R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
02.04.2008
Wirtschaftsrecht
BGH: Zur Gläubigerbenachteiligung infolge Verrechnung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 28.02.2008
Aktenzeichen: IX ZR 177/05
Rechtsgebiete: InsO, BGB
Vorschriften:

      InsO § 129
      BGB § 398

Werden die vom Schuldner an den Gläubiger zur Sicherheit abgetretenen Forderungen vom Drittschuldner auf Grund eines mit dem Schuldner geschlossenen Vergleichs bezahlt, in dem diese Forderungen nicht mit dem vollen Wert berücksichtigt worden sind, der Schuldner aber zusätzliche Leistungen an den Drittschuldner übernommen hat, bewirkt dies auch im Verhältnis zum Sicherungsnehmer eine Gläubigerbenachteiligung.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IX ZR 177/05

Verkündet am: 28. Februar 2008

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gero Fischer, die Richter Dr. Ganter und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Detlev Fischer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. September 2005, berichtigt durch Beschluss vom 24. Oktober 2005, im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der G. GmbH (fortan: Schuldnerin). Die beklagte Bank hatte der Schuldnerin einen Betriebsmittelkredit in Höhe von 2,5Mio. DM eingeräumt. "Zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche ... aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung" hatte die Schuldnerin der Beklagten mit "Globalzessionsvertrag" vom 9./11. August 2000 ihre "sämtlichen bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen" gegen "alle Schuldner ... mit den Anfangsbuchstaben von A bis einschließlich Z" abgetreten.

Im Verlauf des Jahres 2001 kam es zu Unstimmigkeiten zwischen der Schuldnerin und ihrer Hauptauftraggeberin, der Deutsche Post AG (fortan: DPAG). Am 17. Oktober 2001 stellte die Beklagte den Kredit zur sofortigen Rückzahlung fällig. Am 26. Oktober 2001 trafen die Schuldnerin und die DPAG eine Vereinbarung, nach welcher die DPAG zur Abgeltung aller Forderungen der Schuldnerin, der mit der Schuldnerin verbundenen G. AG (fortan: AG) sowie des Gesellschafters Gaschka persönlich insgesamt 4,5 Mio. DM zu zahlen hatte. In der Vereinbarung heißt es:

"soweit die DPAG aufgrund der Globalzessionen an die N. -Bank AG vom 09./11.08.2000 (G. GmbH) und vom 03./19.09.2001 (G. AG) zu Zahlungen an die N. -Bank AG verpflichtet ist, wird die Zahlung dieser Beträge direkt an die N. -Bank AG, Konto-Nr. ..., vorgenommen, dies in Höhe von 2.374.198,61 DM."

Noch am selben Tag zahlte die DPAG den Betrag von 2.374.198,61 DM auf das angegebene Konto der Schuldnerin bei der Beklagten.

Bereits am 12. Oktober 2001 hatte eine Gläubigerin beantragt, das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zu eröffnen. Am 31. Oktober 2001 stellte die Schuldnerin Eigenantrag. Am 1. Januar 2002 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger im Wege der Insolvenzanfechtung Rückgewähr von 1.213.908,47 € nebst Zinsen verlangt. Er hat behauptet, den abgetretenen Forderungen hätten Werkleistungen zugrunde gelegen, welche die Schuldnerin innerhalb der letzten drei Monate vor dem Eröffnungsantrag vom 12. Oktober 2001 erbracht habe. Mit dem Vergleich seien Forderungen und vermögenswerte Rechte in Höhe von insgesamt 33.217.234,78 DM abgegolten worden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 6.758,88 € nebst Zinsen verurteilt, die weitergehende Berufung aber zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Anspruch auf Zahlung der restlichen 1.207.149,59 € weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Zahlung der DPAG habe nur in Höhe von 13.219,22 DM = 6.758,88 € zu einer objektiven Benachteiligung der Gläubiger geführt. Durch die Globalzession sei die Beklagte allenfalls in Höhe von 2.360.979,39 DM unanfechtbar gesichert gewesen; aus Mitteln der Schuldnerin an sie gezahlt worden seien aber 2.374.198,61 DM. Die übrigen Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO seien insoweit ebenfalls erfüllt.

