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Wirtschaftsrecht
30.09.2008
Wirtschaftsrecht
: Zur Haftung des Insolvenzverwalters aus übergeleitetem Recht des Bürgen

OLG Schleswig, Urteil vom 25.7.2008 - 4 U 13/08

Sachverhalt

Die Klägerin beansprucht von dem Beklagten aus übergeleitetem Recht die Zahlung rückständiger Mieten für die Monate November und Dezember 2003. Dabei handelt es sich um einen Anspruch aus dem Mietvertrag vom 15.01./17.01.2001, den die Vormieterin (D. GmbH) mit der „Eigentümergemeinschaft D." (G., D., D. und K.), vertreten durch die Grundstücksverwaltungsfirma „W. GmbH", geschlossen hat. Der ursprünglich darüber hinaus geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von Leasingraten in Höhe von 1,613,21 Euro bzw. auf Erstattung eines Vergleichsbetrages in Höhe von 2.700,- Euro aus dem Rechtsstreit S. ./. C. GmbH (Amtsgericht Frankfurt Az. 29 C 2831/04) ist schon im ersten Rechtszug zurückgenommen worden (in Höhe von 1.613,21 Euro) bzw. rechtskräftig abwiesen worden (die Klägerin hat keine Berufung eingelegt). Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil vom 30.10.2007 den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 33.014,77 Euro nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 05.11.2003 aus 15.640,01 Euro, und seit dem 18.12.2003 aus 17.374,76 Euro zu zahlen. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er ist der Ansicht, die Klägerin sei hinsichtlich der zuerkannten Mietzinsforderung nicht aktivlegitimiert. Ein Rückgriffsanspruch auf den Beklagten sei ferner nach den Regeln des eigenkapitalersetzenden Darlehens (§§ 31, 32 a und b GmbHG) ausgeschlossen. Aufgrund einer Rangrücktrittsvereinbarung zwischen der Klägerin und der Gemeinschuldnerin (A. GmbH, vormals D. GmbH) vom 15.05.2002 handele sich ferner nur um eine nachrangige Insolvenzforderung gern. § 39 Abs. 2 Ins0. Im Übrigen sei die Höhe der zuerkannten Forderung nicht nachvollziehbar, ausweislich des Mietvertrages vom 15./17.01.2001 sei lediglich eine monatliche Bruttomiete in Höhe von 30.589,20 DM (= 15.640.91 Euro) vereinbart gewesen.

Die mit Schriftsatz vom 13.07.2006 geltend gemachte Hilfsaufrechnung (mit einer Teilforderung in Höhe von 42.181,78 Euro aus dem Rechtsstreit des Beklagten gegen die Klägerin vor dem Landgericht Frankfurt/Main Az. 2-25 O 600/05) hat der Beklagte im Termin vom 16. Juli 2008 fallengelassen. Die Klage vor dem Landgericht Frankfurt (Az. 2-25 O 600/05) ist inzwischen rechtskräftig abgewiesen worden.

Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Termin am 16.07.2008 hat die Klägerin klargestellt, dass - entgegen dem Vortrag aus dem Schriftsatz vom 13.01.2006 Seite 3 (Bl. 104 GA) - die Klägerin ihre am 07.01.2002 erworbenen Anteile an der Gemeinschuldnerin (49 % der Gesellschaftsanteile an der A. GmbH im Nominalwert von 18.300,- Euro) mit notariellem Vertrag vom 30. Juli 2002 (und nicht vom 22.06.2002, insoweit habe es sich lediglich um einen Entwurf gehandelt) zum Anschaffungspreis für Rechnung der Media! AG München in die M. GmbH eingebracht hat (vgl. den notariellen Einbringungsvertrag vom 30. Juli 2002, UR Nr. 1608/2002 des Notars Dr. S., Köln; Anlage K 21 BI. 146 - 160 GA). Wegen des Sachverhalts wird im Obrigen vollumfänglich auf das angefochtene Urteil einschließlich der darin enthaltenen Verweisungen sowie des Tatbestandsberichtigungsbeschlusses des Landgerichts vom 07.12.2007 (BI. 258/259 GA) Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze sowie die Ergänzungen im Termin vom 16.07.2008 Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Berufung des Beklagten ist - bis auf eine verhältnismäßig geringfügige Teilforderung in Höhe von 1.734,75 Euro - unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten dem Grunde nach gem. §§ 535 Abs. 2, 55 Abs. 1 Nr. 2 lnsO zur Zahlung der streitgegenständlichen Mieten für die Monate November und Dezember 2003 verurteilt. Die Einwendungen des Beklagten sind - bis auf die Korrektur hinsichtlich der zuerkannten Mietzinshöhe - unbegründet.

