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Wirtschaftsrecht
23.03.2023
Wirtschaftsrecht
BGH: Zur Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandsmitglieds einer AG

BGH, Beschluss vom 17.1.2023 – II ZB 6/22

ECLI:DE:BGH:2023:170123BIIZB6.22.0

Volltext: BB-Online BBL2023-706-4

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

a) Die Vertretungsmacht des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft ist bei der Beschlussfassung über seine Bestellung als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft nach § 181 Fall 1 BGB beschränkt.

b) § 112 Satz 1 AktG ist auf die Bestellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft zum Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft nicht anwendbar.

BGB § 181 Fall 1; AktG § 112

 

 

Sachverhalt

    I.

Die Antragstellerin ist eine GmbH in Gründung. Alleinige Gesellschafterin ist die J.               AG, deren Vorstandsmitglieder         D.    ,Dr.     E.    und Dr.        T.      diese entweder jeweils gemeinsam mit einem anderen Vorstandsmitglied oder jeweils allein gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten.

Mit notariell beglaubigter Urkunde vom 4. Dezember 2019 bevollmächtigten Dr. E.   und Dr. T.     , "handelnd als gesamtvertretungsbefugte Geschäftsführer der J.       AG", Dr.     O.    , die J.        AG u.a. bei der Gründung einer oder mehrerer Gesellschaften mit beschränkter Haftung und der Bestellung eines oder mehrerer Geschäftsführer zu vertreten.

Am 5. Dezember 2019 errichtete Dr. O.     in seiner Eigenschaft als Vertreter der J.         AG in notarieller Form die Antragstellerin. Der Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer hat. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft von zwei Geschäftsführern gemeinsam oder von einem Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. In einer zugleich abgehaltenen Gesellschafterversammlung bestellte er die drei vorgenannten Vorstandsmitglieder der Alleingesellschafterin zu Geschäftsführern der Antragstellerin.

Im April 2020 meldete der verfahrensbevollmächtigte Notar die Gesellschaft und ihre Geschäftsführer zur Eintragung in das Handelsregister an.

Mit Zwischenverfügung vom 29. April/29. Mai 2020 hat das Amtsgericht - Registergericht - ein Eintragungshindernis mitgeteilt und der Antragstellerin aufgegeben, im Hinblick auf den Geschäftsführerbestellungsbeschluss vom 5. Dezember 2019 bezüglich der Vorstandsmitglieder Dr. E.        und Dr. T.      eine Genehmigung durch den Aufsichtsrat der Alleingesellschafterin samt zusätzlicher Befreiung der Vorstände von den Beschränkungen des § 181 Fall 1 BGB für den konkreten Einzelfall vorzulegen.

Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht die Zwischenverfügung aufgehoben, soweit über die Vorlage einer Genehmigung des Aufsichtsrats der Alleingesellschafterin für den Geschäftsführerbestellungsbeschluss vom 5. Dezember 2019 hinaus die Vorlage einer Befreiung der Vorstandsmitglieder von den Beschränkungen des § 181 Fall 1 BGB für den konkreten Einzelfall verlangt worden war, und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen.

Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Eintragungsantrag weiter.

Aus den Gründen

    II.

 

8          Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, soweit das Beschwerdegericht die Beschwerde zurückgewiesen hat, und der Zwischenverfügung des Amtsgerichts.

 

9          1. Das Beschwerdegericht (OLG Frankfurt, NZG 2022, 713) hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Einer Eintragung der Antragstellerin stehe entgegen, dass die durch den bevollmächtigten Vertreter Dr. O.      erfolgte Stimmabgabe zur Bestellung der Vorstandsmitglieder Dr. E.     und Dr. T.     zu Geschäftsführern schwebend unwirksam sei. Zwar sei § 112 AktG nicht anwendbar, weil es sich bei der Bestellung eines Vorstandsmitglieds zum Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft um einen Organakt der Tochtergesellschaft und nicht der Alleingesellschafterin handle. Bei einer Selbstbestellung von Vorständen einer Aktiengesellschaft zu Geschäftsführern einer Tochter-GmbH bestehe gleichwohl ein Interessenkonflikt, dem mit einer jedenfalls entsprechenden Heranziehung von § 181 Fall 1 BGB zu begegnen sei. Daran ändere nichts, dass die genannten Vorstandsmitglieder nicht selbst an der Beschlussfassung mitgewirkt hätten, sondern von Dr. O.      vertreten worden seien, weil ein Vertreter nicht mehr Rechte auf einen Untervertreter übertragen könne, als ihm selbst zustünden. Die Genehmigung sei von dem Aufsichtsrat der Alleingesellschafterin als Bestellungsorgan der vertretenen Vorstände zu erteilen. Einem Stimmverbot nach § 47 Abs. 4 Satz 2 Fall 1 GmbHG habe der Vertreter hingegen nicht unterlegen.

 

10        2. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis der Antragstellerin ergibt sich bereits daraus, dass ihre Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Registergerichts teilweise zurückgewiesen wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2011 - II ZB 17/10, BGHZ 191, 84 Rn. 5; Beschluss vom 26. Juni 2018 - II ZB 12/16, ZIP 2018, 1591 Rn. 7; Beschluss vom 27. Juli 2020 - II ZB 26/19, ZIP 2020, 1658 Rn. 12). Das gilt auch für die Vorgesellschaft, die ihre Ersteintragung in das Handelsregister begehrt (BGH, Beschluss vom 20. Februar 1989 - II ZB 10/88, BGHZ 107, 1, 2; Beschluss vom 16. März 1992 - II ZB 17/91, BGHZ 117, 323, 325).

 

11        3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält der rechtlichen Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Zwar hat das Beschwerdegericht zutreffend ein behebbares Eintragungshindernis erkannt, weil die auf die Bestellung der Vorstandsmitglieder Dr. E.     und Dr. T.      zu Geschäftsführern der Antragstellerin gerichtete Beschlussfassung schwebend unwirksam ist. Zur Erteilung der Genehmigung der Bestellung der beiden Vorstandsmitglieder Dr. E.    und Dr. T.     zu Geschäftsführern ist hier aber nicht der Aufsichtsrat der Alleingesellschafterin berufen.

 

12        a) Nach § 9c Abs. 1 Satz 1 GmbHG hat das Gericht die Eintragung abzulehnen, wenn die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist. Zur ordnungsgemäßen Errichtung der Gesellschaft zählt auch die vorschriftsgemäße Bestellung des Geschäftsführers als notwendigem Organ (§ 10 Abs. 1 GmbHG; Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl., § 9c Rn. 4; Link in Gehrlein/ Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 9c Rn. 23; Scholz/Veil, GmbHG, 12. Aufl., § 9c Rn. 24; MünchKommGmbHG/Wicke, 4. Aufl., § 9c Rn. 31).

