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Wirtschaftsrecht
15.10.2009
Wirtschaftsrecht
OLG Celle: Zur Aufklärungspflicht der Bank bei Anlageberatung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 30.09.2009
Aktenzeichen: 3 U 45/09
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:

      BGB § 280
      BGB § 311

Eine Bank ist im Rahmen der Anlageberatung nicht verpflichtet, den Kunden über ihre eigene Gewinnmarge und über einen negativen Marktwert des Anlageprodukts aufzuklären.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

3 U 45/09

Verkündet am 30. September 2009

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 9. September 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ..., der Richterin am Oberlandesgericht ... sowie des Richters am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29. Januar 2009 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus eigenem und aus abgetretenem Recht der I. AG, deren Mehrheitsgesellschafterin sie ist, Ersatz des Schadens, der ihr durch den Abschluss sowie die vorzeitige Auflösung von zwei Swap-Geschäften mit einem Wert von insgesamt 4 Mio. € entstanden ist und den sie mit 1.207.240,32 € beziffert hat. hierneben begehrt sie die Feststellung, aus geschlossenen Verträgen keinerlei Zahlungen mehr zu schulden sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz weiterer möglicher Schäden.

Die Parteien standen seit 1998 in Geschäftsbeziehungen. Ab dem Jahr 2000 schlossen die Klägerin und die Beklagte auf der Grundlage eines Rahmenvertrages, der den Abschluss von Finanztermingeschäften, Devisentermingeschäften und Optionen auf Devisentermingeschäfte vorsah (vgl. Anlage B 6), mehrfach, und zwar in insgesamt zehn Fällen Zins und Devisen-Swap-Verträge in unterschiedlicher Form, wobei für die Klägerin deren Geschäftsführer C., für die Beklagte deren Mitarbeiter aus der Abteilung C., T., die jeweiligen Verhandlungen führten. Wegen der Einzelheiten dieser Geschäfte wird auf Bl. 63 ff. d. A. sowie die Anlagen B 7 bis B 20 verwiesen. Während es sich bei den zunächst geschlossenen Geschäften um Zins oder WährungsSwaps handelte, waren Gegenstand der ab Januar 2003 geschlossenen Verträge strukturierte Swaps. Per saldo hatte die Klägerin bei diesen Geschäften unter Berücksichtigung von in Einzelfällen eingetretenen, auch erheblichen Verlusten Gewinne in Höhe von ca. 470.000 € erzielt.

Am 12. Juli 2005 stellte der Mitarbeiter der Beklagten T. dem Geschäftsführer C. den streitgegenständlichen Swap "zur Zinsoptimierung" vor und übersandte C. ein sogenanntes Termsheet, das die wesentlichen Bedingungen des in Aussicht genommenen Geschäfts enthielt (Anlage K 2). Der von T. vorgestellte Swap-Vertrag wurde am gleichen Tag geschlossen. Hierbei handelte es sich um einen Spread-Ladder-Swap, bei dem sich die Beklagte zur Zahlung eines gleichbleibenden Zinses von 3 % auf einen fiktiven Betrag von 4 Mio. €, wovon 1 Mio. € auf die Klägerin und 3 Mio. € auf die Zedentin entfielen, verpflichtete. Die Zinszahlungspflicht der Klägerin sowie der Zedentin (nachfolgend einheitlich: Klägerin) ergab sich demgegenüber aus dem Dreifachen eines von der Beklagten vorgegebenen, im Vertragsverlauf von 1,0 auf 0,78 % p. a. sinkenden Basispreises (Strike) abzüglich der Differenz des Zinssatzes zwischen dem 10 und dem 2-jährigen Euro-Interbanken-Swapsatzes (Spread), wobei Anknüpfungspunkt für die quartalsmäßig vorzunehmende Zinsbestimmung jeweils der Zinssatz der Vorperiode sein sollte. Die Laufzeit des Vertrages betrug drei Jahre. Diese war für die Klägerin bindend. die Beklagte war demgegenüber berechtigt, nach Ablauf von sechs Monaten den Vertrag jederzeit ohne Ausgleichszahlung aufzulösen. Der zunächst für die I. AG geschlossene Vertrag ist von der Klägerin im Hinblick darauf, dass die I. AG einen Börsengang beabsichtigte, übernommen worden.

