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Wirtschaftsrecht
30.06.2011
Wirtschaftsrecht
OLG München: Zur Beendigung eines Ergebnisabführungsvertrags durch den Organträger nach Auflösung der beherrschten GmbH

OLG München, Beschluss vom 20.06.2011 - 31 Wx 163/11

Leitsatz

Die Auflösung der beherrschten GmbH berechtigt den Organträger (hier: Einzelkaufmann) grundsätzlich nicht zur außerordentlichen Kündigung, wenn er als alleiniger Gesellschafter selbst die Auflösung beschlossen hat.

Sachverhalt

I. Zur Eintragung in das Handelsregister der beteiligten D.-GmbH wurde die Kündigung des Ergebnisabführungsvertrages angemeldet.

Zwischen der Gesellschaft (im Vertrag "B") und ihrem alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer (im Vertrag "A") als Einzelkaufmann war am 3.12.2008 ein Ergebnisabführungsvertrag geschlossen worden. Dieser lautet in § 4 auszugsweise:

"1. Dieser Vertrag bedarf zu seiner zivilrechtlichen Wirksamkeit der Eintragung in das Handelsregister der B.

Hinsichtlich der Ergebnisabführung gilt dieser Vertrag ab dem 01. Januar 2008, frühestens jedoch ab dem Zeitpunkt i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 2 KStG, zu dem das Einkommen der B dem A erstmalig steuerlich zuzurechnen ist.

Er wird mit einer Laufzeit von 5 Jahren abgeschlossen und kann mit einjähriger Frist zum Geschäftsjahresende der B gekündigt werden.

2. Wird der Vertrag nicht gekündigt, so verlängert er sich auf unbestimmte Zeit mit der Maßgabe, dass er mit einjähriger Frist zum Geschäftsjahresende der B gekündigt werden kann.

3. Neben der ordentlichen Kündigung nach Abs. 1 und 2 kann der Vertrag auch aus wichtigem Grund gekündigt werden. Wichtige Gründe für eine außerordentliche fristlose Kündigung sind insbesondere in Fällen der Insolvenz einer der Vertragsparteien, bei grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Vertragsverletzungen, bei Betrug oder anderen gesetzeswidrigen Maßnahmen gegeben oder, wenn mehr als 50% des Anteilsbesitzes an der B von der A an Dritte veräußert oder in sonstiger Weise übertragen werden. Letztgenannter Kündigungsgrund gilt jedoch nur für fristlose Kündigungen, die nach dem Ablauf der Mindestlaufzeit von 5 Jahren ausgesprochen werden."

Am 21.12.2010 beschloss der Alleingesellschafter die Auflösung der Gesellschaft und seine Bestellung zum Liquidator. Am selben Tag erklärte er im Hinblick auf den Auflösungsbeschluss als Organträger mit sofortiger Wirkung die Kündigung des Ergebnisabführungsvertrages gemäß "§ 3 Abs. 3" aus wichtigem Grund. Mit Kündigungsschreiben vom 10.2.2011 stützte er die Kündigung ergänzend auf "Existenzbedrohung des Organträgers, da die mittlerweile vorliegenden Geschäftszahlen aus dem Jahresabschluss 2009 und der BWA 12/10 der Organgesellschaft weitere hohe Verluste bis zur Vollbeendigung der Gesellschaft erwarten lassen". Das Registergericht wies die Anmeldung mit Beschluss vom 8.3.2011 zurück. Die Auflösung der Gesellschaft durch Beschluss des Alleingesellschafters, der zugleich herrschendes Unternehmen sei, gebe letzterem kein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund. Andernfalls habe es die herrschende Gesellschaft in der Hand, sich durch einen solchen - leicht wieder rückgängig zu machenden - Beschluss jederzeit ihrer Verpflichtung aus dem Vertrag zu entziehen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde, die darauf verweist, die Auflösung der Organgesellschaft stelle nach herrschender Meinung einen zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen Grund dar.

Aus den Gründen

II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Registergericht hat es zu Recht abgelehnt, die angemeldete Beendigung des Ergebnisabführungsvertrages in das Handelsregister einzutragen.

1. Die Beendigung eines Unternehmensvertrages ist unter Angabe des Grundes und des Zeitpunkts in das Handelsregister einzutragen. Die Eintragung der Beendigung hat - im Gegensatz zum Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mit einer GmbH als beherrschter Gesellschaft - nur deklaratorische Bedeutung (h.M., vgl. MünchKomm GmbHG/ Liebscher Anh § 13 Rn. 952; Baumbach/Hueck/Zöllner GmbHG 19. Aufl. SchlAnhKonzernR Rn. 75; Roth/Altmeppen GmbHG 6. Aufl. Anh § 13 Rn. 102; MünchKommAktG/Altmeppen 3. Aufl. § 298 Rn. 3; Vetter ZIP 1995, 345/353). Das ändert nichts am Umfang der Prüfung des Registergerichts, dessen Pflicht es ist, unrichtige Eintragungen in das Handelsregister zu vermeiden. Das Registergericht hat deshalb bei Anhaltspunkten für die Unwirksamkeit der angemeldeten Kündigung in die materielle Prüfung einzutreten (OLG München GmbHR 2011, 489; AG 2009, 675).

