OLG Stuttgart: Zur Auszahlung auf Grund einer Garantie auf erstes Anfordern
OLG Stuttgart, Urteil vom 14.11.2012 - 9 U 134/12
Sachverhalt
I.
Die Verfügungsklägerin beantragt im Wege der einstweiligen Verfügung, ihrer Bank, der Verfügungsbeklagten zu 3, zu untersagen, eine Auszahlung auf Grund einer Garantie auf erstes Anfordern vorzunehmen, die sie im Auftrag der Verfügungsklägerin gegenüber der Verfügungsbeklagten zu 1 übernommen hat.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung, mit der der Verfügungsbeklagten zu 3 untersagt wurde, an die Verfügungsbeklagte zu 1 den Garantiebetrag zu zahlen, aufrechterhalten. Es hat nach ausführlicher Darstellung und Würdigung der hierzu vertretenen unterschiedlichen Rechtsmeinungen die Auffassung vertreten, dass der Verfügungsklägerin als Garantieauftraggeberin ein Anspruch auf Unterlassung der Auszahlung zustehe. Wenn offensichtlich oder liquide beweisbar eine Inanspruchnahme einer Garantie fehlerhaft sei, sei die Garantin an eine Weisung ihrer Auftraggeberin, die Garantie nicht auszuzahlen, gebunden. Weisungen, die sich auf den Prüfungsrahmen der Garantin bezögen, seien zulässig, solange sie der Funktion oder dem Wesen der Garantie auf erstes Anfordern nicht widersprächen. In diesen Fällen sei die Garantin im Verhältnis zum Garantieauftraggeber verpflichtet, die Zahlung zu verweigern. Diese Pflicht müsse mit einem gegenläufigen Anspruch des Garantieauftraggebers auf Unterlassung korrespondieren, um die Verpflichtung wirksam durchzusetzen. Die Weisung sei zu Recht ergangen. Die Zahlungsaufforderung der Verfügungsbeklagten zu 1 sei formal fehlerhaft. Sie sei aufgrund des Garantievertrages verpflichtet gewesen zu erklären, dass sie aufgrund einer Vertragsverletzung der Verfügungsklägerin ihrerseits eintrittspflichtig geworden sei. Diese Erklärung habe sie zu keiner Zeit abgegeben. Die Garantie habe sich gerade dadurch ausgezeichnet, dass die Verfügungsbeklagte zu 1 ihrerseits aufgrund einer Vertragsverletzung der Verfügungsklägerin in Anspruch genommen worden sei. Das Fehlen der formalen Voraussetzungen sei offensichtlich.
Das Urteil des Landgerichts ist der Verfügungsbeklagten zu 3 am 18.01.2012 und der Verfügungsbeklagten zu 1 am 23.01.2012 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 17.01.2012, am selben Tag bei Gericht per Fax und unter Beifügung einer Urteilskopie eingegangen, hat der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten zu 1 "namens der Verfügungsbeklagten zu 1 und Nebenintervenientin" Berufung eingelegt. In dem Rubrum der Berufungsschrift hat sie ihrer Partei die Bezeichnung "Verfügungsbeklagte zu 1, Nebenintervenientin und Berufungsklägerin" beigefügt. Die Verfügungsbeklagte zu 3 hat sie lediglich als "Verfügungsbeklagte zu 3" bezeichnet. Mit Verfügung vom 05.03.2012 wurde der Verfügungsbeklagten zu 1 antragsgemäß die Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.04.2012 verlängert. An diesem Tag ist die Berufungsbegründungsschrift per Telefax eingegangen. Die Verfügungsbeklagte zu 1 wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das Landgericht habe zu Unrecht und entgegen der herrschenden Meinung einen Unterlassungsanspruch des Garantieauftraggebers gegen seine Garantie gewährende Bank angenommen. Bei einer formell fehlerhaften Inanspruchnahme nehme selbst die Mindermeinung keinen Unterlassungsanspruch an. Im Übrigen sei die Inanspruchnahme nicht formell fehlerhaft. Das Landgericht habe die Voraussetzungen nicht richtig erkannt. Die Verfügungsbeklagte zu 1 als Begünstigte habe lediglich erklären müssen, dass sie ein Bestätigungsschreiben der Vertragspartei mit dem definierten Umfang erhalten habe. Die Inanspruchnahme sei nicht offensichtlich oder liquide beweisbar rechtsmissbräuchlich.