Die Klägerin erhielt im ersten Halbjahr des Vertrages von der Beklagten Zahlungen in Höhe von 3 % der fiktiven Bezugsgröße. Ihre eigene Zahlungspflicht steigerte sich von dem für das erste Halbjahr vereinbarten Zinssatz von 1,5 % erheblich, weil sich der Spread, also die Differenz zwischen dem für lang und kurzfristige Kredite zu zahlenden Zinsen deutlich verminderte. Nach einer zwischenzeitlichen Anpassung des Vertrages, bei der der Klägerin u. a. das Recht zur Beendigung des Swap-Geschäfts eingeräumt wurde, sowie einer weiteren "Restrukturierung" beendeten die Parteien den Vertrag am 30. Januar 2007, wobei wegen des zu diesem Zeitpunkt negativen Marktwertes des Swap-Vertrages die Klägerin eine Schlusszahlung in Höhe von 1.207.240,32 € zu erbringen hatte.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde ihr wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten Schadensersatz und sei zudem zur Rückabwicklung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung verpflichtet. Bei dem streitgegenständlichen Spread-Ladder-Swap handele es sich um kein Geschäft zur Zinsoptimierung, sondern um ein von den tatsächlichen, insbesondere von den bei der Beklagten bestehenden Bankkrediten völlig unabhängiges Produkt, das nichts anderes als eine Wette auf die zukünftige Entwicklung der lang und kurzzeitigen Zinsen darstelle. Das Geschäft sei daher für das von der Klägerin erstrebte Ziel einer Zinsoptimierung schon der Sache nach nicht geeignet gewesen. Zudem sei, worüber die Klägerin nicht aufgeklärt habe, die Risikostruktur des Geschäfts unausgewogen gewesen und habe ausschließlich die Klägerin belastet. Während sich die Beklagte im Fall einer ungünstigen Zinsentwicklung nach sechs Monaten vom Vertrag habe entschädigungsfrei lösen können, sei das Risiko der Klägerin um ein Vielfaches höher gewesen und ergebe sich insbesondere aus dem Vervielfältigungsfaktor 3 im Rahmen der Formel für die Berechnung der zu zahlenden Zinsen, wobei die sich aus dem Faktor 3 ergebende Hebelwirkung durch den Ladder-Effekt, also die Berechnung des Zinssatzes auf der Basis des in der Vorperiode gezahlten Zinses, noch verstärkt werde. Zudem habe die Beklagte über die Gefahren, die sich für die Klägerin bei einer inversen Zinsstruktur ergaben, dadurch getäuscht, dass sie der Klägerin lediglich eine Strukturkurve der vorausgegangenen zehn Jahre, nicht hingegen über einen längeren Zeitraum, in dem es zu vergleichbaren, inversen Zinsstrukturen gekommen war, übergeben habe. Aus einem Gutachten des Sachverständigen D. ( "Bericht an R. ", Anlage K 6) ergebe sich zudem, dass für die Klägerin eine so hohe Wahrscheinlichkeit eines Verlustes bestand, dass das Geschäft nach den eigenen Kriterien der Beklagten als für die Klägerin spekulativ bewertet worden sei. Der Marktwert des Geschäfts sei bereits bei Abschluss negativ gewesen. Für eine ausgewogene Risikoverteilung hätte der von der Beklagten zu zahlende Zins nicht bei lediglich 3 %, sondern bei 4,15 % liegen müssen. Über die bestehenden Risiken habe die Beklagte deshalb nicht aufgeklärt, weil sie sich in einem schwerwiegenden Interessenkonflikt befunden habe. Bei sachgerechter Risikoaufklärung wäre sie als Vertragspartner der Klägerin in die Gefahr geraten, dass die Bedingungen des Vertrages anders ausgehandelt und die Spekulation dann zu ihren eigenen Lasten gegangen wäre. Eine sachgerechte Beratung der Klägerin sei auch unter Berücksichtigung des Kenntnisstandes des Geschäftsführers der Klägerin C. nicht entbehrlich gewesen. Insbesondere hätte eine sachgerechte Risikoeinschätzung die Beurteilung der künftigen Zinsentwicklung erfordert. Zu einer solchen Bewertung sei die Klägerin im Gegensatz zur Beklagten, die auf diesem Gebiet professionell berate, nicht in der Lage gewesen. Bei sachgerechter Aufklärung über die Risiken hätte die Klägerin die Spread-Ladder-Swaps nicht abgeschlossen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.207.240,32 € zu zahlen.

