BGH: Zulässigkeit eines Aufrufs einer Verbraucherzentrale zur Kündigung eines Girokontos
BGH, Urteil vom 6.2.2014 – I ZR 75/13
Amtlicher Leitsatz
Die an eine Sparkasse gerichtete Aufforderung eines Verbraucherverbandes, das Girokonto eines Inkassounternehmens zu kündigen, das sich durch die Geltendmachung von Forderungen bewusst an der Durchsetzung eines auf systematische Täuschung von Verbrauchern angelegten Geschäftsmodells des Auftraggebers beteiligt, stellt keinen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.
§ 823 Abs 1 BGB
Sachverhalt
Die Beklagte ist die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Sie hat die Sparkasse Heidelberg in einem Schreiben zur Kündigung und Sperrung des Girokontos der Klägerin aufgefordert. Die Klägerin ist ein Inkassounternehmen, das unter anderem für die W. GmbH tätig war.
Im Februar 2011 bot die W. GmbH auf ihrer Internetseite einen "Routenplaner-Service" an. Darin wurde der Nutzer aufgefordert, Kontaktdaten einzugeben und sich anzumelden, um den Service nutzen zu können. An der mit "Jetzt anmelden" bezeichneten Schaltfläche fand sich ein Sternchenhinweis, durch den auf eine Rubrik "Vertragsinformationen" verwiesen wurde. Darunter war in kleinerer Schrift der Hinweis angebracht, dass durch die Anmeldung ein Vertrag mit zwei Jahren Vertragslaufzeit abgeschlossen werde, für den Kosten in Höhe von 96 € jährlich anfallen sollten.
Nachdem ein Verbraucher aufgrund eines Aufrufs des Angebots der W. GmbH von dieser eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 96 € für einen zwölfmonatigen Zugang zum dort angebotenen Routenplaner-Service erhalten und sich an die Beklagte gewandt hatte, erklärte diese im Namen des Verbrauchers die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung. Dennoch erhielt der Verbraucher von der nunmehr mit der Einziehung der Forderung beauftragten Klägerin eine Mahnung. Auch nach einer erneuten Intervention der Beklagten erhielt der Verbraucher eine weitere Mahnung der Klägerin.
Die Beklagte wandte sich daraufhin mit einem Schreiben vom 3. August 2011 an die Sparkasse Heidelberg, in dem es unter anderem hieß:
Das Unternehmen W. Ltd. betreibt mindestens eine Internetseite, bei der durch die Gestaltung der Seite die Fehlvorstellung erweckt wird, die Nutzung der Inhalte auf dieser Internetseite erfolge kostenlos. Der Preishinweis ist versteckt. Als Nutzer bemerkt man nicht, dass man angeblich eine kostenpflichtige Mitgliedschaft für ein Abonnement vertraglich vereinbart.
Mittlerweile wurde bereits das Inkassounternehmen D. GmbH mit dem Inkasso der unberechtigten Forderung beauftragt. Zu Beweiszwecken senden wir Ihnen in der Anlage die uns zugesandten unberechtigten Rechnungen/Mahnungen mit den rechtswidrigen Zahlungsaufforderungen. Eine für den angeblichen Jahresbeitrag i.H.v. 96,00 € entsprechende Gegenleistung wird nicht erbracht.
Derartige Internetseiten sind rechtswidrig. Das Handeln der Internetseitenbetreiber ist offenkundig wettbewerbswidrig. Der Tatbestand des Betrugs ist erfüllt. Bitte kontaktieren Sie auch die zuständige Staatsanwaltschaft, ob möglicherweise bereits entsprechende Anzeigen oder Verfahren gegen das genannte Unternehmen vorliegen, die unseren Hinweis untermauern.
Da für Bankinstitute, wie bereits mehrfach gerichtlich festgestellt, keine Kontoführungspflicht für Girokonten von unseriösen Internetunternehmen und ihren Handlangern/Gehilfen besteht, bitten wir Sie um Ihre Mithilfe. Tragen auch Sie dazu bei, den finanziellen Schaden der Opfer zu begrenzen. Kündigen und sperren Sie das Konto ... der D. GmbH.
