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Wirtschaftsrecht
08.09.2011
Wirtschaftsrecht
OLG Düsseldorf: Zur Anfechtbarkeit des Leasingvertrags durch den Leasingnehmer wegen Arglist

I-24 U 127/10

1 O 520/08

LG Düsseldorf

  

Leitsatz:

BGB §§ 535, 123

Der Lieferant des Leasingobjekts, der den Leasingnehmer bei der im Auftrage des Leasinggebers erfolgten Anbahnung des Leasingvertrages täuscht, ist nicht Dritter, so dass der Leasingnehmer den Leasingvertrag wegen Arglist anfechten kann.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.12.2010 - I-24 U 127/10 - (rechtskräftig).

OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

BESCHLUSS

                                                           In dem Rechtsstreit

R.   ./.   M.

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf am 23.  Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Z., die Richterin am Oberlandesgericht Dr. S. und die Richterin am Landgericht Dr. S.

einstimmig

b e s c h l o s s e n :

Die Berufung der Klägerin gegen das am 22. Juni 2010 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszugs werden der Klägerin auferlegt.

Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz beträgt 14.334,46 €.

                                                           G r ü n d e :

Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die gegen die Entscheidung vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine der Klägerin günstigere Entscheidung.

                                                                       I.

Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 25. November 2010. Dort hat er im Wesentlichen ausgeführt:

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin aus den Leasingvertrag vom 5. November/20. Dezember 2006 Ansprüche nicht zustehen, weil dieser gemäß § 142 BGB nichtig ist. Die Klägerin wendet sich mit der Berufung im Wesentlichen gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts. Die Beweiswürdigung des Landgerichts lässt jedoch keine Rechtsfehler erkennen. Das Landgericht ist nach ausführlicher Beweiserhebung zu Recht zu dem Schluss gelangt, dass die Klägerin von der Beklagten Schadenersatz statt der Leistung nach §§ 280 Abs. 3, 283 BGB wegen Rücktritts von dem zwischen den Parteien geschlossenen Leasingvertrag nicht verlangen könne, da der Vertrag von der Beklagten wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB wirksam angefochten und deshalb als von Anfang an nichtig anzusehen sei, § 142 Abs. 1 BGB. Dabei hat das Landgericht es als erwiesen erachtet, dass die Beklagte bei Abschluss des Leasingvertrages durch den Zeugen G. über den tatsächlichen Inhalt des Vertrages arglistig getäuscht worden sei.

Auch der Senat kommt in Anwendung der Grundsätze des § 286 ZPO zu der Überzeugung, dass der Geschäftsführer der Beklagte von dem Zeugen G. arglistig getäuscht worden ist. Die Täuschung bezog sich zwar nicht auf den Inhalt des Vertrages, sondern auf den fehlenden Willen der Klägerin, ein Scheingeschäft zu führen. Diese Differenzierung hinsichtlich des Täuschungsinhalts ist aber für die Rechtsfolge der Nichtigkeit des Leasingvertrages nach § 142 BGB nicht von entscheidender Bedeutung.

1.

Gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrundezulegen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Danach darf die Beweiswürdigung des Landgerichts nur eingeschränkt vom Berufungsgericht überprüft werden. Die vom Landgericht geschaffenen Tatsachengrundlage bindet grundsätzlich auch das Berufungsgericht (Senat OLGR 2009, 727; Ball, Die Berufung nach dem ZPO-Reformgesetz, ZGS 2003, 49, OLG Rostock OLGR 2004, 60;).

Lediglich die unterlassene oder fehlerhafte Erfassung von Tatsachen durch die Verletzung materiellen Rechts (z.B. Verkennung der Beweislast), die fehlerhafte Tatsachenfeststellung aufgrund von Verfahrensfehlern (z.B. Verletzung der Hinweispflicht) oder die sonstige Fehlerhaftigkeit des Beweisergebnisses (beispielsweise eine nicht erschöpfende Beweisaufnahme oder Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen) kann die Notwendigkeit erneuter Feststellungen gebieten (vgl. Senat aaO; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 529, Rn 2).

