, 641, 645; Mirow, Der Konzern 2006, 112, 115; Ziemons, GWR 2009, 411; vgl. auch Haußer/Heeg, ZIP 2010, 1427, 1432).

18        Im Ausgangspunkt ist zwischen den Parteien unstreitig, dass es der Zweck der Patronatsvereinbarung war, ggf. im Zusammenspiel mit dem einer Zahlungsunfähigkeit entgegenstehenden cash-pool-Vertrag eine Überschul-dung zu vermeiden (zur grundsätzlichen Tauglichkeit von "harten" Patronatser-klärungen als Instrument zur Vermeidung bzw. Beseitigung einer insolvenz-rechtlichen Überschuldung vgl. Hausser/Heeg, ZIP 2010, 1427, 1430). Der Vor-trag der Beklagten geht im Kern dahin, dass sich die Schuldnerin und die Be-klagte darüber einig waren, dass durch die so genannte "Patronatserklärung" die wegen der akuten Krise der Schuldnerin ansonsten bestehende Insolvenz-antragspflicht allein für den Zeitraum ausgesetzt werden sollte, der für die Prü-fung von Sanierungsmöglichkeiten erforderlich war, die Beklagte aber keines-falls über den Zeitpunkt der Feststellung der Sanierungsfähigkeit bzw. Sanie-rungsunfähigkeit hinaus vertraglich gebunden werden sollte. Das Berufungsge-richt hat zudem unterstellt, dass die Gesellschafter der Beklagten die Bereit-schaft zur weiteren Investition von der Investitionsbereitschaft etwaiger Investo-ren abhängig gemacht haben. Gestützt wird dies durch den Bestätigungsver-merk der Abschlussprüfer der Schuldnerin zum 31. Dezember 2001, wonach der Fortbestand der Gesellschaft u.a. von der "Durchführung von weiteren Ei-genkapitalmaßnahmen durch deren Gesellschafter und/oder potentielle Investo-ren" abhänge (Anlage K 9 sowie Anlage K 10). Das Vorbringen der Beklagten ist auch unter Berücksichtigung der Interessen der Vertragsparteien nachvoll-ziehbar. Es bestehen schließlich keine durchgreifenden Anhaltspunkte, die an einer Aktivierbarkeit der Forderung der Schuldnerin aus der Patronatsvereinba-rung vom 8. Februar 2002 für den Zeitraum ihrer Geltung und damit an der Er-reichung ihres Zwecks zweifeln lassen könnten.

19        Die Parteien waren sich nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag der Beklagten mithin darüber einig, dass mit der Patronatsvereinbarung eine Insolvenz der Schuldnerin nicht dauerhaft, sondern nur für den Zeitraum vermieden werden sollte, welchen die Beklagte für die Überprüfung der Sanie-rungsmöglichkeiten - auch durch die Gewinnung externer Investoren - benötig-te. Die Beklagte durfte sich nach dem übereinstimmenden Willen der Vertrags-parteien und der Interessenlage von der Vereinbarung für die Zukunft lösen, wenn diese Überprüfung von Sanierungsmöglichkeiten zu einem negativen Er-gebnis kommen sollte. Damit sind die tatsächlichen Voraussetzungen eines konkludent vereinbarten Kündigungsrechts hinreichend dargelegt.

20        Der Rechtsgültigkeit eines solchen Kündigungsrechts steht die in Ziffer 3 der Vereinbarung geregelte Schriftformklausel nicht entgegen, da sich die Par-teien nach dem Vorbringen der Beklagten darüber einig waren, dass das Lö-sungsrecht der Beklagten neben dem Urkundeninhalt gelten sollte (zur Geltung von mündlichen Abreden trotz Schriftformklausel vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1976 - VIII ZR 97/74, BGHZ 66, 378, 380 f.).

21        Ob - wie das Berufungsgericht geprüft hat - gesetzliche Kündigungsrech-te gemäß § 314 Abs. 1 BGB, analog § 490 Abs. 1 BGB nF/§ 610 BGB aF oder § 723 BGB bestehen, oder aber ob das Freistellungsversprechen von vornher-ein auflösend bedingt durch den negativen Ausgang der Prüfung der Sanie-rungsmöglichkeiten war, kann bei der hier nahe liegenden Vereinbarung eines vertraglichen Kündigungsrechts ebenso auf sich beruhen wie die Frage einer Anpassung der Abrede unter dem Gesichtspunkt der Störung oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage.

22        bb) Die in Ausübung eines vertraglichen Lösungsrechts ausgesprochene Kündigung vom 11. November 2002 wäre auch wirksam.

