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Wirtschaftsrecht
10.12.2015
Wirtschaftsrecht
EuGH: Zur Einstufung von Devisengeschäften als Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten

EuGH, Urteil vom 3.12.2015 – Rs. C-312/14, Banif Plus Bank Zrt. gegen Márton Lantos, Mártonné Lantos, ECLI:EU:C:2015:794

Volltext: BB-ONLINE BBL2015-3073-1

unter www.betriebs-berater.de

Tenor

Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass – vorbehaltlich einer Nachprüfung durch das vorlegende Gericht – bestimmte, von einem Kreditinstitut gemäß den Klauseln eines auf Devisen lautenden Darlehensvertrags wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden vorgenommene Devisengeschäfte, die darin bestehen, den Darlehensbetrag auf der Grundlage des bei der Auszahlung der Mittel geltenden Ankaufskurses der Devisen festzusetzen und die Beträge der Monatsraten auf der Grundlage des bei der Berechnung der jeweiligen Monatsrate geltenden Verkaufskurses dieser Devisen zu bestimmen, keine Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit im Sinne dieser Vorschrift darstellen.

Aus den Gründen

1          Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4, 5 und 9 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. L 145, S. 1).

2          Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Banif Plus Bank Zrt. (im Folgenden: Banif Plus Bank) sowie Herrn und Frau Lantos (im Folgenden: Eheleute Lantos) über einen auf Devisen lautenden Verbraucherdarlehensvertrag.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 93/13/EWG

3          Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29) bestimmt:

„Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.“

4          Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie lautet:

„Die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln betrifft weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind.“

5          Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“

Richtlinie 2004/39

6          In den Erwägungsgründen 2 und 31 der Richtlinie 2004/39 heißt es:

„(2)      [Es] ist … erforderlich, eine Harmonisierung in dem Umfang vorzunehmen, der notwendig ist, um Anlegern ein hohes Schutzniveau zu bieten …

(31)      Ein Ziel dieser Richtlinie ist der Anlegerschutz …“

7          In Art. 1 der Richtlinie 2004/39 heißt es:

„(1)      Diese Richtlinie gilt für Wertpapierfirmen und geregelte Märkte.

(2)      Folgende Bestimmungen gelten auch für Kreditinstitute, die gemäß der Richtlinie 2000/12/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. L 126, S. 1)] zugelassen sind, wenn sie eine oder mehrere Wertpapierdienstleistungen erbringen und/oder Anlagetätigkeiten ausüben:

– Titel II Kapitel II, ausgenommen Artikel 23 Absatz 2 Unterabsatz 2

…“

8          Art. 4 Abs. 1 Nrn. 2, 6 und 17 der Richtlinie 2004/39 enthält folgende Definitionen:

„…

2. Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten: jede in Anhang I Abschnitt A genannte Dienstleistung und Tätigkeit, die sich auf eines der Instrumente in Anhang I Abschnitt C bezieht.

6. Handel für eigene Rechnung: den Handel unter Einsatz des eigenen Kapitals, der zum Abschluss von Geschäften mit einem oder mehreren Finanzinstrumenten führt.

17. Finanzinstrument: die in Anhang I Abschnitt C genannten Instrumente“.

9          Unter den in Anhang I Abschnitt A aufgezählten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten ist der Handel für eigene Rechnung aufgeführt. Nach Anhang I Abschnitt B Nrn. 2 und 4 gehören die „Gewährung von Krediten oder Darlehen an Anleger für die Durchführung von Geschäften mit einem oder mehreren Finanzinstrumenten, sofern das kredit- oder darlehensgewährende Unternehmen an diesen Geschäften beteiligt ist“, und „Devisengeschäfte, wenn diese im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen stehen“, jeweils zur Kategorie der „Nebendienstleistungen“. Anhang I Abschnitt C („Finanzinstrumente“) nennt unter Nr. 4 „Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, außerbörsliche Zinstermingeschäfte (Forward Rate Agreements) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Wertpapiere, Währungen, Zinssätze oder erträge, oder andere Derivat-Instrumente.

10        Unter Titel II Kapitel II ist in Abschnitt 2 („Bestimmungen zum Anlegerschutz“) Art. 19 aufgeführt. Er trägt die Überschrift „Wohlverhaltensregeln bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für Kunden“ und bestimmt in den Abs. 4, 5 und 9:

„(4)      Erbringt die Wertpapierfirma Anlageberatung- oder Portfolio-Management, so holt sie die notwendigen Informationen über die Kenntnisse und Erfahrung des Kunden oder potenziellen Kunden im Anlagebereich in Bezug auf den speziellen Produkttyp oder den speziellen Typ der Dienstleistung, seine finanziellen Verhältnisse und seine Anlageziele ein, um ihr zu ermöglichen, dem Kunden oder potenziellen Kunden für ihn geeignete Wertpapierdienstleistungen und Finanzinstrumente zu empfehlen.

