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Wirtschaftsrecht
11.11.2010
Wirtschaftsrecht
OLG Hamm: Zur Anfechtbarkeit von HV-Beschlüssen wegen unzulässiger Beschränkung in der Ladung

OLG Hamm, Beschluss vom 22.9.2010 - I-8 AktG 1/10

Sachverhalt

A. An der Antragstellerin ist die F, Istanbul, Türkei, als Hauptaktionärin mit über 95 % beteiligt. Die Antragsgegner sind Minderheitsaktionäre. Die Hauptaktionärin verfolgt das Ziel, die Aktien der übrigen Aktionäre auf sich zu übertragen. Sie hat einen Übertragungsbericht vom 30.03.2010 vorgelegt, wonach - unter Bezugnahme auf ein Bewertungsgutachten der T GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft - die angemessene Barabfindung auf 19,67 € je Stückaktie festgelegt wird. Die Hauptaktionärin hat ferner einen Bericht über die Angemessenheit der Barabfindung der gerichtlich bestellten Wirtschaftsprüferin/Steuerberaterin J vom selben Tage vorgelegt. Darin heißt es abschließend:

Wir erteilen die abschließende Erklärung gemäß §§ 327 c Abs. 2 Satz 4 AktG i.V.m. 293 e AktG wie folgt:

"Nach unseren Feststellungen ist aus den dargelegten Gründen die von der Hauptversammlung festgelegte Barabfindung für die Minderheitsaktionäre der C3, G3, in Höhe von EUR 19,67 je Stückaktie unter der Voraussetzung, dass zusätzlich eine Dividendenzahlung in Höhe von EUR 1,20 je Aktie und somit eine Gesamtzahlung von EUR 20,87 je Aktie erfolgt, angemessen."

In der Hauptversammlung der Antragstellerin am 11.05.2010 wurde zunächst unter Punkt 2 der Tagesordnung die Ausschüttung einer Dividende von 1,20 € je Stückaktie für das Geschäftsjahr 2009 beschlossen. Unter Punkt 7 der Tagesordnung wurde die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von 19,67 € je Stückaktie auf die Hauptaktionärin mit 99,43 % der abgegebenen Stimmen (95,5586 % des Grundkapitals) beschlossen. U.a. gegen diesen Beschluss haben die Antragsgegner vor dem Landgericht Dortmund (Az. 20 O 32/10) am 11.06.2010 eingehend Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, die ihr erst am 22.07.2010 zugestellte Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage der Antragsgegner sei offensichtlich unbegründet, zumal bereits die Klagefrist nicht eingehalten worden sei. Die Antragstellerin behauptet, sie sowie die Mehrheitsaktionärin erlitten wesentliche Nachteile, wenn der Übertragungsbeschluss nicht alsbald eingetragen werde. Dazu verweist sie u.a. auf Kosten einer weiteren Hauptversammlung zur nochmaligen Fassung eines Übertragungsbeschlusses in Höhe von ca. 154.000,--€, auf Mehrkosten für die Rechnungslegung als (weiterhin) börsennotierte Gesellschaft von rund 40.000,--€ jährlich, auf den Zinsaufwand im Rahmen der Vorhaltung der Bankgewährleistung in Höhe von jährlich 44.400,--€, auf mit der Börsennotierung einhergehende Kosten in Höhe von jährlich 195.000,--€ sowie auf "nicht direkt bezifferbare Nachteile" im Geschäftsverkehr, wie sie durch "Irritationen am Markt" und durch die "Verunsicherung bei Geschäftspartnern" aufträten. Sie meint, die Antragsgegner könnten ihrerseits keine besondere Schwere etwaiger Rechtsverstöße ins Feld führen. Ausreichend seien nach dem Willen des UMAG-Gesetzgebers nur noch Verletzungen elementarer Aktionärsrechte, die durch Schadensersatz nicht angemessen zu kompensieren wären, oder die Verletzung besonders grundlegender Strukturprinzipien des Aktienrechts.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass die Erhebung der beim Landgericht Dortmund ... rechtshängigen Klage der Antragsgegner gegen den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 7 der ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 11. Mai 2010 über die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre der Antragstellerin (Minderheitsaktionäre) auf die F, Istanbul, Türkei (Hauptaktionärin), der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister nicht entgegensteht.

Die Antragsgegner beantragen,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie rügen die Zuständigkeit des 8. Zivilsenats und vertreten die Auffassung, ihre Klage vor dem Landgericht Dortmund sei weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Die Ladung der Antragstellerin zur Hauptversammlung am 11.05.2010 habe eine unzulässige Einschränkung der Teilnahme-Bedingungen enthalten. Im Übrigen fehle es an einem wirksamen Barabfindungsangebot. Die Dividende sei, wie sich auch aus dem Gutachten des gerichtlich bestellten Prüfers ergebe, Teil der Abfindung. Indem der Mehrheitsaktionär den von ihm aufzubringenden Preis für die Übernahme der Aktien der Minderheitsaktionäre aus der an ihn fließenden Dividende zahle, komme ihm ein Sondervorteil zu, der das Barabfindungsangebot unwirksam werden lasse. Im Übrigen fehle es an einer Bankgarantie in Höhe des vollen Abfindungsbetrages (also einschließlich des im Wege der Dividende zu zahlenden Betrages). Die Antragsgegner bestreiten ferner die von der Antragstellerin behaupteten Kosten und halten sie bereits dem Grunde nach für nicht berücksichtigungsfähig. Die besondere Schwere des Rechtsverstoßes sei hier jedenfalls zu bejahen, da ein zutreffendes Barabfindungsangebot und die korrespondierende Bankgarantie erst die Verfassungsmäßigkeit des Eingriffs in die Rechtsposition der Minderheitsaktionäre rechtfertigten. Im Übrigen entstünden den Minderheitsaktionären durch die Besteuerung der Dividende finanzielle Nachteile, die nicht kompensierbar seien. Das Spruchverfahren sei schon angesichts des Vollstreckungs- und Insolvenzrisikos nicht als zumutbarer Weg zu einem angemessenen Ausgleich anzusehen.

