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Wirtschaftsrecht
25.05.2023
Wirtschaftsrecht
EuGH-Schlussanträge: Zur Befugnis von Organisationen für kollektive Wahrnehmung von Rechten des geistigen Eigentums

GA Maciej Szpunar, Schlussanträge vom 11.5.2023 – C-201/22, Kopiosto r.y. gegen Telia Finland Oyj

Volltext: BB-Online BBL2023-1217-3

unter www.betriebs-berater.de

 

1. Das Recht von Organisationen für die kollektive Wahrnehmung von Rechten des geistigen Eigentums, die Anwendung der in Kapitel II der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zu beantragen, im Sinne von Art. 4 Buchst. c dieser Richtlinie setzt die Anerkennung ihrer Befugnis zur Verteidigung der individuellen Rechte, mit der sie betraut sind, voraus. Fehlt es insoweit an Regelungen im geltenden Recht, kann sich diese Befugnis aus dem allgemeinen rechtlichen Kontext ergeben, vorausgesetzt, ihre Tragweite und Auswirkungen auf die Situation der Rechtsuchenden sind hinreichend klar und genau bestimmt.

2. Die Bestimmungen von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 sind dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, ein unmittelbares Interesse von zur Erteilung von kollektiven Lizenzen befugten Organisationen im Sinne dieser Bestimmungen anzuerkennen, im eigenen Namen die Anwendung der in Kapitel II dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zu beantragen – etwa eine Verletzungsklage zu erheben –, wenn sich ein solches Interesse nicht aus den anwendbaren Bestimmungen des nationalen Rechts ergibt.

 

 

 

Einleitung

1. Trotz einer punktuellen Harmonisierung(2) unterliegen die verfahrensrechtlichen Aspekte des Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums nach wie vor weitgehend den heterogenen nationalen Regelungen. Die Bestimmungen der Richtlinie 2004/48/EG(3) sollen die Nachteile, die sich daraus für die Entwicklung des Binnenmarkts ergeben, begrenzen, indem sie zu diesem Zweck einen Katalog von Maßnahmen festlegen, die im nationalen Recht im Hinblick auf die Sicherstellung der Wahrung der Urheber- und verwandten Schutzrechte im Rahmen gerichtlicher Verfahren vorgesehen sein müssen.

2. Die sich in der vorliegenden Rechtssache ergebenden Schwierigkeiten betreffen aber nicht den fraglichen Katalog von Maßnahmen, sondern die Personen, die befugt sein sollen, vor den nationalen Gerichten davon zu Gebrauch zu machen. Es geht also hauptsächlich um die Frage, ob die Mitgliedstaaten nach Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 verpflichtet sind, den Organisationen für die kollektive Wahrnehmung von Rechten des geistigen Eigentums (im Folgenden: Verwertungsgesellschaften) die Befugnis zuzuerkennen, in Rechtsstreitigkeiten, die die Anwendung von in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen betreffen, im eigenen Namen zu handeln.

3. Diese Frage stellt sich im vorliegenden Fall in Bezug auf die Tätigkeit einer Organisation, die befugt ist, kollektive Lizenzen mit sogenannter „erweiterter Wirkung“ zu erteilen. Bei diesen – seit den 1960er Jahren in den skandinavischen Ländern eingeführten – erweiterten Lizenzen(4) handelt es sich um einen speziellen Mechanismus der Wahrnehmung von Rechten des geistigen Eigentums, durch den es bestimmten Verwertungsgesellschaften ermöglicht wird, Nutzungsrechte nicht nur im Namen ihrer Mitglieder, sondern auch im Namen anderer Rechteinhaber einzuräumen, die sich nicht für eine individuelle Wahrnehmung ihrer Rechte entschieden haben. Dieser Mechanismus hat sich in Bereichen bewährt, in denen die große Anzahl der Werke, die von Lizenzinhabern genutzt werden können, und die übermäßige Fragmentierung des Marktes eine Verwertung mittels individueller Verträge erschweren und zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen(5).

4. Im Zusammenhang mit den erweiterten Befugnissen, die den Verwertungsgesellschaften im Bereich der Wahrnehmung von Rechten gewährt werden, stellt sich die Frage, welche Rolle diesen Organisationen im Bereich des gerichtlichen Schutzes des geistigen Eigentums zukommen sollte. Bei der Beantwortung dieser Frage sollten die tiefgreifenden Unterschiede, die es zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der gerichtlichen Streitverfahren gibt, berücksichtigt werden. Diese Unterschiede erklären meines Erachtens die Zurückhaltung, mit der der Unionsgesetzgeber gehandelt hat, als er sich im Rahmen des geltenden Unionsrechts nicht für eine vollständige Harmonisierung der nationalen Regelungen entschieden hat.

 

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 93/83/EWG

5. Art. 9 („Ausübung des Kabelweiterverbreitungsrechts“) der Richtlinie 93/83/EWG(6) lautet:

„(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass das Recht der Urheberrechtsinhaber und der Inhaber verwandter Schutzrechte, einem Kabelunternehmen die Erlaubnis zur Kabelweiterverbreitung zu erteilen oder zu verweigern, nur durch Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden kann.

(2) Hat ein Rechtsinhaber die Wahrnehmung seiner Rechte keiner Verwertungsgesellschaft übertragen, so gilt die Verwertungsgesellschaft, die Rechte der gleichen Art wahrnimmt, als bevollmächtigt, seine Rechte wahrzunehmen. Nimmt mehr als eine Verwertungsgesellschaft Rechte dieser Art wahr, so steht es dem Rechtsinhaber frei, unter diesen Verwertungsgesellschaften diejenige auszuwählen, die als zur Wahrung seiner Rechte bevollmächtigt gelten soll. Für einen Rechtsinhaber im Sinne dieses Absatzes ergeben sich aus der Vereinbarung zwischen dem Kabelunternehmen und der Verwertungsgesellschaft, die als bevollmächtigt zur Wahrung seiner Rechte gilt, die gleichen Rechte und Pflichten wie für Rechtsinhaber, die diese Verwertungsgesellschaft bevollmächtigt haben; er kann diese Rechte innerhalb eines von dem betreffenden Mitgliedstaat festzulegenden Zeitraums geltend machen, der, gerechnet vom Zeitpunkt der Kabelweiterverbreitung an, die sein Werk oder andere urheberrechtlich geschützte Gegenstände umfasst, nicht kürzer als drei Jahre sein darf.