(5) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Wertpapierfirmen bei anderen als den in Absatz 4 genannten Finanzdienstleistungen Kunden oder potenzielle Kunden um Angaben zu ihren Kenntnissen und Erfahrungen im Anlagebereich in Bezug auf den speziellen Typ der angebotenen oder angeforderten Produkte oder Dienstleistungen bitten, um beurteilen zu können, ob die in Betracht gezogenen Wertpapierdienstleistungen oder Produkte für den Kunden angemessen sind.

(9) Wird eine Wertpapierdienstleistung als Teil eines Finanzprodukts angeboten, das in Bezug auf die Bewertung des Risikos für den Kunden und/oder die Informationspflichten bereits anderen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts oder gemeinsamen europäischen Normen für Kreditinstitute und Verbraucherkredite unterliegt, so unterliegt diese Dienstleistung nicht zusätzlich den Anforderungen dieses Artikels.“

11        Nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39 sorgen die Mitgliedstaaten entsprechend ihrem nationalen Recht dafür, dass bei Verstößen gegen die gemäß dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften gegen die verantwortlichen Personen geeignete Verwaltungsmaßnahmen ergriffen oder im Verwaltungsverfahren zu erlassende Sanktionen verhängt werden können und dass diese Maßnahmen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind.

Richtlinie 2008/48/EG

12        In Art. 2 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133, S. 66, und Berichtigungen ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46) heißt es:

„(1) Diese Richtlinie gilt für Kreditverträge.

(2) Diese Richtlinie gilt nicht für:

h) Kreditverträge, die mit einer Wertpapierfirma im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Richtlinie 2004/39 … oder mit Kreditinstituten im Sinne des Artikels 4 der Richtlinie 2006/48/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. L 177, S. 1)] geschlossen werden und die es einem Anleger erlauben sollen, ein Geschäft zu tätigen, das eines oder mehrere der in Anhang I Abschnitt C der Richtlinie 2004/39 … genannten Instrumente betrifft, wenn die Wertpapierfirma oder das Kreditinstitut, die/das den Kredit gewährt, an diesem Geschäft beteiligt ist;

…“

13        Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2008/48 sieht vor:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

c) ‚Kreditvertrag‘ einen Vertrag, bei dem ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht; ausgenommen sind Verträge über die wiederkehrende Erbringung von Dienstleistungen oder über die Lieferung von Waren gleicher Art, bei denen der Verbraucher für die Dauer der Erbringung oder Lieferung Teilzahlungen für diese Dienstleistungen oder Waren leistet;

…“

14        In Kapitel II („Informationspflichten und vorvertragliche Pflichten“) dieser Richtlinie sind u. a. Art. 4 („Standardinformationen, die in die Werbung aufzunehmen sind“), Art. 5 („Vorvertragliche Informationen“) und Art. 8 („Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers“) aufgeführt. Kapitel IV („Information und Rechte aus Kreditverträgen“) dieser Richtlinie enthält u. a. Art. 10 („Zwingende Angaben in Kreditverträgen“) und Art. 11 („Angaben zum Sollzinssatz“).

Ungarisches Recht

15        Das Gesetz CXXXVIII von 2007 über Wertpapierfirmen, Händler an den Warenbörsen und über die Normen zur Regelung der Tätigkeiten, die sie ausüben können (a befektetési vállalkozásokról és az árutőzsdei szolgáltatókról, valamint az általuk végezhető tevékenységek szabályairól szóló 2007. évi CXXXVIII. törvény), dient u. a. der Umsetzung der Richtlinie 2004/39 in ungarisches Recht.

16        § 4 dieses Gesetzes in seiner für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung enthält die folgenden Begriffsbestimmungen:

„…

6. Anlagedarlehen: für den Erwerb eines Finanzinstruments gewährtes Darlehen, wenn das darlehensgebende Unternehmen an der Ausführung der Transaktion beteiligt ist;

11. Swap: jeder komplexe Vertrag über den Austausch eines Finanzinstruments, der grundsätzlich entweder aus einem Kassakauf und einem Terminkauf oder aus mehreren Terminkäufen besteht und im Allgemeinen einen Austausch von Zahlungsströmen einschließt;

50. Finanzinstrument: ein Instrument, das eine Geldforderung darstellt, in Serie ausgegeben und das auf dem Geldmarkt gehandelt wird, mit Ausnahme von Wertpapieren;

60. Derivatkontrakt: ein Vertrag, dessen Wert von dem Wert eines zugrunde liegenden Finanzinstruments abhängt und der Gegenstand eines eigenständigen Handels ist;

…“

17        Art. 19 der Richtlinie 2004/39 wurde durch die §§ 40 bis 45 dieses Gesetzes umgesetzt.

18        § 231 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in seiner für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung bestimmt:

„(1) Eine Geldschuld ist – sofern nichts anderes bestimmt ist – in der am Erfüllungsort geltenden gesetzlichen Währung zu zahlen.