Die Streithelferin behauptet, für die Aufrechterhaltung der Bankgarantie entstünden ihr jährlich Kosten in Höhe von ca. 57.500,--€.

Die Antragsgegner wenden u.a. ein, die Streithelferin sei mit der Hauptaktionärin nicht identisch, keine Aktionärin der Antragstellerin und habe kein Interesse an der Entscheidung des vorliegenden Verfahrens; überdies sei sie nicht ordnungsgemäß vertreten.

Aus den Gründen

B. Der Antrag der Antragstellerin hat Erfolg.

I. Der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm ist zur Entscheidung des vorliegenden Verfahrens berufen. Dieser Spruchkörper ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des Oberlandesgerichts für das Geschäftsjahr 2010 (dort Teil II A.) zuständig "unabhängig von der Rechtsgrundlage" für "Streitigkeiten über innere Rechtsverhältnisse einer Vereinigung (juristische Person des privaten ...Rechts)" u.a. "aus den Landgerichtsbezirken Arnsberg, Dortmund ...". Davon ist das vorliegende Freigabeverfahren zwischen der Gesellschaft und ihren Minderheitsgesellschaftern gem. §§ 327e, 319 AktG erfasst, auch wenn dieses Verfahren im Geschäftsverteilungsplan nicht ausdrücklich genannt ist. Die Formulierung "Streitigkeiten aus den Landgerichtsbezirken ..." ist schon nicht dahin zu verstehen, dass es stets einer Befassung der in diesen Bezirken ansässigen Landgerichte bedarf, um die Zuständigkeit des 8. Zivilsenats zu eröffnen. Den Anknüpfungspunkt an den Landgerichtsbezirk Arnsberg stellt hier der Sitz der Gesellschaft - T2 - dar. Selbst wenn auf denjenigen Landgerichtsbezirk abzustellen wäre, in dem die Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklagen gem. der KonzentrationsVO UMAG-NRW vom 19. August 2008 in der Hauptsache zu verhandeln sind - hier Dortmund -, wäre auch insoweit der 8. Zivilsenat zuständig. Darüber hinaus kommt nach der sachlichen Befassung des Senats mit dem Antrag eine gerichtsinterne Abgabe nicht mehr in Betracht (s. Geschäftsverteilungsplan Teil I A. Ziff. 3.1.2 und 3.1.3).

2. Soweit die Antragsgegner die Wirksamkeit des Beitritts der Streithelferin im Verhandlungstermin vor dem Senat bestritten haben, indem sie ihre Identität mit der Hauptaktionärin in Abrede gestellt haben, weil die Bezeichnung der Streithelferin ("F") Abkürzungen aufweist, teilt der Senat diese Bedenken an der Zulässigkeit der Streithilfe nicht. Die Bezeichnung der Streithelferin stimmt mit derjenigen der Mehrheitsaktionärin genau überein; die jeweils verwandten Abkürzungen sind offensichtlich Bestandteil der Firma. Da keine Abweichungen vorliegen, können sie auch keine Zweifel an der Identität zwischen Hauptaktionärin und Streithelferin begründen.

Soweit die Antragsgegner darüber hinaus den gegenwärtigen Status der Streithelferin als Aktionärin der Antragstellerin und ihr Interesse am Ausgang des Verfahrens in Abrede gestellt haben, geht es dabei um die sog. besonderen Voraussetzungen für die Nebenintervention, die nur auf Antrag einer Hauptpartei im Verfahren nach § 71 ZPO geprüft werden (BGH, Beschl. vom 10.1.2006 - Az. VIII ZB 82/05 - NJW 2006, S. 773). Ein solcher Antrag ist nicht gestellt worden; er wäre auch nicht mehr zulässig, nachdem die Parteien des Hauptverfahrens bereits streitig verhandelt hatten, bevor die genannten Rügen erhoben wurden (Musielak/Weth, ZPO, 6. Aufl., § 71 Rn. 2; Stein/Jonas/Bork ZPO, 22. Aufl., § 71 Rn. 3). Im Übrigen liegt das rechtliche Interesse der Streithelferin an der Eintragung des Übertragungsbeschlusses schon aufgrund der rechtlichen Konsequenzen (§ 327 e Abs. 3 AktG) vor, und zwar unabhängig von der Frage, ob und inwieweit die Streithelferin auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch Mehrheitsaktionärin ist. Ferner ist die Regelung in § 246 Abs. 4 S. 2 AktG, der die Zulässigkeit der Nebenintervention durch (andere) Aktionäre im Anfechtungsrechtsstreit an die Einhaltung einer bestimmten Frist knüpft, schon mangels einer vergleichbaren Interessenlage auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar.

Dagegen sind die Antragsgegner mit ihrer im Termin erhobenen weiteren Rüge, die Streithelferin sei nicht wirksam vertreten, weil keine Prozessvollmacht für die Rechtsanwälte T erteilt worden sei, nicht präkludiert, weil es sich dabei um eine "persönliche Beitrittsvoraussetzung" handelt . Doch bestehen keine Zweifel an einer wirksamen Bevollmächtigung dieser Anwälte, auch wenn die Namen der insoweit für die F handelnden Personen nicht aus der in der Sitzung überreichten schriftlichen Vollmachtsurkunde hervorgehen. Denn es liegt eine weitere Originalurkunde ("Eidesstattliche Versicherung") vom 21.09.2010 vor, die von P unterzeichnet ist, der sich als Vorstandsmitglied der vorgenannten Gesellschaft bezeichnet. Das entspricht den Ausführungen im Bericht der Hauptaktionärin gem. § 327 c Abs. 2 AktG (Anl. Ast. 9; dort unter Ziff. III. 3.). Danach handelt es sich bei P um ein Mitglied des insgesamt siebenköpfigen "Board of Directors", das zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist. Der Unterschriftszug des P ist offensichtlich mit der rechten Unterschrift auf der Vollmachtsurkunde identisch.

II. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Freigabebeschlusses richten sich nach §§ 327 e Abs. 2, 319 Abs. 6 S. 3 AktG und sind erfüllt.

1. Die Klage der Antragsgegner, die binnen Wochenfrist nach Zustellung des Antrags nachgewiesen haben, seit Bekanntmachung der Einberufung einen "anteiligen Betrag von mindestens 1.000,--€" zu halten (§ 319 Abs. 6 S. 3 Nr. 2 AktG), erweist sich, soweit sie sich gegen den Übertragungsbeschluss richtet, als offensichtlich unbegründet (§ 319 Abs. 6 S. 3 Nr. 1 AktG).

Die offensichtliche Unbegründetheit ist anzunehmen, wenn sich ohne weitere Aufklärung in der Sache die Überzeugung gewinnen lässt, dass die Klage voraussichtlich abzuweisen ist und auch in der Berufungs- bzw. Revisionsinstanz keine Erfolgsaussichten bietet; die Unbegründetheit muss hingegen nicht gleichsam ins Auge springen (OLG Hamm, Beschl. vom 28.2.2005 - Az. 8 W 6/05). Nach diesem Maßstab ist von offensichtlicher Unbegründetheit auszugehen.

a) Allerdings ergibt sich diese Unbegründetheit nicht bereits daraus, dass die Antragsgegner mit ihrer Anfechtungsklage die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG nicht eingehalten hätten.

Die Antragsgegner haben ihre Klage innerhalb der Monatsfrist eingereicht und die Voraussetzungen des § 14 Nr. 3 b) GKG für eine Zustellung ohne Kostenvorschuss vorgetragen. Nachdem das Landgericht unter dem 17.06.2010 (Donnerstag) doch einen Vorschuss angefordert hat, hat der Antragsgegner zu 1) die Hälfte des Vorschusses bereits am Montag, dem 05.07.2010, bei Gericht eingehend bezahlt. Es ist ferner davon auszugehen, dass der Antragsgegner zu 2), dessen Zahlung in Höhe der 2. Hälfte des angeforderten Vorschusses am 06.07.2010 bei Gericht eingegangen ist, entsprechend seiner Darstellung überhaupt keine Zahlungsaufforderung erhalten hat. Bei dieser Sachlage lässt sich nicht feststellen, dass den Antragsgegnern eine Verzögerung von über 14 Tagen zuzurechnen ist, wie sie zur Versagung der Rückwirkung gem. § 167 ZPO erforderlich ist (Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 167 Rn. 11 unter Hinweis auf BGH NJW 2004, S. 3775).

b) Die Ladung zur Hauptversammlung der Antragstellerin am 11. Mai 2010 enthielt keine unzulässige Beschränkung. In dieser Ladung hieß es u.a. wie folgt:

"Die Gesellschaft ist berechtigt, bei Zweifeln an der Richtigkeit oder Echtheit des Nachweises einen geeigneten weiteren Nachweis zu verlangen. Bestehen auch an diesem Zweifel, kann die Gesellschaft die Berechtigung des Aktionärs zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts zurückweisen."

Diese Formulierung entsprach der Satzungsregelung in § 15 Abs. 2, die in der Hauptversammlung vom 11.05.2010 abgeändert (insoweit gestrichen) worden ist.

Der Vorbehalt der Zurückweisungsmöglichkeit bei fortbestehenden Zweifeln der Gesellschaft verstößt nicht gegen § 123 Abs. 3 S. 2 AktG, wonach bei börsennotierten Gesellschaften ein in Textform erstellter besonderer Nachweis des Anteilsbesitzes durch das depotführende Institut ausreicht. Dass dessen Falschausstellung oder Verfälschung in § 402 AktG mit Strafe bedroht ist, kann nicht zu der Annahme führen, die Gesellschaft habe keinerlei eigene Prüfungs- und Zurückweisungsmöglichkeit. Ferner wird der Gesellschaft mit der genannten Formulierung nicht ein zu weitgehender "Ermessensspielraum" eröffnet. Denn es steht keinesfalls in ihrem Belieben, Aktionäre zurückzuweisen. Überdies hat sie ein erhebliches eigenes Interesse daran, kostenträchtige Rechtsstreitigkeiten mit zu Unrecht zurückgewiesenen Aktionären nach Möglichkeit zu vermeiden. Die Auffassung der Antragsgegner, die genannte Formulierung ("berechtigt") führe dazu, dass der Gesellschaft auch im Fall einer "unrechtmäßigen Ermessensausübung" keine rechtlichen Konsequenzen drohten, ist schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil sich die reklamierte Berechtigung nur auf das Nachweisverlangen selbst, nicht hingegen auf die Zurückweisung des Aktionärs bezieht.

c) Auch die Auffassung der Antragsgegner, das "Barabfindungsangebot" sei angesichts der Abhängigkeit vom Gewinnverwendungsbeschluss bzw. unzulässiger Aufteilung der Barabfindung unwirksam und der Übertragungsbeschluss deshalb anfechtbar, ist offensichtlich unbegründet.

