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Wirtschaftsrecht
26.08.2010
Wirtschaftsrecht
OLG Oldenburg: Zur Doppelwirkung der Zahlung eines Kommanditisten an den Bürgschafts- und Gesellschaftsgläubiger

OLG Oldenburg, Urteil vom 6.5.2010 - 1 U 93/09

Leitsätze

1. Ist ein Kommanditist aus einer Bürgschaft einem Gesellschaftsgläubiger gegenüber zur Zahlung und aufgrund einer nach Übernahme der Bürgschaft erfolgten Erhöhung seiner Kommanditeinlage zur ausstehenden Einlageleistung verpflichtet, hängt die Erfüllungswirkung einer an den Gesellschaftsgläubiger erbrachten Zahlung des Kommanditisten von den konkreten Umständen und dabei insbesondere von der Tilgungsbestimmung des Kommanditisten ab.

Es kommen eine Zahlung auf die Bürgschaftsschuld, eine Zahlung in Erfüllung der Einlageverpflichtung gegenüber der KG und eine Leistung in Erfüllung der Kommanditistenhaftung nach §§ 161 Abs. 2, 128, 171 Abs.1 HGB in Betracht.

Eine solche Zahlung des Kommanditisten hat nicht ohne weiteres eine Doppelwirkung in dem Sinne, dass sie zum Erlöschen der Bürgschaftsverpflichtung und gleichzeitig zur Erfüllung der (Haft-)Einlageverpflichtung führt.

2. Die Zahlung des Kommanditisten an den Bürgschafts- und Gesellschaftsgläubiger kann allerdings die vorstehend erwähnte Doppelwirkung haben, wenn die Bürgschaft zur Erfüllung der Einlageverpflichtung (also gleichsam als Sacheinlage) gewährt worden ist, die zugunsten der KG gewährte Sicherheit realisiert wird und dazu der Kommanditist die Bürgschaftszahlung erbringt.

3. Wenn die unter 2. genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, sondern die Bürgschaft neben der Kapitalerhöhung steht (etwa erst die Bürgschaftsverpflichtung begründet wird und später und unabhängig davon eine Erhöhung der Kommanditeinlage erfolgt), kommt bei einer Zahlung des Kommanditisten auf die Bürgschaft eine Aufrechnung mit dem Rückgriffsanspruch (§ 774 Abs. 1 BGB) gegen die Einlageverpflichtung in Betracht. Nach dem zu wahrenden Grundsatz der realen Kapitalaufbringung kann allerdings eine solche Aufrechnung den Kommanditisten von der Hafteinlageverpflichtung nur befreien, wenn im Zeitpunkt der Aufrechnung die zur Aufrechnung gestellte Forderung des Kommanditisten werthaltig ist.

HGB § 171 Abs. 1

Sachverhalt

I. Der Kläger ist durch Beschluss des Amtsgerichts Cloppenburg vom 25.4.2006 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der S...V...R... (nachfolgend Insolvenzschuldnerin) bestellt worden. Er nimmt den Beklagten als alleinigen Kommanditisten der Insolvenzschuldnerin auf Zahlung einer angeblich offenen Kommanditeinlage in Höhe von 110.000 € in Anspruch.

Die Insolvenzschuldnerin wurde am 19.11.2004 gegründet. Die ursprünglich von ihm geschuldete Kommanditeinlage über 10.000 € hat der Beklagte erbracht. Am 27.6.2005 übernahm der Beklagte für sämtliche Forderungen der Volksbank L... gegen die Insolvenzschuldnerin eine Bürgschaft über 120.000 €. Der Betriebsmittelkredit der Insolvenzschuldnerin wurde daraufhin auf 120.000 € erhöht. Die Bürgschaft wurde später am 28.9.2005 auf 140.000 € erweitert. Mit Gesellschafterbeschluss vom 11.11.2005 erhöhte der Beklagte als Alleingesellschafter der Insolvenzschuldnerin seine Kommanditeinlage auf insgesamt 120.000 €. der Erhöhungsbetrag von 110.000 € sollte auf ein Konto der Insolvenzschuldnerin eingezahlt werden. Die Erhöhung der Kommanditeinlage wurde ins Handelsregister eingetragen. Am 14.11.2005 erteilte der Beklagte der Volksbank L... den Auftrag (zunächst telefonisch, sodann durch Unterschreiben eines entsprechenden Überweisungsträgers) von seinem Konto auf das Konto der Insolvenzschuldnerin einen Betrag in Höhe von 110.000 € zu überweisen. Der nachträglich vom Beklagten unterschriebene Überweisungsträger enthält als Verwendungszweck ´Bürgschaft´. auf dem für die Insolvenzschuldnerin bestimmten Kontoauszug fehlt die Angabe des Verwendungszwecks.