1. Die Klägerin ist Forderungsinhaberin und damit aktivlegitimiert.

Gegenstand der Klage ist eine Mietzinsforderung aus dem ursprünglichen Mietvertrag vom 15./17.01.2001 zwischen den Vermietern (= Eigentümergemeinschaft D.) und der Vormieterin (= D. GmbH, später C. GmbH) über Gewerbeflächen im Umfang von 1.172 qm in dem Objekt B. Chaussee in Hamburg zum Betrieb einer Agentur für Content- und Internetbroadcasting (BI. 40 - 52 GA). Gemäß § 6 des Mietvertrages war ein Mietzins in Höhe von monatlich 15.640.01 Euro (= 30.589,20 DM) brutto vereinbart.

Diesen Mietvertrag hat die Gemeinschuldnerin (= A. GmbH, vormals D. GmbH) als Mieterin in Form eines dreiseitigen schriftlichen Nachtrages vom 28.12.2001 (vgl. Nachtrag Nr. 1 zum Mietvertrag; Anlage B 6) zum 1. Januar 2002 übernommen. Der Umstand, dass für die Gemeinschuldnerin nur ein Geschäftsführer die schriftliche Vereinbarung unterschrieben hat, ändert nichts an ihrer Wirksamkeit. Unstreitig hat die Gemeinschuldnerin nämlich das Mietverhältnis bis zur Insolvenzeröffnung (am 01.11.2003) mit Zustimmung aller Geschäftsführer (S., R. und H.) fortgesetzt. Insoweit ist zumindest von einer konkludenten Genehmigung (§ 184 BGB) durch die beiden anderen Geschäftsführer auszugehen. Im Übrigen hat der Beklagte bereits mit vorgerichtlichem anwaltlichem Schreiben vom 29.07.2004 (vgl. Anlage K 8 Rechtsanwalt Dr. W. aus der Sozietät T. und Partner) diesen Umstand für unstreitig erklärt. Im zweiten Rechtszug wird dies auch nicht mehr problematisiert.

Die Klägerin hat die streitgegenständliche Mietzinsforderung gem. §§ 675, 667, 398 BGB von der bürgenden Bank (= H. & A. Privatbankiers, Frankfurt/Main) erworben.

Im Auftrag der Klägerin (§§ 675 ff.) war die bürgende Bank aufgrund ihrer Bürgschaftserklärung vom 02.01.2002 (Bürgschaftserklärung Nr. 01-071; vgl. Anlage K4) gegenüber den Vermietern verpflichtet, für die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin hinsichtlich der Mietzinsen bis zum Höchstbetrag der Bürgschaft einzustehen. Unstreitig haben die Vermieter die bürgende Bank mit Schreiben vom 26.04.2004 (Anlage K 7) wegen der rückständigen Mieten seit August 2003 in Anspruch genommen und unstreitig wurden auch die Mieten für die Monate November und Dezember 2003 von der Bürgin an die Vermieter gezahlt (15.640,01 Euro am 05.11.2003 und 17.374,76 Euro am 18.12.2003). Gemäß § 774 BGB ging damit die Hauptforderung (d. h. die streitgegenständliche Mietzinsforderung für die Monate November und Dezember 2003) auf die bürgende Bank über.