(3) Ein Mitgliedstaat kann vorsehen, dass bei einem Rechtsinhaber, der die Erstsendung eines Werks oder eines anderen urheberrechtlich geschützten Gegenstands im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats gestattet, davon ausgegangen wird, dass er damit einverstanden ist, seine Kabelweiterverbreitungsrechte nicht auf individueller Grundlage, sondern gemäß dieser Richtlinie auszuüben.“

 

Richtlinie 2004/48

6. In den Erwägungsgründen 3, 10 und 18 der Richtlinie 2004/48 heißt es:

„(3) Ohne wirksame Instrumente zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums werden … Innovation und kreatives Schaffen gebremst und Investitionen verhindert. Daher ist darauf zu achten, dass das materielle Recht auf dem Gebiet des geistigen Eigentums, das heute weitgehend Teil des gemeinschaftlichen Besitzstands ist, in der Gemeinschaft wirksam angewandt wird. Daher sind die Instrumente zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums von zentraler Bedeutung für den Erfolg des Binnenmarkts.

(10) Mit dieser Richtlinie sollen diese Rechtsvorschriften einander angenähert werden, um ein hohes, gleichwertiges und homogenes Schutzniveau für geistiges Eigentum im Binnenmarkt zu gewährleisten.

(18) Die Befugnis, die Anwendung [der in dieser Richtlinie vorgesehenen] Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zu beantragen, sollte nicht nur den eigentlichen Rechtsinhabern eingeräumt werden, sondern auch Personen, die ein unmittelbares Interesse haben und klagebefugt sind, soweit dies nach den Bestimmungen des anwendbaren Rechts zulässig ist und mit ihnen im Einklang steht; hierzu können auch Berufsorganisationen gehören, die mit der Verwertung der Rechte oder mit der Wahrnehmung kollektiver und individueller Interessen betraut sind.“

 

7. Art. 1 („Gegenstand“) der Richtlinie 2004/48 lautet:

„Diese Richtlinie betrifft die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe, die erforderlich sind, um die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sicherzustellen. Im Sinne dieser Richtlinie umfasst der Begriff „Rechte des geistigen Eigentums“ auch die gewerblichen Schutzrechte.“

8. Art. 2 („Anwendungsbereich“) Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Unbeschadet etwaiger Instrumente in den Rechtsvorschriften der [Union] oder der Mitgliedstaaten, die für die Rechtsinhaber günstiger sind, finden die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe gemäß Artikel 3 auf jede Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums, die im [Unionsrecht] und/oder im innerstaatlichen Recht des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehen sind, Anwendung.“

9. Art. 3 („Allgemeine Verpflichtung“) dieser Richtlinie sieht vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten sehen die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe vor, die zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, auf die diese Richtlinie abstellt, erforderlich sind. …

(2) Diese Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe müssen … wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und so angewendet werden, dass die Einrichtung von Schranken für den rechtmäßigen Handel vermieden wird und die Gewähr gegen ihren Missbrauch gegeben ist.“

10. Art. 4 („Zur Beantragung der Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe befugte Personen“) der Richtlinie 2004/48 hat folgenden Wortlaut:

„Die Mitgliedstaaten räumen den folgenden Personen das Recht ein, die in diesem Kapitel vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zu beantragen:

a) den Inhabern der Rechte des geistigen Eigentums im Einklang mit den Bestimmungen des anwendbaren Rechts,

b) allen anderen Personen, die zur Nutzung solcher Rechte befugt sind, insbesondere Lizenznehmern, soweit dies nach den Bestimmungen des anwendbaren Rechts zulässig ist und mit ihnen im Einklang steht,

c) Verwertungsgesellschaften mit ordnungsgemäß anerkannter Befugnis zur Vertretung von Inhabern von Rechten des geistigen Eigentums, soweit dies nach den Bestimmungen des anwendbaren Rechts zulässig ist und mit ihnen im Einklang steht,

d) Berufsorganisationen mit ordnungsgemäß anerkannter Befugnis zur Vertretung von Inhabern von Rechten des geistigen Eigentums, soweit dies nach den Bestimmungen des anwendbaren Rechts zulässig ist und mit ihnen im Einklang steht.“

 

Richtlinie 2014/26/EU

11. Der zwölfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/26/EU(7) sieht vor:

„Diese Richtlinie gilt zwar für alle Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung, mit Ausnahme von Titel III, der nur für Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung gilt, die Urheberrechte an Musikwerken für die länderübergreifende Online-Nutzung wahrnehmen, lässt jedoch die Regelungen für die Wahrnehmung von Rechten in den Mitgliedstaaten, wie die individuelle Rechtewahrnehmung, die erweiterte Geltung eines Vertrags zwischen einer repräsentativen Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung und einem Nutzer, das heißt erweiterte kollektive Lizenzen, die verpflichtende kollektive Wahrnehmung und die gesetzlichen Vermutungen in Bezug auf die Vertretung und Übertragung von Rechten an Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung, unberührt.“

 

12. Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) Buchst. a dieser Richtlinie bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a) ‚Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung‘ jede Organisation, die gesetzlich oder auf der Grundlage einer Abtretungs‑, Lizenz- oder sonstigen vertraglichen Vereinbarung berechtigt ist und deren ausschließlicher oder hauptsächlicher Zweck es ist, Urheber- oder verwandte Schutzrechte im Namen mehrerer Rechtsinhaber zu deren kollektivem Nutzen wahrzunehmen und eine oder beide der folgenden Voraussetzungen erfüllt:

i) sie steht im Eigentum ihrer Mitglieder oder wird von ihren Mitgliedern beherrscht;

ii) sie ist nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet“.

13. Art. 35 („Streitbeilegung“) dieser Richtlinie sieht vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Streitigkeiten zwischen Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung und Nutzern, insbesondere über bestehende und angebotene Lizenzbedingungen oder Vertragsverletzungen vor Gericht oder gegebenenfalls vor eine andere unabhängige, unparteiische Streitbeilegungsstelle mit einschlägigen Kenntnissen des Rechts des geistigen Eigentums gebracht werden können.