2. hilfsweise,

für den Fall ihres (teilweisen) Obsiegens mit dem Klagantrag zu 1 festzustellen, dass die Klägerin sowie die I. AG der Beklagten aus den am 12. Juli 2007 geschlossenen CMS Spread-Ladder-Swaps mit den Referenznummern ... (neue Referenznummer ...) und ... (neue Referenznummer ...) keinerlei Zahlungen mehr schulden.

3. hilfsweise,

für den Fall ihres (teilweisen) Obsiegens mit dem Klagantrag zu 1 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr auch sämtliche weiteren, zukünftigen Schäden zu ersetzen, die aus den am 12. Juli 2005 mit den Referenznummern ... (neue Referenznummer ...) und ... (neue Referenznummer ...) geschlossenen CMS Spread-Ladder-Swaps noch entstehen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin, soweit diese Ansprüche aus abgetretenem Recht der I. AG geltend gemacht hat, mit der Begründung bestritten, dass es zwar zu einer Übernahme des Swap-Vertrages gekommen sei, die geltend gemachten Schadensersatzansprüche ihre Grundlage jedoch in dem zwischen der I. AG und der Beklagten geschlossenen Beratungsvertrag hätten. Sich hieraus ergebende Ansprüche seien nicht abgetreten.

In der Sache bestünde auch keine Schadensersatzpflicht der Beklagten, da ihr Mitarbeiter T. die Klägerin, insbesondere den die Klägerin bei sämtlichen Swap-Geschäften vertretenden Geschäftsführer C. umfassend über das mit dem CMS Spread-Ladder-Swap verbundene Risiko aufgeklärt habe. C., der aufgrund der vorausgegangenen, über etliche Jahre und in einer Mehrzahl von Fällen getätigten, vielfach restrukturierten Swap-Verträge über fundierte eigene Kenntnisse in diesem Marktsegment verfügt habe, habe auf der Grundlage der ihm erteilten Informationen eine eigenständige Entscheidung getroffen. Die C. nach einem Telefongespräch vom 12. Juli 2005, in dessen Verlauf T. C. den CMS-Swap, seine Funktion und die mit ihm verbundenen Risiken erläutert habe, zur Verfügung gestellten Unterlagen (Termsheet) seien klar und eindeutig. Das unbegrenzte Risiko des Geschäfts für den Kunden sei ausdrücklich genannt. Die angefügten Beispielsrechnungen seien für einen mit vergleichbaren Geschäften vertrauten Anleger wie C. einfach zu verstehen gewesen. Zu möglichen Entwicklungen der Zinssätze, die auch für die Beklagte nicht vorhersehbar gewesen seien, sei in den Unterlagen darauf hingewiesen, dass sich der Spread trotz steigender Zinsen verringern könne. Auch aus dem nach Übersendung des Termsheets erneut geführten Telefongespräch, in dessen Verlauf T. nochmals auf die Risiken des Geschäfts hingewiesen habe, sei deutlich geworden, dass C. Chancen und Risiken des Vertrages sachgemäß erfasst habe. Funktion und Wirkung des sogenannten Ladder-Effekts seien ihm aus vorausgegangenen Swap-Geschäften, etwa den Euribor-Ladder-Swap (Vertrag vom 7. Mai 2004) bekannt gewesen.