23        (1) Die Kündigung wäre zunächst nicht deshalb unwirksam, weil die in der Patronatserklärung eingegangene Verpflichtung der Beklagten als eigenka-pitalersetzende Gesellschafterhilfe in der Krise der Schuldnerin anzusehen ist und deshalb nicht mehr rückholbar, sondern zu erfüllen war.

24        Die für diesen Altfall (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2009 - II ZR 260/07, BGHZ 179, 249 Rn. 15 ff. - GUT BUSCHOW) im Ansatz noch heranzuziehenden Grundsätze des Eigenkapitalersatzes finden hier keine An-wendung. Der Senat hat bereits entschieden, dass Raum für die Anwendung der Regeln des Kapitalersatzrechts nur ist, soweit der Gesellschafter eine Leis-tung tatsächlich erbracht hat. Nur dann kann sich die Frage stellen, ob die Hilfe, die der Gesellschafter der GmbH als Drittgläubiger gewährt hat, ungeachtet ihrer formalen Einordnung etwa als Darlehen, als entgeltliche Gebrauchsüber-lassung oder als Kreditsicherheit funktionales Eigenkapital darstellt und aus diesem Grunde der Auszahlungssperre des § 30 GmbHG aF unterliegt. Die Rechtsfolgen der Umqualifizierung beschränken sich demgemäß auf ein Ab-zugsverbot, eine Pflicht zur Zuführung neuer Eigenmittel ist mit den Eigenkapi-talersatzgrundsätzen nicht zu rechtfertigen (BGH, Urteil vom 28. Juni 1999 - II ZR 272/98, BGHZ 142, 116, 120; BGH, Urteil vom 19. September 1996 - IX ZR 249/95, BGHZ 133, 298, 303). Mithin folgt aus diesen Grundsätzen auch kein Gebot, zugesagte Kreditmittel - entgegen § 610 BGB aF - auch noch in der Krise zu zahlen (K. Schmidt, ZIP 1999, 1241, 1244).

25        (2) Die Beklagte hat hier keine Leistung in das Vermögen der Schuldne-rin erbracht, sondern lediglich die Freistellung von Verbindlichkeiten auf Anfor-derung der Schuldnerin versprochen. Die Patronatserklärung war ferner keine Sicherheit für einen in der Krise gewährten Drittkredit und kann deshalb auch nicht unter diesem Gesichtspunkt in funktionales Eigenkapital umqualifiziert werden (dazu Goette/Kleindiek, Gesellschafterfinanzierung nach MoMiG, 6. Aufl. Rn. 185 ff. mwN). Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage schließ-lich auch nicht vorgetragen, die Beklagte habe tatsächlich Gläubiger der Schuldnerin befriedigt und ihren insoweit entstandenen Regressanspruch - dar-lehensähnlich - gestundet (vgl. dazu Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 32a Rn. 95; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 122).

26        Im Übrigen dient die Patronatserklärung nach der Abrede der Beklagten und der Schuldnerin i.S. einer Überbrückungsvereinbarung gerade dazu, dass sich die Beklagte als Gesellschafterin in der akuten Krise ihrer Tochtergesell-schaft darüber klar werden kann, ob sie haftendes Eigen- oder Fremdkapital nachschießen kann oder aber das Insolvenzverfahren bzw. die Liquidation be-treiben muss. Die Parteien haben die Patronatsvereinbarung mithin gerade zu dem Zweck getroffen, eine Finanzierungsfolgenentscheidung der Beklagten zwischen den dem Eigenkapitalersatzrecht zugrunde liegenden Handlungsal-ternativen eines ordentlichen Kaufmanns in der bereits eingetretenen Krise erst möglich zu machen.

27        cc) Die Patronatserklärung wäre auch nicht nach den Grundsätzen des sog. "Finanzplankredits" unkündbar.