 

(2) Die Artikel 33 und 34 sowie Absatz 1 dieses Artikels berühren nicht das Recht der Streitparteien, ihre Rechte gerichtlich geltend zu machen und durchzusetzen.“

 

Finnisches Recht

14. Nach § 26 („Vertragslizenzen“) Abs. 1 des Tekijänoikeuslaki (404/1961) (Urheberrechtsgesetz), in seiner durch das Gesetz 607/2015 geänderten Fassung (im Folgenden: Urheberrechtsgesetz) gelten die Vorschriften dieses Gesetzes über die Vertragslizenzen für einen Vertrag, der zwischen einem Nutzer und einer vom Ministerium für Bildung und Kultur zugelassenen Organisation, die zahlreiche einer bestimmten Branche zugehörige Urheber von in Finnland genutzten Werken vertritt, über die Nutzung der Werke von Urhebern dieser Branche geschlossen wird. Die zugelassene Organisation gilt hinsichtlich dieses Vertrags als befugt, auch andere Urheber von Werken derselben Branche zu vertreten. Der Erwerber einer mittels eines solchen Vertrags erlangten kollektiven Lizenz mit erweiterter Wirkung kann unter den Bedingungen der Lizenz alle Werke von Urhebern dieser Branche nutzen.

15. Nach § 26 Abs. 4 des Urheberrechtsgesetzes wird die Bestimmung, die die in Abs. 1 genannte Organisation in Bezug auf die Ausschüttung der Vergütung für die Vervielfältigung eines Werkes, seine Wiedergabe oder Ausstrahlung an die von der Organisation direkt vertretenen Urheber oder in Bezug auf die Verwendung zu gemeinsamen Zwecken der Urheber trifft, auch auf die anderen Urheber derselben Branche angewandt, die die Gesellschaft nicht direkt vertritt.

 

Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Vorgeschichte des Rechtsstreits und Ausgangsverfahren

16. Kopiosto r.y. ist eine die Inhaber von Urheberrechten vertretende Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung im Sinne von Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 2014/26, die vom Ministerium für Bildung und Kultur die Zulassung erhielt, Lizenzen mit erweiterter Wirkung zu erteilen. Diese betreffen u. a. die Rechte auf Weiterverbreitung von in einer Rundfunk- oder Fernsehsendung enthaltenen Werken. Ferner verwaltet und erteilt Kopiosto für zahlreiche Urheber Lizenzen auf der Grundlage von ihr von diesen Urhebern erteilten Vollmachten.

17. Die Gesellschaft Telia Finland Oyj (im Folgenden: Telia) betreibt ein Kabelfernsehnetz, in dem Sendungssignale inländischer frei empfangbarer Fernsehkanäle zum öffentlichen Empfang übertragen werden.

18. Am 24. Januar 2018 erhob Kopiosto beim Markkinaoikeus (Marktgericht, Finnland) eine Verletzungsklage mit dem Antrag auf Feststellung, dass Telia, ohne von ihr dazu befugt worden zu sein, Fernsehsendungen übertragen habe. Wegen dieser Verletzung verlangte Kopiosto Ausgleich und Schadensersatz, wobei sie sich insoweit auf ihre Eigenschaft als zur Erteilung von erweiterten Lizenzen befugte Organisation und hilfsweise auf ihre Eigenschaft als Bevollmächtigte der Urheber berief, die ihr die Wahrnehmung ihrer Rechte übertragen hätten.

19. Mit Urteil vom 18. Juni 2019 wies das Markkinaoikeus (Marktgericht) die Klageanträge von Kopiosto mit der Begründung zurück, dass diese nicht befugt sei, eine Verletzungsklage in eigenem Namen zu erheben.

20. Kopiosto legte gegen dieses Urteil beim Korkein oikeus (Oberstes Gericht, Finnland) ein Rechtsmittel ein, das sie auf ihr unmittelbares Klageinteresse in Streitigkeiten über Rechte aus von ihr erteilten Lizenzen stützte.

21. In ihrer Antwort auf das Vorbringen von Kopiosto trägt Telia vor, dass die Befugnis von Kopiosto zur Erteilung von kollektiven Lizenzen Kopiosto nicht berechtige, eine Verletzungsklage in ihrem eigenen Namen zu erheben, da nur die Inhaber dieser Rechte, d. h. entweder die Urheber oder Personen, an die Rechte abgetreten worden seien, eine solche Klage erheben könnten.

 

Vorlagefragen

22. Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass, da es keine nationalen Vorschriften gebe, die den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bereich regelten, die Zulässigkeit der von Kopiosto erhobenen Verletzungsklage von der Auslegung der maßgeblichen Vorschriften der Richtlinie 2004/48 im Licht der Art. 17 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) abhänge.

23. In diesem Kontext will das vorlegende Gericht zunächst wissen, ob die Befugnis der Verwertungsgesellschaften, die Anwendung der Maßnahmen im Sinne der Richtlinie 2004/48 zu beantragen ausschließlich von ihrer allgemeinen Parteifähigkeit oder auch davon abhängt, dass es nach geltendem Recht Bestimmungen gibt, die gerade zu diesem Zweck erlassen wurden.

24. Für das Korkein oikeus (Oberstes Gericht) stellt sich sodann die Frage, ob der Begriff „unmittelbares Interesse“ im Sinne des 18. Erwägungsgrunds der Richtlinie 2004/48 einen autonomen Begriff des Unionsrechts darstellt, so dass die einheitliche Auslegung dieses Begriffs zur Anerkennung des unmittelbaren Interesses der Verwertungsgesellschaften, die Anwendung von Maßnahmen im Sinne dieser Richtlinie in eigenem Namen zu beantragen, führen müsste.

 

25. Schließlich fragt sich das vorlegende Gericht für den Fall, dass Verwertungsgesellschaften befugt sind, die Anwendung der Maßnahmen im Sinne der Richtlinie 2004/48 zu beantragen, welche Folgen sich daraus in Anbetracht der in den Art. 17 und 47 der Charta verankerten Grundrechte der Inhaber, die keine Mitglieder sind, in Fällen ergeben, in denen diese Gesellschaften zur Erteilung von erweiterten kollektiven Lizenzen befugt sind.

26. In diesem Kontext hat das Korkein oikeus (Oberstes Gericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Ist in Bezug auf Vertragslizenzorganisationen, die Rechte des geistigen Eigentums kollektiv verwerten, mit der Klagebefugnis zur Verteidigung dieser Rechte, die von der auf Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 beruhenden Befugnis vorausgesetzt wird, ausschließlich die allgemeine Parteifähigkeit in Rechtsstreitigkeiten gemeint oder wird damit ein in den nationalen Rechtsvorschriften ausdrücklich anerkanntes Recht verlangt, im eigenen Namen Klage zur Verteidigung der fraglichen Rechte zu führen?