Eine vom Kläger erhobene Klage, mit der dieser gegen die Volksbank L... unter dem Gesichtspunkt einer Insolvenzanfechtung Zahlung von 110.000 € verlangt hatte, wurde vom Landgericht Oldenburg mit der Begründung abgewiesen, dass die Zahlung des Beklagten auf die Bürgschaft erfolgt sei. Eine gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung des Klägers blieb erfolglos.

Der Kläger hat sodann den Beklagten auf Zahlung der Erhöhung der Kommanditeinlage von 110.000 € in Anspruch genommen.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, mit der Überweisung der 110.000 € vom 14.11.2005 habe er auch eine entsprechende Zahlung auf seine Einlageverpflichtung aus der Erhöhung der Kommanditeinlage erbracht. Selbst wenn die Zahlung - so hat der Beklagte gemeint - auf die Bürgschaft erfolgt sein sollte, so sei damit auch die Einlageverpflichtung erfüllt worden, da er jedenfalls auf Weisung der Gesellschaft an einen Dritten, nämlich die Volksbank L..., geleistet habe. Eine doppelte Inanspruchnahme aus der Bürgschaft und aus der Erhöhung der Kommanditeinlage sei von ihm jedenfalls nicht gewollt gewesen, wie auch vorher mit der mit der steuerlichen Betreuung der Gesellschaft befassten Steuerberatergesellschaft ... besprochen gewesen sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dabei angenommen, dass die Zahlung vom 14.11.2005 eine Doppelfunktion gehabt habe.

...

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung.

...

Aus den Gründen

II. Die Berufung des Klägers ist zulässig und in der Sache bis auf einen Teil der Zinsen auch begründet.

Der Kläger hat als Insolvenzverwalter einen Anspruch gegen den Beklagten auf Erfüllung der Einlageverpflichtung in Höhe von 110.000 €.

1. Der vom Kläger gegen den Beklagten als Kommanditist der Insolvenzschuldnerin geltend gemachte Anspruch auf Einlagezahlung ist jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der gegenüber den Gläubigern der Insolvenzschuldnerin nach 171 Abs. 1 HGB geschuldeten Hafteinlage gerechtfertigt. Diesen Anspruch ist der Kläger als Insolvenzverwalter in der Insolvenz der KG geltend zu machen befugt, wie sich aus § 171 Abs.2 HGB ergibt.

Nach Erhöhung der Kommanditeinlage um weitere 110.000 € hatte der Beklagte im Innenverhältnis zur Gesellschaft diesen Betrag zu erbringen und in Höhe dieses Betrages haftete er nach entsprechender Eintragung der Erhöhung der Kommanditeinlage im Handelsregister auch im Außenverhältnis gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft.

Diese Verpflichtung des Beklagten zur Erbringung der Einlageleistung über 110.000 € ist weder durch Zahlung oder sonstige Leistung an die Gesellschaft (Insolvenzschuldnerin. dazu unter 2.), noch durch Zahlung an einen Gläubiger der Gesellschaft (dazu unter 3.), noch durch eine wirksame, durchgreifende Aufrechnung mit Gegenansprüchen gegen die KG erloschen (dazu unter 4.), noch hatte eine Zahlung des Beklagten auf die Bürgschaftsverpflichtung gleichzeitige Tilgungswirkung hinsichtlich der Einlageverpflichtung (dazu unter 5.).

2. Die Einlageverpflichtung des Beklagten ist nicht durch die am 24.11.2005 vorgenommene Überweisung des Geldbetrages von 110.000 € auf ein bei der Volksbank L... geführtes Konto erloschen.

Nach allgemeinen Grundsätzen ist eine unmittelbare Erfüllungswirkung grundsätzlich nur hinsichtlich der Verpflichtung anzunehmen, auf die nach der maßgebenden Leistungsbestimmung des Leistenden gezahlt worden ist. Insoweit sind die erkennbar gemachte Leistung auf ein Rechtsverhältnis zu einer bestimmten Person und eine insoweit vorliegende Tilgungszweckbestimmung des Leistenden von Bedeutung.

