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Wirtschaftsrecht
04.05.2010
Wirtschaftsrecht
BGH: Zur Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses wegen fehlender Entsprechenserklärung

BGH , Beschluss  vom 07.12.2009 - Aktenzeichen II ZR 63/08 (Vorinstanz: LG München I vom 31.05.2007 - Aktenzeichen 5 HKO 22300/06; ) (Vorinstanz: OLG München vom 23.01.2008 - Aktenzeichen 7 U 3668/07; )
Amtliche Leitsätze: a) Die Zulassung der Revision kann auf einen aktienrechtlichen Beschlussanfechtungsgrund beschränkt werden. b) Der Versammlungsleiter darf - auch wenn die besonderen Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht vorliegen - über die Entlastung einzeln abstimmen lassen. c) Eine fehlende Entsprechenserklärung kann die Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses nicht rechtfertigen, wenn die betroffenen Organmitglieder vor der notwendigen Aktualisierung aus dem Amt geschieden sind. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 63/08 - OLG München LG München I Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 7. Dezember 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Strohn, Dr. Reichart, Dr. Drescher und Bender einstimmig beschlossen: Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.
  Amtliche Normenkette: ZPO § 543 Abs. 1 Nr. 1; AktG §§ 120 Abs. 1, 161, 246 Abs.;
Gründe 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor und sie hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552 a ZPO). RN 1
I.  
Die Revision ist schon unzulässig, soweit sie sich auf die unzureichende Beantwortung von Fragen stützt und daraus die Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse herleiten will. Dazu ist die Revision nicht zugelassen. RN 2
Das Berufungsgericht kann die Zulassung der Revision auf einen Be-schlussanfechtungsgrund beschränken. Eine Beschränkung auf einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffs, der Gegenstand eines Teil- oder Zwischenurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte, ist zulässig (BGH, Urt. v. 19. Februar 2009 - I ZR 195/06, GRUR 2009, 783 z.V.b. BGHZ 180, 77 Tz. 17 "UHU"). Die Anfechtungsgründe sind abtrennbare Teile des Streitstoffs. Der Streitgegenstand der aktienrechtlichen Anfechtungsklage wird durch die jeweils geltend gemachten Beschlussmängelgründe als Teil des zugrunde liegenden Lebenssachverhalts bestimmt (Sen.Urt. v. 14. März 2005 - II ZR 153/03, ZIP 2005, 706 in Klarstellung zu Senat BGHZ 152, 1; v. 6. April 2009 - II ZR 255/08, ZIP 2009, 1003, z.V.b. in BGHZ 180, 221 Tz. 32 "Schiedsfähigkeit II"). Schon die Klage kann auf einzelne Anfechtungsgründe mit der Folge begrenzt werden, dass nach Ablauf der Klagefrist nachgeschobene Gründe nicht mehr berücksichtigt werden (Sen.Urt. v. 14. März 2005, a.a.O.). Erst recht ist eine solche Beschränkung im Verlauf des Rechtsstreits möglich. RN 3
Das Berufungsgericht hat die Revision nur beschränkt zugelassen. Von einer Beschränkung der Zulassung in den Urteilsgründen ist auszugehen, wenn die Zulassung nur wegen bestimmter Rechtsfragen ausgesprochen wird, die lediglich für die Entscheidung über einen selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs erheblich sein können (BGH, Urt. v. 16. Januar 1996 - VI ZR 116/95, ZIP 1996, 370, insoweit nicht in BGHZ 131, 385). Wenn die Zulassung nur wegen Rechtsfragen ausgesprochen wird, die einzelne Anfechtungsgründe betreffen, ist die Zulassung regelmäßig als beschränkt anzusehen. RN 4
Das Berufungsgericht hat die Revision nur im Hinblick auf seine Entscheidung zu den Folgen der Nichtabgabe einer Entsprechenserklärung zugelassen, nicht aber im Hinblick auf die unzureichende oder falsche Beantwortung von Fragen des Klägers. Der Kläger hat drei Anfechtungsgründe geltend gemacht, nämlich neben der Verletzung des Informationsrechts das Fehlen einer Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG und die Einzelentlastung des Aufsichtsrats. Die unzureichende Information betrifft als Anfechtungsgrund einen anderen Lebenssachverhalt als das Fehlen der Entsprechenserklärung. RN 5
Die Revision ist allerdings auch zugelassen, soweit der Kläger als Anfechtungsgrund die Einzelentlastung der Aufsichtsräte geltend macht. Da der Kläger meint, die Einzelentlastung sei verboten, weil den Aufsichtsräten mit der fehlenden Entsprechenserklärung eine gemeinsam begangene Pflichtverletzung zur Last falle, erfasst die Zulassung im Hinblick auf die Folgen der Nichtabgabe einer Entsprechenserklärung auch diesen Anfechtungsgrund. RN 6
II.  