Ein Interessenkonflikt habe auf Seiten der Beklagten nicht bestanden. Die Beklagte tätige - insoweit unstreitig - im Swap-Markt lediglich Hedge-Geschäfte, wobei sie unter Aufgabe der Chancen aus dem streitgegenständlichen Swap-Geschäft die Risiken aus diesem Geschäft eliminiere. Dies sei auch aus aufsichtsrechtlichen Gründen geboten, da anderenfalls die Risiken aus entsprechenden Geschäften durch Eigenkapital gedeckt werden müssten. Die Beklagte profitiere damit gerade nicht von den Verlusten der Klägerin. Die ihr zufließenden Zahlungen der Klägerin stellten sich vielmehr als durchlaufender Posten dar, da die Beklagte ihrerseits zur Erbringung der äquivalenten Leistungen aus den Hedge-Geschäften verpflichtet sei. Bei dem CMS-Swap handele es sich somit nur um ein Handelsgeschäft der Beklagten, bei dem sie kein eigenes Risiko begründe, bei dem aber auch keine eigenen Chancen bestünden. Die von der Klägerin anhand des Gutachtens des Sachverständigen D. vorgestellte Methode zur Risikobemessung finde für Geschäfte mit mehrjähriger Laufzeit keine Anwendung, sei hierfür vielmehr ungeeignet. Die tatsächliche Entwicklung der Zinssätze sei nicht vorhergesehen, der Anstieg der kurzfristigen Geldmarkzinsen sei unerwartet gewesen.

Die Entscheidungen zum Abschluss des Geschäfts, zur Fortführung und schließlich zur Auflösung der Verträge seien von C. eigenständig und bewusst getroffen worden. Bei einem Gespräch am 5. Dezember 2005 habe C. ausdrücklich erklärt, den Vertrag gegen eine damals noch vergleichsweise geringe Zahlung nicht auflösen, sondern die weitere Zinsentwicklung abwarten zu wollen. Dieselbe Entscheidung habe er nochmals im April 2006 sowie am 19. Juni 2006 anlässlich der Restrukturierung der Vertragslaufzeit und der Änderung weiterer Bedingungen getroffen. Erst als sich der Zinsabstand zwischen lang und kurzfristigen Zinsen wider Erwarten nicht erholt habe, habe sich C. Ende August 2007 für eine Auflösung des Vertrages entschieden. Dass eine Auflösung des Vertrages vom jeweiligen Marktwert des Swap-Geschäftes abhängig ist, sei C. aus der vorzeitigen Beendigung vorausgegangener Swap-Geschäfte bekannt gewesen. Zur Offenlegung ihrer internen Kalkulation, insbesondere ihrer Ertragsspanne beim Abschluss vergleichbarer Geschäfte sei sie nicht verpflichtet. Insbesondere finde die "Kickback"-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf Geschäfte wie das vorliegende keine Anwendung.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Entgegen den Angaben der Beklagten, die das Swap-Geschäft als Möglichkeit zur Zinsoptimierung angepriesen habe, habe das Geschäft mit Zinsverpflichtungen der Klägerin aus bestehenden Kreditverträgen und deren Ziel, die Zinslast aus diesen Verträgen zu optimieren, keinen Zusammenhang aufgewiesen. Bei dem Spread-Ladder-Swap handele es sich vielmehr um ein reines Spekulationsgeschäft. Eine Aufklärungspflicht hierüber habe ungeachtet der bestehenden Erfahrungen des Geschäftsführers C. mit Swap-Geschäften bestanden. Zwar seien die Szenarien, die sich bei verändernden Zinsabständen ergeben, rechnerisch leicht darstellbar und nachvollziehbar gewesen. Die Beklagte hätte den Kläger jedoch auf das gegenüber vorausgegangenen Geschäften erhöhte Risiko hinweisen und über Wahrscheinlichkeiten des Eintritts bestimmter Szenarien aufklären müssen. Der Hebel und der Ladder-Effekt seien bei der Abwägung von Chancen und Risiken des Geschäfts ohne Einfluss geblieben. Bei der gebotenen Berücksichtigung dieser Umstände sei davon auszugehen, dass die Klägerin die Swap-Geschäfte nicht abgeschlossen hätte. Ein Mitverschulden des Geschäftsführers C., das sich die Klägerin zurechnen lassen müsse, liege nicht vor, da C. sich auf den Rat eines Profis - des Mitarbeiters der Beklagten T. - verlassen habe und auch habe verlassen dürfen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die sich gegen die Auffassung des Landgerichts, der mit der Klägerin geschlossene CMS Spread-Ladder-Swap-Vertrag sei kein Instrument zur Zinsoptimierung und damit für die Ziele der Klägerin ungeeignet gewesen, zur Wehr setzt und in diesem Zusammenhang umfangreich zum Begriff der Zinsoptimierung vorträgt. Im Übrigen wiederholt sie ihren Vortrag, der Geschäftsführer der Klägerin C. habe aus den verschiedenen, nochmals in ihren Einzelheiten dargestellten Swap-Verträgen über erhebliche Erfahrungen mit strukturierten Swap-Geschäften verfügt.