Wenn die 110.000 € mit einer ausdrücklichen oder aus den Umständen ersichtlichen Zahlungsbestimmung auf die Einlageverpflichtung des Beklagten zur KG (zur Insolvenzschuldnerin) erbracht worden wären, wäre diese Verpflichtung zweifelsfrei erloschen. In diesem Fall wäre der Beklagte nicht nur intern im Verhältnis zur Gesellschaft von der Verpflichtung zu Einlageleistung frei geworden, sondern auch im Außenverhältnis zu den Gläubigern. Die Zahlung konnte dabei auch auf ein debitorisch geführtes Konto der KG erbracht werden. Auch dies hätte dann Erfüllungswirkung gehabt (vgl. OLG Dresden NZG 2004, 1155. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 171 HGB Rn. 43, m.w.N.. Röhricht/v.Westphalen/v.Gerkan/Haas, HGB, 3. Aufl., § 171 JHGB Rn. 31).

Eine entsprechende Zahlung auf die Einlageverpflichtung ist im vorliegenden Fall aber nicht, jedenfalls nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit festzustellen.

Der Beklagte hatte hier als Leistender als Zahlungszweck auf dem Überweisungsträger ´Bürgschaft´ eindeutig vorgegeben und dies durch entsprechende Unterschriftsleistung bestätigt. Es ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass dann auch bei dem vorausgegangenen telefonischen Überweisungsauftrag der entsprechende Zahlungszweck zugrunde gelegt worden war. Eine solche Leistung auf die Bürgschaft sollte von vornherein - wie die Volksbank L... vorgegeben und der Beklagte durch Unterschrift auf dem Schreiben vom 7.9.2005 (Anlage A 3) bestätigt hatte (vgl. Anlagen A 3 und 4 des Schriftsatzes des Klägers vom 13.11.2008 - Blatt I/119 f.) - nach dem Verkauf des Grundstücks und Eingang des entsprechenden Verkaufserlöses vom Beklagten erbracht werden. Danach kann jedenfalls in dem Verhältnis des Beklagten zur Volksbank L... nicht zweifelhaft gewesen sein, dass die hier relevante Überweisung der 110.000 € auf die Bürgschaft erbracht werden sollte und erbracht wurde. Dem steht dann auch nicht entgegen, dass die Zahlung nicht auf ein eigenes Konto der Volksbank, sondern lediglich auf ein bei der Volksbank L... geführtes Konto überwiesen wurde. Die Volksbank L... konnte als Gläubigerin des Bürgschaftsanspruchs vorgeben, auf welches Konto die ihr gegenüber zu erbringende Leistung auf die Bürgschaft erfolgen sollte. Von dieser Möglichkeit hat sie durch entsprechende Vorgabe ihres Vorstandes F... in der handschriftlichen Anweisung vom 12.9.2005 (Anlage A 4 - Blatt I/120) und durch Ausfüllung des sodann vom Kläger unterschriebenen Überweisungsträgers Gebrauch gemacht.

Auch aus dem Kontoauszug, der das Konto der Insolvenzschuldnerin betraf, ließ sich jedenfalls nichts entnehmen, was dem entgegenstand. Der Zahlungszweck war - angeblich aufgrund eines Versehens - auf dem Kontoauszug nicht angegeben. Wegen dieser fehlenden Angabe konnte dann jedenfalls auch nicht auf eine Einlageleistung zwingend geschlossen werden. Auch der Umstand, dass aufgrund der Überweisung ein Betrag von 110.000 € dem Konto der Insolvenzschuldnerin gutgeschrieben wurde, spricht nicht zwingend für eine Einlagezahlung, sondern ist durchaus mit einer Bürgschaftszahlung und einem dann eingetretenen Forderungsübergang nach § 774 BGB vereinbar. Auch in diesem Fall reduziert sich die Verbindlichkeit des Hauptschuldners (der Insolvenzschuldnerin) gegenüber dem Gläubiger (Volksbank L... ) um den Betrag der (vom Bürgen) geleisteten Zahlung.

Die Leistungsbestimmung seitens des Beklagten, die dieser bei Erteilung des Überweisungsauftrags vorgenommen hatte, war jedenfalls eindeutig, und daran muss der hier in Anspruch genommene Beklagte sich festhalten lassen.