 

13        b) Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass die Vorstandsmitglieder Dr. E.     und Dr. T.      bei der Stimmabgabe bezüglich der auf ihre eigene Bestellung gerichteten Beschlussfassung nach § 181 Fall 1 BGB in ihrer Vertretungsmacht beschränkt waren.

 

14        aa) Allerdings ist umstritten, ob die Selbstbestellung von Vorständen einer Aktiengesellschaft zu Geschäftsführern einer Tochter-GmbH in den Anwendungsbereich des § 181 Fall 1 BGB fällt.

 

15        Eine Auffassung sieht keinerlei Beschränkungen der Vertretungsmacht des Vorstandsmitglieds bei seiner Selbstbestellung zum Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft (Ziemons in Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft, Stand: 9.2020, Rn. 8.675; Pluskat/Baßler, Der Konzern 2006, 403, 405 f. [anders aber für die Anstellung]; Putz, RFamU 2022, 245, 246 f.; Schemmann, NZG 2008, 89, 91 f.).

 

16        Die überwiegende Gegenauffassung nimmt hingegen ein Vertretungsverbot nach § 181 BGB an (BayObLG, ZIP 2001, 70 für eine Genossenschaft; Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl., § 6 Rn. 67; Beurskens in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 6 Rn. 37; Buck-Heeb in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 6 Rn. 37;KK-AktG/Cahn/Mertens, 4. Aufl., § 112 Rn. 4; MünchKommGmbHG/Drescher, 4. Aufl., § 47 Rn. 227; Ganzer in Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 47 Rn. 107; MünchHdBGesR VII/Gehle, 6. Aufl., § 9 Rn. 84; Groß-Bölting/Rabe in Hölters/Weber, AktG, 4. Aufl., § 112 Rn. 13;MünchKommAktG/Habersack, 5. Aufl., § 112 Rn. 7;Henssler in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 112 AktG Rn. 7; Hopt/Roth in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 112 Rn. 69 ff.; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., § 6 Rn. 38;Koch, AktG, 16. Aufl., § 112 Rn. 14; Noack in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 47 Rn. 60; Raff in Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 6 Rn. 63; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 12. Aufl., § 47 Rn. 181; MünchKommBGB/Schubert, 9. Aufl., § 181 Rn. 53; BeckOGK AktG/Spindler, Stand: 1.10.2022, § 112 Rn. 25 ff.; Tebben in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 6 Rn. 46; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., § 6 Rn. 11; Wasserbäch, Die Vertretung der Aktiengesellschaft durch ihren Aufsichtsrat, 2018, S. 131 f.; Bayer/Möller, Festschrift Grunewald, 2021, S. 79, 82; Commichau, Rpfleger 1995, 98, 99; Cramer, NZG 2012, 765, 766 ff.; Dicke/Johnen, GmbHR 2022, 1117, 1118 f.; Götze, GmbHR 2001, 217, 218 f.; Gutachten des Deutschen Notarinstituts DNotI-Report 2012, 189, 190; Hermanns, Festschrift E. Vetter, 2019, S. 233, 237 f.; Maidl, DNotZ 2022, 163, 165 f.; Scheller, EWiR 2022, 265, 266; Schemmann, NZG 2008, 89, 91 f.; Schiller, GWR 2019, 102, 103; Theusinger/Guntermann, AG 2017, 798, 803 f.; Wachter, GmbHR 2022, 476, 478; Werner, NZG 2022, 702, 703 f.; Wicke, DNotZ 2013, 812, 820 f.; vgl. auch OLG Düsseldorf, RNotZ 2006, 69 f. zu § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB; offenlassend: OLG München, NZG 2012, 710 f.; LG Nürnberg-Fürth,AG 2001, 152; Drygala in K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl., § 112 Rn. 9).

 

17        bb) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Die Vertretungsmacht des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft ist bei der Beschlussfassung über seine Bestellung als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft nach § 181 Fall 1 BGB beschränkt.

 

18        (1) Nach § 181 Fall 1 BGB kann ein Vertreter, soweit ihm nicht ein anderes gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen. Die Beschlussfassung über die Bestellung des Geschäftsführers einer GmbH und die Bestellung sind ein einheitliches Rechtsgeschäft, auf das § 181 BGB anwendbar ist.

 

19        Die auf Herbeiführung eines Bestellungsbeschlusses (§ 6 Abs. 3 Satz 2 Fall 2, § 46 Nr. 5, § 47 Abs. 1 GmbHG) gerichtete Stimmabgabe ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung des Gesellschafters (BGH, Urteil vom 14. Juli 1954 - II ZR 342/53, BGHZ 14, 264, 267; Urteil vom 29. Mai 1967 - II ZR 105/66, BGHZ 48, 163, 173 f.; Möller, Die Beschlussfassung im Recht der Personen- und Kapitalgesellschaften, 2021, S. 43 f.), auf die § 181 BGB anwendbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1980 - V ZB 15/79, BGHZ 77, 7, 9; Urteil vom 17. Juni 1991 - II ZR 261/89, NJW-RR 1991, 1441; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 82. Aufl., § 181 Rn. 6; Staudinger/Schilken, BGB, Neubearb. 2019, § 181 Rn. 13; MünchKommBGB/Schubert, 9. Aufl., § 181 Rn. 16). Erklärungsempfänger der Stimmabgabe ist die Vorgesellschaft (MünchKommGmbHG/Drescher, 4. Aufl., § 47 Rn. 36; Hillmann in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 47 GmbHG Rn. 29; Noack in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 47 Rn. 7). Unmittelbar sachlich betroffen ist der zu bestellende Geschäftsführer erst mit der Umsetzung des Beschlusses ihm gegenüber. Dies hindert die Anwendung von § 181 BGB aber nicht, weil sich eine solch ausschließlich formale Betrachtungsweise vom Sinn und Zweck der Norm lösen würde.