Die Verfügungsbeklagten zu 1 und 3 beantragen:
Das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2012 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart (8 O 154/11) vom 19. April 2011 wird aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin beantragt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Sie ist der Auffassung, die Berufung sei unzulässig, weil die Verfügungsbeklagte zu 1 im eigenen Namen und nicht als Nebenintervenientin im Namen der Verfügungsbeklagten zu 3 die Berufung eingelegt habe. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Aus den Gründen
II.
Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und begründet. Der Senat schließt sich der vom Landgericht vertretenen Auffassung zum Bestehen eines Unterlassungsanspruchs nicht an.
1. Die Berufung der Verfügungsbeklagten zu 3 ist zulässig. Die Nebenintervention der Verfügungsbeklagten zu 1 ist zulässig (a.). Ihre Berufungsschrift ist so auszulegen, dass sie nicht selbst als Partei, sondern allein als Streithelferin der Verfügungsbeklagten zu 3 für diese die Berufung eingelegt hat (b.).
a. Die Nebenintervention ist zulässig, wenn sie einerseits ordnungsgemäß erklärt wird und andererseits der Nebenintervenient ein rechtliches Interesse an dem Beitritt zum Rechtsstreit glaubhaft macht. Über die Zulässigkeit der Nebenintervention ist gemäß § 71 ZPO nur auf Antrag einer widersprechenden Partei durch Zwischenurteil zu entscheiden (Musielak-Weth, ZPO, 9. Auflage, § 66 Rn. 13). Die Zulassungsentscheidung kann zusammen mit dem Endurteil ergehen (BGH, Urt. v. 11.02.1982, III ZR 184/80, NJW 1982, 2070). Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Zwischenverfahrens ist der Nebenintervenient vorläufig zum Hauptprozess hinzuzuziehen, § 71 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Nebenintervention kann auch konkludent ergehen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Gericht in der Kostenentscheidung die Kosten der Nebenintervention dem Gegner auferlegt (BGH, Urt. v. 10.07.1963, V ZR 132/61, NJW 1963, 2027).
Im vorliegenden Fall hat das Landgericht nicht ausdrücklich über den Zurückweisungsantrag der Verfügungsklägerin entschieden. Er wurde aber in den Tatbestand aufgenommen. Auf S. 17 der Entscheidung weist das Landgericht darauf hin, dass die Verfügungsbeklagte zu 1 als Nebenintervenientin dem Rechtsstreit beitreten konnte und dies getan habe. Die Kosten der Nebenintervention hat es der Nebenintervenientin ausdrücklich gem. § 101 Abs. 1 Var. 2 ZPO auferlegt. Aus alledem ist zu schließen, dass das Landgericht die Nebenintervention konkludent zugelassen hat. Bei einer unzulässigen Nebenintervention hätte es die den Zwischenstreit betreffende Kostenentscheidung auf § 91 ZPO gestützt (Zöller-Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 71 Rn. 5; Münchener Kommentar-Schultes, ZPO, 3. Aufl., § 71 Rn. 9) und auch nicht vertreten dürfen, dass in derartigen Fällen der Begünstigte einer Garantie einem Verfahren zwischen Garantieauftraggeber und Garantin beitreten könne.
Die Zulassungsentscheidung ist rechtskräftig. Gegen die Zulassung sowohl im Zwischenurteil als auch im Endurteil ist die sofortige Beschwerde gem. § 71 Abs. 2 ZPO das statthafte Rechtsmittel (Münchener Kommentar-Schultes, a.a.O., § 71 Rn. 10). Innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist gem. § 569 Abs. 1 ZPO hat die Verfügungsklägerin kein Rechtsmittel eingelegt.