Demnach ist in der Überweisung der 110.000 € eine Leistung auf die Bürgschaftsverpflichtung des Beklagten zu sehen, wovon Landgericht und Oberlandesgericht auch in dem vorausgegangenen Prozess zwischen dem Kläger und der Volksbank L... ausgegangen sind. Jedenfalls liegt insoweit keine Zahlung des Beklagten auf die Erhöhung der Kommanditeinlage vor. Die eindeutige anderweitige Zahlungsbestimmung des Beklagten schließt dies aus.

Es kann auch offen blieben, ob der Geschäftsführer den Beklagten angewiesen hatte, die Einlage durch Zahlung auf Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin bei der Volksbank L... zu erbringen. Der Beklagte hat sich jedenfalls an eine solche etwaige Anweisung nicht gehalten, sondern entsprechend der getroffenen Vereinbarung mit der Volksbank L... und ausweislich seiner ausdrücklichen Zahlungsbestimmung auf die eigenen Zahlungsverpflichtung aus der Bürgschaft gezahlt (mit der Rechtsfolge eines Anspruchsübergangs nach § 774 BGB).

3. Eine Befreiung des Beklagten von der Einlageverpflichtung durch eine wirksame, durchgreifende Aufrechnung des Beklagten mit einem entsprechenden Gegenanspruch gegen die Insolvenzschuldnerin ist ebenfalls nicht festzustellen.

Die Zahlung des Beklagten auf die Bürgschaft hatte zwar nach § 774 BGB die Rechtsfolge, dass in Höhe der Bürgschaftszahlung die gesicherte Forderung der Volksbank L... gegen die Insolvenzschuldnerin auf den Beklagten überging. Ein entsprechender Erstattungsanspruch des Beklagten in Höhe der Bürgschaftszahlung kommt weiterhin auch aufgrund des der Verbürgung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses, ggf. aufgrund eines Auftrags (§§ 662, 670 BGB) oder aufgrund § 110 HGB, in Betracht.

Mit einem entsprechenden übergegangenen Anspruch und Erstattungsanspruch hat der Beklagte jedoch nicht wirksam gegen die Verpflichtung zur Einlagezahlung in gleicher Höhe aufgerechnet.

Eine entsprechende Aufrechnung ist vom Beklagten - anderes ist nicht dargelegt und nicht ersichtlich - erst im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits mit Schriftsatz vom 27.10.2008 und damit nach Insolvenzeröffnung erklärt worden. Dies müsste zwar einer wirksamen Aufrechnung nicht zwingend entgegenstehen, da nach § 94 InsO die Möglichkeit einer Aufrechnung bei einer im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorhandenen Aufrechnungslage grundsätzlich erhalten bleibt.

Es ergeben sich aber hinsichtlich der Werthaltigkeit der Aufrechnungsforderung durchgreifende Bedenken, die der Wirksamkeit der Aufrechnung entgegenstehen.

Soweit das Innenverhältnis, also die Pflichteinlage betroffen ist, lässt die h.M. eine solche Aufrechnung zwar problemlos zum Nominalbetrag der Aufrechnungsforderung zu (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 171 HGB Rn. 48, m.w.N.). Wenn es jedoch um das Außenverhältnis, die Hafteinlage, geht, gilt im Recht der KG der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung und deshalb muss die Einlageleistung werthaltig sein. Der Gesellschaft muss deshalb ein der offenen Einlage entsprechender Gegenwert zugeflossen sein. Demnach muss die zur Aufrechnung bzw. Verrechnung gestellte Forderung werthaltig sein (vgl. BGHZ 95, 188, 194. 61, 59, 70. Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 171 HGB Rn. 48. Röhricht/v.Westphalen/v.Gerkan/Haas, § 171 HGB Rn. 49). Auf eine entsprechende Werthaltigkeit der Gegenforderung kommt es auch noch und gerade für den Zeitpunkt der Aufrechnung bzw. Verrechnung an (vgl. Strohn a.a.O.). Als Insolvenzforderung war der übergegangene Anspruch der Volksbank L... und ein entsprechender Erstattungsanspruch aus dem der Bürgschaft zugrunde liegenden Rechtsverhältnis jedenfalls im Zeitpunkt der Aufrechnung insgesamt nicht mehr werthaltig, da eine Befriedigung der Forderung in einer relevanten, ins Gewicht fallenden Höhe nicht (mehr) zu erwarten ist. Dass die Insolvenzforderung noch einen relevanten Wert hat und ggf. in welcher Größenordnung, ist nicht ersichtlich, nach angezeigter Masseunzulänglichkeit fernliegend und jedenfalls vom Beklagten nicht dargelegt worden.