(2) Eine in einer anderen Währung oder in Gold festgesetzte Schuld ist zu dem am Ort und zur Zeit der Zahlung gültigen Kurs umzurechnen.“

19        § 523 dieses Gesetzbuchs liest sich wie folgt:

„(1) Nach einem Darlehensvertrag ist das Finanzinstitut oder jeder andere Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer den vereinbarten Betrag zur Verfügung zu stellen; der Darlehensnehmer ist verpflichtet, diesen Betrag vertragsgemäß zurückzuzahlen.

(2) Sofern nichts anderes bestimmt ist, ist der Schuldner verpflichtet, Zinsen zu zahlen, wenn der Darlehensgeber ein Finanzinstitut ist (Bankdarlehen).“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

20        Am 11. Juni 2008 schloss Herr Lantos mit der Banif Plus Bank einen zum Erwerb eines Automobils bestimmten und auf Devisen lautenden Verbraucherkreditvertrag. Als Ehefrau von Herrn Lantos unterliegt Frau Lantos den Verpflichtungen aus diesem Vertrag. Dieser Vertrag wird vom vorlegenden Gericht als Darlehensvertrag im Sinne von § 523 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingestuft.

21        Dieser Vertrag enthält u. a. bestimmte Klauseln zu sogenannten „fiktiven“ Zahlungsströmen in Devisen und sogenannten „tatsächlichen“ Zahlungsströmen in nationaler Währung, im vorliegenden Fall in ungarischen Forint (HUF).

22        Das vorlegende Gericht beschreibt den vertraglichen Mechanismus zur Umrechnung der Zahlungsströme in Devisen wie folgt:

„Zum Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens berechnete die [Banif Plus Bank] den Devisengegenwert des zu dem an einem zuvor bestimmten Tag geltenden Wechselkurs und gemäß § 231 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in ungarischen Forint auszuzahlenden Betrags. [Anschließend] kaufte die Bank dem Kunden diese Devisen, (die) zu seinen Lasten (ausgewiesen wurden), ab, wobei sie den zum Zeitpunkt der Auszahlung geltenden tatsächlichen Devisenankaufskurs anwandte (Transaktion zum aktuellen Wechselkurs), und zahlte ihm deren Gegenwert in ungarischen Forint aus. [Später] verkaufte die [Banif Plus Bank] dem Kunden die ausgewiesenen Devisen gegen ungarische Forint, wobei sie den zum Zeitpunkt der Rückzahlung des Darlehens geltenden tatsächlichen Devisenverkaufskurs anwandte (Transaktion zu dem künftigen, zum Zeitpunkt der Rückzahlung geltenden Wechselkurs), damit der Kunde seine auf Devisen lautende Rückzahlungsverpflichtung in Devisen erfüllen konnte.“

23        Dieses Gericht weist ferner darauf hin, dass die Kúria (Oberster Gerichtshof) in dem im Interesse einer einheitlichen Auslegung der Bestimmungen des bürgerlichen Rechts ergangenen Urteil 6/2013 PJE festgestellt habe, dass auf Devisen lautende Darlehensverträge als „Darlehen von Devisen“ im Sinne von § 231 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzusehen seien. Nach Ansicht dieses zuletzt genannten Gerichts begründen solche Verträge eine auf Devisen lautende Schuld. Allerdings würden die Devisen in diesen Verträgen im Gegensatz zu Darlehensverträgen, bei denen eine tatsächliche Überlassung der Devisen stattfinde, als bloße Rechnungseinheit verwendet, wohingegen die Zahlungen in der nationalen Währung vorgenommen würden. Daher sei der auf Devisen lautende Zahlungsstrom fiktiv, während der auf nationale Währung lautende Zahlungsstrom real sei.

24        Darüber hinaus führt das vorlegende Gericht aus, die Banif Plus Bank behaupte, sie habe weder eine Wertpapierdienstleistungstätigkeit, noch eine Nebendienstleistung zu einer solchen Tätigkeit, noch irgendeine Dienstleistung im Zusammenhang mit einer Warenbörse erbracht. Der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertrag sei ein Verbraucherkreditvertrag, der bei der Banif Plus Bank im Rahmen von ihrer Tätigkeit der Darlehensgewährung, die im Gesetz CCXXXVII von 2013 über Kreditinstitute und Finanzunternehmen (a hitelintézetekről és a pénzügyi vállalkozásokról szóló 2013. évi CCXXXVII. törvény) ausführlich geregelt sei, abgeschlossen worden sei, so dass seine Gültigkeit weder im Hinblick auf die Bestimmungen des Gesetzes CXXXVIII von 2007 noch im Hinblick auf die der Richtlinie 2004/39 zu beurteilen sei.

25        Die Eheleute Lantos machten vor dem vorlegenden Gericht geltend, eine Vorlage zur Vorabentscheidung sei notwendig, um zu einer mit dieser Richtlinie konformen Auslegung des Gesetzes CXXXVIII von 2007 zu gelangen, da sich die Kúria (Oberster Gerichtshof) in ihrem Urteil 6/2013 PJE für die Feststellung, dass auf Devisen lautende Kreditverträge in den Bereich des Kapitalmarkts fielen, auf die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, insbesondere dessen § 231, gestützt habe, der von der Umsetzung dieser Richtlinie nicht berührt worden sei.

