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Wirtschaftsrecht
21.06.2023
Wirtschaftsrecht
OLG Düsseldorf: Zur Beschwerdebefugnis eines GmbH-Gesellschafters gegen Registergericht-Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.3.2023 – 3 Wx 55/22

ECLI:DE:OLGD:2023:0316.3WX55.22.00

Volltext: BB-Online BBL2023-1474-2

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

1. Der Gesellschafter einer GmbH ist weder nach § 59 Abs. 1 FamFG noch nach § 59 Abs. 2 FamFG befugt, Beschwerde gegen die Entscheidung des Registergerichts einzulegen, die Eintragung einer Person als Geschäftsführer der GmbH nicht nach § 395 FamFG im Handelsregister zu löschen.

2. Dasselbe gilt, wenn das Registergericht die Löschung einer im Handelsregister eingetragenen nichtigen Geschäftsführerbestellung nach § 398 FamFG ablehnt.

§§ 395 Abs. 1 Satz 1, 398, 59 Abs. 1 und Abs. 2 FamFG

 

Sachverhalt

I.

Die Beteiligten zu 2. ist die Ehefrau des am 23. November 2020 verstorbenen bulgarischen Staatsbürgers M…… (nachfolgend: Erblasser). Dieser war bis zu seinem Tod der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der …… GmbH. Der Beteiligte zu 1. ist der Sohn des Erblassers aus erster Ehe. Aus der Ehe mit der Beteiligten zu 2. stammen zwei Kinder.

Der Erblasser ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge von den Beteiligten zu 1. und zu 2. sowie von seinen beiden Kindern aus zweiter Ehe mit einem Anteil von jeweils einem Viertel beerbt worden. Die Erbengemeinschaft besteht ungeteilt.

Das Amtsgericht hat die Beteiligte zu 2. am 15. September 2021 als neue Geschäftsführerin der ……. GmbH eingetragen.

Mit dem Argument, er habe an der Beschlussfassung über die Geschäftsführerbestellung der Beteiligten zu 2. nicht mitgewirkt, hat der Beteiligte zu 1. unter dem 24. September 2021 die Löschung dieser Eintragung angeregt.

Das Amtsgericht hat daraufhin ein Löschungsverfahren eingeleitet, die Löschung der streitbefangenen Handelsregistereintragung nach § 395 Abs. 1 Satz 1 FamFG jedoch abgelehnt. Es hat angenommen, dass die Beteiligte zu 2. am 26. August 2021 mit einer Dreiviertel-Mehrheit – nämlich mit der eigenen Stimme und mit den Stimmen ihrer beiden Kinder – rechtswirksam zum gemeinsamen Vertreter der ungeteilten Erbengemeinschaft im Sinne von § 6 des Gesellschaftsvertrages bestellt worden sei und in dieser Eigenschaft sodann für die Erbengemeinschaft rechtsgültig den Beschluss über ihre Berufung als neue Geschäftsführerin der …….. GmbH gefasst habe. Beide Maßnahmen seien von dem Ergänzungspfleger, der für den seinerzeit noch minderjährigen Sohn A.M……. bestellt worden sei, genehmigt worden.

Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 1. mit seiner Beschwerde. Er ist der Ansicht, die Beteiligte zu 2. sei rechtswirksam weder zur Vertreterin der Erbengemeinschaft noch zur Geschäftsführerin der …… GmbH bestellt worden. Nach dem maßgeblichen bulgarischen Erbstatut sei ein einstimmiger Beschluss aller Miterben notwendig gewesen, an dem es fehle.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in dem amtsgerichtlichen Beschluss sowie auf den Inhalt der Handelsregisterakte und der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Aus den Gründen

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 382 Abs. 3 FamFG statthaft sowie frist- und formgerecht gemäß §§ 63 Abs. 1, 64 FamFG eingelegt. Sie ist aber unzulässig, weil dem Beteiligten zu 1. kein Beschwerderecht nach § 59 FamFG zusteht. Darauf hat die Beteiligte zu 2. in ihrer Beschwerdeerwiderung zutreffend hingewiesen.

1. Die Löschung einer unzulässigen Eintragung im Handelsregister erfolgt gemäß § 395 Abs. 1 Satz 1 FamFG von Amts wegen oder auf Antrag der berufsständigen Organe. Das gleiche gilt für die Löschung von im Handelsregister eingetragenen nichtigen Gesellschafterbeschlüsse nach § 398 FamFG. Der einzelne Gesellschafter einer GmbH hat weder in dem einen noch in dem anderen Fall ein Antragsrecht. Ihm steht daher auch keine Beschwerdebefugnis nach §§ 58, 59 Abs. 2 FamFG zu (vgl. BGH, Beschluss vom 15.7.2014 – II ZB 18/13).

2. Eine Beschwerdebefugnis ergibt sich für den Beteiligten zu 1. auch nicht aus § 59 Abs. 1 FamFG.

a) Nach dieser Vorschrift steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den angefochtenen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Erforderlich ist ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives Recht. Die angefochtene Entscheidung muss ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Ein bloß rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an der Beseitigung der angefochtenen registergerichtlichen Entscheidung genügt nicht (BGH, Beschl. v. 15.7.2014 – II ZB 18/13).

b) Eine rechtliche Betroffenheit des Beteiligten zu 1. in diesem Sinne besteht nicht. Die Entscheidung des Registergerichts, die Eintragung der Beteiligten zu 2. als neue Geschäftsführerin der ………….. GmbH nicht zu löschen, greift nicht nachteilig in eine vorhandene Rechtsposition des Beteiligten zu 1. ein.

aa) Gem. § 39 Abs. 1 GmbHG ist jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer sowie die Beendigung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Dabei handelt es sich allerdings um eine bloß deklaratorische Eintragung, die der Bekanntgabe von Tatsachen oder Rechtsverhältnissen dient, die unabhängig von der Eintragung bestehen; die Eintragung im Handelsregister hat keine konstitutive Wirkung (vgl. nur: Stephan/Tieves in Münchener Kommentar GmbHG, 4. Aufl. 2023, § 39 Rdnr. 51 m.w.N.).