aa) Soweit der Vortrag der Antragsgegner dahin zu verstehen ist, der Hauptaktionär habe (auch) mit dem Übertragungsbeschluss einen Sondervorteil verfolgt oder eingestrichen, wird sich damit nicht der Erfolg der Anfechtungsklage begründen lassen. Denn die Anfechtung des Übertragungsbeschlusses im Verfahren vor dem Landgericht Dortmund unterliegt gem. § 327 f AktG bestimmten Einschränkungen. Nach § 327 f S. 1 AktG kann die Anfechtung nicht auf § 243 Abs. 2 AktG (Erstreben eines Sondervorteils) oder darauf gestützt werden, dass die durch den Hauptaktionär festgelegte Barabfindung nicht angemessen sei.

bb) Die Antragsgegner können in ihrem Klageverfahren auch nicht mit der Auffassung gehört werden, es liege kein wirksames Barabfindungsgebot vor, weil dieses weder vom Bewertungsgutachten noch vom Gutachten der gerichtlich bestellten Prüferin gedeckt sei.

Wenngleich auch unter der Geltung des § 327 f S. 1, 3 AktG die Anfechtung des Übertragungsbeschlusses wegen Verfahrens- und Inhaltsmängeln statthaft bleibt, führt der Umstand, dass der "Vertragsprüfer" die Angemessenheit nicht oder nur eingeschränkt testiert, noch nicht zu einem nichtigkeitsbegründenden Mangel, denn der entscheidende Aspekt liegt in diesen Fällen darin, ob eine der Sache nach unangemessene Barabfindung vorliegt; diese Frage gehört aber ins Spruchverfahren (Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 327 f Rn. 3). Das soll auch dann gelten, wenn der Prüfer die Abfindung für zu gering hält (Münchener Kommentar/Grunewald zum AktG, 3. Aufl., § 327 c Rn. 15). Im Anfechtungsverfahren kann aber geltend gemacht werden, dass eine "Barabfindung nicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten" worden sei (§ 327 f S. 3 AktG). Die Einwendungen der Antragsgegner werden auch nach diesen Maßstäben nicht zum Erfolg ihrer Klage führen:

 (1) Soweit die Antragsgegner angebliche Diskrepanzen zwischen dem Abfindungsangebot - gemeint ist das Abfindungsverlangen, denn im Rahmen der §§ 327 a und 327 b AktG geht es nicht um ein an die Minderheitsaktionäre gerichtetes Angebot - und dem Übertragungsbericht gem. § 327 c Abs. 2 S. 1 AktG aufzeigen, liegt kein formeller Fehler vor, der zur Anfechtbarkeit oder gar Nichtigkeit des Übertragungsbeschlusses führen kann.

Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Übertragungsbeschluss an einem formellen Fehler leidet, wenn ihm ein Übertragungsbericht gem. § 327 c Abs. 2 S. 1 AktG vorausgeht, aus dem sich die Angemessenheit der im Übertragungsbeschluss festgelegten Abfindung nicht ergibt. Denn im vorliegenden Fall entspricht das Ergebnis des Übertragungsberichts der Höhe der beschlossenen Abfindung von 19,67 € je Stückaktie. Der Übertragungsbericht (Anl. Ast 9 S. 33) gelangt insoweit zu einem eindeutigen Ergebnis. Auch die Bezugnahme auf das Bewertungsgutachten der T GmbH (Anl. Ast 10) nimmt dem Übertragungsbericht nicht seine Eindeutigkeit, zumal sich auch dort im Abschnitt G ("Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlussbemerkung") der abschließende Satz findet: "Für die Bemessung der Barabfindung der Minderheitsaktionäre ist daher der Börsenkurs von Euro 19,67 je Aktie heranzuziehen." (Rn. 315).

 (2) Soweit die Antragsgegner geltend machen, das Prüfgutachten belege tatsächlich, dass die angemessene Abfindung höher hätte ausfallen müssen, als im Übertragungsbeschluss festgelegt, verhilft auch dies ihrer Klage nicht zum Erfolg. Es kann dahinstehen, ob es Gegenstand des Anfechtungsverfahrens sein kann, wenn die im Übertragungsbeschluss festgesetzte Höhe hinter dem Ergebnis des Prüfgutachtens gem. § 327 c Abs. 2 S. 2 AktG zurückbleibt (für eine Vorrangigkeit des Spruchverfahrens auch in diesem Fall Münchener Kommentar/Grunewald zum AktG, a.a.O.; a.A. möglicherweise BGH, Hinweisbeschluss vom 25.7.2005 - NZG 2006, S. 117; BVerfG, Beschl. vom 30.5.2007 - 1 BvR 390/04 - NJW 2007, S. 3268). Denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Das Prüfgutachten gelangt zur Angemessenheit der Barabfindung von 19,67 € pro Stückaktie. Zwar steht dieses Ergebnis nach der Formulierung der Prüferin unter der "Voraussetzung, dass zusätzlich eine Dividendenzahlung von 1,20 € je Aktie und somit eine Gesamtzahlung von 20,87 € je Aktie erfolgt". Diese Voraussetzung stellt aber keine unzulässige Bedingung dar, wie sie bei rechtsgeschäftlichen Erklärungen vorkommt. Es handelt sich vielmehr um eine Annahme im Sinne einer Grundlage für die Berechnungen und Ermittlungen der Abfindungshöhe. Dass es dem Prüfer verwehrt ist, einen noch vor Fassung des Übertragungsbeschlusses erwarteten Dividendenbeschluss zu berücksichtigen, ergibt sich indes weder aus dem Gesetz noch aus der Sache selbst. Der Gutachter wird seinem Auftrag vielmehr erst dann gerecht, wenn er den Dividendenbeschluss als im Zeitpunkt des Übertragungsbeschlusses gegebenen Umstand mit in seine Erwägungen einbezieht. Denn die Verwendung des Gewinns in Form der Dividendenzahlung bzw. die Belastung mit einer entsprechenden Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber den Aktionären stellt einen wertbeeinflussenden Umstand dar, der nicht unberücksichtigt bleiben kann (z.B. Prüfgutachten S. 55).

d) Auch die Rügen der Antragsgegner betreffend die unzulängliche bzw. unwirksame Bankgarantie gehen fehl.