Hinsichtlich der verbleibenden 2.360.979,39 DM bestehe hingegen kein Anfechtungsanspruch. Eine Gläubigerbenachteiligung habe sich nicht feststellen lassen. Es habe nämlich nicht ausgeschlossen werden können, dass die Beklagte insoweit infolge der Globalzession unanfechtbar gesichert gewesen sei. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass die von der Globalzession erfassten Einzelforderungen innerhalb der letzten drei Monate vor dem Eröffnungsantrag entstanden seien. Konkret vorgetragen habe er nur zu einem einzigen Vertrag, der aber bereits am 28. Juni/4. Juli 2001, damit mehr als drei Monate vor dem ersten Insolvenzantrag, geschlossen worden sei. Dass es sich um Forderungen aus Werkverträgen gehandelt habe, die nach der Behauptung des Klägers erst im kritischen Zeitraum werthaltig gemacht worden seien, sei unerheblich; denn die Erbringung von Werkleistungen durch den Insolvenzschuldner sei nicht nach § 131 Abs. 1 InsO anfechtbar. Der Abtretungsempfänger habe zwar keinen Anspruch darauf, dass die Werkleistungen erbracht und die zuvor unanfechtbar begründeten Werklohnforderungen durchsetzbar würden. Es handele sich jedoch nicht um Leistungen des Schuldners an den Abtretungsempfänger, sondern um kongruente Leistungen an den Vertragspartner des Schuldners. Dass im wirtschaftlichen Ergebnis der Abtretungsempfänger begünstigt werde, stelle nur einen notwendigen Reflex des anfechtungsrechtlich unbedenklichen Erwerbs der jeweiligen Forderung dar. Eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO komme nicht in Betracht, weil der Kläger zum Forderungserwerb in kritischer Zeit innerhalb gesetzter Frist nicht ausreichend vorgetragen habe.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

1. Grundlage des Begehrens des Klägers sind §§ 675, 667 BGB. Der Kläger beruft sich auf die Anfechtbarkeit der Verrechnung der von der DPAG an die Beklagte gezahlten 2.360.979,39 DM mit dem Anspruch der Beklagten gegen die Schuldnerin auf Rückführung des gekündigten Darlehens aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB. Prüfungsmaßstab ist damit § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Eine Anfechtung findet neben der Anwendung dieser Bestimmung nicht statt. Der Verwalter kann sich vielmehr unmittelbar auf die Unwirksamkeit der Aufrechnung berufen (BGHZ 159, 388, 393; BGH, Urt. v. 11. November 2004 - IX ZR 237/03, ZIP 2005, 181, 182). Dies gilt ebenso bei der Verrechnung (BGH, Urt. v. 12. Juli 2007 - IX ZR 120/04, NZI 2007, 582). Die Verrechnungslage ist am 26. Oktober 2001 entstanden, also nach dem Antrag vom 12. Oktober 2001 und innerhalb des letzten Monats vor dem Eigenantrag vom 31. Oktober 2001. Gemäß § 140 Abs. 1 InsO kommt es darauf an, wann das Gegenseitigkeitsverhältnis der verrechneten Forderungen begründet worden ist (BGHZ 159, 388, 395; BGH, Urt. v. 14. Juni 2007 - IX ZR 56/06, ZIP 2007, 1507, 1509). Das war hier mit Eingang der Zahlung der DPAG am 26. Oktober 2001 der Fall, die einen zur Verrechnung geeigneten Anspruch der Schuldnerin gegen die Beklagte aus der Gutschrift begründete (§ 667 BGB). Der Anspruch der Beklagten aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB war zu diesem Zeitpunkt infolge der am 17. Oktober 2001 erklärten Kündigung bereits fällig.

2. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann eine Gläubigerbenachteiligung infolge der Verrechnung nicht verneint werden.

a) Nach der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellung, die revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, hat die DPAG nicht auf die Darlehensforderung, sondern auf die zur Sicherheit abgetretenen Forderungen geleistet. Aufgrund der Sicherungsabtretung hat die Beklagte den Erlös als wahre Berechtigte erhalten. Zwar sind mit der Zahlung die der Beklagten als Sicherheit abgetretenen Forderungen erloschen (§§ 362, 407 Abs. 1 BGB). Die Beklagte hat an deren Stelle jedoch ein Pfandrecht an dem neu entstandenen Anspruch der Schuldnerin aus § 667 BGB gem. Nr. 14 Abs. 1 AGB-Banken erworben. Der Austausch der einen insolvenzbeständigen Sicherheit gegen eine andere benachteiligt die Gläubiger nicht (BGHZ 147, 233, 239 f; BGH, Urt. v. 5. Dezember 1985 - IX ZR 165/84, ZIP 1986, 452, 454 f). Eine Bank ist deshalb auch in der Krise anfechtungsrechtlich zur Verrechnung von Zahlungseingängen berechtigt, die aus ihr zur Sicherheit abgetretenen Forderungen stammen (BGH, Urt. v. 1. Oktober 2002 - IX ZR 360/99, WM 2002, 2369, 2371; v. 2. Juni 2005 - IX ZR 181/03, WM 2005, 1790, 1791; v. 19. Januar 2006 - IX ZR 154/03, WM 2006, 915, 916). In den Vorinstanzen haben die Parteien deshalb darum gestritten, ob und in welcher Höhe die Beklagte aufgrund der Globalzession ein anfechtungsfestes Absonderungsrecht (§ 51 Nr. 1 InsO) an den abgetretenen Forderungen erworben hatte.

b) Selbst wenn der Beklagten im Zeitpunkt der Zahlung ein anfechtungsfestes Absonderungsrecht an den Forderungen zugestanden hat, ist auf der Grundlage des für die Revision maßgeblichen Klägervortrags eine Gläubigerbenachteiligung eingetreten, weil die Schuldnerin danach zur Tilgung der an die Beklagten abgetretenen Forderungen über deren Wert hinausgehendes zusätzliches Vermögen eingesetzt hat.

aa) Die DPAG hat die fragliche Zahlung aufgrund des am 26. Oktober 2002 geschlossenen Vergleichs erbracht, in welchem sie sich zur sofortigen Zahlung des Betrages von 2.374.198,61 DM an die Beklagten verpflichtet hatte. Mit der Vergleichssumme von insgesamt 4.500.000 DM wurden nicht nur die an die Beklagte abgetretenen Werklohnforderungen abgegolten, sondern auch eigene Forderungen und Rechte der Schuldnerin, der AG und des Geschäftsführers G. persönlich. Der Kläger beziffert den Gesamtwert der Ansprüche auf 33.217.234,78 DM. Nach seiner Darstellung wurden dabei die an die Beklagte abgetretenen Forderungen nicht mit ihrem Nominalwert angesetzt. Der Wert der einzelnen Positionen sei nicht gesondert ermittelt worden; eine Auslegung des Vergleichs ergebe jedoch, dass auf die von der Globalzession erfassten Forderungen der Schuldnerin nur ein Teilbetrag von 319.950 DM (7,11%) entfallen sei. Trifft dies zu, ist die Verrechnung nur in Höhe dieses Teilbetrags masseneutral; soweit darüber hinaus eigene Forderungen und Rechte der Schuldnerin aufgegeben wurden, hat sie die Gläubiger benachteiligt

bb) Im Regelfall der Verrechnung eines Zahlungseingangs, dem die Zahlung des Drittschuldners auf eine zur Sicherheit abgetretene Forderung zugrunde liegt, erlöschen mit Zahlung und Verrechnung die abgetretene (= sichernde) und die gesicherte Forderung. Der Schuldner wird von seiner Verbindlichkeit gegenüber der Bank frei. Im Gegenzug verliert er zwar den Anspruch auf Rückübertragung der Sicherheit nach Ablösung des Darlehens und damit die sichernde Forderung endgültig. Jedoch hat der Schuldner zur Tilgung des Darlehens nur den Wert der zur Sicherheit abgetretenen Forderungen eingesetzt. Die Gläubigergesamtheit erleidet durch diesen Vorgang keinen Nachteil.