Bezüglich des streitgegenständlichen Vertrages vom 12. Juli 2005 behauptet die Beklagte, T. habe den Geschäftsführer C. vor Abschluss des Vertrages nochmals telefonisch auf die bereits aus dem Termsheet ersichtlichen Risiken hingewiesen, insbesondere darauf, dass sich ein worstcase nicht beziffern lasse und der Verlust der Klägerin theoretisch unbeschränkt sei. zudem habe er darüber aufgeklärt, dass es Phasen inverser Zinsstrukturkurven gegeben habe. C. habe demgegenüber geäußert, dass er insoweit keine Bedenken habe. Die in dieser Form erfolgte Aufklärung durch die Beklagte sei ausreichend und sachgerecht gewesen. Hebel und Ladder-Effekt seien dem Kaufmann C. bewusst gewesen. Im Übrigen bestehe keine Vermutung für ein aufklärungs"-richtiges" Verhalten der Klägerin und insbesondere nicht für eine Kausalität zwischen einem - unterstellten - Beratungsfehler der Beklagten und der Entscheidung der Klägerin, die Geschäfte zur Zinsoptimierung durchzuführen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, an einer reinen Wette auf künftige Zinsen, bei der es sich bei dem Spread-Ladder-Swap-Geschäft gehandelt habe, nicht interessiert gewesen zu sein. Die Beklagte habe den Glauben des Geschäftsführers C., das ihm angebotene Produkt zutreffend einschätzen und bewerten zu können, und damit dessen Vertrauen in die sachgerechte Information durch die Beklagte planvoll ausgenutzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und zur Abweisung der Klage. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche - gleich aus welchem Rechtsgrund - zu.

1. Zwischen den Parteien ist, worauf bereits der zwischen den Parteien geschlossene Rahmenvertrag (B 6) hinweist und was die Beklagte auch nicht in Zweifel zieht, ein Beratungsvertrag (zumindest stillschweigend - vgl. BGHZ 123, 126, 128) zustande gekommen. Im Rahmen dieses Vertrages war die Beklagte verpflichtet, die Klägerin anlage- und anlegergerecht zu beraten (vgl. BGHZ 178, 149 Rn. 10 ff. - zitiert nach Juris). Im Rahmen eines solchen Beratungsvertrages obliegt dem Anlageberater eine umfassende Informationspflicht. Er hat dem Anleger all diejenigen Informationen zu liefern, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Die erteilten Informationen müssen wahrheitsgemäß und sorgfältig, insbesondere richtig und vollständig sein. Darüber hinaus ist der Anlageberater verpflichtet, die ihm vom Anleger gegebenen Informationen und Unterlagen unter Berücksichtigung der Anlageziele und der Risikobereitschaft des Anlegers fachkundig zu bewerten und zu beurteilen. Bei der Anlageberatung sind zum einen personenbezogene und zum anderen objektbezogene Kriterien zu beachten. Zu den Umständen in der Person des Anlegers gehören insbesondere dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft. Zu berücksichtigen ist vor allem, ob es sich bei dem Kunden um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt und welches Anlageziel der Kunde verfolgt. Sind diese Umstände nicht bekannt, müssen Informationsstand und Anlageziel des Kunden erfragt werden. Dabei ist insbesondere festzustellen, ob das beabsichtigte Anlagegeschäft der sicheren Geldanlage dienen oder spekulativen Charakter haben soll.

In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken wie Konjunktur, Inflation, Entwicklung des Marktes und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts ergeben, insbesondere Kurs, Zins und Währungsrisiko bei Wertpapieren oder Objektrisiken bei Immobilien. Wird statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen einer Vertragsanbahnung ein Prospekt überreicht, kann dies als Mittel der Aufklärung genügen, wenn der Prospekt nach Form und Inhalt die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich vermittelt (vgl. Heimann/Edelmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 4 Rn. 18 ff. m. zahlreichen w. N.).