Erschöpft sich die Berufung wie hier im Wesentlichen in einem Angriff auf die Beweiswürdigung, so muss sie schlüssig konkrete Anhaltspunkte aufzeigen, die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung begründen, so dass sich eine erneute Beweisaufnahme aufdrängt (vgl. OLG Dresden, NJW-RR 2003, 210; OLG Rostock aaO). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.

2.

Es sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass das Landgericht Tatsachen unvollständig oder fehlerhaft erfasst habe. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus der Protokollniederschrift vom 30. März 2010, dass das Landgericht den Leasingantrag vom 5. November 2006 sowie das Begrüßungsschreiben vom 20. Dezember 2006 in seine Überlegungen mit einbezogen hat. Es hat diese Unterlagen sogar der Zeugin K. während der Vernehmung zur Einsicht vorgelegt. Das Landgericht hat ferner auch die Zulassungsbescheinigung (Fahrzeugbrief) in seine Beweiswürdigung einbezogen; denn es hat zu Recht ausgeführt, dass die Anmeldung auf die Beklagte auch für den Fall einer längerfristigen Nutzung auf der Grundlage eines Mietvertrages mit dem Ziel erfolgt sein könne, die Haltereigenschaft im Sinne des § 7 StVG zu begründen.

3.

Soweit sich die Klägerin auf die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit des von beiden Parteien unterschriebenen Leasingvertrages beruft, ist zunächst zutreffend, dass derartigen Vertragsurkunden diese Vermutung zukommt (vgl. BGH NJW 2002, 316 hier). Die Vermutung ist jedoch grundsätzlich widerlegbar (MünchKomm/Eisele, BGB, 5. Aufl., § 125 BGB, Rn 39).

Sie entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass derjenige, der sich auf Umstände beruft, die für ihn günstig sind, aber außerhalb des von ihm selbst schriftlich Niedergelegten liegen, diese Umstände zunächst zumindest substantiiert darlegen und ggfs. sogar beweisen muss (vgl. BGH GRUR 1993, 897; NJW 1999, 1702; NJW 2002, 1277; zur Beweisführungs- und Darlegungslast Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, Grundlagen Seite 339; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 286, Rn 171; Zur Vermutungswirkung Zöller/Greger, ZPO, aaO, vor § 284 Rn 33a).

a)

Hier ist durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt worden, dass der vorgelegte Leasingvertrag den richtigen und vollständigen Inhalt der Vereinbarungen der Parteien darstellte. Vielmehr steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass die Beklagte - anders als die Klägerin-  den unterzeichneten Leasingvertrag lediglich als Scheingeschäft betrachten wollte, weil sie davon ausging, dass tatsächlich ein Mietvertrag abgeschlossen worden ist, und insoweit über den fehlenden Willen der Klägerin, ein Scheingeschäft zu führen, getäuscht worden ist.

Denn sowohl der Zeuge Gt. als auch die Zeugin K. haben übereinstimmend ausgesagt, der Zeuge G. habe im Vorfeld des Vertrages ausschließlich davon gesprochen, dass es sich um einen Mietvertrag über ein Mietfahrzeug zu einer monatlichen Miete von 480 € handele und das Fahrzeug - was für die Beklagte bedeutsam war - jederzeit zurückgegeben werden könne. Hinsichtlich des später unterzeichneten Leasingvertrages habe der Zeuge G.  gesagt, dass er etwas Schriftliches haben müsse, um den Vorgang seiner Geschäftsleitung darstellen zu können (GA 103). Nach Übersendung des Leasingvertrages habe der Geschäftsführer der Beklagten im Beisein der Zeugin K. mit dem Zeugen G. Rücksprache gehalten. Letzterer habe daraufhin erneut versichert, dass es sich tatsächlich um einen Mietvertrag handele, er den Vorgang aber pro forma als Abschluss eines Leasingvertrages darstellen müsse.