 

20        Um Außenwirkung zu entfalten, muss der Bestellungsbeschluss dem Bestellten bekanntgegeben werden (Bestellungserklärung), der seinerseits die Annahme des Amts erklären muss (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2005 - II ZR 55/04, ZIP 2005, 2255 Rn. 15; Urteil vom 22. September 1969 - II ZR 144/68, BGHZ 52, 316, 321 für die Bestellung eines Liquidators; Beurskens in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 6 Rn. 48 f.; Buck-Heeb in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 6 Rn. 33; MünchKommGmbHG/Goette, 4. Aufl., § 6 Rn. 57 f.; Scholz/Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, GmbHG, 13. Aufl., § 6 Rn. 91; Möller, Die Beschlussfassung im Recht der Personen- und Kapitalgesellschaften, 2021, S. 100 mwN; Blath, GmbHR 2018, 345, 346 f.). Die Bestellungserklärung vollzieht lediglich die in dem Beschluss zum Ausdruck gekommene innerkörperschaftliche Willensbildung nach außen, ihr Erklärungsgehalt erschöpft sich in der Mitteilung des Beschlussinhalts (vgl. KK-AktG/Cahn/Mertens, 4. Aufl., § 112 Rn. 4; Götze, GmbHR 2001, 217, 219). Ist der Bestellte bei der Beschlussfassung zugegen, wird der Beschluss regelmäßig zugleich auch mit Außenwirkung umgesetzt (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1969 - II ZR 144/68, BGHZ 52, 316, 321 mwN; Urteil vom 5. Mai 2003 - II ZR 50/01, ZIP 2003, 1293, 1294). Dabei handelt das Vorstandsmitglied im Namen der Mutter-Aktiengesellschaft als für die Vor-GmbH die Bestellungserklärung abgebende Alleingesellschafterin und zugleich bei Annahme des Amts im eigenen Namen, weswegen § 181 Fall 1 BGB auf diesen Sachverhalt unmittelbar anwendbar ist (Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl., § 6 Rn. 67; Gutachten des Deutschen Notarinstituts DNotI-Report 2012, 189, 190; vgl. auch Blath, GmbHR 2018, 345, 349 f.).

 

21        Nach Sinn und Zweck von § 181 Fall 1 BGB ist von einem einheitlichen Rechtsgeschäft auszugehen so dass das Verbot des Selbstkontrahierens auch für die Stimmabgabe gilt. Das Verbot will verhindern, dass verschiedene und einander widersprechende Interessen durch ein und dieselbe Person vertreten werden, weil dies die Gefahr eines Interessenkonflikts und damit einer Schädigung des Vertretenen mit sich bringt (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1968 - II ZR 57/67, BGHZ 51, 209, 215; Urteil vom 6. März 1975 - II ZR 80/73, BGHZ 64, 72, 76;Urteil vom 8. Oktober 1991 - XI ZR 64/90, ZIP 1991, 1582, 1583). Eine solche Gefahr besteht bereits bei der auf die eigene Bestellung (bei der Tochter-GmbH) gerichteten Stimmabgabe durch das Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft, weil diese sich sachlich an ihn als zu Bestellenden richtet und ihn materiell begünstigen soll (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1980 - V ZB 15/79, BGHZ 77, 7, 9). Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Bestellung eines Geschäftsführers um ein mehraktiges Rechtsgeschäft handelt (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1968 - V ZR 188/64, BGHZ 50, 8, 12 f.).

 

22        (2) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der § 181 BGB auf Beschlüsse über Maßnahmen der Geschäftsführung oder sonstige gemeinsame Gesellschaftsangelegenheiten, bei denen ein Gesellschafter das Stimmrecht für sich und zugleich auch für einen anderen Gesellschafter ausübt, nicht anwendbar ist (BGH, Urteil vom 22. September 1969 - II ZR 144/68, BGHZ 52, 316, 318; Beschluss vom 18. September 1975 - II ZB 6/74, BGHZ 65, 93, 99 f.), ist auf Beschlüsse, mit denen sich ein Vertreter des Alleingesellschafters zum Geschäftsführer bestellt, nicht übertragbar. Das persönliche Interesse des Vorstandsmitglieds am Beschlussgegenstand ist wegen seiner Selbstbetroffenheit nicht identisch mit den mitgliedschaftlichen Interessen der Alleingesellschafterin (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1990 - II ZR 167/89, BGHZ 112, 339, 341 f. für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Der Stimmrechtsvertreter, der nicht Gesellschafter ist, nimmt nicht selbst an der verbandsinternen Willensbildung und dem Ringen darum, wie das vom Gesellschaftszweck geprägte gleichgerichtete Interesse am besten zu verwirklichen ist, teil (aA Pluskat/Baßler, Der Konzern 2006, 403, 405). Vielmehr tritt hier die von § 181 BGB abzuwehrende Gefahr eines Interessenwiderstreits hervor, weil bei ihm das eigene Interesse am Abstimmungsergebnis nicht durch ein mindestens gleichstarkes eigenes Interesse am Gedeihen der Gesellschaft aufgewogen wird (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1968 - II ZR 57/67, BGHZ 51, 209, 216 f. für einen Testamentsvollstrecker). Zudem tritt das Vorstandsmitglied als zu bestellendes Organ der Tochter-GmbH der von ihm vertretenen Aktiengesellschaft in der von § 181 BGB gemeinten Art in der Rolle eines Geschäftsgegners gegenüber, bei der er darum bemüht ist, seine eigene Rechtsposition zu stärken (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 1975 - II ZB 6/74, BGHZ 65, 93, 97).

 

23        Das gilt auch, wenn es nur um die Bestellung geht und nicht zugleich das Anstellungsverhältnis betroffen ist. Schon die Bestellung stärkt die rechtliche Stellung des Vorstandsmitglieds (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1968 - II ZR 57/67, BGHZ 51, 209, 214; BayObLG, ZIP 2001, 70), weil es mit der organschaftlichen Handlungs- und Vertretungsmacht in der Tochtergesellschaft (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) ausgestattet wird. Dass der Vorstand der Alleingesellschafterin dem Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Weisungen erteilen kann, denen dieser grundsätzlich zu folgen hat (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1959 - II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 278), steht der Anwendung von § 181 BGB daher nicht entgegen (aA Putz, RFamU 2022, 245, 246 f.). Zudem können kollidierende organschaftliche Pflichten des Vorstands gegenüber der Aktiengesellschaft einerseits (§ 93 AktG) und des Geschäftsführers gegenüber der abhängigen GmbH (§ 43 GmbHG) andererseits entstehen (Drygala in K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl., § 112 Rn. 9).

