BGH: Zu den von Amts wegen zu prüfenden besonderen Verfahrensvoraussetzungen des Aufhebungsverfahrens gem. § 1059 ZPO
BGH, Beschluss vom 11.7.2024 – I ZB 34/23
ECLI:DE:BGH:2024:110724BIZB34.23.0
Volltext: BB-Online BBL2024-1857-4
unter www.betriebs-berater.de
Amtliche Leitsätze
a) Zu den von Amts wegen zu prüfenden besonderen Verfahrensvoraussetzungen des Aufhebungsverfahrens gemäß § 1059 ZPO zählt hinsichtlich der formalen An forderungen an einen Schiedsspruch jedenfalls das in § 1054 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgesehene Erfordernis der Unterzeichnung des Schiedsspruchs und die unter den Voraussetzungen des § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO erforderliche Angabe des Grundes für das Fehlen einer Unterschrift. Ein Schiedsspruch, der diese formalen Voraussetzungen nicht erfüllt, ist kein Schiedsspruch im Sinn des § 1059 Abs. 1 ZPO, gegen den ein Aufhebungsantrag gerichtet werden kann.
b) Der Vermerk "Unterschrift konnte nicht erlangt werden" gibt einen Grund für das Fehlen der Unterschrift an und genügt danach den inhaltlichen Anforderungen des § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
c) An den Vermerk über den Grund für das Fehlen einer Unterschrift gemäß § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO sind keine besonderen formalen Anforderungen zu stellen. Insbesondere muss der Vermerk nicht gesondert unterschrieben werden.
§ 1054 Abs 1 S 1 ZPO, § 1054 Abs 1 S 2 ZPO, § 1059 Abs 1 ZPO
Aus den Gründen
A. Die Antragstellerin erwarb von der Antragsgegnerin mit drei separaten Asset Purchase Agreements (APA) vom 13. Oktober 2017 sieben Geschäftsbereiche, für die von der Antragsgegnerin je ein Financial Fact Book (FFB) erstellt worden war. In dem jeweils wortidentischen Abschnitt 3.7 der APA übernahm die Antragsgegnerin eine Gewährleistung für die FFB. Die ebenfalls wortidentischen Abschnitte 7.12 (a) und (c) der APA enthalten eine Schiedsklausel und lauten in deutscher Übersetzung wie folgt:
7.12 (a)
Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit
Sämtliche strittigen Schadensersatzforderungen gemäß diesem Artikel VII werden durch ein Schiedsverfahren endgültig entschieden, das vom Internationalen Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer (ICC) gemäß dessen Schiedsordnung verwaltet wird. Die Anzahl der Schiedsrichter beträgt drei, von denen jeweils einer von den Parteien benannt wird und der dritte von den Mitschiedsrichtern einvernehmlich ausgewählt wird, wenn möglich innerhalb von dreißig (30) Tagen nach Auswahl des zweiten Schiedsrichters und danach durch die ICC.
7.12 (c)
Der Sitz des Schiedsgerichts ist in Frankfurt am Main, Deutschland, und die Verfahrenssprache ist Englisch.
2 Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Antragsgegnerin habe die für die FFB übernommene Gewährleistung verletzt. Mit ihrer Schiedsklage verlangte sie die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1,6 Mrd. €. Als Schiedsrichter benannte die Antragstellerin P. F. , die Antragsgegnerin nominierte R. B. D. . Zum Vorsitzenden wurde Prof. Dr. S. H. E. bestellt.