Das Landgericht ist den Aussagen der Zeugen Gt. und K. im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung trotz entgegenstehender Aussage des Zeugen G. in nicht zu beanstandender Weise gefolgt. Im Gegensatz zum Zeugen G. haben die Zeugen Gt. und K. nämlich detaillierte Angaben zu den damaligen Vereinbarungen mit dem Zeugen G. gemacht. Der Zeuge G. dagegen konnte sich  zwar noch sehr gut an das streitgegenständliche Fahrzeug erinnern, welches unstreitig nur sehr schwer zu vermitteln war. Der streitgegenständliche Pkw Renault Traffic stand nämlich bereits seit längerer Zeit auf dem Hof der Streitverkündeten, bevor er von der Beklagten genutzt worden war. Er verfügte über teure Sonderausstattungsmerkmale, die ein Leasing erschwerten und ihn zu einem „Ladenhüter" machten. In diesem Zusammenhang  hat der Zeuge G. ferner ausgesagt, dass die Geschäftsleitung darüber froh gewesen sei, dass „das Auto vom Hof kam" und auch viel dafür getan habe, „ dass das besagte Auto vom Hof kam". Welche Absprachen es im Einzelnen mit den Interessenten gegeben habe, wisse er aber heute nicht mehr. Damit lässt der Zeuge aber gerade offen, was und wieviel tatsächlich von wem dafür getan worden ist, dass der PKW „vom Hof kam" und wie die konkreten Vereinbarungen mit der Beklagten aussahen.

Hinsichtlich der konkreten Vereinbarungen mit der Beklagten wusste er allerdings, dass diese das Fahrzeug „vorher" ausgeliehen hatte. Ob das Fahrzeug danach geleast wurde, konnte er dagegen „heute nicht mehr so genau" sagen.

Diese partiellen Erinnerungslücken des Zeugen G. hinsichtlich der konkreten Vereinbarungen mit der Beklagten, die im Widerspruch zu seinen sonstigen detaillierten Aussagen stehen, mindern - wie vom Landgericht angenommen - den Beweiswert seiner Aussage erheblich.

Für den Beweiswert der Aussagen der Zeugen Gt. und K. spricht dagegen, dass sämtliche Zeugen, also auch der Zeuge G., sich darüber einig waren, dass der Zeuge Gt. das streitgegenständliche Fahrzeug schon genutzt habe, bevor der Leasingvertrag am 5. November 2006 vom Geschäftsführer der Beklagten, Herrn M., unterzeichnet worden sei. Denn auch der Zeuge G. führt aus, dass die „Firma M." (die Beklagte) das Fahrzeug bereits vor Abschluss eines entsprechenden Vertrages „ausgeliehen" habe. Danach ist nachzuvollziehen, dass der Zeuge G. dem Zeugen Gt. das Fahrzeug bereits überlassen hatte und mündlich ein Mietvertrag geplant worden war, bevor es schließlich zur Unterzeichnung des Leasingvertrages und Ummeldung des Fahrzeuges auf die Beklagte kam. Insoweit bestehen auch nicht - wie die Klägerin meint - Unstimmigkeiten in der zeitlichen Reihenfolge, die die Zeugen Gt. und K. beschrieben haben. Sämtliche Zeugenaussagen stimmen nämlich darin überein, dass der Zeuge Gt. den Renault Traffic bereits genutzt hat, bevor „etwas Schriftliches" vereinbart worden ist.

b)

Auch aus der Tatsache, dass der Zeuge Gt. nicht mehr wusste, auf wen das Fahrzeug zugelassen war, kann nicht abgeleitet werden, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts fehlerhaft war. Denn für den Zeugen Gt., der das Fahrzeug lediglich beruflich nutzte, war nicht relevant, ob die Streitverkündete oder die Beklagte als Halter des Fahrzeugs in den Papieren eingetragen war.

c)

Widersprüche in den protokollierten Aussagen der Zeugen Gt. und K. sind ebenfalls nicht ersichtlich. Daran vermag der Umstand, dass der Zeuge Gt. wie bereits ausgeführt keine genauen Aussagen zu der Haltereigenschaft sowie den Kosten der Unterhaltung des streitgegenständlichen Fahrzeugs machen konnte, nichts zu ändern. Denn als bei der Beklagten seinerzeit angestellter Bauleiter brauchte er sich über diese Einzelheiten der Vertragsgestaltung keinerlei Gedanken zu machen. Er durfte nämlich zu Recht davon ausgehen, dass der laufende Unterhalt des Fahrzeugs von der Beklagten übernommen worden sei.