Im Übrigen wäre die Nebenintervention auch zulässig. Die Verfügungsbeklagte zu 1 hat formgerecht gemäß § 70 ZPO den Beitritt erklärt und ein Interesse am Beitritt im Sinne von § 66 ZPO. Eine Glaubhaftmachung bzw. eine nähere Darlegung ihres Interesses an einem Beitritt waren nicht erforderlich. Dies ergab sich bereits aus dem Verfahren und den Anträgen der Verfügungsklägerin, die der unterstützten Verfügungsbeklagten zu 3 eine Auszahlung des Garantiebetrags an die Verfügungsbeklagte zu 1 untersagen lassen wollte. Der von der Verfügungsklägerin verfolgte Eingriff in das Garantieverhältnis zwischen der Verfügungsbeklagten zu 1 und der Verfügungsbeklagten zu 3 stellt einen Interventionsgrund dar. Dieser liegt vor, wenn der Nebenintervenient ein rechtliches Interesse an dem Obsiegen der unterstützten Partei hat. Ein rein wirtschaftliches Interesse reicht nicht. Der Begriff des rechtlichen Interesses ist weit auszulegen (BGH, Urt. v. 17.01.2006, X ZR 236/01). Das rechtliche Interesse der Verfügungsbeklagten zu 1 ergibt sich daraus, dass die Verfügungsbeklagte zu 3 durch eine Untersagungsverfügung im einstweiligen Verfügungsverfahren vorübergehend gehindert sein kann, ihrer Verpflichtung aus dem Garantievertrag mit der Verfügungsbeklagten zu 1 nachzukommen. Jedenfalls kann die unterstützte Partei später gegenüber der Verfügungsbeklagten zu 1 einwenden, dass sie aufgrund eines gerichtlich ausgesprochenen Unterlassungsgebots ohne Verschulden gehindert war, ihrer Verpflichtung nachzukommen. Dies könnte den Umfang der rechtlichen Ansprüche der Verfügungsbeklagten zu 1 aus dem Vertrag, insbesondere Verzugsansprüche, beeinträchtigen. Es handelt sich nicht nur um ein wirtschaftliches Interesse der Verfügungsbeklagten zu 1. Das Urteil greift unmittelbar in das Rechtsverhältnis zwischen Garantiegeber und Garantienehmer ein.
b. Die Berufungsschrift der Verfügungsbeklagten zu 1 ist trotz der fehlerhaften Formulierungen bei der Angabe der Parteirolle dahingehend auszulegen, dass die Verfügungsbeklagte zu 1 als Nebenintervenientin für die Verfügungsbeklagte zu 3 die Berufung eingelegt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Prozesshandlungen auszulegen. Dabei sind an die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers strenge Anforderungen zu stellen. Zweifel an seiner Person müssen ausgeschlossen sein. Allerdings ist es nicht erforderlich, dass sich die Klarheit ausschließlich durch die ausdrückliche Bezeichnung herstellen lässt (BGH, Beschl. v. 15.12.1998, VI ZR 316/97). Zur Auslegung sind die Berufungsschrift sowie sämtliche zum Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsfrist vorliegende Unterlagen heranzuziehen. Dabei gilt der Grundsatz, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstandenen Interesse entspricht (BGH, Beschl. v. 12.01.2010, VIII ZB 64/09).
Nach der ausdrücklichen Bezeichnung der Parteirollen in der Berufungsschrift läge, worauf die Verfügungsklägerin zu Recht hinweist, eine unzulässige Berufung vor. Der Prozessbevollmächtigte hat die Verfügungsbeklagte zu 1 in dem Rubrum als "Verfügungsbeklagte, Nebenintervenientin, Berufungsklägerin" bezeichnet, die Verfügungsbeklagte zu 3 wird hingegen nicht als Berufungsklägerin genannt. Auch hat er "namens der Verfügungsbeklagten zu 1" die Berufung eingelegt. Dies lässt den vordergründigen Schluss zu, dass die Verfügungsbeklagte zu 1 selbst in eigener Sache Berufung einlegen wollte. Insbesondere ist der Streithelfer, der für die unterstützte Partei Berufung einlegt, nicht selbst Partei und auch nicht Berufungskläger (Musielak-Ball, ZPO, a.a.O., § 511 Rn. 13). Die im eigenen Namen eingelegte Berufung der Verfügungsbeklagten zu 1 wäre unzulässig. Der Verfügungsantrag gegen sie wurde als unbegründet abgewiesen. Soweit sie verurteilt wurde, die Kosten der Nebenintervention zu tragen, lag das an dem Unterliegen der Verfügungsbeklagten zu 3, die sie unterstützt hat.