 

24        (3) Es besteht auch kein Anlass, § 181 BGB teleologisch zu reduzieren (so aber Pluskat/Baßler, Der Konzern 2006, 403, 405). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt § 181 BGB nicht, wenn nach der Natur des Rechtsgeschäfts eine Gefährdung der Interessen des Vertretenen nicht nur im konkreten Einzelfall, sondern abstrakt-generell ausgeschlossen ist. Denn dann besteht nach dem Normzweck kein Bedürfnis für ein Vertretungsverbot (BGH, Beschluss vom 16. April 1975 - V ZB 15/74, WM 1975, 595 mwN). Der Bundesgerichtshof hat eine solche Sachverhaltsgestaltung, in der sich eine Schädigung des Vertretenen typischerweise ausschließen lässt, vor dem Inkrafttreten von § 35 Abs. 3 Satz 1 GmbHG angenommen für Rechtsgeschäfte des geschäftsführenden Alleingesellschafters einer GmbH mit sich selbst (BGH, Urteil vom 19. April 1971 - II ZR 98/68, BGHZ 56, 97, 100 ff.; Urteil vom 19. November 1979 - II ZR 197/78, BGHZ 75, 358, 359 ff. für eine GmbH & Co. KG) und für Geschäfte, die dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringen (BGH, Urteil vom 27. September 1972 - IV ZR 225/69, BGHZ 59, 236, 240 f.; Urteil vom 25. April 1985 - IX ZR 141/84, BGHZ 94, 232, 235 f.; Urteil vom 8. Juni 1989 - IX ZR 234/87, WM 1989, 1393, 1394; Urteil vom 7. September 2017 - IX ZR 224/16, ZIP 2017, 1863 Rn. 17). Ein solcher Fall liegt nicht vor, weil die vertretene Alleingesellschafterin keine Rechte aus der Bestellung ihres Vorstandsmitglieds als Geschäftsführer ihrer Tochter-GmbH erlangt.

 

25        Im Hinblick auf die aufgezeigten gefährdeten Interessen der Alleingesellschafterin handelt es sich auch nicht um ein im Sinne von § 181 BGB "neutrales" Geschäft, so dass dahinstehen kann, ob die vorgenannte Rechtsprechung entsprechend auszudehnen wäre (so Staudinger/Schilken, BGB, Neubearb. 2019, § 181 Rn. 32;MünchKommBGB/Schubert, 9. Aufl., § 181 Rn. 34; BeckOK BGB/Schäfer, Stand: 1.11.2022, § 181 Rn. 19).

 

26        c) Zutreffend hat es das Beschwerdegericht für die Anwendung von § 181 Fall 1 BGB für unerheblich gehalten, dass die Alleingesellschafterin nicht durch ihre Vorstandsmitglieder Dr. E.   und Dr. T.     , sondern durch den von diesen bevollmächtigten Dr. O.    vertreten wurde. Nach dem Zweck der Norm spielt es keine Rolle, ob der nach § 181 BGB in seiner Vertretungsmacht beschränkte organschaftliche Vertreter im Rahmen der Beschlussfassung die Stimme selbst abgibt oder dafür einen (Unter-)Vertreter bestellt, weil er auf diesem Umweg nicht seine eigene Vertretungsmacht erweitern kann (BGH, Urteil vom 6. März 1975 - II ZR 80/73, BGHZ 64, 72, 74 f.; Urteil vom 24. September 1990 - II ZR 167/89, BGHZ 112, 339, 343; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 82. Aufl., § 181 Rn. 12; MünchKommBGB/Schubert, 9. Aufl., § 181 Rn. 50; BeckOK BGB/Schäfer, Stand: 1.10.2022, § 181 Rn. 22; MünchKommAktG/Spindler, 5. Aufl., § 78 Rn. 131; Bayer/Möller, Festschrift Grunewald, 2021, S. 79, 84 f.; Schindeldecker, RNotZ 2015, 533, 553; Suttmann, MittBayNot 2011, 1, 5).

 

27        d) Soweit die Rechtsbeschwerde meint, § 181 BGB sei unanwendbar, weil sich die gesamtvertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder Dr. E.     und Dr. T.     nach § 78 Abs. 4 Satz 1 AktG wechselseitig ermächtigt hätten, den jeweils anderen zum Geschäftsführer der Tochtergesellschaft zu bestellen, und sie dazu jeweils einzeln Dr. O.     bevollmächtigt hätten, kann sie damit nicht durchdringen. Eine wechselseitige Ermächtigung im Sinne von § 78 Abs. 4 Satz 1 AktG liegt nicht vor.

 

28        aa) Das Beschwerdegericht hat sich mit der erstmals in der Rechtsbeschwerde behaupteten wechselseitigen Ermächtigung nicht befasst und die Dr. O.     erteilte Vollmacht nicht ausgelegt. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat die Auslegung nachholen und in der Sache selbst entscheiden (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG; vgl. BGH, Urteil vom 2. Mai 1974 - II ZR 153/72, WM 1974, 630, 631; Urteil vom 25. September 1975 - VII ZR 179/73, BGHZ 65, 107, 112; Urteil vom 23. Oktober 1985 - VIII ZR 231/84, BGHZ 96, 141, 144; Urteil vom 18. Mai 1998 - II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536; Urteil vom 2. Dezember 1991 - II ZR 274/90, WM 1992, 612, 613; Urteil vom 16. Dezember 2020 - VIII ZR 247/18, NJW-RR 2021, 342 Rn. 27).

 

29        bb) Nach §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen. In einem zweiten Auslegungsschritt sind sodann die außerhalb des Erklärungsakts liegenden Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BGH, Urteil vom 19. Januar 2000 - VIII ZR 275/98, WM 2000, 1643, 1645; Urteil vom 21. Oktober 2010 - III ZR 17/10, juris Rn. 14; Beschluss vom 14. Februar 2017 - VI ZB 24/16, NJW 2017, 1887 Rn. 9).

 

30        Aus der Dr. O.     erteilten Vollmacht ergibt sich eine ausdrückliche wechselseitige Ermächtigung der Vorstandsmitglieder Dr. E.       und Dr. T.      nicht. Nach dem Wortlaut der Urkunde handelten die unterzeichnenden Vorstandsmitglieder "als gesamtvertretungsbefugte Geschäftsführer" der Alleingesellschafterin. Die Auffassung der Rechtsbeschwerde, wonach darin sowohl eine wechselseitige Ermächtigung der Vorstandsmitglieder als auch zwei jeweils einzeln erteilte Vollmachten zu sehen sein sollen, findet in dem Wortlaut keine Stütze. Die Rechtsbeschwerde weist zutreffend darauf hin, dass der Gebrauch des Wortes "Geschäftsführer" im Hinblick auf §§ 76, 78 AktG terminologisch unzutreffend ist. Dabei handelt es sich nur um einen insoweit unerheblichen Formulierungsfehler, wie sich auch daran zeigt, dass dieser Begriff in der Unterschriftszeile gestrichen und der Fehler damit teilweise korrigiert wurde. An der Maßgeblichkeit des Wortlauts der Urkunde im Übrigen ändert sich dadurch nichts.