Die Antragsgegner beschränken sich im vorliegenden Verfahren auf den Vortrag, die vorgelegte Bankgarantie sei inhaltlich unzureichend, weil sie den im Wege der Dividende zu zahlenden Abfindungsbetrag nicht umfasse. Unter Berücksichtigung der Regelung in § 327 f AktG können die Antragsgegner in ihrem Anfechtungsverfahren betreffend den Übertragungsbeschluss geltend machen, die Bankgewährleistung fehle ganz oder bleibe inhaltlich hinter den Erfordernissen des § 327 b Abs. 3 AktG zurück (Münchener Kommentar/Grunewald a.a.O., § 327 b Rn. 22). Auch dies ist hier nicht der Fall: Die Gewährleistung muss sich auf die "festgelegte Barabfindung" beziehen. Dem wird die Gewährleistungserklärung der C vom 30.03.2010 gerecht. Dass dort zugleich die Höhe der festgelegten Abfindung genannt ist (19,67 € je Stückaktie), ist unvermeidlich und im Übrigen auch unerheblich. Darüber hinaus bestehen keine Bedenken an der Wirksamkeit der von der C AG übernommenen Garantie. Die Erklärung weist zwei Unterschriften auf, die von Prokuristen des Kreditinstituts stammen, wie der jeweilige Zusatz "ppa" belegt. Einer vollständigen Namensangabe oder einer näheren Bezeichnung der Funktion dieser Mitarbeiter bedarf es nicht.

Die Anfechtungsklage kann auch nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, dass die Gewährleistung unzureichend sei, weil tatsächlich eine höhere Abfindung geschuldet werde. Denn die Frage der Höhe der Abfindung ist ausschließlich dem Spruchverfahren zugewiesen. Aus der Gesetzessystematik ergibt sich, dass deshalb die Frage, ob die beigebrachte Bankgewährleistung die Höhe der letztlich allein im Spruchverfahren zu klärenden angemessenen Abfindung deckt, nicht im Rahmen der Anfechtungsklage zu entscheiden ist.

e) Soweit die Antragsgegner den Übertragungsbeschluss unter Hinweis auf eine Entscheidung des Landgerichts Frankfurt (Urt. vom 12.10.2004 - Az. 3-5 O 71/04 - AG 2005, S. 545) im Hinblick darauf angreifen, dass er von der Wirksamkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses abhänge, wird auch dies nicht zum Erfolg der Klage führen.

aa) Der Beschlussvorschlag des Mehrheitsaktionärs betreffend die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre ist unbedingt formuliert. Die darin angebotene Barabfindung von 19,67 € je Stückaktie steht in dieser Höhe nicht unter der Bedingung der Annahme des Gewinnverwendungsbeschlusses. Dies gilt um so mehr, als Schuldner der Abfindung der Mehrheitsaktionär, Schuldner der Dividende hingegen die Gesellschaft ist.

bb) Der Umstand, dass die im Beschlussvorschlag gem. § 327 a AktG genannte Abfindungshöhe auf der Zahlung einer Dividende von 1,20 € pro Stückaktie für das Geschäftsjahr 2009 basierte, über die gleichfalls noch ein Hauptversammlungsbeschluss herbeizuführen war, führt ebenfalls nicht zur Anfechtbarkeit des Übertragungsbeschlusses. Der Beschluss über die Gewinnverwendung betrifft nicht die Wirksamkeit des Übertragungsbeschlusses, sondern lediglich die Grundlagen der Bemessung der Abfindung. Unerheblich ist deshalb auch der weitere Einwand der Antragsgegner, der Übertragungsbeschluss sei deshalb anfechtbar, weil den (Minderheits-)Aktionären im Zeitpunkt der Abstimmung über den Antrag gem. § 327 a AktG "in keiner Weise bekannt" gewesen sei, ob die Hauptversammlung dem Vorschlag über die Verwendung des Bilanzgewinns, also über die Ausschüttung einer Dividende von 1,20 € je Aktie, zugestimmt habe oder nicht. Auch wenn die Aktionäre am 11.05.2010 im Wege einer "Sammelabstimmung" nach Erörterung der Tagesordnungspunkte nacheinander über sämtliche Beschlussvorschläge abgestimmt haben und folglich über das Abstimmungsergebnis betreffend die Gewinnverwendung im Zeitpunkt der Abstimmung über das Übertragungsverlangen des Mehrheitsaktionärs noch nicht informiert waren, berührt dies nicht die rechtliche Selbstständigkeit des Übertragungsbeschlusses. Soweit sich die Antragsgegner für ihre gegenteilige Auffassung auf Geibel/Süßmann/Grzimek, WpÜG, § 327 f AktG Rn. 7 berufen, lässt sich dies der genannten Kommentierung jedenfalls in der aktuellen Fassung (2. Aufl., 2008) nicht entnehmen.

