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Wirtschaftsrecht
18.07.2013
Wirtschaftsrecht
KG Berlin: Zulässigkeit der Löschung des Widerspruchs gegen eine Gesellschafterliste

KG Berlin, Beschluss vom 17. 5. 2013 - 12 W 30/12


Leitsätze


1. Die Löschung des Widerspruchs gegen eine Gesellschafterliste ist als "actus contrarius" zur Zuordnungsmöglichkeit des § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG zulässig.


2. Ein "einfacherer Weg" durch Einreichung einer neuen Gesellschafterliste besteht nicht.


Aus den Gründen


1          A. Das Gesellschaftskapital der Beteiligten zu 1) gliedert sich in zwei Anteile zu je 12.500 €. Eigentümer waren ursprünglich die Herren M... und S... W... , die Beteiligten zu 2) und 3). Diese haben ihren jeweiligen Geschäftsanteil mit Urkunde des Notars Dr. ... K... - UR-Nr. 77/2011 - am 28. Juli 2011 an die ... L ... Management und Beteiligungs GmbH (Beteiligte zu 4) verkauft und nach Eintritt der aufschiebenden Bedingung abgetreten. Im Hinblick auf die in der Urkunde ebenfalls vereinbarte aufschiebend bedingte Rückabtretung bewilligten und beantragten die Verkäufer und die Käuferin, der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste vom 11. August 2011 einen Widerspruch zugunsten der Verkäufer zuzuordnen. Dies erfolgte antragsgemäß.


2          Mit Schreiben vom 30. November 2011 überreichte der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführer die Erklärung der Verkäufer und der Käuferin vom 28. Juli 2011, worin sowohl die Verkäufer als auch die Käuferin die Löschung des Widerspruchs beantragten.


3          Mit Beschluss vom 19. Januar 2012 wies das Registergericht den Antrag auf Löschung des Widerspruchs zurück. Weder das GmbHG noch die Handelsregisterverfügung sähen die Löschung eines einmal zugeordneten Widerspruchs zur Gesellschafterliste vor. Im Verhältnis zur Gesellschaft gelte derjenige als Gesellschafter, der in der zum Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste aufgenommen sei. Diese Wirkung werde auch durch den Widerspruch nicht zerstört. Veränderungen im Gesellschafterbestand seien unverzüglich durch Einreichung einer neuen Gesellschafterliste zu dokumentieren. Die Löschung eines einmal zugeordneten Widerspruchs scheide auch deshalb aus, weil er Aktenbestandteil geworden sei.


4          Gegen den ihm am 24. Januar 2012 zugestellten Beschluss hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 2. bis 4. mit beim Amtsgericht Charlottenburg am 27. Januar 2012 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage Beschwerde eingelegt. Da die Regelung des § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG dem § 899 BGB nachgebildet sei, erfolge eine Löschung des Widerspruchs u.a. auf Bewilligung der Widerspruchsberechtigten. Es könne nicht in der Macht des Geschäftsführers liegen, einem Widerspruch durch Einreichen einer neuen Gesellschafterliste abzuhelfen.


5          Das Amtsgericht Charlottenburg hat der Beschwerde mit Beschluss vom 10. Februar 2012 nicht abgeholfen und die Akten dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt.


6Mit Beschluss vom 01. Februar 2013 hat das Amtsgericht Charlottenburg - 36b IN 4782/12 - über das Vermögen der Beteiligten zu 1. das Insolvenzverfahren eröffnet und zugleich die Eigenverwaltung durch die Schuldnerin gemäß § 270 InsO angeordnet.


7          B. Die Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.


8          I) Die Beschwerde ist zulässig. Zwar ist über das Vermögen der Beteiligten zu 1. das Insolvenzverfahren eröffnet mit der Folge, dass die Gesellschaft gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG aufgelöst ist. Der Eröffnungsbeschluss beseitigt jedoch nicht die Fähigkeit der Gesellschaft, Träger von Rechten und Pflichten und parteifähig zu sein (Baumbach/Hueck/Haas, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 60 Rn. 42). In der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung bleibt etwa die Zustimmung zu Anteilsübertragungen (Baumbach/Hueck/Haas, a.a.O., § 60 Rn. 53), folglich auch die Bewilligung der Löschung eines der aktuellen Gesellschafterliste im Handelsregister zugeordneten Widerspruchs. Die Beschwerde ist auch nach §§ 63, 64 FamFG form- und fristgemäß eingelegt. Die Beschwerdeführer sind nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdebefugt, nachdem die durch die Eintragung des Widerspruchs begünstigten Beteiligten zu 2. und 3. durch die Ablehnung der Löschung durch das Amtsgericht Charlottenburg eine von ihnen nicht gewünschte Rechtsposition beibehalten müssen, die Beteiligte zu 4. aber die Löschung eines ihre Rechtsposition als Eigentümerin beeinträchtigenden Widerspruchs nicht erreichen kann.


