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Wirtschaftsrecht
04.08.2010
Wirtschaftsrecht
OLG München: Zur Eintragung einer Kapitalerhöhung bei einer nach Musterprotokoll gegründeten Unternehmergesellschaft

OLG München , Beschluss  vom 06.07.2010 - Aktenzeichen 31 Wx 112/10 (Vorinstanz: AG München vom 06.05.2010 - Aktenzeichen HRB 184559; )
Amtliche Leitsätze: 1. Zur Eintragung einer Kapitalerhöhung bei einer nach Musterprotokoll gegründeten Unternehmergesellschaft. 2. Die allein aus dem Kapitalerhöhungsbeschluss folgende Änderung der Satzung beschränkt sich auf den einfachen Tausch der bisherigen mit der neuen Stammkapitalziffer. 3. Wenn durch bloßen Austausch der Kapitalziffer keine in sich widerspruchsfreie neue Fassung der Satzung hergestellt werden kann, bedarf es eines gesonderten Gesellschafterbeschlusses hinsichtlich der Anpassung der Satzung.
  Amtliche Normenkette: GmbHG § 2 Abs. 1a; GmbHG § 3 Abs. 1 Nr. 4; GmbHG § 54 Abs. 1 S. 2; Redaktionelle Normenkette: GmbHG § 2 Abs. 1a; GmbHG § 3 Abs. 1 Nr. 4; GmbHG § 54 Abs. 1 S. 2;
Gründe: 
I. Gegenstand des Verfahrens ist die Anmeldung einer Kapitalerhöhung der im Handelsregister eingetragenen Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt). 
Die beteiligte Unternehmergesellschaft war im vereinfachten Verfahren gegründet worden. Die Bestimmung zum Stammkapital in der Satzung (Musterprotokoll) lautet: 
"Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 2.000,00 € und wird wie folgt übernommen: 
H. übernimmt einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 1.500,00 € 
(Geschäftsanteil Nr. 1). 
T. übernimmt einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 500,00 € 
(Geschäftsanteil Nr. 2). 
Die Einlagen sind in Geld zu erbringen und zwar jeweils in voller Höhe sofort." 
Zur Eintragung in das Handelsregister wurde angemeldet, dass das Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von 2.000,00 € um 1.000,00 € auf 3.000,00 € erhöht und Ziffer I des Musterprotokolls entsprechend geändert sei. Beigefügt wurde unter anderem die Niederschrift über die Gesellschafterversammlung vom 29.3.2010, die die Erhöhung des Stammkapitals, die Bildung eines neuen Geschäftsanteils, die Zulassung eines Übernehmers F. und die Erbringung der Einlage in voller Höhe in Geld beschlossen hatte, sowie außerdem unter Ziffer II. 5 "Ziffer I. des Musterprotokolls wird entsprechend geändert." Die mit der Anmeldung vorgelegte bescheinigte Neufassung der Satzung entspricht - mit Ausnahme des Absatzes über das Stammkapital - wörtlich der anlässlich der Gründung errichteten Urkunde, beginnend mit der Überschrift "Errichtung einer Unternehmergesellschaft", dem Datum der Errichtung am 11.12.2009 und den dazu aufgenommenen Formalien sowie der Erklärung, dass H. und T. "hiermit" eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma ... UG (haftungsbeschränkt) "errichten". Die Bestimmung zum Stammkapital lautet: 
"Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 3.000,00 € und wird wie folgt gehalten: 
H. hält einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 1.500,00 € 
(Geschäftsanteil Nr. 1). 
T. hält einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 500,00 € 
(Geschäftsanteil Nr. 2). 
F. hält einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 1.000,00 € 
(Geschäftsanteil Nr. 3)." 
Mit Zwischenverfügung vom 6.5.2010 beanstandete das Registergericht, die Formulierung bezüglich des Stammkapitals in der bescheinigten Satzung sei nicht durch den Beschluss vom 29.3.2010 "... wird entsprechend geändert" gedeckt, die bescheinigte Änderung habe vielmehr ausdrücklich zu erfolgen. Mit der Beschwerde machte der beteiligte Notar geltend, Ziffer II. 5. lasse keine andere Deutung zu, als dass die Satzung wie bescheinigt geändert worden sei. Das Registergericht half der Beschwerde nicht ab und führte aus, durch den Beschluss vom 29.3.2010 sei der Gesellschaftsvertrag nur hinsichtlich der Kapitalziffer geändert worden, während die Änderungen in der Formulierung ("hält" statt "übernimmt"), die Einfügung des neuen Gesellschafters und die Auslassung des Satzes "Die Einlagen sind in Geld zu erbringen..." davon nicht umfasst seien. Dagegen wendet der Notar ein, die bloße Änderung der Stammkapitalziffer führe dazu, dass entgegen § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG die Summe der Geschäftsanteile nicht mit der Ziffer des Stammkapitals übereinstimme. Die zusätzliche Angabe, wonach F. einen Geschäftsanteil "übernehme", erwecke unzulässigerweise den Eindruck, er sei Gründungsgesellschafter. Die Änderung der Stammkapitalziffer und Streichung des restlichen Textes bedürfe eines ausdrücklichen Gesellschafterbeschlusses, so dass nur die vorgelegte Formulierung möglich sei. 
II. Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Registergericht hat zu Recht beanstandet, dass die mit der Anmeldung vorgelegte Fassung der Satzung nicht von den Gesellschaftern beschlossen worden ist. 
1. Das Registergericht geht zutreffend davon aus, dass mit dem Beschluss über die Kapitalerhöhung zugleich die Satzung geändert wird (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG). 