Für den Fall, dass die Hauptversammlung keine Dividende in Höhe von 1,20 € je Stückaktie oder nur eine geringere Ausschüttung beschlossen hätte, wäre demnach lediglich die Angemessenheit der Abfindung betroffen. Gem. § 327 f S. 2 AktG stünde den Minderheitsaktionären insoweit ausschließlich das Spruchverfahren zur Verfügung. Anders wäre nur dann zu entscheiden, wenn sich in der konkreten Beschlussantragstellung Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Mehrheitsaktionärs oder der von ihm beherrschten Gesellschaft ergäben. Solche Anhaltspunkte sind hier nicht ersichtlich; insbesondere ist die Ausschüttung einer Dividende von 1,20 € brutto je Stückaktie mit den Stimmen des Mehrheitsaktionärs tatsächlich beschlossen worden.

cc) Überdies ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Gewinnverwendungsbeschluss, gegen den sich die Anfechtungsklage der Antragsgegner allerdings auch richtet, anfechtbar sein soll. Die Antragsgegner stützen sich insoweit auf das Argument, der Mehrheitsgesellschafter verschaffe sich mit der Dividende einen unzulässigen Sondervorteil (§ 243 Abs. 2 AktG). Ein solcher Sondervorteil ist hier jedoch nicht ersichtlich. Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt (a.a.O., Ziff. III. 1.) beansprucht noch nicht einmal Geltung für den Fall, dass sich die Dividende auf einen außerordentlichen Ertrag in dem betreffenden Geschäftsjahr bezieht, vielmehr nur die Konstellation, in der es infolge der Auflösung erheblicher Rücklagen zur Ausschüttung einer gleichsam außerordentlichen Dividende kam. Dass sich die Streithelferin hier mit dem Beschluss über die Verwendung eines lediglich "normalen" Jahresgewinns einen Sondervorteil gegenüber den übrigen Aktionären verschafft hätte, ergibt sich deshalb nicht aus der Begründung des Landgerichts Frankfurt und ist auch sonst nicht nachvollziehbar. Die Möglichkeit des Mehrheitsaktionärs, die auf ihn entfallende Dividendenzahlung dazu zu nutzen, die aufgrund eines nachfolgenden Übertragungsbeschlusses fällige Abfindung an die Minderheitsaktionäre zu zahlen, wird aufgrund einer eigenständigen wirtschaftlichen Entscheidung realisiert; sie haftet dem Gewinnverwendungsbeschluss aber nicht an und kann deshalb auch keinen Sondervorteil auf Seiten des Mehrheitsgesellschafters begründen. Desgleichen wird die Ausschüttung einer Dividende nicht dadurch zum Sondervorteil, dass der Mehrheitsaktionär als im Ausland ansässiges Unternehmen möglicherweise einer günstigeren Besteuerung unterliegt als ein in Deutschland einkommensteuerpflichtiger Minderheitsaktionär.

2. Überdies führt die Interessenabwägung gem. § 319 Abs. 6 S. 3 Nr. 3 AktG zu einem Überwiegen der wesentlichen Nachteile für die Antragstellerin und ihre Aktionäre.

a) Selbst wenn - wofür nach den Erwägungen unter Ziff. 1. nichts ersichtlich ist - die Klage der Antragsgegner vor dem Landgericht Dortmund nach derzeitiger Einschätzung Erfolg haben sollte, ist nach der Neufassung des Gesetzes für den Erfolg des Freigabeverfahrens die Interessenabwägung entscheidend, wenn nicht im Einzelfall die Schwere des Rechtsverstoßes entgegensteht. Denn im Rahmen der Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten der Klage auszublenden (Hüffer, a.a.O., § 246 a Rn. 22; Verse, NZG 2009, S. 1127, 1130; Rubel, DB 2009, S. 2027ff.; Bosse NZG 2009, S. 807, 811). Die gesetzliche Regelung des Freigabeverfahrens stellt damit der Sache nach eine Befreiung der "Squeeze-Out-Beschlüsse" von der umfassenden Kontrolle im Rahmen der Nichtigkeits- bzw. Anfechtungsklagen dar, da die Freigabe zu einer auch im Hauptsacheverfahren nicht mehr revidierbaren Übertragung der Anteile auf den Hauptaktionär führt (Verse, NZG 2009, S. 1127, 1130).

b) Im Rahmen der Interessenabwägung sind alle nicht vernachlässigbaren wirtschaftlichen Nachteile einzubeziehen, auch z.B. die Kosten der Wiederholung der Hauptversammlung (Rechtsausschuss BTDr 16/13098. S. 41f.; Rubel, a.a.O.,). Daraus ergibt sich hier, dass die Nichteintragung des Übertragungsbeschlusses die Antragstellerin zumindest mit Kosten im Umfang von rund 200.000,--€ belastet.

aa) Zu Recht macht die Antragstellerin die Kosten einer neuen Hauptversammlung geltend. Erfolgt die Eintragung des Übertragungsbeschlusses, hätte die Gesellschaft nur noch einen Aktionär, so dass die Hauptversammlung "intern" abgehalten werden kann und allenfalls noch geringe Kosten verursacht. Unterbleibt die Eintragung, ist zumindest noch eine weitere ordentliche Hauptversammlung gem. § 20 der Satzung abzuhalten, bevor eine rechtskräftige Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorliegt, aufgrund derer die Eintragung des Übertragungsbeschlusses erfolgen kann. Die Abhaltung der Hauptversammlung erfordert, wie allgemein bekannt ist, eine kostenintensive Vorbereitung. Die Durchführung verlangt die Bereitstellung von Räumlichkeiten und Verpflegung; sie ist mit erheblichem Arbeitsausfall mehrerer Mitarbeiter der Gesellschaft verbunden.