Es kann dann dahinstehen, ob hier eine wirksame Aufrechnung auch nach den damals noch geltenden Grundsätzen über kapitalersetzende Gesellschafterleistungen ausscheidet, die auf den vor Inkrafttreten des MoMiG abgeschlossenen Sachverhalt und das vorher eingeleitete Insolvenzverfahren weiterhin anwendbar sind (vgl. BGH ZIP 2009, 615). Nach dem Vorbringen des Klägers könnte auch ein solcher Ausschluss der Aufrechnung in Betracht kommen. Der Kläger hat nämlich dargelegt, dass bereits im Sommer 2005 im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme seitens des Beklagten sich die Insolvenzschuldnerin in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, der eingeräumte Kontokorrentkredit von 70.000 € deutlich überschritten war (Sollsaldo von 120.571,16 € per 27.6.2005), sie mithin kreditunwürdig war und nur durch die Übernahme der Bürgschaft seitens des Beklagten eine weitere Kreditgewährung ermöglicht werden konnte, während bei Verweigerung der Bürgschaft das Unternehmen der Insolvenzschuldnerin hätte eingestellt und die Insolvenzschuldnerin hätte liquidiert bzw. in die Insolvenz geführt werden müssen (vgl. dazu insbesondere Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 13.11.2008, S. 5 ff. - Blatt I/114 ff.). Die Gewährung der Bürgschaft hatte danach eigenkapitalersetzende Wirkung gemäß §§ 172a HGB, 32a Abs. 1 und 2 GmbHG a.F. Der Beklagte konnte nach Eintritt der Krise und der Eigenkapitalersatzfunktion der Bürgschaft nach den damals geltenden Grundsätzen des Eigenkapitalersatzes die Bürgschaft nicht mehr zurückverlangen bzw. eine Freistellung gegen die Gesellschaft geltend machen, sondern musste die eigenkapitalersetzende Leistung der KG weiterhin überlassen. Auch eine Realisierung des Rückgriffsanspruchs aus der Bürgschaft durch Aufrechnung mit diesem Anspruch war dann ausgeschlossen.

Nachdem der Beklagte bereits in erster Instanz die behauptete Kreditunwürdigkeit der Insolvenzschuldnerin im Sommer 2005 bestritten hat, könnte insoweit weiterer Klärungsbedarf bestehen und für eine entsprechende Feststellung ggf. eine Beweisaufnahme erforderlich sein. Darauf kommt es jedoch nicht an, weil - wie zuvor ausgeführt - die Aufrechnung bereits wegen anderweitig fehlender Werthaltigkeit der aufgerechneten Forderung nicht durchgreifen kann.

Die im Außenverhältnis bestehende Einlageverpflichtung des Beklagten ist nach alledem auch durch eine Aufrechnung des Beklagten mit Ansprüchen aus § 774 BGB und/oder Erstattungsansprüchen wegen der Bürgschaftsleistung nicht erloschen.

4. Von seiner Einlageverpflichtung ist der Beklagte auch nicht durch entsprechende Leistungen an einen Gläubiger der KG auf Verbindlichkeiten der Gesellschaft bzw. auf seine ihn nach §§ 128, 171 Abs. 1 HGB treffende Haftung gegenüber einem Gesellschaftsgläubiger frei geworden.

Der Kommanditist kann von seiner Einlageverpflichtung auch frei werden, wenn er von einem Gläubiger der Gesellschaft nach §§ 161 Abs. 2, 128, 171 HGB in Anspruch genommen wird und auf die Verbindlichkeit der Gesellschaft oder im Hinblick auf seine persönliche Haftung zahlt. Er wird dann in Höhe der jeweils tatsächlich erbrachten Zahlungen von seiner Kommanditistenhaftung im Außenverhältnis zu den Gläubigern frei (vgl. BGHZ 95, 188, 195. 58, 72, 74. Röhricht/v.Westphalen/v.Gerkan/Haas, § 171 HGB, Rn. 15 f.).

Im Zweifelsfall (mangels anderer Vereinbarung) befreit den Kommanditisten diese Leistung zugunsten der Gesellschaft auch im Innenverhältnis (hinsichtlich der Pflichteinlage). jedenfalls hätte der Kommanditist in diesem Fall einen Erstattungsanspruch nach §§ 161 Abs. 2, 110 HGB, mit dem er für den Bereich des Innenverhältnisses, soweit also die Pflichteinlage betroffen ist, uneingeschränkt zum Nominalbetrag aufrechnen könnte, nach § 94 InsO wohl auch noch nach Eintritt der Insolvenz (vgl. BGH WM 1984, 893, 895. Röhricht/v.Westphalen/v.Gerkan/Haas, § 171 HGB, Rn. 21).