2. Ist bei der auf Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 beruhenden Auslegung die Wendung „unmittelbares Interesse an der Verteidigung der Urheberrechte der von ihr vertretenen Rechtsinhaber“ in allen Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen, wenn es um das Recht einer Verwertungsgesellschaft im Sinne von Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 2014/26 geht, im eigenen Namen eine Klage wegen Urheberrechtsverletzung zu erheben, wenn

i)  es sich um Nutzungen von Werken handelt, für die eine Organisation als Vertragslizenzorganisation im Sinne des Urheberrechtsgesetzes berechtigt ist, erweiterte kollektive Lizenzen zu erteilen, die es dem Lizenznehmer ermöglichen, auch Werke solcher Urheber dieser Branche zu nutzen, die die Organisation nicht bevollmächtigt haben, ihre Rechte zu verwerten;

ii)  es sich um Nutzungen von Werken handelt, für die die Urheber der Organisation durch Vertrag oder Vollmacht eine Ermächtigung zur Verwertung ihrer Rechte erteilt haben, ohne dass die Urheberrechte auf die Organisation übertragen wurden?

3. Falls davon ausgegangen wird, dass die Organisation als Vertragslizenzorganisation ein unmittelbares Interesse und die Befugnis hat, im eigenen Namen Klage zu erheben: Welche Bedeutung hat bei Beurteilung dieser Befugnis, gegebenenfalls im Licht von Art. 17 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Umstand, dass die Organisation als Vertragslizenzorganisation auch solche Urheber vertritt, die sie nicht ermächtigt haben, ihre Rechte zu verwerten und dass das Recht der Organisation, eine Klage zur Verteidigung der Rechte dieser Urheber anzustrengen, gesetzlich nicht geregelt ist?

27. Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 15. März 2022 beim Gerichtshof eingegangen. Schriftliche Erklärungen sind von den Parteien des Ausgangsverfahrens, der finnischen und der polnischen Regierung sowie von der Kommission abgegeben worden. Nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens hält sich der Gerichtshof für ausreichend unterrichtet, um ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

 

Würdigung

Zur ersten Vorlagefrage

28. Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob in Bezug auf Vertragslizenzorganisationen, die Rechte des geistigen Eigentums kollektiv verwerten, mit der Klagebefugnis zur Verteidigung dieser Rechte, die Voraussetzung für die Befugnis nach Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 ist, ausschließlich die vom nationalen Recht vorgesehene allgemeine Parteifähigkeit in Rechtsstreitigkeiten gemeint ist oder ob damit auch ein in den nationalen Rechtsvorschriften ausdrücklich anerkanntes Recht verlangt wird, im eigenen Namen Klage zur Verteidigung der fraglichen Rechte zu führen.

29. Zur besseren Lesbarkeit und um die – sich allgemein aus der Rechtsfähigkeit ergebende – Parteifähigkeit von der – nach der Natur und dem Gegenstand des Rechtsstreit zu beurteilenden – Klagebefugnis klar zu unterscheiden, schlage ich dem Gerichtshof vor, diese Frage dahin umzuformulieren, dass das vorlegende Gericht mit dieser Frage im Wesentlichen wissen will, ob das Recht von Organisationen für die kollektive Wahrnehmung von Rechten des geistigen Eigentums, die Anwendung der in Kapitel II der Richtlinie 2004/48 vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfen zu beantragen, im Sinne von Art. 4 Buchst. c dieser Richtlinie nur von der Parteifähigkeit dieser Organisationen oder auch davon abhängt, ob ihre Klagebefugnis zur Verteidigung der individuellen Rechte, die ihnen anvertraut wurde, ausdrücklich im nationalen Recht verankert ist.

 

30. Bei der Antwort auf diese Frage ist zunächst zu bestimmen, ob das „Recht zur Beantragung“ im Sinne von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 nur von der Parteifähigkeit der Verwertungsgesellschaften oder auch davon abhängt, dass diesen Organisationen die Klagebefugnis zukommt. In diesem zweiten Fall muss auch geprüft werden, ob diese Klagebefugnis ausdrücklich im anwendbaren Recht verankert sein muss.

 

Zur Auslegung des „Rechts zur Beantragung“ im Sinne von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48

31. Diese erste Frage ist meines Erachtens nicht besonders komplex. In meinen Augen besteht nämlich kein Zweifel, dass das Recht der Verwaltungsgesellschaften, die Anwendung der in Kapitel II der Richtlinie 2004/48 vorgesehenen Maßnahmen zu beantragen, voraussetzt, dass sie klagebefugt sind, so dass insoweit die bloße Parteifähigkeit nicht ausreicht.

32. Der Begriff „Recht zur Beantragung“ im Sinne von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 ist insoweit offensichtlich wenig präzise. Diese Bestimmung muss jedoch im Licht des 18. Erwägungsgrunds dieser Richtlinie gesehen werden. Dessen Inhalt wurde in dem Urteil SNB-REACT(8) ausgelegt, in dem der Gerichtshof feststellte, dass „die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, einer Verwertungsgesellschaft …, die die Rechte von Markeninhabern wahrnimmt, die Befugnis einzuräumen, die in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechtsbehelfe zur Verteidigung der Rechte der Markeninhaber im eigenen Namen einzulegen und zur Durchsetzung dieser Rechte im eigenen Namen Klage vor den Gerichten zu erheben, sofern sie nach nationalem Recht als Person gilt, die ein unmittelbares Interesse an der Verteidigung solcher Rechte hat, und zu diesem Zweck Klage erheben kann“(9).

33. Daraus folgt in meinen Augen klar, dass das „Recht zur Beantragung“ im Sinne von Art. 4 Buchst. c dieser Richtlinie nicht nur von der allgemeinen Parteifähigkeit, sondern auch davon abhängt, dass die Verwertungsgesellschaften nach dem anwendbaren Recht klagebefugt sind.

34. Eine entgegenstehende Auslegung, nach der das „Recht zur Beantragung“ im Sinne von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 lediglich die Parteifähigkeit voraussetzt, nähme dieser Voraussetzung zudem jede praktische Tragweite.

35. Denn, wie die finnische Regierung ausgeführt hat(10), handelt es sich bei der Klagebefugnis um einen allgemeinen Bestandteil der Rechtspersönlichkeit, die den Verwertungsgesellschaften regelmäßig zukommt, unabhängig von den unterschiedlichen Formen, die die nationalen Regelungen für diese Gesellschaften vorsehen(11). Tatsächlich besteht aber lediglich in Bezug auf die Klagebefugnis oder das entsprechende Interesse der Verwertungsgesellschaften Klärungsbedarf(12).