Bereits aus diesem Grund ist die verweigerte Löschung der streitgegenständlichen Handelsregistereintragung nicht geeignet, subjektive Rechte des Beteiligten zu 1. zu beeinträchtigen. Das gilt ungeachtet der Frage, in welchem Umfang dem Registergericht im Eintragungsverfahren ein Prüfungsrecht zusteht. Da der Anmeldung die Urkunden über die Bestellung der Geschäftsführer oder über die Beendigung der Vertretungsbefugnis beizufügen sind (§ 39 Abs. 2 GmbHG), fällt jedenfalls die Prüfung, ob ein die Eintragung rechtfertigender Gesellschafterbeschluss ordnungsgemäß zustande gekommen ist, in die Prüfungskompetenz des Registergerichts. Inwieweit das Registergericht darüber hinaus zu einer Prüfung der Wirksamkeit des der Anmeldung zugrunde liegenden Organbeschlusses berechtigt ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet (vgl. nur: Noack/Servatius/Haas, GmbH-Gesetz, 23. Auflage 2022, § 39 Rdnr. 16 m.w.N.; Stephan/Tieves, a.a.O. § 39 Rdnr. 37 – 47 m.w.N.; Wicke in Münchener Kommentar GmbHG, 4. Aufl. 2022, § 9 c Rdnr. 31). Trotz dieser Prüfungskompetenz des Registergerichts kommt der Handelsregistereintragung als solcher eine rechtsschaffende Wirkung nicht zu. Im Umkehrschluss kann sie ebenso wenig geeignet sein, bestehende Gesellschafterrechte zu beeinträchtigen (vgl. auch OLG Hamburg, Beschl. v. 12. 4. 2011 −11 W 25/11; Fischer in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, § 59 Rdnr. 100).

bb) Es kommt Folgendes hinzu: Der Geschäftsführer einer GmbH erhält seine gesellschaftsrechtliche Vertretungsbefugnis nicht durch die Eintragung in das Handelsregister, sondern durch den der Eintragung zugrunde liegenden Gesellschafterbeschluss. Alleine dieser – und nicht die Eintragung im Handelsregister – bindet überdies die Gesellschafter der GmbH, den Gewählten zum Geschäftsführer zu bestellen. Beseitigt wird diese Bindung im gesetzlichen Normalstatut durch einen unter Beachtung der §§ 47 ff. GmbHG gefassten Aufhebungsbeschluss der Gesellschafter. Die anschließende Löschung der entsprechenden Registereintragung vollzieht die durch den Aufhebungsbeschluss geschaffene materiell-rechtliche Lage nur deklaratorisch nach. Auch Fehler bei der Willensbildung – seien es formelle Fehler im Rahmen des Beschlussverfahrens wie etwa Einladungsmängel oder seien es Umstände, die den Gesellschafterbeschluss materiell fehlerhaft machen – schlagen auf den Gesellschafterbeschluss zurück und sind in einem gerichtlichen Streitverfahren über die Wirksamkeit des Bestellungsbeschlusses zu klären. Prozessual wird die Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses durch Feststellungsklage (§ 256 ZPO) gegenüber der Gesellschaft, vertreten durch die Geschäftsführung, geltend gemacht und können rechtswidrige Gesellschafterbeschlüsse im Wege der Anfechtungsklage zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden. Die Eintragung des Geschäftsführers im Handelsregister beschränkt diese rechtlichen Möglichkeiten eines Gesellschafters, den der Eintragung zugrunde liegenden Bestellungsbeschluss anzugreifen, nicht. Gleichermaßen tangiert auch die abgelehnte Löschung der Geschäftsführereintragung nicht die Möglichkeit einer gegen die Geschäftsführerbestellung gerichteten Anfechtungs- oder Feststellungsklage.

cc) Der daraus resultierenden Erkenntnis, dass die Registereintragung keinen Eingriff in die Rechte des Gesellschafters darstellt, können die Rechtsfolgen einer fehlerhaft eingetragenen Geschäftsführerposition nicht entgegen gehalten werden. Zwar besteht Einigkeit, dass die Gesellschaft durch die Handlungen des fehlerhaft Bestellten im Außenverhältnis wirksam verpflichtet wird. Das begründet indes keine rechtliche Betroffenheit des Beteiligten zu 1. im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG. Denn die Wirksamkeit der vom fehlerhaft bestellten Geschäftsführer getätigten Rechtsgeschäfte berührt unmittelbar nur den Rechtskreis der Gesellschaft; der Beteiligte zu 1. als ihr Gesellschafter ist demgegenüber nur mittelbar in seinen Rechten betroffen. Das genügt für eine Beschwerdeberechtigung nach § 59 Abs. 1 FamFG nicht. Sein bloß wirtschaftliches Interesse daran, dass der Unternehmenswert – und infolge dessen auch der Wert seines eigenen Geschäftsanteils – nicht durch die Rechtshandlungen eines anfechtbar bestellten Geschäftsführers geschmälert wird, vermittelt ihm gleichfalls keine Beschwerdebefugnis.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Danach soll das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat. Für einen Ausnahmefall ist hier nichts ersichtlich.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 S. 1 FamFG besteht kein Anlass.

Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 3 GNotKG.

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