Eine entsprechende Zahlung des Beklagten auf (fremde) Verbindlichkeiten der KG oder im Hinblick auf seine Kommanditistenhaftung gegenüber einem Gesellschaftsgläubiger ist hier jedoch nicht festzustellen.

In Betracht käme insoweit nur eine Zahlung an die Volksbank L... als Gläubigerin der KG. Nach dem vom Beklagten gegenüber der Volksbank eindeutig erkennbar gemachten Zahlungszweck hat er hier jedoch die 110.000 € auf seine eigene Bürgschaftsverbindlichkeit gezahlt. Dies hatte die Rechtsfolge, dass in Höhe der Zahlung gerade entsprechende Verbindlichkeiten der Gesellschaft (der Insolvenzschuldnerin) nicht erloschen, sondern auf ihn nach § 774 BGB übergingen.

Wäre es umgekehrt so gewesen, dass der Beklagte nach dem erkennbar gemachten Zahlungszweck die Zahlung auf Verbindlichkeiten der KG erbracht hätte, für die er als Kommanditist haftete, wäre in Höhe der Zahlung die Verbindlichkeit der KG erloschen und die Bürgschaft bzw. die Bürgschaftsverpflichtung wäre ggf. wegen Erfüllung der Hauptforderung ganz oder teilweise erloschen.

Da im vorliegenden Fall die Bürgschaft aber als Höchstbetragsbürgschaft für die gesamten Verbindlichkeiten aus der Geschäftsverbindung geleistet worden war, wäre hier der Bürgschaftsanspruch gegen den Beklagten als Bürgen evtl. teilweise, ggf. auch in erheblichem Umfang bei über den Bürgschaftsbetrag weit hinausgehenden Gesamtverbindlichkeiten der KG erhalten geblieben (das Konto der Insolvenzschuldnerin bei der Volksbank L... wies im Zeitpunkt vor der Zahlung der 110.000 € ausweislich des vorgelegten Kontoauszugs - Anlage K 4 - jedenfalls ein Debetsaldo von 160.880,15 € auf). Dies bedarf jedoch keiner weiteren Erörterung und Aufklärung, da eine Zahlung des Beklagten auf Verbindlichkeiten der Gesellschaft oder auf seine im Hinblick auf die Gesellschaftsverbindlichkeiten bestehende Kommanditistenhaftung gem. §§ 161 Abs. 2, 128, 171 HGB nicht festzustellen ist.

5. Der auf die eigene Bürgschaftsschuld des Beklagten erbrachten Zahlung kommt im vorliegenden Fall auch keine Doppelfunktion in der Weise zu, dass die Zahlung des Beklagten auf seine Bürgschaftsschuld ihn gleichzeitig von der Einlageverpflichtung nach § 171 Abs. 1 HGB befreit hätte.

Im Anschluss an eine entsprechende Entscheidung des RG (RGZ 7, 48) wird allerdings in Rechtsprechung und Literatur teilweise angenommen, dass der Kommanditist von seiner Kommanditistenhaftung nach § 171 Abs. 1 S. 1, 1. Halbs. HGB durch Leistung an einen Gläubiger auch frei wird, wenn er eine entsprechende Leistung an einen Gläubiger erbringt, dem er nicht nur nach §§ 128, 161 Abs. 2, 171 Abs. 1 HGB, sondern auch aus einem anderen selbständigen Rechtsgrund, etwa einer Bürgschaft, haftet. Eine entsprechende Befreiung von der beschränkten Kommanditistenhaftung soll hier auch eintreten, wenn der Kommanditist an den betreffenden Gläubiger leistet und die Leistung (auch) im Hinblick auf den anderen selbständigen Verpflichtungsgrund (die Bürgschaft) erbracht wird (vgl. RG, a.a.O.. Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, 3. Aufl., § 171 HGB Anm.9. GroßkommHGB/Schilling, HGB, 3. Aufl., § 171 HGB Anm. 22. Schlegelberger/Geßler, HGB, 4. Aufl., § 171 HGB Rn. 19. m.w.N. auch zur abw. A.). Entsprechend hat das OLG Hamm (NJWRR 1995, 489, 490) angenommen, dass die Zahlung eines aus einer Bürgschaft in Anspruch genommenen Kommanditisten als haftungsbefreiende Leistung an einen Gläubiger der Gesellschaft zu werten ist und in Höhe der Zahlung auch eine Erfüllung der Haftungseinlageschuld eintritt. Eine haftungsbefreiende Leistung des Kommanditisten an einen Gesellschaftsgläubiger soll nämlich auch dann anzuerkennen sein, wenn sich der Gesellschaftsgläubiger aus einer ihm vom Kommanditisten zur Sicherung einer Gesellschafterverbindlichkeit gegebenen Sicherheit, etwa auch einer Bürgschaft, befriedigt. Es soll dann Haftungsbefreiung zum Nennwert der Leistung des Kommanditisten eintreten, ohne dass es auf die Vollwertigkeit der Gläubigerforderung ankomme (OLG Hamm, a.a.O.. i.E. zustimmend z.B. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 171 HGB Rn. 78).