Bei der Auslegung sind jedoch noch die weiteren Unterlagen zu berücksichtigen. Die Verfügungsbeklagte zu 1 hat innerhalb der für die Verfügungsbeklagte zu 3 laufenden Berufungsfrist der Berufungsschrift das vollständige Urteil des Landgerichts per Telefax beigefügt. Aus diesem ergab sich, dass die Verfügungsbeklagte zu 1 erstinstanzlich voll obsiegt hatte und das Landgericht nur bezüglich der Verfügungsbeklagten zu 3 den zuvor ohne mündliche Verhandlung erlassenen Beschluss vom 19.04.2011 aufrechterhalten hat. In der Zusammenschau von Berufungsschrift und Urteilsausfertigung lässt sich daher ohne vernünftige Zweifel entnehmen, dass die Verfügungsbeklagte zu 1 als Nebenintervenientin für die Verfügungsbeklagte zu 3 die Berufung einlegen wollte. Dies ergibt sich ansatzweise aus der Formulierung in der Berufungsschrift, wonach die Prozessbevollmächtigten „namens der Verfügungsbeklagten zu 1 und Nebenintervenientin" die Berufung einlegen. Der Wille, als Nebenintervenientin Berufung einzulegen, ist so offensichtlich, dass die aus der Falschbezeichnung der Parteirollen stammenden Zweifel allenfalls theoretischer Natur sind. Wollte man daher die Berufung allein wegen der erkennbar falschen Bezeichnung nicht zulassen, würde man den Zugang der Verfügungsbeklagten zu 1 zu den staatlichen Gerichten unzumutbar und in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise erschweren.
2. Die Berufung der Verfügungsbeklagten zu 3, die die Verfügungsbeklagte zu 1 für diese führt, ist begründet, weil der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in der Form einer Sicherungsverfügung gem. § 935 ZPO zurückzuweisen war. Es besteht kein Verfügungsanspruch.
Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob ein Garantieauftraggeber einen im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzbaren Anspruch gegen seine Bank hat, die Zahlung aus einer Garantie zu unterlassen (bejahend u.a.: Graf von Westphalen/Jud, Die Bankgarantie im internationalen Handelsverkehr, 3. Aufl. 2005, S. 280; Drescher in: Münchener Kommentar, ZPO, a.a.O., § 935 Rn. 38; LG Aachen, Urt. v. 10.02.1987, 41 O 251/86, NJW-RR 1987, 1207 [auf enge Ausnahmefälle begrenzt]; OLG Frankfurt, Urt. v. 03.03.1983, 10 U 244/82, WM 1983, 575; OLG Saarbrücken, Urt. v. 23.01.1981, 4 U 99/80, WM 1981, 275; LG Dortmund, Urt. v. 09.07.1980, 10 O 9/80, WM 1981, 280; LG Frankfurt, Urt. v. 11.12.1979, 10 O 123/79, NJW 1981, 56; verneinend u.a.: Nobbe in: Schimansky/Bunte/Lwowski [S/B/L], Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 92 Rn. 27; Fischer in: S/B/L, § 121 Rn. 227; Edelmann, DB 1998, 2453; Jedzig, WM 1988, 1469; Palandt-Sprau, BGB, 71. Aufl., vor § 765 Rn. 24; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.04.1999, 15 U 176/98; ZIP 1999, 1518; OLG Köln, Urt. v. 15.03.1991, 20 U 10/91, WM 1991, 1752; OLG Frankfurt, Urt. v. 27.04.1987, 4 W 17/87, NJW-RR 1987, 1264; OLG Stuttgart, Urt. v. 11.02.1981, 4 U 142/80, NJW 1981, 1913) Das Landgericht hat sich sorgfältig mit den divergierenden Rechtsauffassungen auseinandergesetzt und mit beachtlichen Gründen eine Untersagungsverfügung für begründet erachtet. Dieser Auffassung schließt sich der Senat dennoch nicht an. Für die - wohl überwiegende - Gegenauffassung sprechen nach Ansicht des Senats die überzeugenderen Gründe.