2. Bei Zugrundelegung und Beachtung dieser Kriterien war die getätigte Anlage für die Bedürfnisse und Ziele der Klägerin geeignet.

a) Die Klägerin vertritt die Auffassung, eine Fehlberatung und eine daraus folgende Haftung der Beklagten ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass es sich bei dem Spread-Ladder-Swap entgegen den Angaben der Beklagten um kein Produkt zur Zinsoptimierung handele.

Dies allein rechtfertigt die geltend gemachten Schadensersatzansprüche jedoch nicht. Richtig ist zwar, dass das streitgegenständliche Finanzgeschäft keinen konkreten Bezug zu den Krediten, die der Klägerin von der Beklagten gewährt worden waren, aufwies und damit keinen unmittelbaren Einfluss auf die von der Klägerin für die Kreditinanspruchnahme zu erbringenden Zinszahlungen hatte. Andererseits hat etwa das Oberlandesgericht Frankfurt (Entscheidung vom 29. Juli 2009, ZIP 2009, 1708 - zitiert nach Juris) den Begriff der Zinsoptimierung dahingehend definiert, dass hierunter jedes Konzept zu verstehen sei, dass auf eine ernsthafte und nachhaltige Verringerung bestehender Zinslasten durch Erträge aus gezielt zu diesem Zweck eingesetzten Finanzinstrumenten angelegt ist.

b) Letztlich können diese sich auf Begrifflichkeiten beziehenden Fragen dahinstehen. Maßgeblich ist - wie ausgeführt - ob eine anlage- und anlegergerechte Beratung durch die Beklagte erfolgt ist.

aa) Die Informationen über die Bedingungen und Risiken des Swap-Geschäfts sind dem Geschäftsführer der Klägerin jedenfalls durch die Übersendung des Termsheets, das der Berater der Beklagten T. im Übrigen noch im Einzelnen telefonisch erläutert haben soll, vermittelt worden.

Das Termsheet informiert zunächst zutreffend über die für den Spread-Ladder-Swap maßgeblichen Konditionen, also über Laufzeit des Vertrages, Zinssätze, Zinsberechnung, Zinstermine, Kündigungsfristen etc. Dabei ist die im Termsheet enthaltene Darstellung über die Abhängigkeit zwischen den von der Klägerin zu zahlenden Zinsen aufgrund der Entwicklung des Spreads zwischen kurz und langfristigen Marktzinsen, insbesondere anhand der Beispiele 1 und 2 sowie der Szenario-Analyse (Seite 3 und 4 des Termsheets) verständlich und einfach nachvollziehbar. Die für die Ermittlung des Zinssatzes erforderlichen Rechenschritte erfordern nicht mehr als die Kenntnis der Grundrechenarten.

bb) Chancen und Risiken des Geschäfts, insbesondere das bei einer Verringerung des Spreads bestehende Risiko einer erhöhten Zinszahlungspflicht der Klägerin sind ebenfalls hinreichend deutlich dargestellt. Anhand der charttechnischen Abbildung des Spreads über einen Zeitraum von zehn Jahren und des beigefügten, die absolute Häufigkeit des Spreads nach Basispunkten darstellenden Histogramms ergab sich eine ausreichende und anschauliche Grundlage, um die Risiken des Geschäfts abschätzen zu können. Der durch Fettdruck hervorgehobene und als Teil der Risikobeschreibung im Termsheet enthaltene Hinweis, dass, da die Entwicklung der Differenz zwischen dem 10-Jahres-Euro-Swapsatz und dem 2-Jahre-Euro-Swapsatz nicht voraussehbar sei, kein worstcase beziffert werden könne und daher bei einer ungünstigen Entwicklung der Referenzzinssätze das Geschäft mit einem theoretisch unbegrenzten Verlustrisiko für die Klägerin verbunden sei, informierte den sorgfältig agierenden Anleger auch über das Risiko erheblicher Verluste durch steigende Zinssätze, wobei die Szenario-Analysen ausweisen, dass sich bereits bei einem auf 0,4 % mindernden Spread ein zu zahlender Zinssatz von 7,58 % errechnet.