Im Verhältnis zur Klägern stand der bürgenden Bank gern. §§ 675, 670 BGB insoweit ein Aufwendungsersatzanspruch zu. Die Aufwendungen der Bank im Rahmen der Bürgschaft für die Mieten November/Dezember 2003 wurden von der Klägerin gemäß Zahlungen vom 04.11.2003 (BI. 66 GA) und 17.12.2003 (BI. 67 GA) in vollem Umfang von dem Konto Nr. 58857-02 erstattet (vgl. insoweit auch die Bestätigung aus der Buchhaltung der Klägerin vom 13.04.2004; Anlage K 6). Im Gegenzug war die bürgende Bank gemäß § 667 BGB verpflichtet, das aus der Geschäftsbesorgung erlangte (hier den gern. § 774 BGB übergegangenen Mietzinsanspruch) an die Klägerin herauszugeben, mithin die Mietzinsforderung abzutreten (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 67. Aufl., § 667 Rn. 7 mit Hinweis auf BGH DB 58, 133). Im Hinblick auf den Umstand, dass die bürgende Bank offenbar bis heute keine eigene Mietzinsansprüche gegen den Beklagten geltend gemacht hat (die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft liegt schon über 4'/2 Jahre zurück) und dass unstreitig eine Befriedigung ihres Aufwendungsersatzanspruchs aus gepfändeten Bankguthaben der Klägerin stattgefunden hat, ist hier von einer konkludenten Abtretung der Mietzinsforderung von der bürgenden Bank an die Klägerin nach §§ 675, 667, 398 BGB auszugehen. Schließlich hat die bürgende Bank - ausweislich des Kontoauszuges vom 05.11.2003; Anlage K 11, BI. 66 GA - sogar die Avalprovision (in Höhe von 0,5 % für die Bürgschaft Nr. 01-071) für den Zeitraum vom 04.11.03 bis 31.12.03 der Klägerin wieder gutgeschrieben (i. H. v. 12,16 Euro, vgl. BI. 66 GA). Deshalb kann offen bleiben, ob hier - wie das Landgericht meint - auch ein gesetzlicher Forderungsübergang gern. § 1225 BGB in unmittelbarer oder analoger Anwendung in Betracht kommt.

Die ergänzenden Ausführungen des Beklagten aus den nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 18.07.2008 und 22.07.2008 rechtfertigen nicht die Wiedereröffnung der Verhandlung i. S. v. § 156 ZPO.

2. Die Klägerin ist nach den Regeln. zum Eigenkapitalersatz (§§ 32.a ff. GmbHG) nicht als nachrangige Insolvenzgläubigerin anzusehen.

Eine Bürgschaft des Gesellschafters ist dann als eigenkapitalersetzend zu qualifizieren, wenn sie in der „Krise" der Gesellschaft (d. h. zu einem Zeitpunkt, in dem ihr die Gesellschaft als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten) gewährt worden ist oder wenn sie in der Krise (statt einer ordnungsgemäßen Eigenkapitalausstattung) stehen gelassen wurde, Beide Varianten hat der Beklagte nicht bewiesen.

Unstreitig ist die Klägerin (noch unter der früheren Firma „D. GmbH") erst durch den Erwerb von 49 % der Geschäftsanteile an der Gemeinschuldnerin (18.300,- Euro von Nominal insgesamt 37.500,- Euro) am 07.01.2002 Mitgesellschafterin der Gemeinschuldnerin geworden. Die Gesellschaftsanteile der beiden früheren Gesellschafter R. und S. (insgesamt 49 %) wurden seinerzeit - so die Klägerin - zum Preis von 2.556.000,- Euro gekauft. Dies hat der Zeuge R. (= vormaliger Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer der Gemeinschuldnerin) bei seiner Anhörung vor dem Landgericht am 01.10.2007 bestätigt (vgl. BI. 220 GA: für seinen Gesellschaftsanteil von nominal ca. 9.000,- Euro soll die Klägerin 1,3 Mio. Euro gezahlt haben).

Bei dem „gesellschaftsrechtlichen Einstieg" der Klägerin handelte es sich nur um einen kurzfristigen „Trade und Sale". Die Klägerin hat nämlich bereits mit notariellem Vertrag vom 30.07.2002 (UR Nr. 1608/2002 des Notars Dr. S., Köln; Anlage K 21) - und damit nur knapp 7 Monate später- wieder ihren 49%igen Anteil an der Gemeinschuldnerin zum Anschaffungspreis an die Media! AG München verkauft und in die M. GmbH (= M. GmbH) eingebracht. Letztere wurde dann durch Verschmelzung des ebenfalls übertragenen 51%igen Gesellschafteranteils von der D. GmbH (später C. GmbH) Alleingesellschafterin (zu 100 %) der Gemeinschuldnerin.