a. Der Verfügungsklägerin steht aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Verfügungsbeklagten zu 3 kein Unterlassungsanspruch zu. Unstreitig hat die Verfügungsbeklagte zu 3 aufgrund eines entsprechenden Auftrags der Verfügungsklägerin eine selbstständige Garantie auf erstes Anfordern zu Gunsten der Verfügungsbeklagten zu 1 übernommen. Die Form der Garantieerklärung hat die Verfügungsklägerin vorgegeben. Sie ergab sich aus dem Kraftwerksvertrag mit der Fa. V.
Zwischen den Parteien ist allerdings streitig, ob es sich hierbei um eine indirekte Garantie im engeren Sinne handelt oder möglicherweise um eine direkte Garantie zu Gunsten der Verfügungsbeklagten zu 1. Dies kann offen bleiben, da die Frage nicht unmittelbar das Auftragsverhältnis zwischen der Verfügungsklägerin und der Verfügungsbeklagten zu 3 betrifft, sondern den Umfang der Garantie, der erforderlichenfalls durch Auslegung zu ermitteln ist.
b. Aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Verfügungsklägerin und der Verfügungsbeklagten zu 3 ergibt sich nicht der im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemachte Unterlassungsanspruch.
aa. Gemäß §§ 675, 665 BGB ist der beauftragte Garant verpflichtet, den erteilten Auftrag auszuführen und den vorgegebenen Garantievertrag mit dem Begünstigten einzugehen. Dabei hat er gemäß § 665 BGB grundsätzlich die Weisungen des Auftraggebers zu befolgen. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB hat er Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Auftraggebers zu nehmen, hat also Rücksichtnahme- und Schutzpflichten.
bb. Die Verfügungsbeklagte zu 3 hat bereits durch den Abschluss des Garantievertrages in der von der Verfügungsklägerin vorgegebenen Fassung einen wesentlichen Teil ihrer primären Leistungspflicht erfüllt. Sie ist, wie von der Auftraggeberin gewünscht, gegenüber der Verfügungsbeklagten zu 1 eine eigene Verbindlichkeit eingegangen, auf die Garantie auf erstes Anfordern zu zahlen, wenn die formellen Voraussetzungen vorliegen und die Inanspruchnahme auch nicht evident oder liquide beweisbar rechtsmissbräuchlich ist. Bereits durch diese Maßnahme ist die Gefährdung des Vermögens der Auftraggeberin eingetreten, weil der Begünstigte die Garantie rechtsmissbräuchlich in Anspruch nehmen kann, solange ihm dies nicht liquide nachgewiesen werden kann.
cc. Die Verfügungsbeklagte zu 3 verstößt mit einer Auszahlung trotz Fehlens eines Garantieanspruchs nicht gegen gültige Weisungen der Verfügungsklägerin. Es liegt nämlich keine - neue - Weisung der Verfügungsklägerin im Auftragsverhältnis vor. Die spätere Anweisung der Verfügungsklägerin, auf eine rechtsmissbräuchliche oder formungültige Inanspruchnahme nicht zu zahlen, ist im Ergebnis nichts anderes als ein Hinweis auf den ursprünglichen Auftragsumfang. Im Rahmen des weisungsgemäß eingegangenen Garantievertrages hat die Garantin bei der Erfüllung der Verbindlichkeit kein Ermessen. Nach Vertragsschluss hat sie lediglich die Alternative zwischen der berechtigten Erfüllung eines Garantieanspruchs und der Nichtleistung, wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen. Raum für eine nachträgliche, die Garantieverpflichtung ändernde Weisung der Auftraggeberin besteht nicht, da ausgeführte Weisungen nicht mehr widerruflich sind (Seiler in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Auflage, § 665 Rn. 7). Die Garantieverpflichtung modifizierende Weisungen sind daher vertragswidrig und unbeachtlich (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.1996, IX ZR 325/95, Tz. 15, zit.n.juris). Daher kann aus einer Weisung des Auftraggebers keine Unterlassungspflicht der Garantin abgeleitet werden.
