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Wirtschaftsrecht
30.10.2024
Wirtschaftsrecht
BGH: Zur Bemessung des Geschäftswerts eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH

BGH, Beschluss vom 23.7.2024 – II ZB 3/24

ECLI:DE:BGH:2024:230724BIIZB3.24.0

Volltext: BB-Online BBL2024-2561-3

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

Für die Bemessung des Geschäftswerts eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH ist innerhalb der durch § 105 Abs. 1 Satz 2 und § 108 Abs. 5 GNotKG vorgegebenen Grenzen der den Ausgabepreis übersteigende Wert des auszugebenen Geschäftsanteils maßgeblich. Dies gilt auch, wenn der Kapitalerhöhungsbeschluss im Rahmen einer Spaltung nach dem Umwandlungsgesetz beim übernehmenden Rechtsträger gefasst wird und der Erhöhungsbetrag im Wege der Sacheinlage durch die Übertragung des abgespaltenen Vermögens erbracht wird.

§ 105 Abs 1 S 1 Nr 3 GNotKG, § 105 Abs 1 S 2 GNotKG, § 108 Abs 1 S 2 GNotKG, § 108 Abs 5 GNotKG, § 97 Abs 1 GNotKG vom 23.07.2013

 

Aus den Gründen

1          I. Der Beteiligte zu 1 (nachfolgend: Notar) beurkundete am 29. September 2014 einen Ausgliederungs- und Übernahmevertrag, nach dem die Beteiligte zu 2 als übertragende Gesellschaft ihren Teilbetrieb Kurzstreckenseeverkehr als Gesamtheit mit allen Rechten und Pflichten im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge durch Ausgliederung zur Aufnahme gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf die W.        GmbH als übernehmende Gesellschaft übertrug. Die der Übertragung zu Grunde gelegte Teilbilanz des Teilbetriebs Kurzstreckenseeverkehr wies ein Aktivvermögen von 201.097 € aus.

 

2          Weiter beurkundete der Notar Gesellschafterversammlungen der W.        GmbH und der Beteiligten zu 2, in denen die Alleingesellschafterinnen jeweils die Zustimmung zum Ausgliederungsvertrag und bei der W.       GmbH unter anderem eine Erhöhung des Stammkapitals um weitere 52.000 € auf 104.000 € beschlossen. Die neu geschaffenen Geschäftsanteile sollten an die Beteiligte zu 2 als Gegenleistung für die Übertragung des Teilbetriebs Kurzstreckenseeverkehr ausgegeben werden.

 

3          Der Notar erteilte der Beteiligten zu 2 am 19. Dezember 2014 eine Kostenrechnung zu UR Nr. 4549/14 H in der er für die Berechnung der Gebühr Nr. 21100 KV GNotKG einen Geschäftswert von 747.583 € zu Grunde legte. Die Erhöhung des Stammkapitals um 52.000 € berücksichtigte der Notar dabei in Höhe des Nennbetrags der Kapitalerhöhung. Der Bezirksrevisor beim Landgericht Düsseldorf hat im Rahmen einer Geschäftsprüfung beanstandet, die Kapitalerhöhung um 52.000 € sei nicht mit dem Nennbetrag, sondern mit dem Wert der Sacheinlage, mithin in Höhe von 201.097 € zu bemessen. Der Präsident des Landgerichts Düsseldorf hat den Notar daraufhin angewiesen, die Kostenrechnung überprüfen zu lassen.

 

4          Das Landgericht hat den Notar auf seinen weisungsgemäßen Antrag auf gerichtliche Entscheidung unter anderem angewiesen, die Kostenrechnung unter Zugrundelegung eines Geschäftswerts von 910.278,30 € für die Gebühr Nr. 21100 KV GNotKG neu zu erstellen. Auf die Beschwerde des Notars hat das Beschwerdegericht die Anweisung unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels rechnerisch dahin abgeändert, dass für die Gebühr Nr. 21100 KV GNotKG ein Geschäftswert von 902.409 € zu Grunde zu legen sei. Hiergegen wendet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Notars.

 

5          II. Die aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen gem. § 129 Abs. 2, § 130 Abs. 3 GNotKG, § 70 Abs. 1, § 71 FamFG zulässig, soweit der Beteiligte zu 1 den Ansatz des Geschäftswerts für die Kostenberechnung angreift.

 

6          1. Der Beteiligte zu 1 ficht den Beschluss zwar insgesamt an. Abgesehen davon, dass Beschwerdegründe gemäß § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, § 71 Abs. 3 Nr. 2 FamFG nur hinsichtlich der Geschäftswertbestimmung angeführt werden, fehlt es für eine weitergehende Anfechtung an der Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht, die für die Statthaftigkeit nach § 129 Abs. 2, § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, § 70 Abs. 1 FamFG erforderlich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2022 - V ZB 9/21, BGHZ 233, 325 Rn. 5).