Der vorstehend dargestellten Rspr. und Lit., die - soweit ersichtlich ist - nicht im Einzelnen dogmatisch abgeleitet und weiter begründet wird, dürfte aus Sicht des Senats zu folgen sein, wenn - wie wohl in den vom RG und OLG Hamm entschiedenen Fällen - zunächst eine (noch offene) Einlageverpflichtung des Kommanditisten vorhanden war und der Kommanditist sodann im Hinblick auf seine noch zu erfüllende Kommanditistenhaftung einem Gläubiger der Gesellschaft eine Sicherheit, hier eine Bürgschaft, gewährt hat und die (spätere) Verwertung dieser Sicherheit im Hinblick auf die Haftungsverpflichtung des Kommanditisten erfolgen und diesen von seiner Kommanditistenhaftung befreien soll. In solchen Fällen sollen erkennbar die Bürgschaft und die in Aussicht genommene Bürgschaftszahlung als Leistung des Kommanditisten an einen Gläubiger der Gesellschaft im Hinblick auf die vorhandene offene Haftung aus §§ 128, 161 Abs. 2, 171 Abs. 1 HGB erbracht werden. Wenn die Bestellung und Realisierung der Sicherheit eindeutig im Hinblick auf die entsprechende Haftungsverpflichtung des Kommanditisten erbracht wird, ist es nachvollziehbar und überzeugend, dann auch die haftungsbefreiende Wirkung dieser Kommanditistenleistung eintreten zu lassen.

In solchen Fällen kann die Gewährung der Bürgschaft als Sicherungsmittel und die Realisierung der Sicherheit für Ansprüche des Gesellschaftsgläubigers auch als ggf. vereinbarte Sacheinlage verstanden werden, die auf die Hafteinlage erbracht wird, erst vollständig mit der Realisierung der Sicherheit geleistet ist (vgl. dazu Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 171 HGB Rn. 57) und in Höhe der objektiv vorhandenen Werthaltigkeit haftungsbefreiend wirken kann. Der Kommanditist muss hier grundsätzlich nur einmal leisten (durch Gewährung und Realisierung der Sicherheit), ist allerdings dem Risiko ausgesetzt, dass er vor Erfüllungs und Verwertungsreife der Bürgschaft von einem anderen Gläubiger der Gesellschaft nach §§ 128, 161 Abs. 2, 171 Abs. 1 HGB noch in Anspruch genommen wird und dann ggf. doch zweimal leisten muss (vgl. dazu BGHZ 58, 72, 77).

Die dargestellten Grundsätze passen jedoch nicht auf den Sachverhalt des vorliegenden Falles und können hier nicht für eine Haftungsbefreiung des Beklagten herangezogen werden.

Es ist hier nämlich nicht ersichtlich, dass die Bürgschaft vom 27.6.2005 mit Bürgschaftserweiterung vom 28.9.2005 im Hinblick auf die Erfüllung einer ausstehenden Kommanditeinlage erbracht worden ist. Der Beklagte hatte zu diesem Zeitpunkt seine damalige Kommanditeinlage erbracht. eine weitergehende Haftungseinlageverpflichtung und eine Haftung des Beklagten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern bestand bei Begründung und Erweiterung der Bürgschaft nicht. Es war damals ersichtlich, dass die Bürgschaftsverpflichtung des Beklagten unabhängig von einer Einlageverpflichtung des Beklagten begründet wurde und bestand und dass der Beklagte daraus selbständig und unabhängig von einer Einlageverpflichtung (die damals nicht vorhanden war) in Anspruch genommen werden konnte. Die Übernahme der Bürgschaft im Juni 2005 hatte damals nichts mit einer (parallel laufenden) Kommanditistenhaftung zu tun. Es ist danach ausgeschlossen, dass die Bürgschaft zur Befreiung von einer offenen Kommanditistenhaftung übernommen wurde. Gleiches gilt für die Bürgschaftserweiterung.