28        (1) Allerdings hat der Senat entschieden, dass Gesellschafter einer Pub-likumsgesellschaft, einer GmbH & Co. KG oder einer GmbH sich verpflichten können, neben ihrer Einlage der Gesellschaft ein Darlehen zu gewähren, das je nach Ausgestaltung der Abreden einlageähnlichen Charakter haben und ggf. die Pflicht begründen kann, auch bei einer Verschlechterung der Vermögens-verhältnisse der Gesellschaft das Darlehensversprechen zu erfüllen (sog. "Fi-nanzplankredit", BGH, Urteil vom 28. Juni 1999 - II ZR 272/98, BGHZ 142, 116, 121; vgl. auch BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, DStR 2010, 1245 Rn. 6). Aufgehoben werden können soll nach diesem Urteil eine derartige, einlageähnlich wirkende Darlehenszusage grundsätzlich nur vor Eintritt der Kri-se. Im Insolvenzfall soll der Gesellschafter dagegen regelmäßig vereinbarungs-gemäß leisten müssen und sich vor allem nicht auf § 610 BGB aF (§ 490 BGB nF) berufen dürfen. Diese Sperrwirkung beruht nach der Senatsrechtsprechung nicht auf einer Anwendung der Regeln über den Eigenkapitalersatz, sondern ergibt sich aus einer sinnentsprechenden Heranziehung der gesetzlichen Re-geln, die das GmbHG für die Befreiung von eingegangenen, aber nicht voll-ständig erfüllten Einlagepflichten aufgestellt hat. Wie sich aus § 19 Abs. 2 und 3 GmbHG ergibt, bedarf es für den Erlass der Einlagepflicht, dem materiell die Aufhebung einer einlageähnlichen Darlehenszusage entspricht, einer Kapital-herabsetzung nach § 58 GmbHG, die jedenfalls gegen den Willen der Gläubiger der Gesellschaft nicht durchgeführt werden kann (BGH, Urteil vom 28. Juni 1999 - II ZR 272/98, BGHZ 142, 116, 121 mwN; krit. zu diesem Begründungs-ansatz K. Schmidt, ZIP 1999, 1241, 1250).

29        (2) Ob an dieser Rechtsprechung entgegen der an ihr geäußerten Kritik festzuhalten ist, bedarf hier keiner Entscheidung, denn sie führt im Streitfall nicht zu einer Unwirksamkeit der Kündigung. Zum einen ist die "Patronatserklä-rung" der Beklagten keine einlageähnliche Darlehenszusage i.S. dieser Grund-sätze (a). Jedenfalls ergibt sich die Kündbarkeit der Patronatserklärung aber aus der - revisionsrechtlich zu unterstellenden - Abrede der Parteien, wonach die in der akuten Krise abgegebene Patronatserklärung lediglich eine Interims-wirkung für den Zeitraum der Prüfung einer Sanierungsfähigkeit haben sollte und nicht als "Überlebensgarantie" für die Schuldnerin über den Zeitpunkt der Feststellung der Sanierungsfähigkeit bzw. Sanierungsunfähigkeit hinaus abge-geben worden ist (b).

30        (a) Die Patronatserklärung der Beklagten entspricht nicht einer einlage-ähnlichen Darlehenszusage, welche gemäß den Grundsätzen des "Finanzplankredits" nach den Regeln der nicht vollständig erfüllten Einlagepflicht in der Kri-se nicht mehr rückholbar ist.

31            Allerdings wird eine Patronatserklärung, in welcher der Patron an das patronierte Unternehmen Liquiditätszusagen macht (eine solche Liquiditätszu-sage lag auch der Entscheidung "BORIS BECKER/SPORTGATE" des Senats vom 8. Mai 2006 - II ZR 94/05 - zugrunde, war dort aber nicht entscheidungser-heblich, vgl. ZIP 2006, 1199, 1200), teilweise als aufschiebend bedingtes Dar-lehensversprechen angesehen (Allstadt-Schmitz in Ebenroth/Boujong/ Joost/ Strohn, HGB, 2. Aufl., IV Rn. 693; dem folgend OLG München, ZIP 2004, 2102, 2104). Auch das Berufungsgericht ist hier davon ausgegangen, die Patronats-erklärung der Beklagten sei als aufschiebend bedingtes Darlehensversprechen anzusehen.

32        Dem kann nicht gefolgt werden. Ob bei einer konzerninternen, einer Tochtergesellschaft gegenüber abgegebenen Patronatserklärung die Tochter zugesagte Mittel darlehensweise erhalten oder aber nicht zur Rückzahlung an die Patronin verpflichtet sein soll, hängt vom Inhalt der getroffenen Vereinba-rung ab (von Rosenberg/Kruse, BB 2003, 641, 642). Zwar spricht gegen einen Darlehenscharakter der Vereinbarung noch nicht, dass der Schuldnerin kein Anspruch auf finanzielle Ausstattung, sondern ein Freistellungsanspruch einge-räumt wird. Denn ein Geldbetrag kann im Sinne des § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB auch durch Zahlung an Dritte (§ 362 Abs. 2 BGB) "zur Verfügung gestellt" wer-den (Palandt-Weidenkaff, BGB, 69. Aufl., § 488 Rn. 8). Eine darlehenstypische Rückzahlungsverpflichtung in Bezug auf eventuelle Regressansprüche der Pat-ronin wurde im Streitfall für den hier maßgebenden Fall der Krise aber aus-drücklich ausgeschlossen, denn die Parteien haben in der Patronatserklärung insoweit ausdrücklich den Erlass von (Regress-)Forderungen der Patronin ge-gen die Schuldnerin vereinbart.