Dass auch die Zeugin K. von Anfang an von einem Mietvertrag und nicht von einem wirksamen Leasingvertrag ausging, zeigt sich darin, dass sie nach ihrer Aussage die Rechnung mit den Überführungskosten an den Zeugen G. weitergeleitet hat, und zwar mit dem Vermerk: Betrifft Mietfahrzeug nicht Leasingfahrzeug.

4.

Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist auch nicht deshalb unzutreffend, weil der Beklagten spätestens nach Zugang des Bestätigungsschreibens der Klägerin hätte klar sein müssen, dass die Aussagen des Zeugen G. unzutreffend waren. Denn aus den Aussagen der Zeugen Gt. und K. ergibt sich ja gerade, dass der Geschäftsführer der Beklagten nach Erhalt des Leasingvertrages noch einmal bei dem Zeugen G. nachgefragt habe, ob dieser tatsächlich nur pro forma aus „buchungstechnischen Gründen" abgeschlossen worden sei und es dabei bleibe, dass es sich um einen Mietvertrag handele.

5.

Nach allem steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Beklagte bei Abschluss des Leasingvertrages lediglich ein Scheingeschäft führen wollte, weil sie tatsächlich von einem Mietvertrag ausging, und von dem Zeugen G. arglistig darüber getäuscht worden ist, dass der Scheingeschäftswille hinsichtlich des Leasingvertrages auch bei der Klägerin vorhanden war.

a)

Da der Scheingeschäftswille nur bei der Beklagten, nicht aber bei der Klägerin feststellbar ist, ist der Vertrag nicht bereits gemäß § 117 BGB nichtig. Denn der dafür erforderliche Konsens mit der Klägerin über den Scheincharakter des Leasingvertrages ist gerade nicht erzielt worden. Das Wissen des Zeugen G. über den Scheincharakter des Geschäftes lässt sich der Klägerin auch nicht gemäß § 166 BGB analog zurechnen. Zwar handelt es sich bei dem Zeugen G. um einen Erfüllungsgehilfen und Verhandlungsbevollmächtigten der Klägerin (Senat Az. I-24 U 115/09 bei juris und Beck RS 2010, 12220, sowie Senat Az. I- 24 U 73/08 bei juris und Beck RS 2009, 21625 - Leitsatz in GuT 2009, 327). Bei der Aushandlung der Vertragskonditionen ist die Lieferantin nämlich grundsätzlich im Interessen- und Verantwortungsbereich der Klägerin tätig (vgl. Senat aaO, Senat OLGR Düsseldorf 2001, 2 - Lieferant handelnd als Erfüllungsgehilfe des Leasinggebers -  sowie Senat OLGR 2007, 773; OLGR 2008, 541 - Lieferant nicht handelnd als Erfüllungsgehilfe), so dass diese auch das Risiko des vertragswidrig agierenden Lieferanten trägt (vgl. BGH NJW-RR 1988, 242). Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn der Lieferant Erklärungen abgibt, die nicht die Konditionen des Leasingvertrages, sondern ein eigenes Geschäft des Lieferanten mit dem Leasingnehmer betreffen, etwa die Einräumung einer Kaufoption im eigenen Namen (Senat Beck RS 2010, 12220 und bei juris ), oder wenn er seine Vollmacht missbraucht oder kollusiv mit der andern Partei zusammenwirkt (Senat Beck RS 2009, 21625 und bei juris).