cc) Die Beklagte war - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht verpflichtet, die Klägerin über den Spread-Verlauf nicht nur der vorausgegangenen zehn Jahre - wie geschehen , sondern der letzten 30 oder 40 Jahre zu informieren. Richtig ist insoweit zwar, dass es sowohl zu Beginn der 80er als auch der 90er Jahre zu inversen Zinsstrukturen, bei denen die kurzfristigen Zinssätze über denen für langjährige lagen, gekommen war. Auf eine solche Möglichkeit ist jedoch in der Sache dadurch hingewiesen, dass wegen der nicht voraussehbaren Entwicklung der Zinssätze kein worstcase beziffert werden könne und ein theoretisch unbegrenztes Verlustrisiko für den Kunden bestehe. Ob eine andere, die Risiken stärker herausstellende Information dann geboten gewesen wäre, wenn sich eine solche Entwicklung der Zinsen angedeutet hätte, kann dahinstehen. Jedenfalls bei Abschluss des Vertrages im Juli 2005 gab es hierfür keine gesicherten Anhaltspunkte. Tatsächlich streiten die Parteien auch nur darum, ob zum damaligen Zeitpunkt mit einer Abflachung der Zinsstrukturkurve zu rechnen war. Aus der von den Parteien zitierten Untersuchung des Wirtschaftsinformationsdienstes Reuters lassen sich aber schon hierfür keine eindeutigen Indizien erkennen. Vielmehr war die Marktmeinung hierzu zwischen den befragten Banken gespalten (vgl. Anlage B 25). Dies zeigt zugleich, dass auch die Beklagte keine über bloße Prognosen hinausgehenden Kenntnisse zur künftigen Entwicklung des Spreads hatte. Gerade die weitere Zinsentwicklung, die ungeachtet der Finanz sowie der in deren Folge eingetretenen Wirtschaftskrise durch geringe Zinsen, aber einen inzwischen bei historischer Betrachtung weit überdurchschnittlichen Spread gekennzeichnet ist, zeigt, dass die Auffassung der Klägerin, die Entwicklung hätte sich anhand von Konjunkturdaten für die Beklagte verlässlich voraussagen lassen, nicht zutrifft.

c) Die Beratung der Beklagten war auch anlegergerecht. Sie entsprach dem Wissensstand des Geschäftsführers der Klägerin über Anlagegeschäfte der vorliegenden Art und dessen individueller Risikobereitschaft. Dies ergibt sich unmittelbar aus der Vielzahl der vorangegangenen, zwischen den Parteien geschlossenen Swap-Geschäfte, wie sie seitens der Beklagten anhand der vorgelegten Vertragsunterlagen nachgewiesen sind. Sowohl von der Art als auch von der Größenordnung her entsprach der streitgegenständliche Spread-Ladder-Swap, den die Parteien am 12. Juli 2005 vereinbart haben, den Geschäften, die die Parteien bereits seit geraumer Zeit - überwiegend mit Gewinnen für die Klägerin - geschlossen hatten. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere, dass dem Geschäftsführer C. aus den vorausgegangenen Geschäften auch die Gefahr erheblicher Verluste bekannt war. So hatte sich bei einem vorausgegangenen Swap-Vertrag für die Klägerin ein Verlust in Höhe von 108.000 € ergeben, der nur infolge der Verrechnung mit Gewinnen aus weiteren Verträgen zu keiner unmittelbaren Ausgleichspflicht führte. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass auch die vorausgegangenen Geschäfte keinen konkreten Bezug zur tatsächlichen Darlehensinanspruchnahme der Klägerin bzw. zu deren wirtschaftlicher Tätigkeit aufgewiesen hatten. So lagen den Devisen-Swap-Geschäften keine Zahlungsverpflichtungen in ausländischer Währung zugrunde. Vielmehr handelte es sich auch insoweit ausschließlich um Spekulationsgeschäfte der Klägerin mit dem Ziel, ohne Einsatz von Kapital Zinsgewinne zu erwirtschaften.