 

7          a) Zwar ergibt sich eine Beschränkung der Zulassung nicht aus dem Tenor der Beschwerdeentscheidung. Dies ist aber unschädlich, sofern sie sich eindeutig aus den Entscheidungsgründen ergibt (BGH, Beschluss vom 23. Mai 2022 - V ZB 9/21, BGHZ 233, 325 Rn. 6). Das ist hier der Fall. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde nach den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu der Frage wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, ob in Fällen der Verschmelzung oder Abspaltung kostenrechtlich eine unzulässige Doppelberücksichtigung vorliegt, wenn der Geschäftswertbestimmung hinsichtlich des Beschlusses über die Erhöhung der Stammeinlage bei der GmbH der Wert der Sacheinlage zu Grunde gelegt wird. Diese Frage betrifft ausschließlich die der Kostenberechnung zu Grunde liegende Geschäftswertbestimmung.

 

8          b) Die Beschränkung ist zulässig. Die Zulassung kann auf einen tatsächlich oder rechtlich selbständigen und damit abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, sofern dieser Gegenstand einer Teilentscheidung sein kann oder auf den der Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel beschränken könnte. Dafür reicht es aus, dass der von der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Streitstoff beurteilt werden kann und nach einer Zurückverweisung eine Änderung des von der beschränkten Zulassung erfassten Teils nicht in die Gefahr eines Widerspruchs zu dem übrigen Teil gerät (BGH, Beschluss vom 23. Mai 2022 - V ZB 9/21, BGHZ 233, 325 Rn. 7). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Eine Beschränkung des Rechtsmittels auf den für die Kostenberechnung maßgeblichen Geschäftswert ist zulässig (OLG Frankfurt, DNotZ 1978, 118, 119; Waldner in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand Juli 2023, §§ 127-130 Rn. 90).

 

9          2. Der Beteiligte zu 1 ist auch beschwerdeberechtigt.

 

10        a) Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine Rechtsbeeinträchtigung liegt vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht eingreift. Die angefochtene Entscheidung muss daher ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Eine Beeinträchtigung lediglich wirtschaftlicher, rechtlicher oder sonstiger berechtigter Interessen genügt dagegen nicht (BGH, Beschluss vom 31. Mai 2023 - XII ZB 274/21, BGHZ 237, 157 Rn. 12).

 

11        b) Die Beschwer des Beteiligten zu 1 ergibt sich daraus, dass das gerichtliche Verfahren in Notarkostensachen die Festsetzung gesetzlicher Gebühren bezweckt und der Notar in seiner Berufsausübungsfreiheit betroffen ist, soweit ihm durch eine gerichtliche Entscheidung auferlegt wird, entgegen seiner Rechtsauffassung höhere Gebühren zu verlangen (BVerfG, NotBZ 2005, 401; OLG Nürnberg, RNotZ 2019, 165, 166).         III.

 

12        Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

 

13        1. Das Beschwerdegericht (OLG Düsseldorf, ZPG 2024, 234) hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Landgericht habe zutreffend angenommen, dass für den Beschluss über die Erhöhung des Stammkapitals der W.        GmbH um 52.000 € ein Geschäftswert von 201.097 € anzusetzen sei. Unter Berücksichtigung der durch § 108 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 GNotKG gezogenen Grenzen sei der Wert der Kapitalerhöhung durch Sacheinlage anhand des Werts der Sacheinlage und nicht nach dem Nominalwert der Kapitalerhöhung zu bestimmen. Wenn der Kapitalerhöhungsbeschluss im Rahmen einer Spaltung nach dem Umwandlungsgesetz gefasst werde, gelte auch im Hinblick darauf, dass der Wert bereits durch den Zustimmungsbeschluss erfasst werde, nichts Anderes. Der Wert der übertragenden Vermögensgegenstände und damit des neu geschaffenen Geschäftsanteils betrage 201.097 €.

 

14        2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung stand. Das Beschwerdegericht hat den Wert des Beschlusses über die Kapitalerhöhung zutreffend nicht nach dem Nominalwert, sondern nach dem diesen übersteigenden Wert der ausgegebenen Geschäftsanteile bemessen. Diesen Wert hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei in Höhe des Aktivvermögens des abgespaltenen Betriebsteils "Kurzstreckenseeverkehr" in Höhe von 201.097 € bestimmt.

 