 

36. Angesichts der vorstehenden Ausführungen bin ich der Auffassung, dass das Recht zur Beantragung im Sinne von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 davon abhängt, dass den Verwertungsgesellschaften eine Klagebefugnis zuerkannt wird. Daher ist zu prüfen, ob diese Befugnis ausdrücklich verliehen werden muss.

 

Zur Notwendigkeit einer ausdrücklichen Anerkennung der Klagebefugnis

37. Soweit sich die erste Vorlagefrage darauf bezieht, ob eine ausdrückliche Anerkennung der Klagebefugnis der Verwertungsgesellschaften im nationalen Recht erforderlich ist, will das vorlegende Gericht geklärt wissen, ob die Anerkennung einer solchen Befugnis auf einer Bestimmung des geschriebenen Rechts beruhen muss.

38. Insoweit bin ich angesichts der Schwierigkeiten, die sich im Zusammenhang mit einer möglichen Anerkennung der Befugnis von Verwertungsgesellschaften zum Handeln im eigenen Namen anstelle der Rechtsinhaber ergeben(13), der Auffassung, dass es, um den Bedürfnissen der Rechtssicherheit zu entsprechen, das Beste wäre, Regelungen im Rang eines Gesetzes zu treffen.

39. Tatsächlich gibt es aber in den meisten Mitgliedstaaten keine spezifischen Regelungen zur Klagebefugnis von Verwertungsgesellschaften(14). Es ist daher nicht auszuschließen, dass diese Frage nach allgemeinen Verfahrensvorschriften geregelt wird oder dass darüber in der Rechtsprechung entschieden wird(15), vor allem in Mitgliedstaaten, in denen die Gerichte unterer Instanz formell verpflichtet sind, der Rechtsprechung der obersten Gerichte zu folgen(16).

40. Unter diesen Umständen ist es meines Erachtens offensichtlich, dass eine wörtliche Auslegung von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48, soweit danach die Klagebefugnis der Verwertungsgesellschaften von „Bestimmungen des anwendbaren Rechts“ (Hervorhebung nur hier) abhängig gemacht wird, die Gefahr beinhaltet, dass die praktische Wirksamkeit dieser Richtlinie unter bestimmten Umständen abgeschwächt wird.

41. Daher vertrete ich die Auffassung, dass sich der Gerichtshof im vorliegenden Fall von seiner Rechtsprechung zu den Modalitäten der Umsetzung von Richtlinien inspirieren lassen könnte(17). Nach dieser Rechtsprechung „erfordert die Umsetzung einer Richtlinie nicht unbedingt eine förmliche und wörtliche Übernahme ihrer Bestimmungen in eine ausdrückliche spezifische Rechtsvorschrift, sondern es kann insoweit auch ein allgemeiner rechtlicher Kontext genügen, wenn er tatsächlich ihre vollständige Anwendung hinreichend klar und bestimmt gewährleistet“(18).

42. Ein solcher rechtlicher Kontext kann sich insbesondere aus einer gefestigten Rechtsprechungspraxis ergeben(19).

43. Ich schlage daher dem Gerichtshof vor, auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass das Recht von Verwertungsgesellschaften, die Anwendung der in Kapitel II der Richtlinie 2004/48 vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zu beantragen, im Sinne von Art. 4 Buchst. c dieser Richtlinie die Anerkennung ihrer Klagebefugnis zur Verteidigung der individuellen Rechte, mit der sie betraut sind, voraussetzt. Fehlt es insoweit an Regelungen im geltenden Recht, kann sich diese Befugnis aus dem allgemeinen rechtlichen Kontext ergeben, vorausgesetzt, ihre Tragweite und Auswirkungen auf die Situation der Rechtsuchenden sind hinreichend klar und genau bestimmt.

 

Zur zweiten Vorlagefrage

44. Nach ihrer Formulierung zielt die zweite Vorlagefrage auf die Prüfung des autonomen Charakters der Wendung „unmittelbares Interesse an der Verteidigung der Urheberrechte der von ihr vertretenen Rechtsinhaber“.

45. Diese Wendung ist in keiner Bestimmung der Richtlinie 2004/48 enthalten. Jedoch hat der Gerichtshof diese Formulierung in leicht abgewandelter Form im Urteil SNB-REACT verwendet(20), wo er eine Auslegung von Art. 4 Buchst. c dieser Richtlinie im Licht ihres 18. Erwägungsgrundes, in dem auf den Begriff „unmittelbares Interesse“ Bezug genommen wird, vornahm(21).

46. Gestützt auf diesen Erwägungsgrund hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 dahin zu verstehen sei, dass die Mitgliedstaaten, wenn eine Verwertungsgesellschaft nach nationalem Recht als Person angesehen werde, die ein unmittelbares Interesse an der Verteidigung dieser Rechte habe, verpflichtet seien, dieser Verwertungsgesellschaft das Recht einzuräumen, die Anwendung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen zu beantragen(22).

47. In diesem Kontext scheint mir, dass das vorlegende Gericht, indem es den Gerichtshof zu dem autonomen Charakter des im Urteil SNB-REACT genannten Begriffs „unmittelbares Interesse“ befragt, klären möchte, ob die Mitgliedstaaten aufgrund der Bestimmungen der Richtlinie 2004/48 verpflichtet sind, das Interesse von Verwertungsgesellschaften anzuerkennen, in Rechtsstreitigkeiten über die Anwendung der in Art. 4 Buchst. c dieser Richtlinie aufgeführten Maßnahmen im eigenen Namen zu handeln, und welches die mögliche Tragweite einer solchen Verpflichtung ist, wenn sich ein solches Interesse nicht aus nationalen Rechtsvorschriften ergibt.

48. Daher schlage ich vor, die zweite Vorlagefrage dahin umzuformulieren, dass das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen möchte, ob die Bestimmungen von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 dahin auszulegen sind, dass die Mitgliedstaaten ein unmittelbares Interesse der zur Erteilung von kollektiven Lizenzen befugten Organisationen im Sinne dieser Vorschrift anerkennen müssen, im eigenen Namen die Anwendung der in Kapitel II dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zu beantragen – etwa eine Verletzungsklage zu erheben –, wenn sich ein solches Interesse nicht aus den nationalen Rechtsvorschriften ergibt.