26        Unter diesen Umständen hat das Ráckevei járásbíróság (Bezirksgericht Ráckeve) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Angebot an den Kunden eines (Wechselkurs-)Geschäfts, das – rechtlich als auf Devisen lautender Darlehensvertrag gestaltet – in einem Barkauf zum Zeitpunkt der Auszahlung und einem Terminkauf zum Zeitpunkt der Rückzahlung besteht, das durch die Umrechnung eines auf Devisen lautenden Betrags in ungarische Forint (HUF) erfolgt und mit dem das Darlehen des Kunden den Wirkungen und Risiken (Wechselkursrisiko) des Kapitalmarkts ausgesetzt wird, nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 (Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten) und Nr. 17 (Finanzinstrument) sowie des Anhangs I Abschnitt C Nr. 4 (Devisentermingeschäft, derivative Instrumente) der Richtlinie 2004/39 um ein „Finanzinstrument“ handelt?

2. Ist davon auszugehen, dass es sich bei der Ausübung einer Handelstätigkeit für eigene Rechnung in Bezug auf das in der ersten Frage beschriebene Finanzinstrument nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 6 (Handel für eigene Rechnung) und des Anhangs I Abschnitt A Nr. 3 (Handel für eigene Rechnung) der Richtlinie 2004/39 um eine Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit handelt?

3. Muss das Finanzinstitut die in Art. 19 Abs. 4 und 5 der Richtlinie 2004/39 vorgesehene Prüfung der Angemessenheit vornehmen und dabei berücksichtigen, dass das Devisentermingeschäft – das eine Wertpapierdienstleistung im Zusammenhang mit derivativen Finanzinstrumenten darstellt – als Teil eines anderen Finanzprodukts (eines Darlehensvertrags) angeboten wurde und dass es sich bei dem derivativen Instrument allein schon um ein komplexes Finanzinstrument handelt? Ist davon auszugehen, dass Art. 19 Abs. 9 der Richtlinie 2004/39 nicht anwendbar ist, weil die Risiken, die der Kunde in Bezug auf das Darlehen und das Finanzinstrument trägt, grundverschieden sind und deshalb die Beurteilung der Angemessenheit unerlässlich ist, wenn das Geschäft ein derivatives Instrument enthält?

4. Führt die Umgehung von Art. 19 Abs. 4 und 5 der Richtlinie 2004/39 zur Nichtigerklärung des zwischen der Banif Plus Bank und den Darlehensnehmern geschlossenen Darlehensvertrags?

Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

27        Nach Abschluss des mündlichen Verfahrens in der vorliegenden Rechtssache haben die Eheleute Lantos im Anschluss an die Verlesung der Schlussanträge des Generalanwalts mit Schriftsatz vom 20. September 2015, der am 25. September 2015 in der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, die Wiedereröffnung dieses mündlichen Verfahrens beantragt.

28        Zur Begründung dieses Antrags machen sie geltend, die Schlussanträge seien mit Fehlern und Unstimmigkeiten behaftet, und die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens sei notwendig, damit der Gerichtshof nach Art. 101 seiner Verfahrensordnung das vorlegende Gericht um Klarstellungen zum Sachverhalt und zu den nationalen Rechtsvorschriften ersuchen könne, die nach Auffassung des Generalanwalts fehlten und deren Fehlen das Vorabentscheidungsersuchen unzulässig mache.

29        Insoweit ist zu beachten, dass der Gerichtshof nach Art. 83 seiner Verfahrensordnung jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen kann, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder wenn eine Partei nach Abschluss des mündlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet hat, die von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichtshofs ist, oder wenn ein zwischen den Parteien oder den in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezeichneten Beteiligten nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist.

30        Im vorliegenden Fall hält sich der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts für ausreichend unterrichtet, um den Rechtsstreit zu entscheiden, und erachtet kein Vorbringen für entscheidungserheblich, das zwischen diesen Beteiligten nicht erörtert worden ist.

31        Außerdem wurde nicht vorgetragen, dass einer dieser Beteiligten nach Abschluss des mündlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet hätte, die von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichtshofs wäre.

32        Im Übrigen stellt die Möglichkeit, um Klarstellungen zu ersuchen, über die der Gerichtshof nach Art. 101 seiner Verfahrensordnung verfügt, eine bloße Befugnis dar, deren Anwendung der Gerichtshof in jedem Einzelfall nach eigenem Ermessen beurteilt.

33        Darüber hinaus hat der Generalanwalt nach Art. 252 Abs. 2 AEUV öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen zu stellen, in denen nach der Satzung des Gerichtshofs seine Mitwirkung erforderlich ist. Allerdings binden die Schlussanträge des Generalanwalts oder ihre Begründung den Gerichtshof nicht (vgl. u. a. Urteil Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin, C434/13 P, EU:C:2014:2456, Rn. 29).