Die Antragsgegner bestreiten zwar die Höhe der von der Antragstellerin mit rund 154.000,--€ bezifferten Kosten. Der Senat geht jedoch davon aus, dass die durch zwei Vorstandsmitglieder eidesstattlich versicherten Kosten in Höhe von 154.000,--€ für die (letzte) Hauptversammlung vom 11.05.2010 durchaus eine hinlängliche Schätzungsgrundlage für den Betrag darstellen, den die Gesellschaft für eine weitere Hauptversammlung aufwenden müsste, ohne dass es insoweit einer näheren Aufschlüsselung in Einzelpositionen bedarf. Denn es ist offenkundig, dass die Höhe der zu erwartenden Kosten nicht maßgeblich durch die Anzahl der Tagesordnungspunkte, sondern größtenteils durch Aufwendungen bestimmt wird, die vom Inhalt der Tagesordnung unabhängig sind. Die Angriffe der Antragsgegner gegen die Aussagekraft der eidesstattlichen Versicherungen gehen fehl. Auch die zivilprozessuale Glaubhaftmachung ist nicht auf "originäre" Beweismittel beschränkt. Ein Vorstandsmitglied ist nach der Lebenserfahrung verlässlich in der Lage, über die Belastung der von ihm geführten Gesellschaft mit Kosten und Verbindlichkeiten, die sich aus einem bestimmten Sachverhalt ergeben, Zeugnis zu geben. Solange keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich sind, dass die benannten Mitarbeiter nicht willens oder in der Lage sind, die betreffenden Vorgänge zutreffend wiederzugeben, bedarf es der Vorlage von Rechnungen oder Kontoauszügen nicht. So liegt der Fall hier. Eine ergänzende Glaubhaftmachung der konkret zu erwartenden Kosten einer neuen Hauptversammlung ist bei dieser Sachlage nicht erforderlich.

Daneben kann sich die Antragstellerin auch auf die infolge der Fortdauer der Börsennotierung entstehenden Kosten berufen, die sie für das Jahr 2009 auf 195.000,--€ beziffert und insofern wiederum eidesstattlich versichert hat.

Infolge der Eintragung des Übertragungsbeschlusses ist ein Widerruf der Börsenzulassung zu erwarten (§ 39 BörsG), weil in diesem Fall keine Aktien der Antragstellerin mehr auf dem Markt befindlich sind. Die Antragsgegner können sich nicht darauf berufen, die Antragstellerin könne die Beendigung ihrer Börsenzulassung auch ohne Übertragungsbeschluss betreiben. Ein solches sog. Delisting setzt eine Hauptversammlung und ein neuerliches Abfindungsangebot an die Minderheitsaktionäre voraus (BGH, II ZR 133/01, BKR 2003, S. 253), die beide mit weiteren erheblichen Kosten verbunden sind.

Der Senat schätzt die der Antragstellerin infolge des Fortbestands der Börsennotierung jährlich entstehenden Kosten auf zumindest weitere 50.000,--€, wobei er berücksichtigt, dass in dem glaubhaft gemachten Betrag von 195.000,--€ auch die Kosten für die in 2009 abgehaltene Hauptversammlung enthalten waren, die in diesem Rahmen nicht ein zweites Mal in Ansatz gebracht werden dürfen.

bb) Auf die Frage, ob der Antragstellerin oder der Mehrheitsaktionärin weitere Nachteile entstehen, namentlich durch Folgekosten der Aufrechterhaltung der Börsennotierung sowie durch die Bankgewährleistung, kommt es nicht mehr an. Desgleichen bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die Interessen der übrigen Minderheitsaktionäre an der Verzinsung gem. § 327 b Abs. 2 AktG zu berücksichtigen sind.

Denn auf Seiten der Antragsgegner sind - unter Berücksichtigung des Erhalts der Abfindung - keine erheblichen Interessen an der Aufrechterhaltung des Status quo als Minderheitsgesellschafter erkennbar. Mit dem Erhalt der bankgarantierten Abfindung, die im Fall der Freigabeentscheidung zu erwarten ist, ist der Entzug der Teilhaberechte an der Antragstellerin wertmäßig abgegolten. Selbst wenn der Auffassung der Antragsgegner zu folgen wäre, wonach ihnen eine um 1,20 €/Stückaktie höhere Abfindung zusteht, wäre darauf zumindest die erhaltene Dividende von 1,20 €/Stückaktie mit dem Netto-Betrag anzurechnen, so dass auch bei dieser Betrachtung der Wertausgleich ganz überwiegend erfolgt ist. Dass die Antragsgegner durch den Verlust ihrer Aktionärsstellung weitere Nachteile erleiden, haben sie indes nicht dargelegt.

Bei dieser Sachlage überwiegen eindeutig die Nachteile für die Antragstellerin.

c) Die besondere Schwere eines etwaigen mit dem Übertragungsbeschluss eingetretenen Rechtsverstoßes ist nicht ersichtlich.

aa) Nach dem Willen des Gesetzgebers liegt eine besondere Schwere des Rechtsverstoßes nur in solchen Fällen vor, in denen es für die Rechtsordnung unerträglich wäre, den Beschluss ohne vertiefte Prüfung im Hauptsacheverfahren eintragen und umsetzen zu lassen. Gemeint sind "massive Verletzungen elementarer Aktionärsrechte, die durch Schadensersatz nicht angemessen korrigiert werden können" (Beispiel: "Geheimversammlung" unter bewusstem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot, völliges Fehlen notarieller Beurkundung). Dazu genügt ein Umstand, der einen Nichtigkeitsgrund ausfüllt, für sich betrachtet nicht. Ferner sind nicht nur die abstrakte Bedeutung der verletzten Norm, sondern auch Art und Umfang des Verstoßes im konkreten Fall zu berücksichtigen (Verse, a.a.O.).

bb) Rechtsverstöße von solcher Schwere zum Nachteil der Antragsgegner sind nicht festzustellen:

(1) Die Antragsgegner argumentieren zum einen damit, es widerspreche dem "Grundgedanken des Squeeze-Out", wenn sich der Mehrheitsaktionär die Abfindung durch eine Dividendenausschüttung bezahlen lasse, denn auf diese Art und Weise werde die Übertragung durch die Gesellschaft und damit anteilig auch durch die Minderheitsaktionäre selbst bezahlt, die darüber hinaus noch über die steuerliche Belastung der Dividende schlechter gestellt seien.