Auch eine Weisung zur Prüfpflicht kann letztendlich nicht dazu führen, dass die Garantin zu einem bestimmten Prüfergebnis zu kommen hat. Das Risiko eines falschen Prüfergebnisses, auch bei sorgfältiger Prüfung, trägt ohnehin die Garantin, die Gefahr läuft, für die Garantiezahlung keinen Aufwendungsersatzanspruch zu haben.
dd. Die Verfügungsbeklagte zu 3 verstößt mit einer - unterstellt offensichtlich vertragswidrigen - Auszahlung des Garantiebetrages auch nicht gegen Rücksichtnahme- und Schutzpflichten. Richtig ist allerdings, dass auch bei der Ausführung des Garantievertrages die Garantin auf die Rechte und Interessen ihrer Auftraggeberin Rücksicht zu nehmen und diese vor Beeinträchtigungen zu schützen hat (BGH, Urt. v. 10.02.2000, IX ZR 397/98). So wird die Garantin regelmäßig verpflichtet sein, die Auftraggeberin vor einer Auszahlung zu informieren, damit diese auf berücksichtigungsfähige Einwände gegen die Inanspruchnahme aus der Garantie oder Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch hinweisen kann (Fischer in: S/B/L, § 121 Rn. 184). Wie das Landgericht zutreffend ausführt, wird die Garantin aufgrund ihrer Stellung außerhalb des Valutaverhältnisses nicht in der Lage sein, ohne Mithilfe ihrer Auftraggeberin einen etwaigen Rechtsmissbrauch zu erkennen. Diese Pflichten hat die Verfügungsbeklagte zu 3 allerdings nicht verletzt.
ee. Die Verfügungsklägerin weist zutreffend darauf hin, dass in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, die Garantin sei zur Leistungsverweigerung im Falle eines offensichtlich oder liquide beweisbaren Rechtsmissbrauchs nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, eine Auszahlung des Garantiebetrages im Falle des Rechtsmissbrauchs zu unterlassen (BGH, Urt. v. 17.01.1989, XI ZR 65/88; OLG Celle, Urt. v. 18.03.2009, 3 U 167/08, Tz. 34 zit.n.juris). Allerdings wird diese Auffassung nicht näher dogmatisch oder in tatsächlicher Hinsicht begründet. Eine solche Pflicht, die eine Auftraggeberin nur mit einem korrespondierenden Unterlassungsanspruch effektiv durchsetzen könnte, kann jedoch nur begründet werden, wenn tatsächlich Rechte oder Interessen beeinträchtigt werden. Dies ist in der vorliegenden Fallkonstellation nicht erkennbar.
ff. Es ist unstreitig, dass eine vom Garantievertrag nicht gedeckte Auszahlung keine vertragskonforme Erfüllung des Auftrages darstellt und daher keinen Aufwendungsersatzanspruch der Garantin gemäß §§ 675, 670 BGB entstehen lässt. Eine ungerechtfertigte Auszahlung berührt somit weder rechtlich noch wirtschaftlich das Auftragsverhältnis (Graf von Westphalen, a.a.O., S. 280; Edelmann, DB 1998, 2453 [2455]; BGH, Urt. v. 17.01.1989, XI ZR 65/88; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.04.1999, 15 U 176/98, Tz. 39; OLG Köln, Urt. v. 15.03.1991, 20 U 10/91; OLG Frankfurt, Urt. v. 27.04.1987, 4 W 17/87; OLG Stuttgart, Urt. v. 11.02.1981, 4 U 142/80). Die Garantin trägt das Risiko einer Fehleinschätzung, weil sie Gefahr läuft, wegen einer unsorgfältigen Prüfung einen Vermögensverlust zu erleiden, den ihr ihre Auftraggeberin nicht erstatten muss. Die Auftraggeberin erleidet hingegen keinen Vermögensnachteil.
Kann die Garantin bei ihrer Auftraggeberin ihren Regressanspruch jedoch nicht geltend machen, wird für die Auftraggeberin nicht die Notwendigkeit entstehen, den ausgezahlten Garantiebetrag bei der Begünstigten bzw. bei ihrem Vertragspartner aus dem Valutaverhältnis zurückzufordern, was regelmäßig mit einer Beweislastumkehr zum Nachteil der Auftraggeberin verbunden ist. Daher kann auch im Valutaverhältnis kein Nachteil durch eine unberechtigte Auszahlung der Garantieleistung entstehen.