Die Klägerin sieht in dem Verhalten der Beklagten einen rechtswidrigen Eingriff in ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Sie hat beantragt, der Beklagten zu untersagen,
Kreditinstitute, bei denen die Klägerin ein Girokonto unterhält, dazu aufzufordern, dieses Girokonto zu kündigen und/oder zu sperren und hierzu
1. über die Klägerin zu behaupten, dass diese mit dem Inkasso von unberechtigten Forderungen beauftragt wurde,
sowie
2. über eine Mandantin der Klägerin zu behaupten, diese handele offenkundig wettbewerbswidrig und/oder unterhalte rechtswidrige Internetseiten und/oder erfülle den Tatbestand des Betruges,
insbesondere wie mit Schreiben der Beklagten unter dem 3. August 2011 durch die Sachbearbeiterin Frau S. in Anlage K 3 und Anlage K 5 der Beklagten geschehen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben (OLG Frankfurt, K&R 2013, 405). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Aus den Gründen
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A. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch für begründet angesehen und dazu ausgeführt:
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Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich zwar weder aus Vorschriften des UWG noch aus § 824 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 186, 187 StGB. Der Unterlassungsantrag sei jedoch gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 BGB unter dem Gesichtspunkt des rechtswidrigen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gerechtfertigt.
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Die Klägerin sei als Inkassounternehmen durch die Aufforderung der Beklagten zur Kündigung des Girokontos besonders nachhaltig betroffen. Es habe die Gefahr bestanden, dass die angeschriebene Sparkasse bei der beanstandeten Aufforderung durch einen anerkannten Verbraucherschutzverein selbst keine nähere tatsächliche und rechtliche Prüfung des Verhaltens der Klägerin vornehmen, sondern die Kündigung allein deswegen aussprechen werde, weil sie sich nicht dem Vorwurf einer Zusammenarbeit mit einem unseriösen Inkassounternehmen aussetzen wolle. Die beanstandete Aufforderung sei nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Klägerin in wettbewerbsrechtlich unlauterer Weise versucht habe, eine Forderung der W. GmbH einzutreiben, die durch ein irreführendes Angebot zustande gekommen sei. Das von der Beklagten gewählte Mittel zur Unterbindung dieses Verhaltens, nämlich die Aufforderung zur Kündigung eines Girokontos gegenüber der Bank der Klägerin, sei zwar ein geeignetes Mittel, um dem unlauteren Verhalten der W. GmbH und der Klägerin Einhalt zu gebieten. Die Aufforderung sei aber nicht verhältnismäßig, weil der Beklagten gleichwertige, für die Klägerin weniger belastende Möglichkeiten des Vorgehens zur Verfügung gestanden hätten. So könnten Verbraucherverbände die Öffentlichkeit informieren und dadurch Missstände anprangern und bekämpfen. Zudem seien Verbraucherverbände durch den Gesetzgeber mit weitreichenden Möglichkeiten ausgestattet worden, wettbewerbswidrige und verbraucherschädigende Praktiken gerichtlich unterbinden zu lassen. Die Beklagte habe auch im vorliegenden Fall mit Aussicht auf Erfolg gegen das Verhalten der Klägerin gerichtlich vorgehen können.
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B. Die gegen die Verurteilung der Beklagten gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin.
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I. Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 BGB wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gegen die Beklagte zu.
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1. Ein Anspruch wegen Verletzung des als sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs kommt in Betracht, wenn spezielle Schutzvorschriften zugunsten eines Unternehmens nicht durchgreifen (BGH, Urteil vom 24. Juni 2004 - I ZR 26/02, GRUR 2004, 877, 880 = WRP 2004, 1272 - Werbeblocker; Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 93). Der Schutz des § 823 Abs. 1 BGB wird gegen jede Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährt, wenn die Störung einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellt. Durch den dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb von der Rechtsprechung gewährten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben. Die Verletzungshandlung muss sich gerade gegen den Betrieb und seine Organisation oder gegen die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten und über die bloße Belästigung oder eine sozial übliche Behinderung hinausgehen. Unmittelbare Eingriffe in das Recht am bestehenden Gewerbebetrieb, gegen die § 823 Abs. 1 BGB Schutz gewährt, sind nur diejenigen, die gegen den Betrieb als solchen gerichtet, also betriebsbezogen sind und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betreffen (BGH, Urteil vom 28. Februar 2013 - I ZR 237/11, GRUR 2013, 917 Rn. 16 = WRP 2013, 1196 - Vorbeugende Unterwerfungserklärung, mwN).
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2. Das Berufungsgericht hat in der Aufforderung der Beklagten an die Sparkasse, das Girokonto der Klägerin zu kündigen, einen tatbestandsmäßigen Eingriff in ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bejaht. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Revision erinnert deswegen auch nichts.