 

31        Außerhalb der Urkunde liegende Umstände, die für eine wechselseitige Ermächtigung sprechen, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt. Solche werden auch von der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt. Zwar ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung anzunehmen, eine Erklärung solle nach dem Willen des Erklärenden einen bestimmten rechtserheblichen Inhalt haben, weswegen einer möglichen Auslegung der Vorzug zu geben ist, bei welcher der Erklärung eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Erklärung ansonsten als (teilweise) sinnlos erweisen würde (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 1998 - II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536; Urteil vom 30. Oktober 2010 - V ZR 42/09, NJW 2010, 1074, 1075 Rn. 16). Gegen eine solche erweiternde Auslegung, die im Wortlaut der Erklärung keinen Anklang findet, spricht schon, dass sich die Vollmacht nicht als sinnlos erwiesen hat, weil die Möglichkeit einer Genehmigung besteht. Zudem sind dagegen dieselben Erwägungen anzuführen, die den Bundesgerichtshof veranlasst haben, es abzulehnen, eine von zwei Gesamtvertretern einer GmbH gemeinsam abgegebene Vertragserklärung, bei der die Mitwirkung des einen gegen § 181 BGB verstieß, in eine zulässige Ermächtigung des anderen zur Alleinvertretung umzudeuten (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1991 - XI ZR 64/90, ZIP 1991, 1582, 1583). Die persönlichen Verantwortlichkeiten für die Bestellung der Geschäftsführer würden sich anders gestalten. Die Bevollmächtigung und die darauf erfolgte Geschäftsführerbestellung wäre gegenüber der Muttergesellschaft nicht von den Vorstandsmitgliedern Dr. E.    und Dr. T.     gemeinsam zu verantworten. Vielmehr wären sie dann nur verantwortlich für die Bestellung des jeweils anderen.

 

32        e) Rechtsfehlerhaft geht das Beschwerdegericht allerdings davon aus, die Genehmigung für die Wirksamkeit der Stimmabgabe von Dr. O.     sei von dem Aufsichtsrat der Alleingesellschafterin zu erteilen.

 

33        aa) Stimmt ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft bei der Beschlussfassung über seine Bestellung als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft entgegen der Beschränkung des § 181 Fall 1 BGB mit ab, ist die Stimmabgabe schwebend unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1975 - VIII ZR 115/74, BGHZ 65, 123, 125 f.; Urteil vom 29. November 1993 - II ZR 107/92, ZIP 1994, 129, 131). Damit ist jedenfalls in der Einpersonen-GmbH zugleich der Bestellungsbeschluss schwebend unwirksam, ohne dass es einer Anfechtungsklage bedarf, weil ansonsten dem Schutzzweck des § 181 BGB nicht hinreichend Rechnung getragen würde (BayObLG, ZIP 2001, 70 f.; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., Anh. zu § 47 Rn. 4; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., Anh. § 47 Rn. 3; Lindemann, Die Beschlussfassung in der Einmann-GmbH, 1996, S. 212 ff.; Gutachten des Deutschen Notarinstituts DNotI-Report 2012, 189, 192; Semler/Asmus, NZG 2004, 881, 883 f.). Die Wirksamkeit der Stimmabgabe von Dr. O.    hängt von der Genehmigung durch die von ihm vertretene Alleingesellschafterin ab (vgl. § 177 Abs. 1, § 180 Satz 2 BGB).

 

34        bb) Zuständig für die Erteilung der Genehmigung nach § 177 Abs. 1 BGB ist jedes vertretungsberechtigte und nicht durch § 181 BGB in seiner Vertretungsmacht beschränkte Vorstandsmitglied der Alleingesellschafterin (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AktG). Andere Organe können die Aktiengesellschaft nur vertreten, wenn ihnen abweichend von dieser Grundregel die gesetzliche Vertretung übertragen wurde (BGH, Urteil vom 21. Juni 2022 - II ZR 181/21, ZIP 2022, 1749 Rn. 20 z.V.b. in BGHZ). Da schwebend unwirksame Rechtsgeschäfte durch einen gesetzlichen Vertreter, einen Bevollmächtigten und auch durch den handelnden Vertreter ohne Vertretungsmacht, wenn er nachträglich Vertretungsmacht erlangt, genehmigt werden können (Grüneberg/Ellenberger, BGB, 82. Aufl., § 177 Rn. 6), führt § 181 BGB lediglich zum Ausschluss der von der Norm betroffenen Vorstandsmitglieder (KK-AktG/Cahn/Mertens, 4. Aufl., § 112 Rn. 4; Hopt/Roth in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 112 Rn. 73; Wasserbäch, Die Vertretung der Aktiengesellschaft durch ihren Aufsichtsrat, 2018, S. 132; Wachter, GmbHR 2022, 476, 478; vgl. auch BGH, Urteil vom 29. November 1993 - II ZR 107/92, ZIP 1994, 129, 131 für die GmbH; aA Dicke/Johnen, GmbHR 2022, 1117, 1121 f.; Werner, NZG 2022, 702, 705; Leuering/Rubner, NJW-Spezial 2022, 176, 177 "Bestellungsorgan des Vertretenen"). Auf die davon zu unterscheidende Frage, wer zur Erteilung der Gestattung vor Ausübung des Vertretergeschäfts berufen ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1993 - II ZR 107/92, ZIP 1994, 129, 131 für die GmbH).

 

35        cc) Da das Vorstandsmitglied D.   nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts die Alleingesellschafterin gemeinsam mit einem Prokuristen oder einem nicht durch § 181 BGB ausgeschlossenen Vorstandsmitglied vertreten kann, kann er mit diesem auch die ausstehende Genehmigung erklären. Ob diese Möglichkeit zur ordnungsgemäßen Vertretung tatsächlich besteht, ist nicht festgestellt. Dem steht nicht entgegen, dass D.   selbst mit demselben Beschluss wie Dr. E.     und Dr. T.      wirksam zum Geschäftsführer bestellt wurde (aA Wachter, GmbHR 2022, 476, 478).

 

36        (1) Das Vorstandsmitglied D.   war weder an der Bevollmächtigung von Dr. O.     noch an der auch auf seine eigene Bestellung gerichteten Beschlussfassung beteiligt, weswegen ein Fall des § 181 BGB in seiner Person nicht vorliegt. Ist ein an der Bestellung weiterer Vorstandsmitglieder nicht beteiligtes Vorstandsmitglied vorhanden, das ohne Mitwirkung der durch § 181 BGB ausgeschlossenen Vorstandsmitglieder zur Vertretung der Aktiengesellschaft berechtigt ist, so besteht kein Grund, dieses nicht für befugt zu halten, die Genehmigung zu erteilen (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1993 - II ZR 107/92, ZIP 1994, 129, 131 für die GmbH). D.   wäre auch nicht gehindert gewesen, gemeinsam mit einem Prokuristen für die Alleingesellschafterin die Vorstandsmitglieder Dr. E.     und Dr. T.      zu Geschäftsführern der Antragstellerin zu bestellen.