49. Diese Frage wurde im Urteil SNB-REACT im Wesentlichen verneint(23), und ich sehe keine Gründe, die den Gerichtshof veranlassen könnten, in der vorliegenden Rechtssache zu einer anderen Antwort zu kommen.

 

50. Ich erinnere daran, dass gemäß Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 das Recht, einen Antrag in Sinne dieser Bestimmung zu stellen, unter der Voraussetzung der „Bestimmungen des anwendbaren Rechts“ steht. In diesem Kontext hat der Gerichtshof festgestellt, dass es, „während Art. 4 Buchst. a der Richtlinie 2004/48 vorsieht, dass die Mitgliedstaaten den Inhabern der Rechte des geistigen Eigentums auf jeden Fall die Befugnis zur Beantragung der in Kapitel II dieser Richtlinie genannten Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe einräumen, in Art. 4 Buchst. b bis d dieser Richtlinie jeweils heißt, dass die Mitgliedstaaten anderen Personen und bestimmten genannten Organisationen diese Befugnis nur einräumen, soweit dies nach den Bestimmungen des anwendbaren Rechts zulässig ist und mit ihnen im Einklang steht“(24).

51. Zu dem Begriff „anwendbares Recht“ in dieser Bestimmung hat der Gerichtshof festgestellt, dass er nicht nur das nationale Recht, sondern auch das Unionsrecht umfasst(25).

52. Daher ist bei der Beantwortung der zweiten Vorlagefrage zu bestimmen, ob die geltenden Vorschriften des Unionsrechts ein unmittelbares Interesse von Verwertungsgesellschaften wie Kopiosto anerkennen, im eigenen Namen die Anwendung der in der Richtlinie 2004/48 vorgesehenen Maßnahmen zu beantragen.

53. Meines Erachtens ist das nicht der Fall.

54. Zum Ersten kann ein solches Interesse nicht aus den Bestimmungen der Richtlinie 2004/48 abgeleitet werden.

55. Im Gegenteil – und unabhängig von dem meines Erachtens klaren Wortlaut von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 – deutet der Verlauf der Gesetzgebungsarbeiten zu dieser Bestimmung darauf hin, dass diese Richtlinie die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichtet, den Verwertungsgesellschaften die Möglichkeit einzuräumen, in Rechtsstreitigkeiten über individuelle Rechte von Rechtsinhabern in eigenem Namen zu handeln. Eine im ursprünglichen Vorschlag der Kommission enthaltene Bestimmung, die eine solche Verpflichtung vorsah, wurde nämlich verworfen(26).

56. Zum Zweiten lässt sich meines Erachtens ein Interesse der Verwertungsgesellschaften an der Verteidigung der Rechte auch nicht aus den Bestimmungen der Richtlinie 2014/26 herleiten. Insoweit sei aber eine gewisse Zurückhaltung erlaubt.

57. Denn Art. 35 Abs. 1 der Richtlinie 2014/26 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, „dass Streitigkeiten zwischen Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung und Nutzern, (Hervorhebung nur hier), insbesondere über bestehende und angebotene Lizenzbedingungen oder Vertragsverletzungen[,] vor Gericht … gebracht werden können“. Es erscheint durchaus möglich, aus dem Inhalt dieser Bestimmung eine stillschweigende Anerkennung des Interesses von Verwertungsgesellschaften an einem Handeln in Rechtsstreitigkeiten mit Nutzern herzuleiten.

58. Eine isolierte Betrachtung dieser Bestimmung würde jedoch den Zielen und der allgemeinen Systematik der Richtlinie 2014/26 zuwiderlaufen, mit der nicht die Befugnisse von Verwertungsgesellschaften im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten geregelt werden sollen(27). Ein solches Verständnis wäre im Übrigen auch kaum mit den Bestimmungen des Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 vereinbar, die gerade diesen Bereich regeln und von denen auch die Richtlinie 2014/26 nicht abweichen will. Daher erkennt Art. 35 Abs. 1 der letztgenannten Richtlinie nach meiner Auffassung nicht ein Interesse der Verwertungsgesellschaften an der Verteidigung der Rechte an.

59. Schließlich ergibt sich ein solches Interesse auch nicht aus Art. 12 der Richtlinie (EU) 2019/790(28), der es den Mitgliedstaaten ermöglicht, in bestimmten in dieser Vorschrift genannten Situationen kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung vorzusehen(29).

60. Insoweit folge ich nicht der Beurteilung der Kommission(30), die die in Art. 12 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2019/790 enthaltene Wendung, dass für die „Verwertungsgesellschaft … die Vermutung gilt, dass sie Rechteinhaber vertritt“, und die im zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/26 enthaltene Wendung „die gesetzlichen Vermutungen in Bezug auf die Vertretung“ offenbar dahin ausgelegt hat, dass diese Wendungen die verfahrensrechtlichen Befugnisse von Verwertungsgesellschaften bezeichnen. In dem Kontext, in dem sie verwendet werden, beziehen sich diese Wendungen nämlich auf eine der Modalitäten der Erteilung von Lizenzen mit erweiterter Wirkung, die sich von dem „klassischen Modell“ dadurch unterscheidet, dass sie den Rechtsinhabern eine größere Freiheit einräumt(31).

61. Ich füge hinzu, dass die Anerkennung der Befugnis zur Wahrnehmung der Rechte nicht voraussetzt, dass auch die Klagebefugnis oder das entsprechende Interesse, die damit zusammenhängen, anerkannt werden. Bestimmte Mechanismen der kollektiven Wahrnehmung, wie die Regelung der gesetzlichen Vermutung in Bezug auf die Vertretung, führen nicht notwendigerweise dazu, dass Rechte auf die Verwertungsgesellschaften übertragen werden; daher ist mit der Befugnis zur Erteilung einer erweiterten Lizenz nicht auch die stillschweigende Anerkennung der Befugnis zum Handeln an Stelle des Rechteinhabers verbunden(32). Diese kann sich gegebenenfalls aus Bestimmungen ergeben, die spezifisch zu diesem Zweck erlassen wurden(33).

62. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen bin ich der Auffassung, dass die geltenden unionsrechtlichen Bestimmungen die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichten, ein Interesse von Verwertungsgesellschaften anzuerkennen, in eigenem Namen in Rechtsstreitigkeiten über die Anwendung der von der Richtlinie 2004/48 vorgesehenen Maßnahmen zu handeln.

63. Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass die Bestimmungen von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 dahin auszulegen sind, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, ein unmittelbares Interesse von zur Erteilung von kollektiven Lizenzen befugten Organisationen im Sinne dieser Bestimmungen anzuerkennen, im eigenen Namen die Anwendung der in Kapitel II dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zu beantragen – etwa eine Verletzungsklage zu erheben –, wenn sich ein solches Interesse nicht aus den anwendbaren Bestimmungen des nationalen Rechts ergibt.

 

Zur dritten Vorlagefrage

64. Die dritte Vorlagefrage wird für den Fall gestellt, dass in Ermangelung einschlägiger Regelungen im nationalen Recht die Auffassung vertreten wird, dass die Bestimmungen der Richtlinie 2004/48 die Mitgliedstaaten verpflichten, den Verwertungsgesellschaften die Befugnis zuzuerkennen, in ihrem eigenen Namen in Rechtsstreitigkeiten zu handeln, die Rechte betreffen, die von Lizenzen mit erweiterter Wirkung erfasst werden. Für das vorlegende Gericht stellt sich die Frage, ob eine solche Verpflichtung mit den in den Art. 17 und 47 der Charta verankerten Rechten vereinbar ist.

65. In Anbetracht der von mir vorgeschlagenen Antwort auf die zweite Vorlagefrage halte ich eine Antwort auf die dritte Frage für nicht erforderlich. Das vom vorlegenden Gericht aufgeworfene Problem ist nur in dem – im vorliegenden Fall nicht gegebenen(34) – Kontext einer nationalen Regelung, nach der den Verwertungsgesellschaften die Aktivlegitimation oder ein entsprechendes Interesse zuerkannt wird, relevant und nur in diesem Fall zu prüfen.

66. Ich möchte noch anfügen, dass den Verwertungsgesellschaften die Klagebefugnis in zulässiger Weise nur zuerkannt werden kann, wenn die Interessen und die Grundrechte der Urheber angemessen sichergestellt werden, was aber von einer Vielzahl von materiellen und verfahrensrechtlichen Regelungen des nationalen Rechts abhängt, die teilweise durch die Bestimmungen der Richtlinie 2014/26 harmonisiert wurden.

67. Diese Regelungen betreffen Fragen wie das Vorliegen eines „Opt out“-Mechanismus im Bereich der Wahrnehmung von Rechten, das Recht des Rechtsinhabers, Einwände geltend zu machen oder einen Widerspruch einzulegen, die Folgen eines möglichen Rechtsverzichts seitens einer Verwertungsgesellschaft, die Tragweite und die Wirkungen von Verfahren zur alternativen Streiterledigung oder auch die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Rechteverwerter im Rahmen eines quasi-vertraglichen Verhältnisses, wie z. B. im Rahmen einer negotiorum gestio (Geschäftsführung ohne Auftrag). Unter den Umständen der vorliegenden Rechtssache sind diese Fragen aber nur hypothetischer Natur.

Ergebnis

68. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Korkein oikeus (Oberstes Gericht, Finnland) zu antworten:

1. Das Recht von Organisationen für die kollektive Wahrnehmung von Rechten des geistigen Eigentums, die Anwendung der in Kapitel II der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zu beantragen, im Sinne von Art. 4 Buchst. c dieser Richtlinie setzt die Anerkennung ihrer Befugnis zur Verteidigung der individuellen Rechte, mit der sie betraut sind, voraus. Fehlt es insoweit an Regelungen im geltenden Recht, kann sich diese Befugnis aus dem allgemeinen rechtlichen Kontext ergeben, vorausgesetzt, ihre Tragweite und Auswirkungen auf die Situation der Rechtsuchenden sind hinreichend klar und genau bestimmt.

2. Die Bestimmungen von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2004/48 sind dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, ein unmittelbares Interesse von zur Erteilung von kollektiven Lizenzen befugten Organisationen im Sinne dieser Bestimmungen anzuerkennen, im eigenen Namen die Anwendung der in Kapitel II dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zu beantragen – etwa eine Verletzungsklage zu erheben –, wenn sich ein solches Interesse nicht aus den anwendbaren Bestimmungen des nationalen Rechts ergibt.

1      Originalsprache: Französisch.

 

2      Vgl. Art. 8 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. 2001, L 167, S. 10).

 

3      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. 2004, L 157, S. 45, berichtigt in ABl. 2004, L 195, S. 16, und ABl. 2007, L 204, S. 27).

 

4      Zur Verankerung der kollektiven Lizenzen mit erweiterter Wirkung im Unionsrecht siehe Quaedvlieg, A., „Les licences collectives étendues. Un oiseau exotique des lacs du Nord fait un atterrissage réussi à Bruxelles“, Revue internationale du droit d’auteur, Nr.°4, 2020, S. 189.

 

5      Zu einer allgemeinen Darstellung des Mechanismus und einer detaillierten Kartographie der Lösungen der Mitgliedstaaten im Bereich der Lizenzen mit erweiterter Wirkung auf den Digitalmärkten siehe die im Auftrag der Europäischen Kommission erstellte Studie Study on Emerging Issues on Collective Licensing Practices in the Digital Environment, Publications Office of the European Union, Luxembourg, 2021, S. 131 bis 242.

 

6      Richtlinie des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung (ABl. 1993, L 248, S. 15).

 

7      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt (ABl. 2014, L 84, S. 72).

 

8      Urteil vom 7. August 2018 (C‑521/17, im Folgenden: Urteil SNB-REACT, EU:C:2018:639).

 

9      Urteil SNB-REACT (Rn. 39). Hervorhebung nur hier.

 

10      Vgl. schriftliche Erklärungen der finnischen Regierung, Nrn. 12 und 14.

 

11      Aus dem 14. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/26 folgt, dass diese Richtlinie den Verwertungsgesellschaften keine besondere Form vorschreibt. Tatsächlich wählen diese Organisationen die Form von Gesellschaften, Vereinen, Gewerkschaften oder Stiftungen.

 

12      Zu den Kontroversen, zu denen es hierzu im französischen Recht gekommen ist, vgl. Vivant, M., Bruguière, J.‑M., Droit d’auteur et droits voisins, 4. Aufl., Dalloz, Paris, 2019, Nr. 1348, S. 1288 bis 1289.