3 Mit Endschiedsspruch vom 10. August 2022 wies das Schiedsgericht die Klage der Antragstellerin ab und verurteilte sie zur Erstattung der Kosten des Schiedsverfahrens in Höhe von 1.025.025,30 € sowie der Rechtsverfolgungs- und sonstigen Kosten in Höhe von 14 Mio. € (Ziffern 1 bis 3 des Tenors). Auf der letzten Seite des Schiedsspruchs findet sich unter der Orts- und Datumsangabe die Angabe "The Arbitral Tribunal". Darunter befinden sich zwei Unterschriftsfelder für die Schiedsrichter P. F. und R. B. D. sowie mittig darunter eine Unterschriftszeile für den Vorsitzenden Schiedsrichter ("President") Prof. Dr. S. H. E. . Die Unterschriften von R. B. D. und Prof. Dr. S. H. E. sind auf den Unterschriftszeilen wiedergegeben. Die Unterschrift des Schiedsrichters P. F. fehlt. Unterhalb seines vorgedruckten Namens und der Bezeichnung "Co-Arbitrator" heißt es in einem gedruckten Klammerzusatz "signature could not be obtained".
4 Die Antragstellerin ist der Ansicht, der Schiedsspruch beruhe auf einer mehrfachen Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Auch sei kein Grund für die fehlende Unterschrift des Schiedsrichters F. angegeben, weshalb kein wirksamer Schiedsspruch vorliege. Sie rügt zudem, der Schiedsrichter F. habe bei der Abstimmung über den Schiedsspruch nicht mitgewirkt. Die Antragstellerin hat die Aufhebung des Schiedsspruchs beantragt. Für den Fall der Unzulässigkeit des Aufhebungsantrags hat sie hilfsweise beantragt, die Unwirksamkeit des Schiedsspruchs festzustellen.
5 Das Oberlandesgericht hat den Aufhebungsantrag als unzulässig verworfen und dem Hilfsantrag stattgegeben (OLG Frankfurt am Main, GmbHR 2023, 921). Mit ihrer dagegen gerichteten Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Hauptantrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs weiter. Die Antragsgegnerin begehrt mit ihrer Rechtsbeschwerde die Zurückweisung auch des Hilfsantrags. Beide Parteien beantragen, die Rechtsbeschwerde der jeweils anderen Partei zurückzuweisen.
6 B. Das Oberlandesgericht hat angenommen, der Aufhebungsantrag sei unzulässig, weil der "Endschiedsspruch" vom 10. August 2022 in der vorliegenden Fassung keinen der Aufhebung nach § 1059 ZPO zugänglichen Schiedsspruch darstelle. Ob ein mit dem Aufhebungsantrag angreifbarer Schiedsspruch vorliege, sei eine von Amts wegen zu prüfende besondere Prozessvoraussetzung. Im Streitfall fehle es an der erforderlichen Angabe eines Grundes für das Fehlen der Unterschrift im Sinn von § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Aus dem Vermerk "signature could not be obtained" gehe nur hervor, dass eine Unterschrift nicht habe erlangt werden können. Offen bleibe, warum die Unterschrift des Schiedsrichters P. F. nicht habe erlangt werden können. Insbesondere sei nicht ersichtlich, ob dem Schiedsrichter die Unterschriftsleistung aus einem bestimmten Grund wie Krankheit oder Ortsabwesenheit nicht möglich gewesen sei oder ob er die Unterschriftsleistung verweigert habe. Das Fehlen der erforderlichen Anzahl von Unterschriften stelle keinen Aufhebungsgrund im Sinn des § 1059 Abs. 2 ZPO dar. Da die Regelungen der Förmlichkeiten in § 1054 Abs. 1 ZPO zwingend seien, sei das Dokument nicht als Schiedsspruch im Sinn des 10. Buchs der Zivilprozessordnung zu betrachten. Ein Antrag nach § 1059 Abs. 1 ZPO sei erst ab Nachholung der Unterschrift oder einer Angabe des Grundes für das Fehlen der Unterschrift statthaft. Vor diesem Zeitpunkt sei er als unzulässig zu verwerfen.
7 Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag sei zulässig und begründet. Das Oberlandesgericht sei in entsprechender Anwendung des § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO zuständig. Das rechtliche Interesse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO sei im Streitfall gegeben, weil ein Antrag nach § 1059 ZPO unzulässig sei. Der Feststellungsantrag sei begründet, weil der angebliche "Schiedsspruch" (derzeit) unwirksam sei.