34        Der Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens ist daher zurückzuweisen.

Zu den Vorlagefragen

Zur Zulässigkeit

35        Soweit die Regierungen der Mitgliedstaaten, die schriftliche Erklärungen abgegeben haben, die Unzulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens einwenden oder Zweifel an der Zulässigkeit bestimmter Vorlagefragen geäußert haben, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich gehalten ist, über die von den nationalen Gerichten vorgelegten Fragen zu befinden, sofern diese die Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts betreffen, es sei denn, er soll durch das Vorabentscheidungsersuchen offensichtlich in Wirklichkeit dazu veranlasst werden, über einen konstruierten Rechtsstreit zu entscheiden oder Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben, die begehrte Auslegung des Unionsrechts steht in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Rechtsstreits oder der Gerichtshof verfügt nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. u. a. Urteil Les Vergers du Vieux Tauves, C48/07, EU:C:2008:758, Rn. 17).

36        Im vorliegenden Fall beziehen sich die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen auf die Auslegung von Bestimmungen des Unionsrechts, nämlich Art. 4 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4, 5 und 9 der Richtlinie 2004/39.

37        Im Übrigen ist die Vorlageentscheidung zwar offensichtlich recht knapp und durch gewisse Unklarheiten geprägt, die sich insbesondere aus dem Umstand ergeben, dass das vorlegende Gericht die Argumentation der Eheleute Lantos als Prämisse für die vorgelegten Fragen zugrunde zu legen scheint. Gleichwohl verfügt der Gerichtshof über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben, die für eine zweckdienliche Beantwortung dieser Fragen erforderlich sind.

38        Es geht nämlich sowohl aus der Vorlageentscheidung als auch aus den beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen hervor, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Darlehensvertrag dadurch gekennzeichnet ist, dass das Darlehenskapital und die fälligen Monatsraten auf Devisen lauten, obwohl dieses Kapital in nationaler Währung ausgezahlt wurde und auch die Rückzahlungen in dieser Währung vorzunehmen sind.

39        Nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts führt dieser Vertrag nicht zum Austausch von Zahlungsströmen in oder zum tatsächlichen Austausch von Devisen zwischen der Banif Plus Bank und den Eheleuten Lantos, da die nationale Währung sowohl für den Darlehensgeber als auch für die Darlehensnehmer das alleinige Zahlungsmittel ist, obwohl eine Devise als Rechnungseinheit dient.

40        Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten ergibt sich, dass in diesem Vertrag Klauseln zur Umrechnung des Darlehenskapitals und der Monatsraten in nationale Währung vereinbart sind. Diese Klauseln sehen vor, dass der Betrag dieses Kapitals auf der Grundlage des Ankaufskurses der Devisen zum Zeitpunkt der Auszahlung festgesetzt wird, der Betrag jeder Monatsrate hingegen auf der Grundlage des Verkaufskurses dieser Devisen zum Zeitpunkt der Berechnung der jeweiligen Monatsrate bestimmt wird.

41        In diesem Zusammenhang möchte das vorlegende Gericht in erster Linie vom Gerichtshof wissen, ob ein solcher Vertrag, wie die Eheleute Lantos geltend machen, soweit er Klauseln zum Wechselkurs enthält, die eine Übertragung des Wechselkursrisikos auf die Darlehensnehmer bewirken, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/39 fällt, da die Banif Plus Bank nach diesen Klauseln eine Wertpapierdienstleistung erbringen würde, so dass sie als Kreditinstitut im Sinne von Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie u. a. verpflichtet gewesen wäre, die Angemessenheit oder die Eignung der zu erbringenden Dienstleistung in Anwendung der einschlägigen Bestimmung von Art. 19 der Richtlinie zu bewerten. Die Eheleute Lantos machen ferner geltend, dass der Vertrag für nichtig zu erklären sei, da eine solche Bewertung nicht stattgefunden habe.

42        Das Vorabentscheidungsersuchen ist demnach zulässig.

Zur Beantwortung der Fragen

Vorbemerkungen

43        Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits im Rahmen der Rechtssache, in der das Urteil Kásler und Káslerné Rábai (C26/13, EU:C:2014:282) ergangen ist, von der Kúria (Oberster Gerichtshof) zu den Voraussetzungen für die Anwendung der Richtlinie 93/13 in dem besonderen Zusammenhang von auf Devisen lautenden Verbraucherdarlehensverträgen befragt wurde. Hierzu hatte die Kúria (Oberster Gerichtshof) mit dem im Interesse einer einheitlichen Auslegung der Bestimmungen des bürgerlichen Rechts ergangenen Urteil 2/2014 PJE festgestellt, dass die Wechselkursklauseln, soweit sie eine Asymmetrie zwischen dem bei der Auszahlung des Darlehens angewandten Ankaufskurs der Devisen und dem für die Berechnung der Monatsraten angewandten Verkaufskurs einführten, im Hinblick auf ihren missbräuchlichen Charakter geprüft werden könnten und, insbesondere wenn die Bank vom Verbraucher eine Vergütung erhalte, die dem Unterschied zwischen diesen Wechselkursen entspreche, ohne dass sie im Gegenzug gegenüber dem Verbraucher eine Dienstleistung erbringe, als missbräuchlich einzustufen seien.