Unstreitig war die Klägerin damit nur in der Zeit vom 7. Januar 2002 bis zum 30. Juli 2002 (Mit-)Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin. Zum Zeitpunkt der Ausbringung der Bankbürgschaft (2. Januar 2002) war. die Klägerin noch keine (Mit-) Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin. Die Gesellschafterstellung ist jedoch sowohl im Augenblick der Darlehensgewährung als auch zum Zeitpunkt des Stehen lassen des Darlehens im Fall einer Krise (entsprechend der Legaldefinition § 32 a Abs. 1 GmbHG) unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln (vgl. OLG Hamm GmbHR 1994, 56). Die Klägerin war weder zum Zeitpunkt der ausgereichten Mietbürgschaft (02.01.2002) noch zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung (vorläufige Insolvenzeröffnung am 20.08.2003; endgültige Insolvenzeröffnung am 01.11.2003) Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin. Dies war sie nur kurzfristig (ca. 7 Monate lang) in dem Zeitraum vorn 7. Januar bis zum 30. Juli 2002. Während dieses Zeitraums hat der Beklagte jedoch eine Krise der Gemeinschuldnerin im Sinne von § 32 a Abs. 1 GmbHG nicht bewiesen.

Gegen eine Krise der Gemeinschuldnerin während der Zeit der Gesellschafterstellung der Klägerin spricht bereits die Urkundslage. Gemäß der Aktennotiz des damaligen Mitgeschäftsführers der Gemeinschuldnerin (des Zeugen H.) vom 31.03.2002 (vgl. Anlage K 20: „Memo" H./S.) verfügte die Gemeinschuldnerin per 31.03.2002 über liquide Mittel in Höhe von 508.164,10 Euro (BI. 132 GA). Den Verbindlichkeiten gegenüber Dritten in Höhe von 875.019,51 Euro standen Forderungen (Aktiva) in Höhe von 1.430.418,41 Euro gegenüber. Der Zeuge H. hat bei seiner Anhörung am 9. Juli 2007 bestätigt, dass zu diesem Zeitpunkt die Gemeinschuldnerin „wirtschaftlich gesund" gewesen sei. Mit der Gemeinschuldnerin sei es erst - so der Zeuge H. - in der zweiten Jahreshälfte 2002 „finanziell bergab gegangen" (Bl. 194 GA). Auch der damalige Buchhalter der Klägerin, der Zeuge Dirk Stolzenburg, hat erklärt, dass er zwar den Quartalsbericht der Gemeinschuldnerin per 31.03.2002 (Anlage K 20) nicht persönlich geprüft habe, dass aber generell die Gemeinschuldnerin zu den „gesünderen Töchtern des Konzerns" gehört und sich nicht in einer wirtschaftlichen Krisensituation befunden habe. Der Geschäftsführer des neuen Alleingesellschafters der Gemeinschuldnerin (seit dem 30.07.2002 M. K. B. GmbH), der Zeuge Dipl.-Ing. H., hat erklärt, dass zum Zeitpunkt des Einbringungsvertrages (30.07.2002) die Gemeinschuldnerin „finanziell gesund" gewesen sei. Der Zeuge R. (seinerzeit noch Mitgeschäftsführer der Gemeinschuldnerin) hat erklärt, dass das Geschäftsergebnis der Gemeinschuldnerin im Jahr 2002 „neutral bis leicht positiv" gewesen sei. Erst über die spätere Muttergesellschaft (M. GmbH als 100%ige Tochter der M. AG München) hätten - so der Zeuge R. - 20 Mitarbeiter übernommen werden müssen, weil man sich so über die Gemeinschuldnerin einen entsprechenden Marktzugang erhofft hatte. Diese 20 Mitarbeiter hätten zwar Kosten (eine halbe bis dreiviertel Million Euro) verursacht, aber noch keinen Umsatz erbracht. Wirtschaftlich sei dies erst in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2002 (d. h. nach Einbringung der Gesellschaftsanteile von der Klägerin in die M. GmbH) zu tragen gekommen. Während der ca. 7-monatigen Gesellschafterstellung der Klägerin vom 07.01.2002 bis zum 30.07.2002 ist damit eine wirtschaftliche Krise der Gemeinschuldnerin nicht bewiesen.

Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nach § 286 ZPO nicht zu beanstanden. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung berechtigt das Gericht, die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse grundsätzlich nach seiner individuellen Einschätzung zu bewerten, wobei der Richter lediglich an die Denk-, Natur- und Erfahrungsgesetze gebunden ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 286 Rn. 13). Ein Verstoß gegen diese Grundsätze ist nicht erkennbar. Infolge der Neuregelung in § 529 ZPO steht die Wiederholung der Beweisaufnahme außerdem nicht mehr im reinen Ermessen des Gerichts. Sie ist im Sinne eines gebundenen Ermessens vielmehr nur dann zulässig, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen und eine gewisse - nicht überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung der erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, a. a. O., § 529 Rn. 3 und 4). Solche konkreten Anhaltspunkte werden mit der Berufung aber nicht vorgetragen. Die Anhörung des Zeugen R. hat eine wirtschaftliche Krise der Gemeinschuldnerin während der Zeit der Gesellschafterstellung der Klägerin gerade nicht bewiesen. Die Gemeinschuldnerin war im operativen Geschäft tätig. Eine wirtschaftliche Krise entwickelte sich - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - frühestens in der zweiten Hälfte des Jahres 2002, d. h. zu einem Zeitpunkt, als die Klägerin nicht mehr Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin war.