33        (b) Jedenfalls folgt die Kündbarkeit der Patronatserklärung trotz der Krise der Schuldnerin aus der revisionsrechtlich zu unterstellenden Vereinbarung der Parteien, die Insolvenzreife der Schuldnerin nicht dauerhaft, sondern nur für die Zeit der Überprüfung von Sanierungsmöglichkeiten zu vermeiden.

34        Kern der Grundsätze zum "Finanzplankredit" ist, dass sich eine Pflicht zur Leistung des Gesellschafters allein nach Maßgabe der zwischen den Ge-sellschaftern selbst oder zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft getroffenen Abrede ergeben kann (BGH, Urteil vom 28. Juni 1999 - II ZR 272/98, BGHZ 142, 116, 121 mwN). Der Gesellschafter kann allein kraft seiner privatautonom begründeten Verpflichtung auf Auszahlung eines verspro-chenen "Finanzplankredits" in Anspruch genommen werden (Goette/Kleindiek, Gesellschafterfinanzierung nach MoMiG, 6. Aufl., Rn. 275). Dieses vom Prinzip der Privatautonomie geprägte Grundverständnis des Finanzplankredits bedingt es, dass nicht nur die Fragen des Ob und des Wie einer Zahlungspflicht des Gesellschafters, sondern auch dessen Lösungsmöglichkeiten von einer intern gebliebenen Finanzplanvereinbarung sich grundsätzlich nach den Vereinbarun-gen der Parteien richten (vgl. auch Kleindiek, WuB II C, § 32a GmbHG 4.01; Altmeppen, NJW 1999, 2812, 2813; K. Schmidt, ZIP 1999, 1241, 1250). Dies gilt jedenfalls für eine konzernintern abgeschlossene Patronatsvereinbarung, in der - wie hier - eine Verpflichtung zur Freistellung von Gläubigerforderungen nicht vor, sondern bereits während der Krise und nach der Abrede zwischen Patronin und patronierter Konzerngesellschaft ausschließlich für den Zeitraum versprochen wird, der zur Prüfung der Möglichkeit einer aktuell zur Abwendung des ansonsten zu stellenden Insolvenzantrags erforderlichen Sanierung not-wendig ist. Ob etwas anderes gilt, wenn die konzernintern abgegebene Patro-natserklärung dergestalt bestimmungsgemäß an Gläubiger verlautbart wird, dass diesen gegenüber ein Haftungstatbestand begründet wurde, bedarf hier keiner Entscheidung. Soweit das Berufungsgericht meint, es müsse davon ausgegangen werden, dass "mit Wissen und Wollen der Beklagten die Patronats-erklärung in der Jahresbilanz ohne Befristung offen gelegt" worden sei, fehlen Feststellungen, die diese Annahme tragen könnten.

35        Einer Lösungsmöglichkeit kann nicht entgegengehalten werden, dass auch eine solche in der Krise für einen für nötig gehaltenen Prüfungszeitraum gegebene Patronatserklärung die Gesellschaft in die Lage versetzt hat, weiter werbend am Markt tätig zu sein und damit potentiell Gläubigerinteressen zu gefährden. Denn selbstverständlich - dies stellt die Beklagte hier auch gar nicht in Abrede - entfaltet die Patronatserklärung vom 8. Februar 2002 bis zu ihrer nur ex nunc eingreifenden Kündigung Wirkung (vgl. dazu auch von Rosenberg/ Kruse, BB 2003, 641, 645; Ziemons, GWR 2009, 411 f.).

36        2. Das Berufungsurteil erweist sich nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO).

37        a) Es kann nicht mit der Begründung aufrechterhalten werden, der Kläger habe die Kündigung gemäß § 135 InsO aF wirksam angefochten, die Beklagte habe deshalb nach § 143 InsO eine fortgeltende Ausstattungspflicht. Zu Un-recht meint der Kläger, die Beklagte habe sich durch die Zusage der Finanz-ausstattung der Schuldnerin gebunden und ihr Vermögen mit diesem Leis-tungsversprechen belastet, weshalb die Kündigung als Rücknahme dieses Leis-tungsversprechens eine Befriedigung i.S. des § 135 InsO aF sei.