 

37        (2) Ein Insichgeschäft für das Vorstandsmitglied D.  , welches der durch ihn zu erklärenden Genehmigung entgegenstünde, folgt auch nicht daraus, dass die Wirksamkeit seiner Bestellung zum Geschäftsführer der Antragstellerin von der Genehmigung der Bestellung der Vorstandsmitglieder Dr. E.    und Dr. T.    zu Geschäftsführern abhängen würde.

 

38        Die Beschlussfassung über die Bestellung des Geschäftsführers kann schon vor der Eintragung der GmbH mit einfacher Mehrheit erfolgen, da für die Vor-GmbH grundsätzlich die Regeln der GmbH gelten (BGH, Urteil vom 23. März 1981 - II ZR 27/80, BGHZ 80, 212, 214). Die Bestellung wird erst wirksam, wenn das Beschlussergebnis gegenüber dem Bestellten bekanntgegeben ist und der Berufene sich zur Annahme des Amts bereiterklärt, was auch konkludent erfolgen kann (Beurskens in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 6 Rn. 48 f., Scholz/Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, GmbHG, 13. Aufl., § 6 Rn. 91). Die konkludente Annahme durch das Vorstandsmitglied D.  liegt hier jedenfalls in der von ihm (mit-)unterzeichneten Anmeldung der Antragstellerin zum Handelsregister vom 6. Dezember 2019 (vgl. Buck-Heeb in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 6 Rn. 33).

 

39        (3) Die Bestellung von D.   scheitert schließlich auch nicht an § 139 BGB. Danach ist, wenn ein Teil des Rechtsgeschäfts nichtig ist, das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Zwar liegt in der Bestellung mehrerer Geschäftsführer durch einen Beschluss der Alleingesellschafterin ein einheitliches Rechtsgeschäft und § 139 BGB gilt auch für schwebend unwirksame Geschäfte (BGH, Urteil vom 29. Januar 1970 - VII ZR 34/68, BGHZ 53, 174, 178 f.; Urteil vom 18. September 1974 - VIII ZR 63/73, NJW 1974, 2233, 2234 f.). Gleichwohl folgt daraus nicht die schwebende Unwirksamkeit der Bestellung des Vorstandsmitglieds D.   zum Geschäftsführer der Antragstellerin. Denn es ist anzunehmen, dass er auch ohne die übrigen Vorstandsmitglieder zum alleinigen Geschäftsführer bestellt worden wäre.

 

40        Werden in einem Beschluss mehrere Beschlussgegenstände zusammengefasst, beurteilt sich die Gesamtnichtigkeit des Beschlusses bei der Nichtigkeit eines Teils entsprechend § 139 BGB (BGH, Urteil vom 2. Juli 2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rn. 71; sowie BGH, Urteil vom 25. Januar 1988 - II ZR 148/87, ZIP 1988, 432, 433; Urteil vom 19. Mai 2015 - II ZR 176/14, BGHZ 205, 319 Rn. 30, beide zur AG). Danach ist der ganze Beschluss nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil gefasst worden wäre. Insoweit kommt es auf den mutmaßlichen Willen der Gesellschafterversammlung an, der grundsätzlich durch Auslegung des Beschlusses zu ermitteln ist (BGH, Urteil vom 19. Mai 2015 - II ZR 176/14, BGHZ 205, 319 Rn. 30; Urteil vom 2. Juli 2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rn. 71).

 

41        Nach dem mutmaßlichen Willen der Alleingesellschafterin ist anzunehmen, dass diese eine wirksame Bestellung ihres Vorstandsmitglied D.   gewollt hätte. Mit der Bestellung auch nur eines Geschäftsführers werden, unabhängig von der ausstehenden Genehmigung, die Voraussetzungen geschaffen, um die Handlungsfähigkeit der Antragstellerin herzustellen. Die Satzung der Antragstellerin lässt die Bestellung nur eines Geschäftsführers gerade zu. Auch die von den Vorstandsmitgliedern Dr. E.   und Dr. T.     an Dr. O.      erteilte Vollmacht sah die Bestellung eines oder mehrerer Geschäftsführer vor.

 

42        (4) Ob diese Möglichkeit zur ordnungsgemäßen Vertretung der Alleingesellschafterin durch das Vorstandsmitglied D.  gemeinsam mit einem Prokuristen oder einem anderen nicht durch § 181 BGB in seiner Vertretungsmacht beschränkten Vorstandsmitglied tatsächlich besteht, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt. Es kann daher offenbleiben, ob die Genehmigung nur durch den Aufsichtsrat erklärt werden kann, wenn der Vorstand hierzu mangels einer ausreichenden Anzahl nicht in einem Interessenkonflikt stehender Vorstandsmitglieder nicht in der Lage ist (Hopt/Roth in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 112 Rn. 73), oder gegebenenfalls die Bestellung eines stellvertretenden Vorstandsmitglieds in Betracht kommt (§ 105 Abs. 2 AktG, KK-AktG/Cahn/Mertens, 4. Aufl., § 112 Rn. 4).

 

43        f) Die Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 74 Abs. 2 FamFG). Eine Genehmigungskompetenz des Aufsichtsrats folgt, wie das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, nicht aus § 112 Satz 1 AktG. Ob ein Verstoß gegen § 112 Satz 1 AktG zur Nichtigkeit des jeweiligen Rechtsgeschäfts gemäß § 134 BGB oder zur Anwendbarkeit der §§ 177 ff. BGB führt mit der Folge, dass die Genehmigung nach § 177 Abs. 1 BGB allein von dem Aufsichtsrat erteilt werden könnte (BGH, Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 364/02, ZIP 2005, 348, 349), ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. Der Senat hat die Frage bislang offengelassen (BGH, Urteil vom 15. Januar 2019 - II ZR 392/17, BGHZ 220, 377 Rn. 35). Sie bedarf auch vorliegend keiner Entscheidung. Denn § 112 Satz 1 AktG ist auf die Bestellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft zum Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft nicht anwendbar.

 

44        aa) Die Frage ist umstritten.