cc) Hat der Schuldner die Zahlung des Drittschuldners auf die sicherungshalber abgetretenen Forderungen jedoch nur dadurch erlangt, dass er eine über die ursprüngliche vertragliche Verpflichtung hinausgehende Zusatzleistung erbracht hat, so bewirkt die Tilgung der Verbindlichkeit eine Benachteiligung der Gläubigergesamtheit, weil ihr ein die zedierten Forderungen übersteigendes Vermögen entzogen worden ist. Im Streitfall sind die Gläubiger folglich benachteiligt, soweit die Zahlung der DPAG den Betrag überstieg, der auf die abgetretenen Forderungen nach dem Inhalt des Vergleichs vom 26. Oktober 2001 entfiel. Dass die Schuldnerin infolge der Abtretung nicht mehr zu Verfügungen über die Forderungen berechtigt war, diese der Beklagten also nicht gegen oder ohne ihren Willen entzogen werden konnten, ändert daran nichts. Die Sicherungszession hinderte die Vergleichsparteien nicht daran, im Innenverhältnis zu vereinbaren, auf welche Weise sie zu der Pauschalsumme von 4.500.000 DM gelangten und welcher Anteil daran auf die abgetretenen Forderungen entfiel.

c) Die nach dem Vorbringen des Klägers auf dem Vergleich beruhende Gläubigerbenachteiligung ist nicht vorrangig von der Drittschuldnerin, der DPAG, auszugleichen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richtet sich die Anfechtung dann, wenn der Schuldner eine Zwischenperson eingeschaltet hat, die für ihn im Wege einer einheitlichen Handlung eine Zuwendung an einen Dritten bewirkt und damit zugleich unmittelbar das den Insolvenzgläubigern haftende Vermögen vermindert hat, jedenfalls auch gegen den Zahlungsempfänger, sofern es sich für diesen erkennbar um eine Leistung des Schuldners handelt (BGHZ 142, 284, 287; BGH, Urt. v. 29. November 2007 - IX ZR 121/06, ZIP 2008, 190, 191 f, z.V. in BGHZ bestimmt). Auf der Grundlage des revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vorbringens des Klägers könnte zwar auch eine Anfechtung des mit der DPAG geschlossenen Vergleichs nach § 133 Abs. 1 InsO oder § 134 Abs. 1 InsO in Betracht kommen (zu den Voraussetzungen vgl. BGH, Urt. v. 16. November 2006 - IX ZR 135/05, ZIP 2006, 2391, 2393). Dadurch wäre eine Anfechtung der Zahlung selbst jedoch nicht ausgeschlossen. Wie der Senat bereits entschieden hat, können Anfechtungsansprüche gegen den Angewiesenen und gegen den Zuwendungsempfänger dann, wenn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, nebeneinander bestehen (BGH, Urt. v. 29. November 2007, aaO). Angewiesener und Zuwendungsempfänger haften in einem solchen Fall als Gesamtschuldner (§ 426 BGB). Diese Regelung findet entsprechende Anwendung, wenn der Insolvenzverwalter den Zuwendungsempfänger deshalb in Anspruch nimmt, weil die von jenem erklärte Verrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unwirksam ist; denn die Interessenlage der Beteiligten ist dann nicht anders zu beurteilen.

III.

Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgende rechtlichen Gesichtspunkte hin:

1. Vorrangig wird zu klären sein, in welchem Umfang der am 26. Oktober 2001 zwischen der Schuldnerin und der DPAG vereinbarte Betrag von 4.500.000 DM nach der Vorstellung der Vertragsparteien auf die an die Beklagte abgetretenen Forderungen entfiel. Dies ist unabhängig davon, ob die Vergleichssumme, wie die Beklagte meint, sich aus einer Addition von Altforderungen ergibt, oder, wie das Berufungsgericht angenommen hat, im Wege der Novation begründet worden ist. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, ob die Beteiligten sämtliche in die Verhandlungen eingebrachten Ansprüche unterschiedslos in die Pauschalsumme haben einfließen lassen oder ob die abgetretenen Forderungen voll oder zu einem bestimmten Anteil berücksichtigt wurden. Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung (§ 129 InsO) ist der Insolvenzverwalter.

2. Kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass nach dem Inhalt des Vergleichs vom 26. Oktober 2001 die abgetretenen Forderungen von der DPAG ganz oder teilweise zu begleichen waren, wird weiter zu prüfen sein, ob und in welchem Umfang die Beklagte im Zeitpunkt der Zahlung am 26. Oktober 2001 ein insolvenzfestes Absonderungsrecht an den Forderungen erlangt hatte, die Grundlage der Zahlung und der Verrechnung waren. Prüfungsmaßstab ist insoweit § 130 Abs. 1 InsO. Mit Urteil vom 29. November 2007 (IX ZR 30/07, ZIP 2008, 183 ff, z.V. in BGHZ bestimmt) hat der Senat entschieden, dass Globalzessionsverträge auch hinsichtlich der künftig entstehenden Forderungen grundsätzlich nur als kongruente Deckung anfechtbar sind. Das Werthaltigmachen zukünftiger Forderungen aus Globalzessionen ist als selbständige Rechtshandlung anfechtbar, wenn es dem Vertragsschluss zeitlich nachfolgt; insoweit handelt es sich ebenfalls um eine kongruente Deckung, wenn dies für das Entstehen der Forderung zutrifft.

Darlegungs- und beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anfechtungstatbestandes, damit auch für das Entstehen der Forderungen im kritischen Zeitraum, ist der Insolvenzverwalter (vgl. BGH, Urt. v. 11. Mai 2000 - IX ZR 262/98, ZIP 2000, 1061, 1063; v. 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, WM 2004, 1576, 1578; v. 22. Juli 2004, aaO). Die Frage einer Verspätung des Vorbringens des Klägers im Schriftsatz vom 20. Juni 2005 stellt sich nach der Zurückverweisung nicht mehr. Soweit die Revision allerdings meint, das Berufungsgericht hätte gemäß § 142 ZPO der Verwalterin im Insolvenzverfahren über das Vermögen der AG die Herausgabe von Vertragsunterlagen aufgeben müssen, trifft diese Ansicht nicht zu. Gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann das Gericht zwar anordnen, dass ein Dritter die in seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Dadurch soll das Gericht die Möglichkeit erhalten, sich im Interesse der Sachaufklärung möglichst früh einen umfassenden Überblick über den dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt zu verschaffen (BT-Drucks. 14/4722, S. 78). In Grenzen kann die Vorlagepflicht sogar der Bereitstellung von Beweismitteln dienen (BGH, Beschl. v. 26. Oktober 2006 - III ZB 2/06, NJW 2007, 155). Auf die Darlegungslast der darlegungs- und beweispflichtigen Partei wirkt sie sich jedoch nicht aus (BGH, Urt. v. 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05, WM 2007, 1651, 1654). Im allgemeinen Zivilprozess ist es nicht Aufgabe der Gerichte, den entscheidungserheblichen Sachverhalt durch Beiziehung von Unterlagen Dritter selbst zu ermitteln. Vielmehr bleibt es insoweit bei dem schon für § 142 ZPO a.F. geltenden Grundsatz, dass die Vorlageanordnung ausreichenden Parteivortrag voraussetzt und nicht in die Ausforschung eines weitergehenden, bis dahin nicht vorgetragenen Sachverhalts ausufern darf (BT-Drucks. 14/6036, S. 121; Stein/Jonas/Leipold, ZPO 22. Aufl. § 142 Rn. 9; zum früheren Recht vgl. BGH, Urt. v. 11. Juli 2000 - X ZR 126/98, NJW 2000, 3488). Die gegenteilige Ansicht des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs betrifft ausdrücklich nur Rechtsstreitigkeiten über technische Schutzrechte (BGHZ 169, 30, 37 ff, 40 f).


BGHR: ja
BGHZ: nein
Korrektur:  
Nachschlagewerk: ja
Orientierungssatz:  
Sachgebiete:  
Schlagworte:  
Stichworte:  
Verfahrensgang: LG Essen, 4 O 416/03 vom 26.02.2004
OLG Hamm, 27 U 95/04 vom 06.09.2005

stats