2. Das Registergericht hat zutreffend angenommen, dass eine wirksame Beendigung des Unternehmensvertrages durch die vorgelegten Unterlagen nicht belegt wird. Die Auflösung der beherrschten Gesellschaft durch Beschluss des alleinigen Gesellschafters und Organträgers begründet ebenso wenig ein Recht zur außerordentlichen Kündigung wie die bloße Behauptung des Alleingesellschafter-Geschäftsführers bzw. -Liquidators und Organträgers, die Verluste der Organgesellschaft seien existenzbedrohend.

Ein wichtiger Grund im Sinne des § 297 Abs. 1 AktG liegt vor, wenn für den Vertragsteil, der die Kündigung erklärt, die weitere Fortsetzung des Vertragsverhältnisses wegen ernsthafter und nicht oder nicht in angemessener Art und Weise behebbarer Schwierigkeiten unzumutbar ist (vgl. MünchKomm AktG/Altmeppen § 297 Rn. 18). Als Beispiel nennt § 297 Abs. 1 Satz 2 AktG, dass der andere Vertragsteil voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine Vertragspflichten zu erfüllen. Der Vertrag vom 3.12.2008 konkretisiert in § 4 Ziff. 3 Satz 2 Gründe für eine außerordentliche Kündigung, die hier nicht gegeben sind.

a) Es bedarf hier keiner Entscheidung, bei welchen Fallgestaltungen die Auflösung eines Vertragsteils ein Recht zur außerordentlichen Kündigung begründen kann (vgl. dazu MünchKomm AktG/Altmeppen 3. Aufl. § 297 Rn. 102 ff.; KölnKommAktG/Koppensteiner 3. Aufl. § 297 Rn. 42ff.). Voraussetzung ist auch in diesem Fall, dass die Fortsetzung des Unternehmensvertrages einer oder beiden Vertragsparteien nicht mehr zumutbar ist. Das kann hier nicht angenommen werden, denn der kündigende Organträger hat selbst willkürlich den Tatbestand geschaffen, auf den er die Kündigung stützt, indem er als Alleingesellschafter der beherrschten Gesellschaft ohne ersichtlichen objektiven Grund deren Auflösung beschlossen hat (vgl. MünchKommAktG/Altmeppen § 297 Rn. 112; KölnKommAktG/Koppensteiner § 297 Rn. 46 zur willkürlichen Entscheidung der Gesellschafter des herrschenden Unternehmens, das herrschende Unternehmen aufzulösen).

b) Es kann auch dahinstehen, inwieweit die Verschlechterung der Ertragslage der abhängigen Gesellschaft oder der Vermögens- und Ertragslage des Organträgers Grund für eine außerordentliche Kündigung geben kann (vgl. ausführlich MünchKommAktG/Altmeppen § 297 Rn. 31 ff m.w.N.). Die eigene schlechte Lage des Organträgers soll diesen zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, weil es unzumutbar wäre, an einem Vertrag auch dann noch festzuhalten, wenn dies zur eigenen Vernichtung führen würde (so KölnKommAktG/Koppensteiner § 297 Rn. 18 m. w. N.). Auch nach dieser Ansicht ist das weitere Festhalten am Vertrag aber nicht schon dann unzumutbar, wenn sich - voraussichtlich behebbare - Schwierigkeiten ergeben oder sich die mit dem Vertrag verbundenen Erwartungen des anderen Vertragsteils nicht erfüllen. Dasselbe gilt für den Umstand, dass die weitere Durchführung des Vertrages zu Verlusten führt. Überhaupt sind wirtschaftliche Entwicklungen bei der gebundenen Gesellschaft, von Fällen höherer Gewalt abgesehen, unbeachtlich. Sie sind vom anderen Vertragsteil zu vertreten und nicht geeignet, ihm einen Grund zur fristlosen Auflösung des Vertragsverhältnisses zu liefern. Beim isolierten Gewinnabführungsvertrag kommt es auch auf das vertraglich übernommene Risiko an. Es schließt alle Umstände ein, mit deren Eintritt gerechnet werden muss (KölnKomm AktG/Koppensteiner aaO m. w. N.).

Hier ist schon nicht nachvollziehbar, dass die Verluste der abhängigen Gesellschaft im Jahr 2009 bei Abschluss des Ergebnisabführungsvertrags im Dezember 2008 (!) nicht vorhersehbar gewesen sein sollen. Darüber hinaus fehlen jegliche tatsächliche Anhaltspunkte für die pauschale Behauptung, die - vertraglich geschuldete - Übernahme der Verluste der Organgesellschaft führe zur eigenen wirtschaftlichen Vernichtung. Hinzu kommt, dass der zum Ausgleich der Verluste verpflichtete Organträger zugleich auch alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der beherrschten Gesellschaft ist und deren Geschäftserfolg maßgeblich beeinflussen kann.

III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

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