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3. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die beanstandete Aufforderung zur Sperrung und Kündigung des Girokontos der Klägerin sei unter Abwägung der betroffenen Interessen als rechtswidrig anzusehen.
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a) Das Recht am Gewerbebetrieb ist ein offener Tatbestand, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit den konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben (BGH, GRUR 2013, 917 Rn. 18 - Vorbeugende Unterwerfungserklärung, mwN). Die Behinderung der Erwerbstätigkeit ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil vom 15. Mai 2012 - VI ZR 117/11, BGHZ 193, 227 Rn. 27). Bei dieser Abwägung sind insbesondere die betroffenen Grundrechte zu berücksichtigen (BVerfGE 114, 339, 348; BGH, Urteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, NJW 2008, 2110 Rn. 12 = WRP 2008, 813). Diesen Anforderungen wird die vom Berufungsgericht vorgenommene Interessenabwägung nicht gerecht.
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b) Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht bei seiner Abwägung nicht berücksichtigt hat, dass sich die Beklagte im Hinblick auf den beanstandeten Aufruf auf die Meinungsäußerungsfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG berufen kann. Die von der Klägerin angegriffene Aufforderung zur Kündigung und Sperrung des Girokontos durch das Schreiben vom 3. August 2011 ist eine durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsäußerung.
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aa) Dem steht nicht entgegen, dass die Aufforderung auf die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen der Klägerin abzielt, indem sie sich an den Anbieter einer Dienstleistung richtet, auf dessen Dienste die Klägerin zur Ausübung ihres Geschäftsbetriebs angewiesen ist und die deshalb den Charakter einer Boykottmaßnahme hat. Auch der Aufruf zu einer Boykottmaßnahme, dem eine bestimmte Meinungskundgabe zu Grunde liegt, kann in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fallen (BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 2007 - 1 BvR 292/02, NJW-RR 2008, 200, 201, mwN).
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Das Schreiben der Beklagten vom 3. August 2011 an die Sparkasse ist nicht auf die Aufforderung zur Kündigung und Sperrung des Girokontos beschränkt, sondern enthält auch wertende Elemente, mit denen die Beklagte der Sparkasse ihre Ansicht deutlich macht, dass die Klägerin einem Unternehmen Hilfe leistet, das in rechtswidriger Weise durch Täuschung von Verbrauchern angebliche vertragliche Ansprüche unberechtigt durchzusetzen versucht. Mit ihrem Schreiben bringt die Beklagte ihre ablehnende Haltung gegen das Geschäftsgebaren der Klägerin und ihrer Auftraggeberin zum Ausdruck.
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bb) Die Revisionserwiderung wendet vergeblich ein, die Beklagte könne sich nicht auf das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit berufen, weil ihre beanstandeten Äußerungen, die Klägerin mache unberechtigte Forderungen geltend, ihre Auftraggeberin, die W. GmbH, handele offenkundig wettbewerbswidrig, unterhalte eine rechtswidrige Internetseite und erfülle den Tatbestand des Betrugs, im Kontext des Schreibens vom 3. August 2011 einen Tatsachenkern enthielten.
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cc) Bei den angegriffenen Äußerungen der Beklagten handelt es sich nicht um Tatsachenbehauptungen. Der Umstand, dass die Äußerungen strafrechtliche und deliktsrechtliche Tatbestände anführen, die eine umfassende Subsumtion erfordern, deutet auf eine subjektive Beurteilung hin (BGH, Urteil vom 22. Juni 1982 - VI ZR 255/80, NJW 1982, 2248, 2249; BGH, Urteil vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97, NJW-RR 1999, 1251, 1252). Als Tatsachenmitteilung sind solche Angaben dagegen nur zu qualifizieren, wenn die Beurteilung im Gesamtzusammenhang ihrer Verwendung beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten tatsächlichen Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind (BVerfG, NJW 2008, 358, 359).
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Nach diesen Kriterien beinhalten die angegriffenen Äußerungen der Beklagten keine auf ihre Richtigkeit überprüfbaren Aussagen, sondern subjektive Bewertungen der Rechtslage. Die Beklagte hat ihren rechtlichen Ausführungen keinen konkreten Sachverhalt zugrunde gelegt. Sie hat vielmehr auf eine nicht weiter bezeichnete und nach ihrer objektiven Gestaltung nicht näher beschriebene Internetseite der W. GmbH verwiesen. Den dort angeführten Preishinweis hat die Beklagte als versteckt und den Nutzer deshalb über die Kostenlosigkeit des Angebots in die Irre führend eingeschätzt.