Zwar sind die Regeln über eine kapitalersetzende Gesellschafterleistung (hier Bürgschaft) auch zu Lasten eines ausgeschiedenen Gesellschafters anzuwenden, wenn der Tatbestand, aus dem sich für den Fall einer Inanspruchnahme des Bürgen ein Rückgriffsanspruch gegen die Gesellschaft ergeben könnte, noch im Zusammenhang mit dessen Gesellschafterstellung begründet worden ist (BGH NJW 1981, 2570 - 2573). Entscheidend ist aber, dass der Gesellschafter seine Kredithilfe (hier in der Gestalt der Gewährung einer Bankbürgschaft) zu einer Zeit aufrechterhalten hat, als die Gesellschaft ohne diese Hilfe nicht mehr kreditfähig war. Dieser Umstand ist aber hier gerade nicht bewiesen.

3. Bei der streitgegenständlichen Mietzinsforderung handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 2 Ins0. Dazu gehören Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss. Der Beklagte, der seit dem 01.11.2003 zum Insolvenzverwalter für das Vermögen der Gemeinschuldnerin bestellt worden ist, hat den Mietvertrag erst im Januar 2004 gekündigt. Zum 31.03.2004 ist dann der Mietvertrag einvernehmlich aufgehoben worden.

Es handelt sich nicht um eine nachrangige Insolvenzforderung im Sinne von § 39 Abs. 2 InsO. Dazu gehören solche Forderungen, bei denen zwischen Gläubiger und Schuldner (hier der Gemeinschuldnerin) der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist. Eine entsprechende Rangrücktrittsvereinbarung haben die Klägerin und die Gemeinschuldnerin am 15.05.2002 (Anlage B 10, BI. 204 GA) geschlossen. Darin heißt es:

„... hiermit treten wir mit unseren sämtlichen Forderungen einschließlich Zinsen und Kosten gegen die D. GmbH hinter alle Forderungen aller zukünftigen und gegenwärtigen anderen Gläubiger im Rang zurück ... Bis zur Abwendung einer Krise sind unsere Forderungen auch nicht vor, sondern nur zugleich mit den Einlagerückgewähransprüchen unserer Mitgesellschafter zu berücksichtigen. Im Falle der Liquidation können wir die Tilgung unserer Forderungen nur aus einem Liquidationsüberschuss verlangen".

Diese Rangrücktrittvereinbarung bezieht sich nicht auf die streitgegenständliche Forderung. Diese ist erst Ende 2003 (Mieten für die Monate November und Dezember 2003) entstanden und gern. §§ 765, 774, 675, 667, 398 BGB auf die Klägerin übergegangen. Die Rangrücktrittsvereinbarung ist - wie die Klägerin vorgetragen hat - ein Mittel zur Unternehmenssanierung und ein gängiges Instrument zur Beseitigung einer bilanziellen Oberschuldung einer Kapitalgesellschaft. Die Rangrücktrittserklärung vom 15.05.2002 kann sich jedoch nur auf die zu jenem Zeitpunkt bereits, bestehenden Forderungen der Konzernmutter (D. GmbH) gegenüber der Konzerntochter (= Gemeinschuldnerin: A. GmbH) bezogen haben. In der Rangrücktrittsvereinbarung geht es nicht um „zukünftige Forderungen", sondern - entsprechend dem Wortlaut - lediglich um „zukünftige Gläubiger". Die hier streitgegenständliche Mietzinsforderung hat die Klägerin erst mit dem Ausgleich des Aufwendungsersatzanspruchs von der bürgenden Bank im November/Dezember 2003 erworben. Sie kann deshalb nicht Gegenstand der Rangrücktrittsvereinbarung vom 15.05.2002 gewesen sein. Künftige Forderungen (die erst ca. 1 1/2 Jahre nach der Vereinbarung vom 15.05.2002 entstanden sind) waren von der Vereinbarung nicht umfasst. Im Übrigen war es Sinn und Zweck der Rangrücktrittsvereinbarung, dass der Rangrücktritt natürlich nur für die Dauer der Gesellschafterstellung der Klägerin gelten sollte.