Hier geht der Vortrag der Beklagten aber gerade nicht dahin, dass der Leasingvertrag oder der Mietvertrag ein eigenes Geschäft zwischen der Beklagten und dem Zeugen G. darstellen sollte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein Vertragsverhältnis gerade zwischen den Parteien begründet werden sollte. Dafür spricht insbesondere, dass die „Leasingraten" zugunsten der Klägerin abgebucht worden sind.

Auch ein kollusives Zusammenwirken des Zeugen G. mit der Beklagten ist nach der Beweiswürdigung des Landgerichts, welcher der Senat im Ergebnis folgt, nicht gegeben. Denn das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte bei Abgabe ihrer Willenserklärung zum Abschluss eines Leasingvertrages gutgläubig war, d.h. sie erwartete, wenn auch irrtümlich und für die Klägerin nicht erkennbar, der Leasingvertrag sei lediglich pro forma abzuschließen und der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden. Die Beweiswürdigung des Landgerichts, dass die Beklagte den Angaben des Zeugen G. vertraut habe, ist mit der Berufung auch nicht angegriffen worden. Ein Missbrauch der Vollmacht ist ebenfalls nicht vorgetragen.

Die Anwendung des § 166 BGB, und damit die Annahme eines Scheingeschäftes gemäß § 117 BGB, scheitert aber daran, dass es hier gar nicht um eine Wissenszurechnung geht, sondern um das bei Geschäftsabschluss unter den Beteiligten notwendige Einverständnis, nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäftes hervorzurufen, dessen Rechtswirkungen aber nicht eintreten lassen zu wollen. Diese Willensübereinstimmung, die hinter der zum Schein abgegebenen Erklärung steht, ist nämlich ihrerseits nicht eine selbständige rechtsgeschäftliche Willenserklärung, die gemäß § 166 BGB zugerechnet werden könnte, sondern ein Tatbestandsmerkmal eines Scheingeschäftes (BGH NJW 2000, 3124; Erman/Palm, BGB, 12. Aufl. § 117, Rn.4; RGZ 134, 33).

b)

Es kann dahin stehen, ob der Leasingvertrag als misslungenes Scheingeschäft bereits nach § 118 BGB als nichtig angesehen werden kann (vgl. BGH NJW 2000, 3127; OLG München NJW-RR 1993, 1168; Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 118 BGB, Rn.2). Misslungene Scheingeschäfte sind regelmäßig gemäß § 118 BGB nichtig, wenn eine Partei den Vertrag selbst abgeschlossen hat und dabei die Abrede ihres Verhandlungsbevollmächtigten zum Abschluss eines Scheingeschäftes nicht kennt und deshalb den Scheincharakter eines schriftlich oder sogar notariell fixierten Geschäftes nicht durchschaut (BGH aaO).

Denn der Leasingvertrag ist (zumindest auch) gemäß §§ 123, 142 BGB nichtig. Die Anfechtung scheitert nicht daran, dass die Willenserklärung bereits gemäß § 118 BGB nichtig sein könnte. Denn es ist anerkannt, dass auch nichtige Rechtsgeschäfte angefochten werden können, etwa weil der Anfechtungsgrund stärker wirkt als der Nichtigkeitsgrund (Palandt/Ellenberger, aaO, Überbl v § 104, Rn 35 m.w.N.) Dies ist hier deshalb der Fall, weil eine Anfechtung nach § 123 BGB anders als ein misslungenes Scheingeschäft gemäß § 118 BGB einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens gemäß § 122 BGB gerade nicht auslöst.

Die Anfechtungserklärung der Beklagten ist auch wirksam. Die Klägerin muss sich insbesondere die Täuschungshandlung des Zeugen G., der die Beklagte darüber getäuscht hat, dass auch die Klägerin einen Scheingeschäftswillen bezüglich des Leasingvertrages gehabt habe, wie eine eigene zurechnen lassen. Der Zeuge G. ist als Lieferant nämlich- wie bereits unter Ziffer I 5. A des Beschlusses ausgeführt - insoweit als Erfüllungsgehilfe und Verhandlungsbevollmächtigter der Klägerin tätig geworden (Senat aaO). Nach diesen Grundsätzen ist er nicht Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB. Davon ist zu Recht auch das Landgericht ausgegangen.