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dd) Selbst wenn aber mit der Revisionserwiderung davon auszugehen wäre, dass die in Rede stehenden Äußerungen nicht auf Werturteile beschränkt wären, kann die Beklagte sich auf die Meinungsäußerungsfreiheit berufen.
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Außerhalb des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 GG liegen nur unwahre Tatsachenbehauptungen. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind (BVerfGE 99, 185, 196; BVerfG, NJW 2012, 1500 Rn. 39). Die Revisionserwiderung macht nicht geltend, die Behauptungen der Beklagten in dem angegriffenen Schreiben seien unwahr. Sie hat sich nicht gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts gewandt, das Angebot der W. GmbH sei unter Verstoß gegen das Verbot der Irreführung gemäß § 5 UWG allein darauf angelegt gewesen, den Teil der Verbraucher vorsätzlich zu täuschen, der die Kostenpflichtigkeit des Angebots übersehe. Weiter hat sich die Revisionserwiderung nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts gewandt, dass die Realisierung der durch dieses irreführende Angebot erlangten Forderungen ein schwerwiegender Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellt, für den auch die Klägerin verantwortlich ist, weil sie sich bewusst an dem auf systematische Täuschung des Verbrauchers angelegten Geschäftsmodell der W. GmbH beteiligt.
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c) Der im vom Berufungsgericht ausgesprochenen Verbot liegende Eingriff in die Meinungsäußerungsfreiheit kann allerdings durch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB, der ein allgemeines Gesetz im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG darstellt, gerechtfertigt sein (BVerfGE 7, 198, 211). Dabei ist zu berücksichtigen, dass diesem Recht seinerseits durch Art. 12 Abs. 1 GG grundrechtlicher Schutz zukommt (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711). Ob der in der Untersagung eines Boykottaufrufs liegende Eingriff in die Meinungsäußerungsfreiheit gerechtfertigt ist, hängt von einer Abwägung der wechselseitig betroffenen Interessen ab. Wesentlich sind zunächst die Motive und - damit verknüpft - das Ziel und der Zweck des Aufrufs. Findet dieser seinen Grund nicht in eigenen Interessen wirtschaftlicher Art, sondern in der Sorge um politische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Belange der Allgemeinheit, dient er also der Einwirkung auf die öffentliche Meinung, dann spricht dies dafür, dass der Schutz durch Art. 5 Abs. 1 GG regelmäßig Vorrang hat, auch wenn dadurch private und namentlich wirtschaftliche Interessen beeinträchtigt werden. Die Verfolgung der Ziele des Aufrufenden darf allerdings das Maß der nach den Umständen notwendigen und angemessenen Beeinträchtigung des Angegriffenen oder betroffener Dritter nicht überschreiten. Schließlich müssen die Mittel der Durchsetzung des Boykottaufrufs verfassungsrechtlich zu billigen sein. Das ist grundsätzlich der Fall, wenn der Aufrufende sich gegenüber dem Adressaten auf den Versuch geistiger Einflussnahme und Überzeugung, also auf Mittel beschränkt, die den geistigen Kampf der Meinungen gewährleisten, nicht aber, wenn zusätzlich Machtmittel eingesetzt werden, die der eigenen Meinung Nachdruck verleihen sollen und die innere Freiheit der Meinungsbildung zu beeinträchtigen drohen (BVerfGE 25, 256, 264; BVerfG, NJW-RR 2008, 200, 201). Diesen Anforderungen wird die vom Berufungsgericht vorgenommene Interessenabwägung auch im Ergebnis nicht gerecht.
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aa) Im Streitfall ist es von maßgeblicher Bedeutung, dass die Beklagte keine eigennützigen wirtschaftlichen Ziele verfolgt. Der Aufruf zur Sperrung und Kündigung des Girokontos bezweckt nicht die Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wollte die Beklagte vielmehr unter Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Verbraucherschutzverband dem für alle Verbraucher gefährlichen und schädigenden Verhalten der W. GmbH und der dieser Hilfe leistenden Klägerin Einhalt gebieten. Der Aufruf diente damit allein dem Schutz der Internetnutzer vor irreführenden Geschäftspraktiken und der Verhinderung der Durchsetzung durch Täuschung erlangter Forderungen. Wird ein solches im Allgemeininteresse liegendes Anliegen verfolgt, kommt der Ausübung der Meinungsfreiheit grundsätzlich erhebliches Gewicht zu, auch wenn Interessen Dritter berührt werden. Die Verfolgung von nicht wirtschaftlichen Interessen ist im Zuge der Abwägung auch dann von Belang, wenn als Nebeneffekt eines Aufrufs wirtschaftliche Folgen eintreten, selbst wenn diese mitbeabsichtigt sind. Meinungsäußerungen, sei es in der Form eines Boykottaufrufs, sei es in anderer Form, tragen das Risiko in sich, für bestimmte Personenkreise wirtschaftlich nachteilige Wirkungen mit sich bringen zu können, wenn die angesprochenen Kreise auf Grund der Meinungsäußerung ihr bisheriges Verhalten ändern und dadurch wirtschaftliche Folgen auslösen (BVerfGE 7, 198, 219; BVerfG, NJW-RR 2008, 200, 201, mwN).