44        In diesem Urteil hat die Kúria (Oberster Gerichtshof) hingegen entschieden, dass sich die Klauseln eines auf Devisen lautenden Darlehensvertrags wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die bewirkten, dass das Risiko der Bewertung der Devisen – als Gegenleistung für einen günstigeren Zinssatz als den für auf nationale Währung lautende Darlehen – vollständig beim Verbraucher liege, grundsätzlich auf den Hauptgegenstand des Vertrags im Sinne der nationalen Gesetzgebung zur Umsetzung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 bezögen, so dass diese Klauseln nicht auf ihren missbräuchlichen Charakter geprüft werden könnten.

45        Ferner hat die Kúria (Oberster Gerichtshof) in ihrem im Interesse einer einheitlichen Auslegung der Bestimmungen des bürgerlichen Rechts ergangenen Urteil 6/2013 PJE entschieden, dass der Abschluss eines solchen auf Devisen lautenden Darlehensvertrags nicht zur Anwendung der Informationspflichten führe, die in den §§ 40 bis 42 des zur Umsetzung von Art. 19 der Richtlinie 2004/39 dienenden Gesetzes CXXXVIII von 2007 vorgesehen seien, da der Darlehensgeber im Rahmen eines solchen Vertrags keine der in § 5 dieses Gesetzes genannten Wertpapierdienstleistungen erbringe, sondern für eine bestimmte Finanzierung zweckgebundenes oder nicht zweckgebundenes Kapital bereitstelle. Die §§ 40 und 42 des Gesetzes CXXXVIII von 2007 seien dennoch für den Fall anzuwenden, dass ein solches Darlehen auch ein Anlagegeschäft darstelle, soweit mit dem Kapital des Darlehensnehmers auf ein Finanzinstrument bezogene Wertpapierdienstleistungen erbracht würden.

46        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen bezieht sich allein auf die Auslegung der Richtlinie 2004/39.

47        Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen anderer, dem Verbraucherschutz dienender Rechtsakte der Union in einer Rechtssache wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden erheblich sein können.

48        Dies gilt insbesondere für die Bestimmungen der Richtlinie 93/13, die im Rahmen des mit dieser Richtlinie geschaffenen Systems zum Verbraucherschutz ein Verfahren zur Inhaltskontrolle missbräuchlicher Klauseln vorsieht (vgl. in diesem Sinne Urteil Kásler und Káslerné Rábai, C26/13, EU:C:2014:282, Rn. 42).

49        Ferner ist auf die Unionsregelungen zum Verbraucherkredit hinzuweisen, im vorliegenden Fall die Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (ABl. 1987, L 42, S. 48) und die Richtlinie 2008/48, die eine Reihe von Vorschriften enthalten, die den Verbraucher dadurch schützen sollen, dass sie dem Darlehensgeber bestimmte Verpflichtungen u. a. zur Information des Verbrauchers auferlegen.

Zur ersten und zur zweiten Frage

50        Mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2004/39 dahin auszulegen ist, dass bestimmte, von einem Kreditinstitut gemäß den Klauseln eines auf Devisen lautenden Darlehensvertrags wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden vorgenommene Devisengeschäfte, die darin bestehen, den Darlehensbetrag auf der Grundlage des bei Auszahlung der Mittel geltenden Ankaufskurses der Devisen festzusetzen und die Beträge der Monatsraten auf der Grundlage des bei der Berechnung der jeweiligen Monatsrate geltenden Verkaufskurses dieser Devisen zu bestimmen, eine Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit im Sinne dieser Vorschrift darstellen.

51        Insoweit ist es zwar allein Sache des vorlegenden Gerichts, anhand der Umstände des Einzelfalls über die Einstufung dieser Geschäfte zu entscheiden, doch ist der Gerichtshof dafür zuständig, aus den Bestimmungen dieser Richtlinie, vorliegend aus Art. 4 Abs. 1 Nr. 2, die Kriterien herzuleiten, die das nationale Gericht hierzu anwenden kann oder muss (vgl. in diesem Sinne Urteil Genil 48 und Comercial Hostelera de Grandes Vinos, C604/11, EU:C:2013:344, Rn. 43).

52        Allerdings ist ein nationales Gericht durch nichts daran gehindert, den Gerichtshof um eine solche Einstufung zu ersuchen, wie es das vorlegende Gericht mit seiner ersten und seiner zweiten Frage getan hat, jedoch unter dem Vorbehalt, dass dieses Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der ihm vorliegenden Akten die Tatsachen feststellt und beurteilt, die für diese Einstufung erforderlich sind.