Dieser Argumentation ist nicht zu folgen. Für den Minderheitsgesellschafter ist es grundsätzlich gleichgültig, ob er zunächst eine Dividende und dann eine - um diese Dividende geringere - Abfindung erhält. Auch wenn sich der Mehrheitsaktionär mit der Ausschüttung die Mittel beschafft, mit denen er die Abfindung bezahlt, ist darin kein Umstand zu erkennen, der den Minderheitsaktionär substantiell schlechter stellt. Dass "die Gesellschaft" die Abfindung "bezahlt", wäre im Übrigen auch dann nicht anders, wenn die Reihenfolge Übertragungsbeschluss - Dividendenbeschluss umgekehrt wäre: Auch dann hätte sich der Mehrheitsaktionär die Mittel aus der Substanz der Gesellschaft beschafft. Allerdings trifft der Hinweis der Antragsgegner zu, dass die Dividende nicht über die Bankgewährleistung abzusichern ist. Dieser für sich betrachtet geringfügige Nachteil kann jedoch keinen schwerwiegenden Rechtsverstoß zum Nachteil des Minderheitsaktionärs begründen. Das folgt schon daraus, dass die angemessene Abfindung in der Regel - und so auch im vorliegenden Fall - um ein Vielfaches höher liegt als der Dividendenbetrag. Eine Konstellation, in der ein Mehrheitsaktionär zur Umgehung der Verpflichtung zur Gestellung der Bankgewährleistung eine "Vorab-Dividende" durchsetzt, ist kaum denkbar, hier jedenfalls auszuschließen. Genau so wenig stellt der Umstand, dass die Dividendenzahlung in vielen Fällen zu einer steuerlichen Belastung führt, während der "Abfindungsgewinn" u.U. keiner Steuerpflicht unterliegt, keinen Umstand dar, der einen Verstoß gegen "Grundgedanken der gesetzlichen Regelung" oder einen schlicht unerträglichen Verstoß gegen die Rechtsordnung zu begründen vermag. Es handelt sich hierbei um individuelle Auswirkungen des Steuerrechts, die keinen Bezug zu den Grundgedanken der aktienrechtlichen Regelung haben und deshalb auch keinen diesbezüglichen Verstoß begründen können.

 (2) Die Antragsgegner führen zum anderen eine Gefährdung ihres Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG an. Sie meinen, die Regelung der §§ 327a - f AktG habe nur Bestand, wenn die Höhe der Abfindung nicht hinter dem Ergebnis der gerichtlich bestellten Prüfer zurückbleibe und über den solchermaßen zu bemessenden Abfindungsbetrag auch eine Bankgewährleistung beigebracht worden sei. Da es hier an beidem fehle, sei gleichsam von einem enteignenden Eingriff auszugehen. Auch dem folgt der Senat nicht.

Der Gesetzgeber hat die Prüfung der Höhe der Abfindung in das Spruchverfahren verwiesen, worin das BVerfG grundsätzlich eine hinlängliche Sicherung des Anspruchs des Minderheitsaktionärs auf Wertersatz erkennt (Beschl. vom 27.4.1999 - 1 BvR 1613-94; NZG 1999, S. 931). Dem widerspricht es, bereits bei einem Zurückbleiben der beschlossenen Abfindung hinter dem von dem gerichtlich bestellten Prüfer als angemessen angesehenen Betrag und beim Fehlen einer auf diesen Betrag lautenden Bankgewährleistung von einem grundrechtlich nicht mehr gedeckten Eingriff in die Rechtsstellung des Minderheitsaktionärs auszugehen und daraus abzuleiten, es liege eine besondere Schwere des Rechtsverstoßes gem. § 319 Abs. 6 S. 3 Nr. 3 AktG vor. Abgesehen davon besteht, wie bereits dargelegt, im vorliegenden Fall keine Diskrepanz zwischen den Feststellungen der gerichtlich bestellten Prüferin bzw. der Höhe der Bankgewährleistung und der beschlossenen Abfindung.

Die Antragsgegner können die besondere Schwere des Rechtsverstoßes im Sinne von § 319 Abs. 6 S. 3 Nr. 3 AktG auch nicht damit begründen, sie würden mit der Verweisung auf das gegen den im Ausland ansässigen Mehrheitsaktionär zu führende Spruchverfahren keine in Bezug auf das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 hinlängliche Kompensationsmöglichkeit erhalten. Es bedarf keiner grundsätzlichen Erwägung, ob das Spruchverfahren auch in einem solchen Fall geeignet ist, die grundrechtlich gebotene "Entschädigung" des Minderheitsaktionärs zu gewährleisten. Denn hier ist bedeutsam, dass die Antragsgegner die Dividende von 1,20 € (brutto) und damit die angebliche Differenz zwischen der festgesetzten und der angemessenen Abfindung erhalten haben. Der erlittene Nachteil kann, wie dies auch die Antragsgegner erkennen, mithin nur in der steuerlichen Belastung der Dividendenzahlung bestehen. Ein solcher Nachteil beruht indes nicht auf einer gegebenenfalls an Art. 14 Abs. 1 GG gemessen unzulänglichen Kompensation des Aktienverlustes, sondern auf steuerrechtlichen Auswirkungen in der Person des jeweiligen Minderheitsaktionärs.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

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