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bb) Bei der Abwägung ist ferner zu berücksichtigen, dass der beanstandete Aufruf sich auf den Versuch geistiger Einflussnahme und Überzeugung und damit auf Mittel beschränkt, die den geistigen Kampf der Meinungen gewährleisten. Die Beklagte hat keine zusätzlichen Machtmittel eingesetzt, die der eigenen Meinung Nachdruck verleihen sollen und die innere Freiheit der Meinungsbildung der angeschriebenen Sparkasse zu beeinträchtigen drohen.
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Die Beklagte hat im Schreiben vom 3. August 2011 dargelegt, dass die Sparkasse deswegen das Girokonto der Klägerin sperren und kündigen soll, weil die Klägerin über dieses Konto Forderungen für die W. GmbH einzieht, die durch Täuschung entstanden und deshalb unberechtigt sind. Sie hat sich zum Beleg ihrer Rechtsauffassung auf Rechnungen und Mahnungen bezogen und damit der Sparkasse zusätzliche Anhaltspunkte für eine eigene Meinungsbildung mitgeteilt. Gleiches gilt im Hinblick auf den im Schreiben erhobenen Vorwurf des Betruges und die Bitte, die zuständige Staatsanwaltschaft zu kontaktieren, um zu erfahren, ob die Ansicht der Beklagten durch Anzeigen und Verfahren untermauert wird. Dieser Vorwurf strafbaren Verhaltens bezieht sich auf das Vorgehen der W. GmbH. Es fehlen Anhaltspunkte im Schreiben dafür, dass die Beklagte der Auffassung ist, die angeschriebene Sparkasse habe sich an dem strafbaren Verhalten beteiligt und müsse mit einer Anzeige oder mit einer öffentlichen Anprangerung rechnen. Die Beklagte hat auch nicht den Eindruck erweckt, die Sparkasse sei aus Rechtsgründen verpflichtet, das Girokonto der Klägerin zu sperren und zu kündigen. Im Schreiben werden diese Maßnahmen vielmehr ausdrücklich allein als Beitrag zur Begrenzung des finanziellen Schadens der Opfer genannt.
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cc) Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die beanstandete Aufforderung sei nicht verhältnismäßig, weil der Beklagten gleichwertige, für die Klägerin weniger belastende Möglichkeiten des Vorgehens zur Verfügung gestanden hätten.
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(1) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann in der Möglichkeit der Beklagten, durch Information der Öffentlichkeit Missstände anzuprangern und damit zu bekämpfen, keine die Klägerin weniger belastende Möglichkeit des Vorgehens gesehen werden. Eine Veröffentlichung der im beanstandeten Anschreiben mitgeteilten Umstände würde die Wirkung der Aussagen und den Druck auf die Klägerin erhöhen, die Zusammenarbeit mit der W. GmbH zu beenden, um nicht in der Öffentlichkeit als deren Gehilfe bei der Durchsetzung rechtswidrig erlangter Forderungen dazustehen. Eine solche mit einer öffentlichen Personalisierung des Angriffs verbundene Prangerwirkung greift regelmäßig in besonderem Maße in die Rechte der auf diese Weise kritisierten Person ein und stellt deshalb erhöhte Anforderungen an die Prüfung, ob den Belangen der Meinungsfreiheit ein höheres Gewicht zukommt (vgl. BVerfG, NJW-RR 2008, 200, 202, mwN). Allgemeine Aufklärungskampagnen ohne Angabe der betroffenen Unternehmen sind dagegen wesentlich weniger geeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen.
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(2) Die Revision wendet sich ferner mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die beanstandete Aufforderung zur Sperrung und Kündigung des Girokontos sei auch deshalb unverhältnismäßig, weil die Beklagte nicht zunächst den Versuch unternommen habe, gegen das Verhalten der Klägerin gerichtlich vorzugehen.