Zulassungsgründe bestehen nicht mehr. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts (BGH, Beschl. v. 20. Januar 2005 - I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650). Die Folgen einer nicht berichtigten oder - wie hier - fehlenden Entsprechenserklärung für die Entlastung der Organmitglieder, die das Berufungsgericht für grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet hat, sind zwischenzeitlich geklärt (Sen.Urt. v. 16. Februar 2009 - II ZR 185/07, ZIP 2009, 460, z.V.b. in BGHZ 180, 9 Tz. 19 "Kirch/Deutsche Bank", bestätigt durch Sen.Urt. v. 21. September 2009 - II ZR 174/08, ZIP 2009, 2051 z.V.b. in BGHZ Tz. 16 "Umschreibungsstopp"). Mit dem Senatsurteil vom 21. September 2009 ist auch entschieden, dass der Versammlungsleiter grundsätzlich statt der Gesamt- eine Einzelentlastung anordnen darf. Weitere Fragen grundsätzlicher Art stellen sich nicht. RN 7
III.  
Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. RN 8
1. RN 9
Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die fehlende Entsprechenserklärung die Anfechtung der Entlastung der bereits im Mai 2005 ausgeschiedenen Aufsichtsratsmitglieder nicht rechtfertigt. 
Die Nichtabgabe der nach § 161 AktG vorgeschriebenen Entsprechenserklä-rung ist ein Gesetzesverstoß, der die Entlastungsentscheidung für die Organmitglieder anfechtbar machen kann, die diesen Gesetzesverstoß begangen haben. Dazu zählen die bereits im Mai 2005 ausgeschiedenen Aufsichtsratmitglieder nicht. Da im April 2005 eine Entsprechenserklärung abgegeben wurde, war eine neue jährliche Entsprechenserklärung erst wieder im April 2006 abzugeben (vgl. Sen.Urt. v. 16. Februar 2009 - II ZR 185/07, ZIP 2009, 460, z.V.b. in BGHZ 180, 9 Tz. 19 "Kirch/Deutsche Bank"). 
2. RN 10
Der Versammlungsleiter durfte in Ausübung des ihm zustehenden Ermessens über die Entlastung jedes Aufsichtsratsmitglieds gesondert abstimmen lassen (Sen.Urt. v. 21. September 2009 - II ZR 174/08, ZIP 2009, 2051 z.V.b. in BGHZ Tz. 12 "Umschreibungsstopp"). 
3. RN 11
Schließlich ist der Entlastungsbeschluss auch nicht wegen einer Verletzung des Informationsrechts des Klägers zur Unternehmensführung anfechtbar. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger schon nicht vorgetragen hat, dass seine Fragen einen Bezug zur Tätigkeit der ausgeschiedenen Aufsichtsräte haben und für die Entscheidung über ihre Entlastung relevant sind. Da diese Organmitglieder bereits im Mai 2005 ausgeschieden sind, versteht es sich entgegen der Auffassung der Revision nicht von selbst, dass seine Fragen, soweit sie überhaupt das Geschäftsjahr 2005 anbelangten, auch den Zeitraum betrafen, für den die ausgeschiedenen Aufsichtsratsmitglieder entlastet werden sollten. 
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss erledigt worden. 
 

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