4. Die Klägerin hat die Höhe der geltend gemachten Mietzinsforderung teilweise nicht substantiiert dargelegt, sodass die Klage in Höhe von 1.734,75 Euro (= Differenz zwischen den vom Landgericht zuerkannten 33.014,77 Euro und den nunmehr zuerkannten 31.280,02 Euro) abzuweisen war.

Ausweislich des Mietvertrages vom 15./17.01.2001 war eine monatliche Miete in Höhe von brutto 30.589,20 DM (entsprechend 15.640,01 Euro) geschuldet. Rechnerisch ergibt sich daraus für die , hier streitgegenständlichen zwei Monate (November/Dezember 2003) ein Mietzinsrückstand in Höhe von 31.280,02 Euro (2 x 15.640,01 Euro brutto).

Soweit das Landgericht einen Betrag in Höhe von 33.014,77 Euro zuerkannt hat, beruht dies zwar auf einer entsprechenden Zahlung der bürgenden Bank für den Monat Dezember 2003 in Höhe von 17.374,76 Euro (vgl. den Kontoauszug Anlage K 11, BI. 67 GA). Der Beklagte hat jedoch bereits im ersten Rechtszug (vgl. die Klagerwiderung vom 28.12.2004, BI. 33 GA) die Höhe der geltend gemachten Miete für den Monat Dezember 2003 (17.374,76 Euro) bestritten. Die Klägerin ist darauf nicht weiter eingegangen und hat die Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Miete (brutto 15.640,01 Euro) und der tatsächlichen Bürgenzahlung (17.374,76 Euro) für den Monat Dezember 2003 nicht nachvollziehbar dargelegt. Auch bei einem gesetzlichen Forderungsübergang nach § 774 BGB bleiben die Einwendungen des Hauptschuldners (hier des Mieters) bestehen.

Soweit der Beklagte sowohl im ersten Rechtszug als auch noch in der Berufungsbegründung hilfsweise die Aufrechnung mit einer Teilforderung in Höhe von 42.181,78 Euro erklärt hat, ist diese Hilfsaufrechnung im Termin vom 16.07.2008 wieder fallen gelassen worden, so dass darüber nicht zu entscheiden war.

Verzugszinsen sind gern. §§ 286, 288 Abs. 1 BGB begründet.

Die Kostenentscheidung für die erste Instanz beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Klägerin hat zunächst mit Klagschrift vom 29.11.2004 rückständige Leasingraten in Höhe von 1.613,21 Euro aus einem Leasingvertrag über zwei Kaffeeautomaten vom 01.11.00/20.02.01 geltend gemacht. Diesen Anspruch hat die Klägerin jedoch mit Schriftsatz vom 07.10.2005 (Bi. 78 GA) fallen gelassen und statt dessen eine neue Forderung in Höhe von 2.700,- Euro (= Vergleichsbetrag aus dem Rechtsstreit S. GmbH, Amtsgericht Frankfurt: Az. 29 C 2831/04) geltend gemacht. Dabei handelte es sich um einen neuen Streitgegenstand, mithin um eine Klagänderung im Sinne von § 263 ZPO. Der Beklagte hat dieser Klagänderung nicht zugestimmt (Schriftsatz vom 07.12.2005, BI. 97 GA). Die Klagänderung war auch nicht sachdienlich. Deshalb handelte es sich wegen der ursprünglich geltend gemachten Leasingraten in Höhe von 1.613,21 Euro (= Raten vom 01.11.2003 bis zum 06.09.2004 in Höhe von monatlich 146,61 Euro) um eine teilweise Klagrücknahme (§ 269 Abs. 3 ZPO). Den weiteren Anspruch über 2.700,- Euro hat das Landgericht rechtskräftig abgewiesen (vgl. Seite 10 des angefochtenen Urteils). Insoweit fallen die Kosten der Klägerin zur Last (§ 91 ZPO). Dies gilt auch für den im zweiten Rechtszug teilweise zurückgewiesenen Mietzinsanspruch (in Höhe von 1.734,75 Euro).

Die Kostenentscheidung im zweiten Rechtszug folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des Revisionsgerichts.

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