Es besteht allenfalls die Gefahr, dass die Garantin ihren - tatsächlich nicht bestehenden - Aufwendungsersatzanspruch vertragswidrig in das Kontokorrentverhältnis mit der Auftraggeberin einbringt. Dies könnte zur Folge haben, dass der Auftraggeberin Liquidität entzogen würde, weil die Bank dadurch den Verfügungsrahmen auf dem Kontokorrentkonto einschränkt. Aber auch dieser Umstand kann nicht die Pflicht der Garantin begründen, die Auszahlung des nicht geschuldeten Garantiebetrages zu unterlassen. Dem Landgericht ist zwar zuzustimmen, dass im Falle einer Auszahlung der Garantie mit einer anschließenden Belastungsbuchung der Garantin auf dem Konto der Auftraggeberin zu rechnen ist. Bei genauer Betrachtung handelt es sich jedoch um zwei getrennte Handlungen, deren Pflichtwidrigkeit jeweils gesondert zu untersuchen ist. So ist es nicht ausgeschlossen, dass die Bank, nachdem sie nach Auszahlung die Fehlerhaftigkeit erkannt hat, sich vertragstreu verhält und von einer Belastungsbuchung absieht. Auch ist denkbar, dass sie wegen des bereits bekannten Widerstandes des Kunden von einer Belastungsbuchung absieht und den Anspruch außerhalb des Kontokorrentverhältnisses in einem gesonderten Verfahren klärt.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Kunde mit einer Belastungsbuchung nicht bereits eine Vermögenseinbuße oder einen Rechtsverlust erleidet. Belastungsbuchungen haben ausschließlich deklaratorische Bedeutung und berühren das Kontoguthaben bzw. Auszahlungsansprüche nicht (BGH, Urt. v. 06.05.2003, XI ZR 283/02, Tz. 13; Urt. v. 17.12.1992, IX ZR 226/91; Mayen in: S/B/L, § 47 Rn. 51 m.w.N.). Der Bankkunde hat einen verschuldensunabhängigen vertraglichen Anspruch auf Beseitigung von unbegründeten Kontobelastungen. Daneben hat er einen verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch, beispielsweise wenn die Bank aufgrund ihrer fehlerhaften Belastungsbuchung dem Kunden keine weiteren Verfügungen mehr über sein Kontoguthaben gestattet (Mayen, a.a.O.). Aus diesem Grund ist ihm auch ein Anspruch auf Unterlassung einer fehlerhaften Belastungsbuchung zuzusprechen, den er erforderlichenfalls im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen kann (OLG Stuttgart, Urt. v. 11.02.1981, 4 U 142/80; OLG Frankfurt, Urt. v. 27.04.1987, 4 W 17/87; Nobbe in: S/B/L, § 92 Rn. 27; Edelmann, DB 1998, 2453 [2455]). Die Gegenansicht, die eine Unterlassungs- und Schadensersatzverpflichtung im Zusammenhang mit der unberechtigten Garantiezahlung allein wegen der dadurch in der Folge eintretenden Kontobelastung beim Bankkunden begründet (vergleiche Graf von Westphalen, a.a.O., S. 281), vermischt die beiden verschiedenen Rechtsverhältnisse.
Schließlich erleidet die Auftraggeberin keinen Nachteil, wenn sie gezwungen ist, anstelle eines Anspruchs auf Unterlassung einer Garantiezahlung einen Anspruch auf Unterlassung einer unberechtigten Belastungsbuchung geltend zu machen. In beiden Verfahren muss geklärt werden, ob die formellen Voraussetzungen für die Garantiezahlung vorlagen und die Inanspruchnahme nicht offensichtlich oder liquide beweisbar rechtsmissbräuchlich war. Dabei ist nicht erkennbar, dass der Anspruch auf Unterlassung einer Belastungsbuchung mit für die Auftraggeberin ungünstigeren Beweisregeln verbunden wäre.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 6, 711, 713 ZPO.