9Den Beschwerdeführern steht auch ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Insbesondere ist es - entgegen der Ansicht des Amtsgerichts Charlottenburg - kein für die Beschwerdeführer vorzuziehender oder gegebenenfalls einfacherer Weg, eine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen. Nach § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG haben die Geschäftsführer unverzüglich nach Wirksamwerden jeder Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung eine von ihnen unterschriebene neue Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen (BGH, Beschluss vom 20.09.2011, II ZB 17/10, zitiert nach juris, Rn. 11). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Alleinige Gesellschafterin der Beteiligten zu 1. bleibt die Beteiligte zu 4., nachdem diese mit Abtretungsvereinbarung vom 28. Juli 2011 von den Beteiligten zu 2. und 3. deren Gesellschaftsanteile erhalten hatte. Die somit korrekte Gesellschafterliste wird nicht etwa dadurch falsch, dass die früheren Gesellschafter und die jetzige Gesellschafterin die Löschung eines zugunsten der Erstgenannten eingetragenen Widerspruchs vereinbart, bewilligt und beim Handelsregister beantragt haben. Die Beteiligte zu 4. bleibt vielmehr alleinige Gesellschafterin.


10        II) Die Beschwerde ist auch begründet.


11        Gemäß § 16 Abs. 3 S. 3 2. Alt. GmbHG ist der gutgläubige Erwerb eines Gesellschaftsanteils nicht möglich, wenn der Gesellschafterliste ein Widerspruch zugeordnet ist. Die Zuordnung eines Widerspruchs erfolgt gemäß § 16 Abs. 3 S. 4 2. Alt GmbHG aufgrund der Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet. Hier hatte die Beteiligte zu 4. als Erwerberin der Geschäftsanteile aufgrund einer aufschiebend bedingten Rückübertragungsvereinbarung zugunsten der Beteiligten zu 2. und 3. als Veräußerern am 28. Juli 2011 die Zuordnung eines Widerspruchs gegen die sie als alleinige Anteilseignerin ausweisende Gesellschafterliste bewilligt.


12        Ob überhaupt ein aufschiebend bedingt abgetretener Geschäftsanteil nach § 161 Abs. 3 BGB i.V.m. § 16 Abs. 3 GmbHG vor Bedingungseintritt von einem Zweitgläubiger gutgläubig erworben werden kann (ablehnend BGH, Beschluss vom 20.09.2011, II ZB 17/10, zitiert nach juris, Rn. 14) und deshalb möglicherweise kein praktisches Bedürfnis für die Eintragung dieser Zuordnung eines Widerspruchs in das Handelsregister besteht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Im vorliegenden Fall ist der Widerspruch nämlich bereits eingetragen und seine Löschung sowohl von der Beteiligten zu 4. als Anteilseignerin als auch von den Beteiligten zu 2. und 3. als vormaligen Anteilseignern vereinbart und bewilligt worden.


13        Zwar ist die Löschung des Widerspruchs nicht ausdrücklich in § 16 Abs. 3 GmbHG geregelt. Auch kommt eine Löschung nach § 395 FamFG auf eine entsprechende Anregung der Beteiligten zu 2. bis 4. nicht in Betracht, weil die zum Registergericht einzureichenden Listen, wie die Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG keine Eintragungen darstellen (Keidel/Heinemann, FamFG, 17. Aufl. 2011, § 395 Rn. 4; vgl. auch Baumbach/Zöllner/Noack, a.a.O., § 40 Rn. 77), weshalb auch eine Amtslöschung analog §§ 393 ff. FamFG ausscheidet (Baumbach/Zöllner/Noack, a.a.O., Rn. 78) .


14        Jedoch ist die Löschung des Widerspruchs als „actus contrarius" zur Zuordnungsmöglichkeit des § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG zulässig. Voraussetzung ist allerdings in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens aus § 19 GBO, dass der Berechtigte die Löschung des zu seinen Gunsten eingetragenen Widerspruchs bewilligt hat (so im Ergebnis auch Scholz/Seibt, GmbHG, 11. Aufl. 2012, § 16 Rn. 97; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 18. Aufl. 2012, § 16 Rn. 75). Die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste, der kein Widerspruch zugeordnet wäre, kommt demgegenüber nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG nicht vorliegen (vgl. oben) und die Gesellschafterliste unverändert richtig bleibt.


15        Hier haben die Beteiligten zu 2. und 3. ihr Einverständnis mit der Löschung des zu ihren Gunsten eingetragenen Widerspruchs erklärt, so dass das Amtsgericht Charlottenburg diesen Widerspruch zu löschen hat.

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