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Wirtschaftsrecht
14.07.2010
Wirtschaftsrecht
OLG München: Zur Eintragung eines Haftungsausschlusses nach § 25 Abs. 2 HGB

OLG München , Beschluss  vom 23.06.2010 - Aktenzeichen 31 Wx 105/10 (Vorinstanz: AG München vom 18.5.2010 - Aktenzeichen HRB 185285; )
Amtliche Leitsätze: Für den Eintrag eines Haftungsausschlusses nach § 25 Abs. 2 HGB bedarf es jedenfalls dann keines Nachweises durch Vorlage der Vereinbarung in Gestalt der entsprechenden Vertragsbestandteile, wenn die Anmeldung der Eintragung des Haftungsausschlusses sowohl von dem Geschäftsführer der übernehmenden GmbH als auch von den Geschäftsführern der übernommenen GmbH unterschrieben ist (im Anschluss an OLG München 30.4.2008, GmbHR 2008, 705).
  Amtliche Normenkette: HGB § 25 Abs. 2;
Gründe: 
I. Zur Eintragung in das Handelsregister wurde unter Bezugnahme der Entscheidung des OLG München vom 30.4.2008, MittBayNot 2008, 401 angemeldet: 
"Die Firma S. GmbH hat den Geschäftsbetrieb der Firma W. S. GmbH mit dem Sitz in München, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter HRB Nr. ....., übernommen. 
Da darin möglicherweise eine Geschäftsübernahme im Sinne von § 25 HGB gesehen werden könnte, wird vorsorglich angemeldet was folgt: 
Eine Haftung gemäß § 25 HGB ist in vollem Umfang ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere für die Haftung des Erwerbers für die im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten der Firma W. S. GmbH mit dem Sitz in München. Dergleichen ist der Übergang der Forderungen dieser Gesellschaft ausgeschlossen." Die Urkunde wurde sowohl von dem Geschäftsführer der übernehmenden Firma als auch von den Geschäftsführern der übernommenen Firma unterschrieben. 
Das Registergericht beanstandete mit Schreiben vom 18.5.2010, dass die Voraussetzung für einen Haftungsausschluss und damit einen Eintragungsgrund nicht substantiiert dargelegt worden seien (nämlich ob neben der geschilderten Betriebsfortführung auch die Fortführung der Firma in ihrem Kern erfolge). Im Übrigen bedürfe es zur Überprüfung der Eintragungsfähigkeit insbesondere der Vorlage der entsprechenden Vereinbarung. 
Mit Schreiben vom 19.5.2010 legte die Beschwerdeführerin die Fortführung der übernommenen Firma näher dar. Die vom Registergericht geforderte Vorlage der Vereinbarung über den Haftungsausschluss hingegen hält die Beschwerdeführerin für entbehrlich, da die Anmeldung von den Geschäftsführern beider Firmen unterschrieben worden sei. Das Registergericht sah mit Beschluss vom 21.5.2010 die Zwischenverfügung im Hinblick auf "Firmenfortführung" für erledigt an, half der Beschwerde im Übrigen nicht ab. Es bedürfe hinsichtlich des zur Eintragung angemeldeten Haftungsausschlusses zumindest der Vorlage des Vertrags in den entsprechenden Bestandteilen, damit das Gericht die Möglichkeit erhalte die Eintragungsvoraussetzungen zu prüfen. 
Die Einschätzung der anmeldenden Laien hierbei sei wenig maßgeblich, zumal sie sich bei der Anmeldung selbst nicht sicher gewesen seien, ob tatsächlich eine Geschäftsübernahme vorliege. Eine wiederum andere Frage sei, dass ein Haftungsausschluss - sofern er denn nach Ansicht des Gerichts in Betracht komme - in Zweifelsfällen eingetragen werde. 
II. Die zulässige Beschwerde (§ 382 Abs. 4 i. V. m. § 58 FamFG) ist begründet. Das von dem Registergericht (noch) beanstandete Vollzugshindernis liegt nicht vor. 