Mit der Kapitalerhöhung am 11.11.2005, die erst mehrere Monate nach der Begründung der Bürgschaftsverpflichtung erfolgte und nach eigenen Angaben des Beklagten bei seiner Anhörung im Verhandlungstermin vor dem Senat damals bei Übernahme der Bürgschaft noch nicht geplant war, wurde eine andere, weitere Leistungsverpflichtung des Beklagten gegenüber der KG und ggf. ihren Gläubigern begründet, die neben der Bürgschaftsverpflichtung stand und von dieser unabhängig war. Der Beklagte hatte danach im vorliegenden Fall mit der Bürgschaft und der Kapitalerhöhung zwei verschiedene, von einander unabhängige Verpflichtungen übernommen, die sich in ihrer Entstehung, ihrem Bestand, ihrem Inhalt, ihrer Höhe und ihren Gläubigern unterschieden und beide in der vereinbarten Höhe vom Beklagten zu erfüllen waren. Es ist danach kein hinreichender rechtlicher Grund ersichtlich, warum eine Leistung auf die Bürgschaftsverpflichtung automatisch zu einer Erfüllung der aus der nachfolgenden Kapitalerhöhung resultierenden Einlageverpflichtung oder umgekehrt die Erfüllung der Einlageverpflichtung automatisch zu einer Erfüllung der Bürgschaftsverpflichtung führen sollte. Eine Beeinflussung und Abhängigkeit der beiden sich aus Bürgschaft und Kapitalerhöhung ergebenden Verbindlichkeiten des Beklagten ergab sich allein aus den oben unter 2. und 4. behandelten rechtskonstruktiven Wegen. Die Zahlung auf die Bürgschaft - wovon hier auszugehen ist - konnte nicht (unmittelbar) zum Erlöschen der Kommanditistenhaftung führen, auch nicht im Hinblick auf eine Erfüllung von Verbindlichkeiten eines Gläubigers der KG, da die Zahlung auf eine eigene vertragliche Verpflichtung des Beklagten erfolgte. Die hier relevante Zahlung auf die Bürgschaft verschaffte dem Beklagten lediglich Rückgriffsansprüche gegen die KG, mit denen - wenn die Voraussetzungen vorgelegen hätten - gegen die Einlageverpflichtung hätte aufgerechnet werden können. An den Voraussetzungen der Aufrechnung fehlte es aber, wie bereits oben ausgeführt.

Auch die sonstigen konstruktiv allein möglichen Tatbestände, die zur Erfüllung der Einlageverpflichtung oder zum Wegfall der Haftungsverpflichtung des Kommanditisten durch Gläubigerbefriedigung führen, liegen - wie zuvor ausgeführt - nicht vor.

Nach alledem ist eine Erfüllung der Hafteinlageverpflichtung des Beklagten über 110.000 € weder durch Einlagezahlung gegenüber der KG (der Insolvenzschuldnerin) noch durch haftungsbefreiende Gläubigerbefriedigung oder einen anderen Erfüllungstatbestand festzustellen.

Der Beklagte ist nach alledem antragsgemäß zur Zahlung von 110.000 € zu verurteilen.

6. Die zugesprochenen Zinsen rechtfertigt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzugs nach §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 ZPO

Der Beklagte ist durch die erfolglos gebliebene Zahlungsaufforderung des Klägers im Schreiben vom 13.9.2006 (Anlage K 5 der Anspruchsbegründung) mit einer Fristsetzung bis zum 22.9.2006 in Verzug gesetzt worden.

Der geltend gemachte höhere Zinssatz (8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz) nach § 288 Abs. 2 BGB ist nicht gerechtfertigt, da es hier nicht um eine Entgeltforderung geht.

Insoweit ist die Klage abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

7. Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO nach Einschätzung des Senats nicht vorliegen.

Eine Abweichung zu der oben zitierten Entscheidung des OLG Hamm ist hier im Hinblick auf die aufgezeigten Unterschiede des hier vorliegenden Sachverhalts nicht anzunehmen.

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