Für die der Anmeldung der Kapitalerhöhung beizufügende vollständige Neufassung des Satzungswortlauts (§ 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG) bedarf es deshalb grundsätzlich keines zusätzlichen Beschlusses über die redaktionelle Anpassung des Gesellschaftsvertrages an die beschlossene Erhöhung (BGH GmbHR 2008, 147/148; BayObLGZ 1971, 242/244; OLG Stuttgart OLGZ 1973, 413/414; Baumbach/Hueck/Zöllner GmbHG 19. Aufl. § 53 Rn. 57 a.E.; Krafka/Willer/Kühn Registerrecht 8. Aufl. Rn. 1044). Allerdings beschränkt sich die allein aus dem Kapitalerhöhungsbeschluss folgende Änderung der Satzung auf den einfachen Tausch der bisherigen mit der neuen Stammkapitalziffer, worauf das Registergericht in seinem Nichtabhilfebeschluss zutreffend hingewiesen hat. 
Wenn durch bloßen Austausch der Kapitalziffer - wie hier - keine in sich widerspruchsfreie neue Fassung der Satzung hergestellt werden kann, bedarf es eines gesonderten Gesellschafterbeschlusses hinsichtlich der Anpassung der Satzung (vgl. Scholz/Priester GmbHG 10. Aufl. § 55 Rn. 37). Dieser kann sich auf die Angabe der Höhe des neuen Stammkapitals beschränken; die Angaben zu den ursprünglichen Stammeinlagen und ihren Übernehmern, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG im Gründungsvertrag erforderlich sind, können in späteren Fassungen der Satzung entfallen (BayObLG DB 1997, 33/34; BayObLGZ 1991, 365/367; 1971, 242/246; 1970, 285/289; Lutter/Hommelhoff/Bayer GmbHG 17. Aufl. § 3 Rn. 30f., § 53 Rn. 36; Baumbach/Hueck/Fastrich § 3 Rn. 18; Scholz/Priester/Veil § 53 Rn. 23; Krafka/Willer/Kühn Rn. 1041). 
2. Die Bildung eines neuen Geschäftsanteils nach einer Kapitalerhöhung stellt - anders als der Kapitalerhöhungsbeschluss - keine Satzungsänderung dar (BGH NJW 1989, 168/169). Für die hier vorgenommene Ergänzung des Satzungstextes um den weiteren Geschäftsanteil und dessen Übernehmer fehlt schon deshalb die Grundlage. 
Aus dem unter Ziffer II. 5 gefassten Beschluss der Gesellschafter, die Satzung werde "entsprechend" geändert, ergibt sich nichts anderes. Diesem Beschluss lässt sich nicht entnehmen, dass über die mit der Kapitalerhöhung verbundene Satzungsänderung hinaus weitere Änderungen der Satzung erfolgen sollen, geschweige denn, welche. 
Ein Beschluss zur Satzungsänderung muss aber klar erkennbar machen, in welcher Weise die Satzung geändert werden soll, insbesondere bei Streichungen angeben, welche Texte entfernt werden sollen, und bei Änderungen den neuen Text angeben (Scholz/Priester/Veil § 53 Rn. 67). Auf den Gesellschafterbeschluss vom 29.3.2010 können somit keine Streichungen, Änderungen und Ergänzungen des Satzungstextes gestützt werden, die über den Austausch der Kapitalziffer hinausgehen. 
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die vorgelegte Neufassung der Satzung auch dann zurückzuweisen wäre, wenn sie von den Gesellschaftern beschlossen würde. Dabei kann dahinstehen, ob die jedenfalls nicht notwendige (BayObLGZ 1981, 312/319) deklaratorische Aufnahme neu hinzu gekommener Gesellschafter in die Satzung als zulässig angesehen wird (so Baumbach/Hueck/Fastrich § 3 Rn. 18 a.E.), auch wenn das insbesondere nach der Aufwertung der Gesellschafterliste (§§ 16, 40 GmbHG) überflüssig erscheint. Unzulässig ist die Angabe der derzeitigen Gesellschafter in der Satzung jedenfalls dann, wenn die Gefahr der Verwechslung mit den Gründungsgesellschaftern besteht (OLG Hamm NJW-RR 1986, 482/484). 
Das ist hier der Fall, denn die neu gefasste Satzung behält die Überschrift "Errichtung einer Unternehmergesellschaft" und die Fassung des Eingangssatzes "wird errichtet" bei und kann deshalb zu dem unzutreffenden Verständnis führen, die drei aufgeführten Gesellschafter seien Gründungsgesellschafter. Die Verwendung des Wortes "hält" statt "übernimmt" reicht nicht aus, um diese Unklarheit zu beseitigen, ebenso wenig der Umstand, dass im ersten Satz nur zwei Gesellschafter aufgeführt werden, anschließend aber drei. Darin liegt eine auch für Dritte bedeutsame Unklarheit des neu gefassten Gesellschaftsvertrags, die zur Zurückweisung der Anmeldung führt (vgl. Scholz/Priester/Veil § 54 Rn. 54). Die Verwendung des Musterprotokolls bei der Gründung der Gesellschaft zwingt nicht dazu, bei späteren Änderungen der Satzung die nur auf die Gründung bezogenen Formulierungen beizubehalten, obwohl diese später inhaltlich falsch und irreführend sind. Vielmehr ist auch insoweit eine redaktionelle Anpassung der sprachlichen Fassung geboten (vgl. OLG München, Beschluss vom 3.11.2009, Az. 31 Wx 131/09, GmbHR 2010, 312).  
4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. 
 

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