1. Das Registergericht ist bei Anmeldung einer eintragungsfähigen Tatsache neben der Prüfung der formellen Eintragungsvoraussetzungen auch berechtigt und verpflichtet die materiellen Voraussetzungen der Eintragung zu prüfen. Dabei ist dann eine genauere Prüfung geboten, wenn nach Plausibilitätsprüfung Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen (MüKo/Krafka HGB [2005] § 8 Rn. 64). Bei begründeten Bedenken hat das Registergericht die ihm mitgeteilten Tatsachen nachzuprüfen (BayObLG DB 1977, 1085; Baumbach/Hopt HGB 19.Auflage § 8 Rn. 8). 
2. Dass solche begründete Zweifel an dem zur Eintragung angemeldeten vereinbarten Haftungsausschluss vorliegen, kann der Senat nicht erkennen. 
a) Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ist ein Haftungsausschluss grundsätzlich einzutragen, wenn eine Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB "ernsthaft in Betracht" kommt (vgl. nur OLG Hamm NJW-RR 1994, 1119 und 1999, 396; OLG Düsseldorf FGPrax 2003, 233; BayObLG NJW-RR 2003, 757; OLG Frankfurt FGPrax 2005, 225). Im Anschluss an die Entscheidung des BayObLG vom 15.1.2003 (NJWRR 2003, 757) hat der Senat jüngst entschieden, dass ein vereinbarter Haftungsausschluss nur dann nicht eintragungsfähig ist, wenn eindeutig und zweifelsfrei schon keine Haftung des neuen Unternehmensträgers nach § 25 Abs. 1 HGB in Betracht kommt. Kann aber nicht von vorneherein mit der erforderlichen Sicherheit eine Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB ausgeschlossen werden, ist der Haftungsausschluss - ebenso wie der Ausschluss des Forderungsübergangs - eintragungsfähig. Ob eine Haftung des neuen Unternehmensträgers nach § 25 Abs. 1 HGB im konkreten Fall tatsächlich besteht, ist im Verfahren über die Eintragung eines Haftungsausschlusses nicht abschließend zu beurteilen (OLG München MittBayNot 2008, 401). 
b) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze steht der Eintragung des angemeldeten Haftungsausschlusses kein Vollzugshindernis entgegen. 
aa) Das Registergericht hat im Rahmen seines Beschlusses vom 21.5.2010 die Darlegungen für eine Firmenfortführung als ausreichend angesehen und damit die Möglichkeit einer Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB als nicht ausgeschlossen erachtet. Die Eintragung des beantragten Haftungsausschlusses ist daher grundsätzlich zulässig. 
bb) Entgegen der Beanstandung des Registergerichts bedarf es im vorliegenden Fall für den Nachweis eines Haftungsausschlusses nach § 25 Abs. 2 HGB jedoch nicht der Vorlage des Vertrags oder von Vertragsbestandteilen, die den Haftungsausschluss betreffen. 
Die Frage, ob das Registergericht in jedem Fall den tatsächlichen Abschluss und die Wirksamkeit eines Haftungsabschlusses vollumfänglich zu überprüfen hat, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls sind Anhaltspunkte, die begründete Zweifel an der Vereinbarung eines Haftungsausschlusses und dessen Wirksamkeit rechtfertigen und daher die Vorlage des Vertragstextes erfordern, für den Senat nicht ersichtlich. Der Haftungsausschluss selbst ist der Urkunde der Anmeldung unmittelbar zu entnehmen. 
Die Ausführungen darin sind eindeutig und unmissverständlich. Da die Anmeldung durch die Geschäftsführer beider Firmen beantragt wird, bestehen auch keine Zweifel an dem tatsächlichen Abschluss der Vereinbarung, denn jedenfalls wäre ein solcher Abschluss in der gemeinsamen Anmeldung selbst getroffen worden. 
 

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