Das Landgericht hat außerdem zu Recht angenommen, dass die am 30. Mai 2008 erklärte Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung nicht verspätet ist, § 124 BGB. Denn Kenntnis davon, dass der schriftliche Leasingvertrag von der Klägerin als Vertragsgrundlage angesehen worden sei, hat der Geschäftsführer der Beklagten, Herr M., erst im Oktober 2007 erlangt, nachdem die Streitverkündete dem Zeugen G. u.a. wegen der Unterschlagung von Geldern gekündigt hatte und weiterhin trotz Rückgabe des Fahrzeuges Leasingraten abgebucht worden sind.

Nach allem ist die Beklagte berechtigt gewesen, den Vertrag nach § 123 BGB anzufechten, da sie von dem Zeugen G. darüber getäuscht worden ist, dass der Scheingeschäftsführungswille auch bei der Klägerin vorliege. Wäre die Beklagte darüber unterrichtet worden, dass die Klägerin von einem wirksamen Leasingvertrag ausgehen werde, hätte sie den Vertrag zur Überzeugung des Senats nicht unterzeichnet.

II.

An dieser Beurteilung hält der Senat fest. Die mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2010 vorgebrachten Einwendungen rechtfertigen keine abweichende Entscheidung und insbesondere keine mündliche Verhandlung. Die Ausführungen der Klägerin erschöpfen sich nämlich im Wesentlichen in Wiederholungen des bereits Vorgebrachten. So hat der Senat - wie sich bereits aus dem Hinweisbeschluss ergibt - durchaus beachtet, dass den von der Klägerin beigebrachten Vertragsurkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zukommt. Diese Vermutung ist jedoch im vorliegenden Fall widerlegt worden. Dem steht das Begrüßungsschreiben vom 20. Dezember 2006 nicht entgegen. Zunächst ist zu beachten, dass am 20. Dezember 2006 nicht nur das Begrüßungsschreiben, sondern auch der Leasingvertrag von der Leasinggeberin unterzeichnet worden ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin diente das Begrüßungsschreiben auch nicht dazu, dem Kunden „den Inhalt des Leasingvertrages noch einmal separat zu bestätigen". Denn in dem Begrüßungsschreiben werden gar nicht sämtliche Konditionen des Leasingvertrages noch einmal erwähnt. Vielmehr wird auf den „Leasingvertrag zu den dort vereinbarten Konditionen" Bezug genommen. Separat erwähnt wird die Höhe der „Leasingraten", die hier nicht im Streit steht. Bereits aus diesem Grunde kann nicht angenommen werden, dass der Beklagten spätestens nach Zugang des Bestätigungsschreibens der Klägerin hätte klar sein müssen, dass die Aussagen des Zeugen G. unzutreffend waren. Im Übrigen lag der Beklagten entgegen der Darstellung der Klägerin der Leasingvertrag nicht schon bei den Vertragsverhandlungen vor. Die Beklagte kannte nur ihren Leasingantrag vom 5. November 2006, den die Klägerin erst am 20. Dezember 2006 angenommen hat.

Schließlich hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Zeuge G. dem Geschäftsführer der Beklagten im Beisein der Zeugin K. „Anfang des Jahres" auf erneute Nachfrage versichert hat, der Vorgang müsse lediglich pro forma als Abschluss eines Leasingvertrages dargestellt werden. Das Landgericht ist nach allem den Aussagen der Zeugen Gt. und K. im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung trotz entgegenstehender Aussagen des Zeugen G. in nicht zu beanstandender Weise gefolgt.

Dementsprechend besteht für den Senat auch keine Veranlassung, seine Rechtsauffassung zu ändern.

                                                                       III.

Auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren sind erfüllt. Die Rechtssache hat nämlich weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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