 

13      Diese Schwierigkeiten werden vom vorlegenden Gericht im Rahmen der dritten Vorlagefrage angesprochen.

 

14      Insbesondere wurde in Finnland keine Vorschrift dieser Art erlassen (vgl. Nrn. 16 ff. der Vorlageentscheidung).

 

15      So offenbar in Frankreich, wo die Cour de cassation (Kassationsgerichtshof) der (vorherigen) uneinheitlichen Rechtsprechung ein Ende setzte, in dem sie in Rechtsstreitigkeiten über die Verteidigung der Rechte von Urhebern, die keine Mitglieder sind, den Verwertungsgesellschaften keine Klagebefugnis zuerkannte (Urteil vom 11. September 2013, Nr. 12-17.795, FR:CCASS:2013:C100905).

 

16      Beispielsweise kann das in Polen der Fall sein, wo die erweiterten Kammern des Sąd Najwyższy (Oberstes Gericht) befugt sind, „Beschlüsse mit grundsätzlicher Rechtswirkung“  gemäß Art. 87  Abs. 1 des Ustawa o Sądzie Najwyższym (Gesetz über das oberste Gericht) zu erlassen.

 

17      Diese Rechtsprechung kann in der vorliegenden Rechtssache des Ausgangsverfahrens nur entsprechend und nicht unmittelbar angewandt werden, da sich die Anerkennung der Klagebefugnis von Verwertungsgesellschaften im nationalen Recht meines Erachtens nicht aus Anforderungen der Richtlinie 2004/48 ergibt. Die Gründe, aus denen ich zu dieser Schlussfolgerung komme, werde ich im Rahmen meiner Ausführungen zur zweiten Vorlagefrage darstellen.

 

18      Vgl. Urteil vom 13. Februar 2014, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑530/11, EU:C:2014:67, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

19      Vgl. Urteil vom 13. Februar 2014, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑530/11, EU:C:2014:67, Rn. 34 bis 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

20      Urteil SNB-REACT (Rn. 38).

 

21      Urteil SNB-REACT (Rn. 33).

 

22      Urteil SNB-REACT (Rn. 34).

 

23      Vgl. insbesondere Urteil SNB-REACT (Rn. 38).

 

24      Urteil SNB-REACT (Rn. 28).

 

25      Urteil SNB-REACT (Rn. 31).

 

26      Art. 5 („Zur Beantragung der Maßnahmen und Verfahren befugte Personen“) des Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum (KOM[2003] 46 endgültig) sah in Abs. 2 vor, dass „[di]e Mitgliedstaaten … Verwertungsgesellschaften und Berufsorganisationen, soweit diese befugt sind, Inhaber von Rechten an geistigem Eigentum oder sonstige zu ihrer Nutzung befugte Personen zu vertreten, das Recht ein[räumen], die Anwendung der in diesem Kapitel vorgesehenen Maßnahmen und Verfahren zu beantragen; dies umfasst auch die Befugnis, die kollektiven oder individuellen Rechte oder Interessen gerichtlich zu vertreten, die sie satzungsgemäß zu vertreten haben“ (Hervorhebung nur hier).

 

27      Im Licht der Erwägungsgründe 8 und 9 der Richtlinie 2014/26 sind Ziele dieser Richtlinie die Koordinierung nationaler Vorschriften, die sich auf die Aufnahme der Tätigkeit einer Organisation zur kollektiven Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten, die Modalitäten ihrer internen Funktionsweise und auf ihre Beaufsichtigung beziehen, sowie die Gewährleistung hoher Standards für die Leitungsstrukturen, das Finanzmanagement, die Transparenz und das Berichtswesen für diese Organisationen.

 

28      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG (ABl. 2019, L 130, S. 92). Wie die Kommission angemerkt hat, hat diese Richtlinie keinen Einfluss auf die Antwort, die im vorliegenden Fall auf die zweite Vorlagefrage zu geben ist, da sie in zeitlicher Hinsicht nicht auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbar ist. Es erscheint mir jedoch sachgerecht, auf die Auslegung von Art. 12 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie zurückzukommen, die die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen vertreten hat.

 

29      Art. 12 („Kollektive Lizenzvergabe mit erweiterter Wirkung“) Abs. 1 der Richtlinie 2019/790 lautet:

 

      „Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass – sofern es die Nutzung in ihrem Hoheitsgebiet betrifft und vorbehaltlich der in diesem Artikel genannten Schutzbestimmungen – für den Fall, dass eine Verwertungsgesellschaft, die den nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie [2014/26] unterliegt, gemäß ihren von den Rechteinhabern erteilten Mandaten eine Lizenzvereinbarung über die Nutzung von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen abschließt:

 

      a) die Geltung einer solchen Vereinbarung auch auf die Rechte von Rechteinhabern ausgeweitet werden kann, die dieser Verwertungsgesellschaft weder auf der Grundlage einer Abtretungs‑, Lizenz- noch einer sonstigen vertraglichen Vereinbarung zur Wahrnehmung eingeräumt wurden; oder

 

      b)  im Hinblick auf eine solche Lizenzvereinbarung die Verwertungsgesellschaft eine gesetzliche Berechtigung hat oder die Vermutung gilt, dass sie Rechteinhaber vertritt, die der Verwertungsgesellschaft kein entsprechendes Mandat erteilt haben.“

 

30      Nrn. 24 und 26 der schriftlichen Erklärungen der Kommission.

 

31      Zu einer Typologie des Mechanismus von Lizenzen mit erweiterter Wirkung und ihrer Charakteristik vgl. die im Auftrag der Kommission erstellte Studie Study on Emerging Issues on Collective Licensing Practices in the Digital Environment, Publications Office of the European Union, Luxembourg, 2021, S. 132.

 

32      Aus demselben Grund vertrete ich die Auffassung, dass die Klagebefugnis von Kopiosto in der Ausgangsrechtssache nicht aus den Bestimmungen der Richtlinie 93/83 hergeleitet werden kann, da Art. 9 dieser Richtlinie im Bereich der Kabelweiterverbreitung einen zwingenden Mechanismus der kollektiven Wahrnehmung vorsieht.

 

33      Bespielweise ist das in Polen der Fall, wo die sich aus einer gesetzlichen Vermutung in Bezug auf eine Vertretung ergebende Klagebefugnis von Verwertungsgesellschaften in Art. 5 Abs. 1 des Ustawa o zbiorowym zarządzaniu prawami autorskimi i prawami pokrewnymi (Gesetz über die kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten) vom 15. Juni 2018 verankert wurde.

 

34      Vgl. Nrn. 16 bis 19 der Vorlageentscheidung.

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