53        Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob die von einem Kreditinstitut vorgenommenen Geschäfte, die darin bestehen, auf Devisen lautende Beträge in nationale Währung umzurechnen, um nach den Wechselkursklauseln eines Darlehensvertrags die Beträge eines Darlehens und seiner Tilgungen zu berechnen, als „Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2004/39 eingestuft werden können.

54        Nach dieser Bestimmung sind alle im Anhang I Abschnitt A genannten Dienstleistungen und Tätigkeiten, die sich auf Instrumente in Anhang I Abschnitt C beziehen, Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten.

55        Es ist jedoch festzustellen, das die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Geschäfte, soweit sie Umrechnungstätigkeiten darstellen, die sich zur Gewährung und zur Rückzahlung eines auf Devisen lautenden Verbraucherdarlehens rein akzessorisch verhalten, nicht unter diesen Abschnitt A fallen.

56        Vorbehaltlich einer Nachprüfung durch das vorlegende Gericht beschränken sich diese Geschäfte nämlich auf die Umrechnung der auf Devisen lautenden Beträge des Darlehens und der Monatsraten (Rechnungseinheit) in nationale Währung (Zahlungswährung).

57        Solche Geschäfte haben keine andere Funktion als die von Durchführungsmodalitäten der Hauptzahlungspflichten des Darlehensvertrags, nämlich der Bereitstellung des Kapitals durch den Darlehensgeber und der Rückzahlung des Kapitals nebst Zinsen durch den Darlehensnehmer. Zweck dieser Geschäfte ist nicht die Vornahme einer Investition, da der Verbraucher ausschließlich die Mittel erlangen möchte, um ein Konsumgut zu kaufen oder eine Dienstleistung zu erhalten, und nicht ein Wechselkursrisiko steuern oder auf den Wechselkurs von Devisen spekulieren will.

58        Darüber hinaus kann entgegen dem Vortrag der Eheleute Lantos nicht davon ausgegangen werden, dass diese Geschäfte insbesondere unter den in Anhang I Abschnitt A Nr. 3 der Richtlinie 2004/39 genannten Begriff des „Handels für eigene Rechnung“ fallen.

59        Gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 6 dieser Richtlinie bezeichnet dieser Begriff den Handel unter Einsatz des eigenen Kapitals, der zum Abschluss von Geschäften mit einem oder mehreren Finanzinstrumenten führt.

60        Vorbehaltlich einer Nachprüfung durch das vorlegende Gericht ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass sich die Devisengeschäfte, die von einem Kreditinstitut in Ausführung eines Darlehensvertrags wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden vorgenommen werden, auf einen Handel zum Abschluss von Geschäften mit einem oder mehreren Finanzinstrumenten bezögen.

61        Derartige Devisengeschäfte scheinen nämlich keinen anderen Gegenstand zu haben, als die Gewährung und die Rückzahlung des Darlehens zu ermöglichen.

62        Ferner kann nicht geltend gemacht werden, dass die Geschäfte im Rahmen eines Darlehensvertrags wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden in die Kategorie der in Anhang I Abschnitt B der Richtlinie 2004/39 umschriebenen „Nebendienstleistungen“ fielen.

63        Auch wenn die Gewährung eines Kredits oder eines Darlehens nach Nr. 2 dieses Anhangs I Abschnitt B eine Nebendienstleistung darstellen kann, ist dies nur dann der Fall, wenn dieser Kredit oder dieses Darlehen einem Anleger zur Verfügung gestellt wird, damit er ein Geschäft mit einem oder mehreren Finanzinstrumenten durchführen kann, an dem das Unternehmen beteiligt ist, das diesen Kredit oder dieses Darlehen gewährt. Es steht jedoch fest, dass das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Darlehen nicht den Zweck hat, die zukünftige Durchführung eines solchen Geschäfts zu ermöglichen.

64        Sobald von einem Kreditinstitut vergebene Kreditverträge, die unter diese Nr. 2 fallen, einen solchen Zweck haben, sind sie dagegen nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. h der Richtlinie 2008/48 vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen.

65        Ferner werden in Anhang I Abschnitt B Nr. 4 der Richtlinie 2004/39 „Devisengeschäfte, wenn diese im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen stehen“, erwähnt.

66        Aus dieser Erwähnung ergibt sich, dass Devisengeschäfte nicht als solche Wertpapierdienstleistungen darstellen, die unter Anhang I Abschnitt A dieser Richtlinie fallen.

67        Die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Devisengeschäfte sind indes nicht mit einer Wertpapierdienstleistung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2004/39 verbunden, sondern mit einem Geschäft, das selbst kein Finanzinstrument im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 17 dieser Richtlinie ist.