15        a) Der Geschäftswert eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals kann innerhalb der durch § 105 Abs. 1 Satz 2, § 108 Abs. 5 GNotKG in der Fassung vom 23. Juli 2013 (BGBl. I. S. 2586, nachstehend aF) vorgegebenen Grenzen unter ergänzender Heranziehung von § 97 Abs. 1, Abs. 2 GNotKG ermittelt werden (BGH, Beschluss vom 12. September 2023 - II ZB 6/23, ZIP 2023, 2410 Rn. 9). Der Wert der Beschlussfassung über eine Erhöhung des Stammkapitals bei der GmbH entspricht dem Wert des neu geschaffenen oder erhöhten Geschäftsanteils, wenn dieser den Ausgabebetrag der Anteile übersteigt (BGH, Beschluss vom 12. September 2023 - II ZB 6/23, ZIP 2023, 2410 Rn. 12; Szalai, RFamU 2024, 21, 24; Thelen, RNotZ 2024, 152, 154; Heinze, NotBZ 2024, 89, 90; BeckOGK GmbHG/Miller, Stand 1.5.2024, § 55 Rn. 417.2; aA Lieder/Antolic, EWiR 2024, 9, 10; Vossius, notar 2024, 32; Weitnauer, GWR 2024, 1, 2; Waldner in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand November 2023, § 108 Rn. 17). Dies gilt entgegen der Sicht der Rechtsbeschwerde auch im vorliegenden Fall, in dem der Kapitalerhöhungsbeschluss im Rahmen einer Spaltung nach dem Umwandlungsgesetz beim übernehmenden Rechtsträger gefasst wird und der Erhöhungsbetrag im Wege der Sacheinlage durch die Übertragung des abgespaltenen Vermögens erbracht wird (vgl. Leipziger Gerichts- und Notarkosten-Kommentar/Heinze, 3. Aufl., § 108 Rn. 47; Heisel in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl., § 108 GNotKG Rn. 27; Waldner in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand März 2024, § 108 Rn. 17; Felix, RNotZ 2018, 378; Thelen RNotZ 2024, 152, 155 f.; aA Korintenberg/Tiedke, GNotKG, 22. Aufl., § 108 Rn. 90; Korintenberg/Diehn, GNotKG, 22. Aufl., § 109 Rn. 113; BeckOK Kostenrecht/Neie, Stand 1.10.2023, § 108 Rn. 40; Leipziger Kostenspiegel, 4. Aufl., Rn. 22.154; vgl. Diehn, Notarkostenberechnungen, 9. Aufl., Rn. 1513, 1360d).

 

16        aa) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, kommt es für die Bewertung des Werts der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung nicht darauf an, dass bereits der Ausgliederungs- und Übernahmevertrag Rechtsgrund für die Übertragung des abgespaltenen Vermögens ist. Dies ändert nichts daran, dass der Wert des Gegenstands der Beschlussfassung bei wirtschaftlicher Betrachtung durch die nach der Beschlussfassung zu erbringende Leistung in das Gesellschaftsvermögen geprägt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 12. September 2023 - II ZB 6/23, ZIP 2023, 2410 Rn. 14). Da es sich bei der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung um einen vom Ausgliederungs- und Übernahmevertrag zu unterscheidenden Beurkundungsgegenstand nach § 110 Nr. 1 GNotKG handelt (Wudy in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand Dezember 2019, § 109 Rn. 717), muss der Wert der Beschlussfassung jeweils selbstständig ermittelt werden (aA Diehn, Notarkostenberechnungen, 9. Aufl., Rn. 1513, 1360d).

 

17        bb) Zutreffend ist, dass der Wert des übergehenden Vermögens nach § 108 Abs. 3 GNotKG bei der Bemessung des Zustimmungsbeschlusses und nochmals bei der Bemessung des Werts der ausgegebenen Geschäftsanteile Berücksichtigung findet. Diese Folge beruht darauf, dass es sich bei den Beschlussfassungen um verschiedene Beurkundungsgegenstände nach § 86 Abs. 2 GNotKG handelt und ein Fall von § 109 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. b oder g GNotKG nicht vorliegt (Wudy in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand April 2022, § 109 Rn. 235; Korintenberg/Diehn, GNotKG, 22. Aufl., § 109 Rn. 113; Waldner in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand November 2023, § 108 Rn. 52; Bormann in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl., § 108 Rn. 23). Von einem einheitlichen Beschlussgegenstand nach § 109 Abs. 1 Satz 1 bis 3 GNotKG kann nicht ausgegangen werden, weil bei Beschlüssen nur in den Fällen des § 109 Abs. 2 Nr. 4 GNotKG ein einheitlicher Beurkundungsgegenstand vorliegt (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts,BT-Drucks. 17/11471 [neu], S. 187; Wudy in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand Dezember 2016, Anl. 1 KV/Teil 2 1200 Rn. 284). Eine Gebührenbegrenzung erfolgt bei der Zusammenfassung in einem Beurkundungsverfahren durch die Zusammenrechnung nach § 35 Abs. 1 GNotKG und den Höchstwert von 5.000.000 € nach § 108 Abs. 5 GNotKG aF (nunmehr § 108 Abs. 4 GNotKG).

 

18        cc) Eine andere Beurteilung ist auch nicht wegen einer kostenrechtlichen Besserstellung in dem Fall geboten, in dem die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers nach § 54 Abs. 1 Satz 3 UmwG auf die Gewährung von Geschäftsanteilen verzichten. Diese Besserstellung ist nicht sachwidrig, weil sie allein darauf beruht, dass eine Kapitalerhöhung als Gegenleistung für die Übertragung des Vermögens entfällt.

 

19        b) Die Ermittlung des Werts der Sacheinlage mit 201.097 € ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden, weil insoweit nach § 38 GNotKG das Aktivvermögen ohne Schuldenabzug maßgeblich ist (Waldner in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand März 2024, § 108 Rn. 17).

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