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Allerdings hat der Bundesgerichtshof angenommen, dass ein Boykottaufruf unverhältnismäßig sein kann, wenn das mit dem Aufruf verfolgte Ziel auch durch eine Inanspruchnahme des Rechtswegs erreicht werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1965 - KZR 8/63, GRUR 1965, 440, 443 - Milchboykott; Urteil vom 22. Januar 1971 - I ZR 76/69, GRUR 1971, 259, 260 = WRP 1971, 222 - W.A.Z.). In diesen Entscheidungen ging es jedoch um den Einsatz von Boykottaufrufen zur Verfolgung eigener wirtschaftlicher Interessen im Wettbewerb. Für diese unter die strengeren Regeln des Wettbewerbsrechts mit dem Verbot der gezielten Behinderung von Mitbewerbern (§ 4 Nr. 10 UWG) fallenden Sachverhalte gilt nicht der grundsätzliche Vorrang der Meinungsfreiheit gemäß § 5 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, NJW-RR 2008, 200, 201). Um einen damit vergleichbaren Sachverhalt handelt es sich vorliegend nicht. Die Beklagte bezweckte mit dem Aufruf zur Sperrung und Kündigung des Girokontos nicht die Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs, sondern strebte allein den Schutz der Internetznutzer vor irreführenden Geschäftspraktiken und die Verhinderung der Durchsetzung von durch Täuschung erlangten Forderungen an.
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Die Beklagte war auch nicht deswegen vorrangig zur Beschreitung des Rechtsweges gehalten, weil ihr als Verbraucherverband zur Verfolgung von Verbraucherinteressen eine Klagemöglichkeit eingeräumt ist (§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG, § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG). Die Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG steht Verbraucherverbänden vielmehr unabhängig von der Möglichkeit zur Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe zu.
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Gleichwohl ist ein Verbraucherverband vor einer Aufforderung zur Kontokündigung grundsätzlich gehalten, die Verbraucherinteressen durch Beschreitung des Rechtswegs zu schützen, weil das mit dem Aufruf verfolgte Ziel der Kontokündigung Unternehmen wie die Klägerin in ihrer wirtschaftlichen Betätigung besonders einschneidend trifft. Über das Girokonto eines Unternehmens wird regelmäßig auch Zahlungsverkehr abgewickelt, der auf rechtlich nicht zu beanstandende Geschäftstätigkeit zurückgeht. Die besondere Bedeutung der Kontoverbindung für die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Ausübung eines Geschäftsbetriebs wird deshalb im Regelfall zur Annahme der Unverhältnismäßigkeit des Aufrufs zur Kontokündigung führen, wenn die durch den Aufruf geschützten Interessen auch im Klagewege durchgesetzt werden können. Etwas anderes gilt aber, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die das Interesse des Unternehmens an der Erhaltung der Kontoverbindung als nicht hinreichend schutzbedürftig erscheinen lassen. Solche Umstände liegen im Streitfall vor. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass das gesamte Verhalten der Klägerin nur so gewertet werden kann, dass sie sich bewusst an der Durchsetzung eines auf systematische Täuschung des Verbrauchers angelegten Geschäftsmodells der Firma W. beteiligt hat.
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Damit kommt im Streitfall der Meinungsäußerungsfreiheit der Beklagten der Vorrang vor den Interessen der Klägerin zu.
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II. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Das Berufungsgericht hat unter Bezugnahme auf das landgerichtliche Urteil angenommen, dass Ansprüche der Klägerin aus Vorschriften des UWG, aus § 824 BGB und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 186, 187 StGB nicht bestehen. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Revisionserwiderung wendet sich dagegen auch nicht.
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III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben. Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei der Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts ist zurückzuweisen.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Beklagte hat nach Verkündung des Revisionsurteils - das Urteil ist gemäß § 310 Abs. 1 ZPO in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet worden - und vor seiner vollständigen Abfassung die Berichtigung des Rubrums der Firma, der Vertretungsverhältnisse und des Sitzes der Klägerin beantragt. Der Senat hat die Änderung des Rubrums nach Anhörung der Klägerin in entsprechender Anwendung des § 319 ZPO vorgenommen, weil die Voraussetzungen einer offenbaren Unrichtigkeit des bisherigen Rubrums vorliegen und die Berichtigung in einem gesonderten Beschluss nicht prozessökonomisch ist.