68        Unter Berücksichtigung der dem Gerichtshof vorgelegten Akten und stets vorbehaltlich einer Nachprüfung durch das vorlegende Gericht scheinen sich die Devisengeschäfte, die ein Kreditinstitut im Rahmen der Durchführung eines Darlehensvertrags wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden vornimmt, nämlich entgegen dem Vorbringen der Eheleute Lantos nicht auf eines der in Anhang I Abschnitt C dieser Richtlinie genannten Finanzinstrumente, darunter insbesondere Terminkontrakte, zu beziehen.

69        Nach seiner gewöhnlichen Bedeutung im Finanzrecht ist der Terminkontrakt eine Form des Derivatkontrakts, bei dem sich zwei Parteien verpflichten, die eine, ein als „zugrundeliegend“ bezeichnetes Aktivum zu einem späteren Zeitpunkt und zu einem Preis, der beim Abschluss des Vertrags festgelegt wird, zu verkaufen, die andere, dieses zu kaufen.

70        Ein Verbraucherdarlehensvertrag wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende hat jedoch nicht den Verkauf eines finanziellen Aktivums zu einem Preis, der bei Abschluss des Vertrags festgelegt wird, zum Gegenstand.

71        Zum einen kann in einem Vertrag wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht zwischen dem Darlehensvertrag selbst und einem Termingeschäft auf den Verkauf von Devisen unterschieden werden, da der alleinige Gegenstand dieses Geschäfts die Durchführung der Hauptpflichten dieses Vertrags ist, nämlich der Pflichten zur Zahlung des Kapitals und der Raten, und dabei dieses Geschäft selbst kein Finanzinstrument ist.

72        Die Klauseln eines solchen Darlehensvertrags zur Umrechnung von Devisen stellen daher kein Finanzinstrument dar, das vom vertragsgegenständlichen Geschäft verschieden ist, sondern sie stellen lediglich eine von dessen Durchführung untrennbare Ausführungsmodalität dar.

73        Somit unterscheidet sich eine Rechtssache wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende grundlegend von der Rechtssache, in der das Urteil Genil 48 und Comercial Hostelera de Grandes Vinos (C604/11, EU:C:2013:344) ergangen ist, das sich auf ein Terminfinanzinstrument bezog, nämlich einen als Swap bezeichneten Austauschvertrag, der die Bankkunden gegen Schwankungen der variablen Zinsen absichern sollte, denen sie aufgrund der Zeichnung bestimmter Finanzprodukte bei diesen Banken ausgesetzt waren.

74        Zum anderen ist der für die Berechnung der Rückzahlungen zu berücksichtigende Wert der Devisen im Rahmen eines Darlehensvertrags wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht im Voraus festgelegt, da er auf der Grundlage des Verkaufskurses dieser Devisen zum Fälligkeitszeitpunkt jeder Rate bestimmt wird.

75        Daraus ergibt sich, dass – vorbehaltlich einer Nachprüfung durch das vorlegende Gericht – die Devisengeschäfte, die ein Kreditinstitut im Rahmen der Durchführung eines auf Devisen lautenden Darlehensvertrags wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden vornimmt, nicht als Wertpapierdienstleistungen eingestuft werden können, so dass dieses Unternehmen insbesondere nicht den in Art. 19 der Richtlinie 2004/39 vorgesehenen Verpflichtungen in Bezug auf die Bewertung der Angemessenheit oder der Eignung der zu erbringenden Dienstleistung unterliegt.

76        Nach alledem ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2004/39 dahin auszulegen ist, dass –vorbehaltlich einer Nachprüfung durch das vorlegende Gericht – bestimmte, von einem Kreditinstitut gemäß den Klauseln eines auf Devisen lautenden Darlehensvertrags wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden vorgenommene Devisengeschäfte, die darin bestehen, den Darlehensbetrag auf der Grundlage des bei der Auszahlung der Mittel geltenden Ankaufskurses der Devisen festzusetzen und die Beträge der Monatsraten auf der Grundlage des bei der Berechnung der jeweiligen Monatsrate geltenden Verkaufskurses dieser Devisen zu bestimmen, keine Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit im Sinne dieser Vorschrift darstellen.

Zur dritten und zur vierten Frage

77        In Anbetracht der Antwort auf die erste und die zweite Frage sind die dritte und die vierte Frage nicht zu beantworten.

78        Diese Fragen setzen nämlich voraus, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Devisengeschäfte als Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2004/39 eingestuft werden können.

79        Zur vierten Frage kann vorsorglich darauf verwiesen werden, dass der Gerichtshof bereits für Recht erkannt hat, dass es der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten zukommt, festzulegen, welche vertraglichen Folgen es haben muss, wenn eine Wertpapierfirma, die eine Wertpapierdienstleistung anbietet, die in Art. 19 Abs. 4 und 5 dieser Richtlinie in Bezug auf die Bewertung vorgesehenen Anforderungen nicht erfüllt, wobei die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität beachtet werden müssen (Urteil Genil 48 und Comercial Hostelera de Grandes Vinos, C604/11, EU:C:2013:344, Rn. 58).

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