 

45        Teilweise wird im Hinblick auf den Schutzzweck des § 112 Satz 1 AktG, eine unbefangene Wahrung der Gesellschaftsbelange sicherzustellen und Interessenkollisionen zu verhindern, vertreten, zur Entscheidung über die Bestellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft zum Geschäftsführer ihrer Tochter-GmbH sei der Aufsichtsrat berufen (LG Berlin, GmbHR 1997, 750, 751; Grigoleit/Tomasic in Grigoleit, AktG, 2. Aufl., § 112 Rn. 10; MünchHdBGesR IX/Blath, 6. Aufl., § 9 Rn. 58; Baetzgen, RNotZ 2005, 193, 223; Blath, GmbHR 2018, 345, 353; Blath, DNotZ 2022, 314, 316 f.; Melchior, Rpfleger 1997, 505, 508; Schindeldecker, RNotZ 2015, 533, 552 f.; Suttmann, MittBayNot 2011, 1, 14; wohl auch van Kann/Keiluweit, AG 2010, 805, 808).

 

46        Überwiegend wird hingegen angenommen, der Anwendungsbereich des § 112 AktG sei nicht eröffnet, weil es sich bei der Bestellung eines Geschäftsführers um einen Organakt der Untergesellschaft und nicht der Obergesellschaft als deren Alleingesellschafterin handele (OLG München, NZG 2012, 710; LG Nürnberg-Fürth, AG 2001, 152; Beurskens in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 6 Rn. 37; KK-AktG/Cahn/Mertens, 4. Aufl.,§ 112 Rn. 4; Drygala in K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl., § 112 Rn. 9; Groß-Bölting/Rabe in Hölters/Weber, AktG, 4. Aufl., § 112 Rn. 13; MünchKommAktG/Habersack, 5. Aufl, § 112 Rn. 7; Henssler in Henssler/ Strohn, GesR, 5. Aufl., § 112 AktG Rn. 7; Koch, AktG, 16. Aufl., § 112 Rn. 14; Hopt/Roth in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 112 Rn. 69 ff.; MünchKommBGB/Schubert, 9. Aufl., § 181 Rn. 53; BeckOGK AktG/Spindler, Stand: 1.10.2022, § 112 Rn. 25 f.; MünchHdBGesR VII/Gehle, 6. Aufl., § 9 Rn. 84; Jaeger in Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft, Stand: 9.2020, Rn. 9.174a; Wasserbäch, Die Vertretung der Aktiengesellschaft durch ihren Aufsichtsrat, 2018, S. 131 f.; Bayer/Möller, Festschrift Grunewald, 2021, S. 79, 82; Commichau, Rpfleger 1995, 98, 99; Cramer, NZG 2012, 765, 766 f.; Dicke/Johnen, GmbHR 2022, 1117, 1119 f.; Hermanns, Festschrift E. Vetter, 2019, S. 233, 237 f.; Maidl, DNotZ 2022, 163, 165 f.; Schemmann, NZG 2008, 89, 91 f.; Schiller, GWR 2019, 102, 103; Theusinger/Guntermann, AG 2017, 798, 803 f.; Wachter, GmbHR 2022, 476, 478; Werner, NZG 2022, 702, 703 f.; Wicke, DNotZ 2013, 812, 820 f.; offenlassend: Buck-Heeb in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 6 Rn. 37).

 

47        bb) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an. § 112 Satz 1 AktG, wonach der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern vertritt, ist nach einer an seinem Schutzzweck ausgerichteten Auslegung nicht anwendbar.

 

48        (1) Bei der Bestellung eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft zum Geschäftsführer einer GmbH oder, wie hier, Vor-GmbH, deren Alleingesellschafterin die Aktiengesellschaft ist, handelt es sich nicht um eine vom Schutzzweck des § 112 Satz 1 AktG erfasste Vertretung der Aktiengesellschaft gegenüber ihrem Vorstandsmitglied. Die Stimmabgabe ist eine der Aktiengesellschaft in ihrer Eigenschaft als Alleingesellschafterin zuzurechnende Willenserklärung ihres Stimmrechtsvertreters, die der Vor-GmbH und nicht dem Vorstand gegenüber abgegeben wird. Bei der Bestellungserklärung der Vor-GmbH handelt es sich zwar um eine gegenüber dem Vorstandsmitglied abzugebende Willenserklärung. Sie betrifft aber kein Rechtsgeschäft der Aktiengesellschaft. Vielmehr handelt es sich um eine unmittelbar für und gegen die Vor-GmbH wirkende (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB) Erklärung der Gesellschafterversammlung als dem Organ, das für die Ausführung von Gesellschafterbeschlüssen zuständig ist (§ 6 Abs. 3 Satz 2, § 46 Nr. 5 GmbHG; BGH, Urteil vom 1. Februar 1968- II ZR 212/65, WM 1968, 570; Urteil vom 22. September 1969 - II ZR 144/68, BGHZ 52, 316, 321 [für die Bestellung eines Liquidators]; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 12. Aufl., § 46 Rn. 80; Belz in Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 35 Rn. 43; MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, 4. Aufl., § 35 Rn. 51; Blath, GmbHR 2018, 345, 346 f.).

 

49        (2) Die Erwägungen, die den Senat veranlasst haben, § 112 Satz 1 AktG auf Rechtsgeschäfte der Aktiengesellschaft mit einer Gesellschaft, deren Alleingesellschafter ein Vorstandsmitglied ist, anzuwenden (BGH, Urteil vom 15. Januar 2019 - II ZR 392/17, BGHZ 220, 377 Rn. 24), sind auf den Streitfall nicht übertragbar. Im Rahmen der Geschäftsführerbestellung begegnet die Aktiengesellschaft dem Vorstandsmitglied nicht auf der Ebene der Obergesellschaft, sondern in ihrer Funktion als Alleingesellschafterin der Tochtergesellschaft. Der spezifische Schutzzweck des § 112 Satz 1 AktG, der Interessenkollisionen vorbeugen und eine unbefangene, von sachfremden Erwägungen unbeeinflusste Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern sicherstellen soll (BGH, Urteil vom 8. Februar 1988 - II ZR 159/87, BGHZ 103, 213, 216; Urteil vom 26. Juni 1995 - II ZR 122/94, BGHZ 130, 108, 111; Urteil vom 18. September 2018 - II ZR 152/17, BGHZ 219, 356 Rn. 45; Urteil vom 15. Januar 2019 - II ZR 392/17, BGHZ 220, 377 Rn. 23), ist deshalb nicht in einem solchen Maß betroffen, dass die Anwendung der Norm geboten erscheint. Der hier zu Tage tretende Interessenkonflikt wird bereits durch das allgemeine Verbot des § 181 Fall 1 BGB erfasst und so ein hinreichender Schutz der Interessen der von dem Vorstandsmitglied vertretenen Alleingesellschafterin erreicht. Der Aktiengesellschaft bleibt dabei im Rahmen ihres Selbstorganisationsrechts die Möglichkeit erhalten, ihrem Vorstand durch die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB ein selbständiges Handeln zu ermöglichen, insbesondere, wenn sie dies in einer Konzernstruktur für erforderlich hält. Gegen eine Anwendung von § 112 Satz 1 AktG spricht letztlich, dass es sich um eine personalwirtschaftliche Maßnahme unterhalb der Vorstandsebene der Alleingesellschafterin handelt, die zur Leitungskompetenz des Vorstands zählt (§ 76 Abs. 1 AktG).