Aufgrund dieser tatsächlichen Umstände besteht für den Senat kein Zweifel, dass der für die Klägerin handelnde Geschäftsführer C. die für den vorliegenden Spread-Ladder-Swap maßgeblichen Bedingungen verstanden und eigenständig das mit Abschluss des Vertrages verbundene Risiko einzuschätzen in der Lage war. In gleicher Weise resultiert die mit der Realisierung der Verluste verbundene vorzeitige Auflösung der Verträge auf einer eigenständigen und selbst zu verantwortenden Bewertung der Risiken durch den Geschäftsführer C..

d) Die Beklagte war schließlich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verpflichtet, dieser gegenüber ihre Gewinnmarge offen zu legen. Die von der Klägerin für ihre gegenteilige Auffassung herangezogene Rechtsprechung zu "Kickback"Zahlungen ist weder unmittelbar anwendbar noch vergleichbar. Die "Kickback"Rechtsprechung (vgl. etwa BGHZ 170, 226 ff.) betrifft die Zahlung von Provisionen oder Rückvergütungen, die von Dritten oder an Dritte gezahlt werden und bei denen wegen dieser Drittbeteiligung die Vermutung gerechtfertigt sein kann, dass die Vermittlung eines Anlageproduktes nicht im Kundeninteresse, sondern im Interesse der Bank an der Erlangung solcher Zahlungen erfolgt. Bei einer solchen Konstellation besteht ein berechtigtes Interesse des Bankkunden daran, zu erfahren, wie hoch das Eigeninteresse der Bank ist, da er nur so einen möglichen Interessenkonflikt seines Beraters erkennen und in seine eigene Anlageentscheidung einbeziehen kann.

Mit dieser Interessensituation ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Bei einem Eigengeschäft wie dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag ist für den Kunden offensichtlich, dass die Bank am Abschluss der Verträge deshalb ein Interesse hat, weil sie am Abschluss und an der Durchführung des Vertrages wirtschaftlich profitiert. Hierüber zu informieren, bestand keine Notwendigkeit, über die Höhe des Interesses, also über die von der Klägerin bei Durchführung des Vertrages erzielte Marge aufgeklärt zu werden, bestand kein Anspruch des Klägers. Auch eine Bank ist - so wenig wie jeder andere Geschäftspartner bei Abschluss zweiseitiger Verträge - nicht verpflichtet, ihrem Vertragspartner die eigene Verdienstspanne zu offenbaren (vgl. ebenso etwa OLG Düsseldorf, WM 2009, 1410 f). Hieraus folgt zugleich, dass die Beklagte die Klägerin auch nicht über dem bei Abschluss des Vertrages bestehenden negativen Marktwert aufzuklären hatte. Dieser Marktwert ist nichts anderes als die stichtagsbezogene, sich täglich ändernde Bewertung der Gewinnmarge der Beklagten durch andere Marktteilnehmer. Die Annahme, dass der Marktwert eines Vertrages bei Abschluss für den Kunden negativ ist, liegt schon deshalb nahe, weil anderenfalls, ein jederzeitiges Recht des Kunden zur Kündigung des Vertrages vorausgesetzt, für diesen die Chance bestünde, den Kontrakt sogleich mit Gewinn zu veräußern. Im Übrigen spiegelt sich im Marktwert die Gewinnmarge der Bank wider. Ein echter Verlust ergibt sich aus einem negativen Marktwert für den Kunden allerdings nur, wenn er sich - wie hier die Klägerin - zur vorzeitigen Auflösung des Kontrakts entschließt, da dann - bei vereinfachter Betrachtung - dem Vertragspartner eine Art Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen ist. Deren konkrete Höhe beruht im vorliegenden Fall wesentlich darauf, dass sich der Geschäftführer der Klägerin zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt zur Auflösung des Vertrages entschieden hat. Angesichts des im weiteren Verlauf wieder deutlich gestiegenen Spreads zwischen kurz und langfristigen Zinsen, der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats bei ca. 185 Basispunkten (1,85 %) lag, wären bei einem Festhalten der Klägerin am Vertrag die tatsächlich realisierten Verluste nicht, jedenfalls nicht in der hier bezifferten Höhe eingetreten.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Revision zuzulassen ist (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind nicht gegeben.


Stichworte: Anlageberatung; Aufklärungspflicht; Gewinnmarge
Verfahrensgang: LG Lüneburg, 7 O 96/08 vom 29.01.2009

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