38        aa) Eine Forderung auf Rückgewähr eines kapitalersetzenden Darlehens i.S. der ersten Alternative von § 135 InsO aF stand der Beklagten nicht zu. Wie bereits ausgeführt, scheidet die Anwendung der Eigenkapitalersatzgrundsätze hier aus.

39        bb) Auch eine dem kapitalersetzenden Darlehen "gleichgestellte Forde-rung" unter dem Gesichtspunkt der Stundung von Regressforderungen gegen die Gesellschaft (dazu Jaeger/Henckel, InsO, § 135 Rn. 7; zu § 32a GmbHG aF Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 32a Rn. 95; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 122) liegt nicht vor. Dass die Beklagte auf der Grundlage der Patronatserklärung tatsächlich Gläubiger der Schuldnerin befriedigt hätte und ihr deshalb Regressforderungen zustehen, die Gegenstand einer Stundung, also eines darlehensähnlichen Akts sein könnten, hat der Klä-ger nicht substantiiert vorgetragen und im Übrigen auch nicht zur Grundlage seiner Klage sowie der Insolvenzanfechtung gemacht. Hinzu kommt, dass die Patronatserklärung - wie bereits dargelegt - die Vereinbarung enthielt, dass die Beklagte im Hinblick auf alle Forderungen gegen die Schuldnerin, mithin auch für eventuelle Regressforderungen aufgrund der Befriedigung von Gläubigern der Schuldnerin, einen (qualifizierten) Rangrücktritt erklärt hat; für den - hier vorliegenden - Fall der formalen Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat die Be-klagte sogar den Erlass der (Regress-)Forderungen gegen die Schuldnerin er-klärt.

40        cc) Jedenfalls ist die - berechtigte - Kündigung der Patronatserklärung keine "Befriedigung" i.S. des § 135 Nr. 2 InsO aF.

41            Während für den gesetzlichen Normalfall des eigenkapitalersetzenden Darlehens die Erfüllung des Anspruchs auf Rückzahlung die anfechtbare Be-friedigung ist, wäre die Befriedigung in der hier relevanten Konstruktion der "ei-genkapitalersetzenden Stundung von Regressforderungen" die - hier nicht vor-getragene - Erfüllung der einzelnen Regressforderungen durch die Schuldnerin. Die vom Kläger zur Grundlage seiner Insolvenzanfechtung gemachte Kündi-gung der Patronatserklärung führt demgegenüber lediglich dazu, dass es für die Zukunft nicht mehr zu Regressforderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin und damit zu keinen "eigenkapitalersetzenden Stundungen" dieser Forde-rungen kommen kann. Die Beklagte hat nichts in der Krise geleistet, folglich konnte auch keine Leistung verstrickt sein und deshalb auch keine Rückholung einer verstrickten Leistung vorliegen, welche der Anfechtung nach § 135 InsO aF unterliegen könnte.

42        b) Das Berufungsurteil kann schließlich nicht mit der Begründung (teil-weise) aufrechterhalten werden, dass die Beklagte - wie von ihr selbst auch nicht in Abrede gestellt - jedenfalls bis zum 12. November 2002 aus der Patro-natserklärung hafte. Insoweit fehlen hinreichende tatrichterliche Feststellungen zum Grund und zur Höhe eines solchen Anspruchs. Nach dem klaren Wortlaut der Patronatsvereinbarung betrifft die Freistellungsverpflichtung der Beklagten lediglich bereits fällig gewordene Verbindlichkeiten der Schuldnerin. Insoweit hat die Beklagte bereits vorprozessual im Schreiben vom 22. Oktober 2003 und wiederholt in den Tatsacheninstanzen vorgebracht, der Kläger habe nicht zwi-schen den bis zur Kündigung der Patronatsvereinbarung fälligen und den zwar möglicherweise bereits begründeten, aber erst danach fällig werdenden Forde-rungen der Gläubiger unterschieden, so dass es an einem substantiierten Vor-trag des Klägers insoweit fehle. Abweichende Feststellungen hat das Beru-fungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht getroffen.

43        III. Die Wiedereröffnung des Berufungsverfahrens gibt dem Oberlandes-gericht die Gelegenheit, die bisher unterbliebenen Feststellungen zu den von der Beklagten aufgestellten und - wie ausgeführt - gut nachvollziehbaren Be-hauptungen zum übereinstimmenden Verständnis der Grenzen der Patronats-erklärung zu treffen.

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