 

50        Ob § 112 Satz 1 AktG trotz der wirtschaftlichen Identität generell nicht auf Rechtsgeschäfte zwischen einem Vorstandsmitglied und einer Gesellschaft, deren Alleingesellschafterin die Aktiengesellschaft ist, anzuwenden ist (so OLG Frankfurt a.M., ZIP 2006, 1904, 1905 f.; KK-AktG/Cahn/Mertens, 4. Aufl., § 112 Rn. 6; MünchKommAktG/Habersack, 5. Aufl., § 112 Rn. 7; Koch, AktG, 16. Aufl., § 112 Rn. 14; Hopt/Roth in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 112 Rn. 74;Wasserbäch, Die Vertretung der Aktiengesellschaft durch ihren Aufsichtsrat, 2018, S. 30; van Kann/Keiluweit, AG 2010, 805, 807), muss nicht entschieden werden.

 

51        g) Die vom Beschwerdegericht verneinte und im Schrifttum umstrittene Frage, ob das Vorstandsmitglied entsprechend § 47 Abs. 4 Satz 2Fall 1 GmbHG an einer Stimmabgabe gehindert ist (bejahend: MünchKommGmbHG/Drescher, 4. Aufl., § 47 Rn. 191, 194, 198, 227; Hüffer/Schäfer in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., § 47 Rn. 123, 136; Römermann in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 47 Rn. 96; Götze, GmbHR 2001, 217 f.; Scheller, EWiR 2022, 265 f.; verneinend: Noack in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 47 Rn. 83; BeckOGK AktG/Spindler, Stand: 1.10.2022, § 112 Rn. 28; Möller, Die Beschlussfassung im Recht der Personen- und Kapitalgesellschaften, 2021, S. 210 f.; Blath, DNotZ 2022, 314, 317; Cramer, NZG 2012, 765, 768 f.; Dicke/Johnen, GmbHR 2022, 1117, 1119 f.; Maidl, DNotZ 2022, 163, 167 f.; Wachter, GmbHR 2022, 476, 479; Werner, NZG 2022, 702, 703 f.; wohl auch Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 12. Aufl., § 47 Rn. 181; Suttmann, MittBayNot 2011, 1, 13 f.; tendenziell auch Schemmann, NZG 2008, 89, 90 f.; differenzierend: MünchHdBGesR IX/Blath, 6. Aufl., § 9 Rn. 56; Blath, GmbHR 2018, 345, 350 f.), bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

 

52        Werden bei der Beschlussfassung in einer GmbH nach § 47 Abs. 4 Satz 2 Fall 1 GmbHG vom Stimmrecht ausgeschlossene Stimmen mitgezählt, führt dies bei Feststellung durch den Versammlungsleiter zur Anfechtbarkeit des Beschlusses (BGH, Urteil vom 21. März 1988 - II ZR 308/87, BGHZ 104, 66, 69; Urteil vom 24. April 2006 - II ZR 30/05, BGHZ 167, 204 Rn. 26 [zu § 20 Abs. 7 AktG]; Urteil vom 2. Juli 2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rn. 31 mwN). Die notarielle Beurkundung des Beschlusses steht der Feststellung durch den Versammlungsleiter gleich, weil dadurch das Ziel der Feststellung, Unsicherheit über die Fassung eines Beschlusses zu beseitigen, erreicht wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2008 - II ZR 187/06, ZIP 2008, 757 Rn. 24; BayObLG, DNotZ 1992, 533, 534 f.; Gehrlein/Born/Simon/Teichmann, GmbHG, 5. Aufl., Anh. § 47 Rn. 40; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., Anh. § 47 Rn. 12). Lediglich anfechtbare Beschlüsse hat das Registergericht einzutragen (BayObLG, GmbHR 1992, 41; OLG Stuttgart, ZIP 2011, 2406; OLG München, ZIP 2012, 2150). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in einem Fall wie dem vorliegenden von einer völligen "Stimmlosigkeit" des Beschlusses auszugehen ist (BGH, Urteil vom 24. April 2006 - II ZR 30/05, BGHZ 167, 204 Rn. 26 [zu § 20 Abs. 7 AktG]; MünchKommGmbHG/Drescher, 4. Aufl., § 47 Rn. 220).

 

53        Einigkeit besteht jedenfalls darin, dass die entsprechende Anwendung von § 47 Abs. 4 Satz 2 Fall 1 GmbHG in dieser Konstellation eine Anwendung von § 181 BGB nicht ausschließen würde, weil beide Vorschriften unterschiedliche Interessenkonflikte regeln. Während § 47 Abs. 4 GmbHG den Konflikt innerhalb der körperschaftlichen Willensbildung zwischen den Interessen des Stimmrechtsvertreters und der Vor-GmbH betrifft, regelt § 181 BGB den Vertreterkonflikt zwischen dem Vorstandsmitglied und der von ihm vertretenen Alleingesellschafterin, mithin aus Sicht der Vor-GmbH einen externen Konflikt.Dem entspricht es, dass der Senat die Teilnahme eines Testamentsvollstreckers, der als solcher Anteilsrechte einer GmbH verwaltet, an der Beschlussfassung über seine Bestellung zum Geschäftsführer im Ergebnis nicht an § 47 Abs. 4 GmbHG gemessen, sondern unter dem Gesichtspunkt des § 181 BGB beurteilt hat (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1968 - II ZR 57/67, BGHZ 51, 209, 214 ff.).

 

54        4. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, soweit das Beschwerdegericht die Beschwerde zurückgewiesen hat (§ 74 Abs. 5 FamFG). Die Zwischenverfügung ist insgesamt aufzuheben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil die für die begehrte Eintragung der Antragstellerin maßgeblichen weiteren Voraussetzungen bislang nicht festgestellt sind. Da diese Feststellung zweckmäßigerweise durch das Registergericht erfolgt, ist die Sache an dieses zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).

 

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