8 C. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde der Antragstellerin ist zulässig (dazu C I) und begründet (dazu C II). Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin ist ebenfalls zulässig und begründet (dazu C III).
9 I. Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 ZPO statthaft und wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt (§ 575 ZPO).
10 II. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Oberlandesgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Einhaltung der Voraussetzungen des § 1054 Abs. 1 ZPO als Sachentscheidungsvoraussetzungen eines Aufhebungsverfahrens nach § 1059 ZPO von Amts wegen zu prüfen sind (dazu C II 1). Der streitgegenständliche Schiedsspruch erfüllt jedoch entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts die inhaltlichen (dazu C II 2) ebenso wie die formalen Anforderungen (dazu C II 3) des § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Ob bei Zweifeln am Vorliegen eines Schiedsspruchs auch ein Antrag auf Feststellung, dass kein Schiedsspruch im Sinn des § 1059 Abs. 1 ZPO vorliegt, zulässig ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung (dazu C II 4).
11 1. Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Unterzeichnung des Schiedsspruchs durch die Schiedsrichter gemäß § 1054 Abs. 1 ZPO eine Sachentscheidungsvoraussetzung für den Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO darstellt und von Amts wegen zu prüfen ist.
12 a) Nach § 1059 Abs. 1 ZPO kann gegen einen Schiedsspruch nur der Antrag auf gerichtliche Aufhebung nach den Absätzen 2 und 3 gestellt werden. Aus der systematischen Stellung der Vorschrift im Siebten Abschnitt des 10. Buchs der Zivilprozessordnung "Rechtsbehelf gegen den Schiedsspruch" ergibt sich, dass der Aufhebungsantrag gegen einen im schiedsrichterlichen Verfahren im Sinn der §§ 1025 ff. ZPO erlassenen (inländischen) Schiedsspruch zu richten ist. Ob ein mit dem Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO angreifbarer Schiedsspruch vorliegt, ist eine von Amts wegen zu prüfende besondere Verfahrensvoraussetzung des Aufhebungsverfahrens (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2004 - III ZB 53/03, BGHZ 159, 207 [juris Rn. 15]).
13 b) Zu den danach von Amts wegen zu prüfenden besonderen Verfahrensvoraussetzungen des Aufhebungsverfahrens zählen hinsichtlich der formalen Anforderungen an einen Schiedsspruch jedenfalls das in § 1054 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgesehene Erfordernis der Unterzeichnung des Schiedsspruchs und die unter den Voraussetzungen des § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO erforderliche Angabe des Grundes für das Fehlen einer Unterschrift. Ein Schiedsspruch, der diese formalen Voraussetzungen nicht erfüllt, ist kein Schiedsspruch im Sinn des § 1059 Abs. 1 ZPO, gegen den ein Aufhebungsantrag gerichtet werden kann.
14 aa) Vorschriften über die Form und den Inhalt des Schiedsspruchs finden sich seit der Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts durch Gesetz vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3224) in § 1054 ZPO. Nach § 1054 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist der Schiedsspruch schriftlich zu erlassen und durch den Schiedsrichter oder die Schiedsrichter zu unterschreiben. § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO sieht vor, dass in schiedsrichterlichen Verfahren mit mehr als einem Schiedsrichter die Unterschriften der Mehrheit aller Mitglieder des Schiedsgerichts genügen, sofern der Grund für eine fehlende Unterschrift angegeben wird. Die Regelungen in § 1054 Abs. 2 und 3 ZPO sehen eine grundsätzliche Begründungspflicht für den Schiedsspruch sowie die Angabe von Erlassdatum und Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens vor. Nach § 1054 Abs. 4 ZPO ist jeder Partei ein von den Schiedsrichtern unterschriebener Schiedsspruch zu übermitteln. Die Vorschrift des § 1054 ZPO stimmt weitgehend mit Art. 31 des UNCITRAL-Modellgesetzes (ModG) über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit überein (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts, BT-Drucks. 13/5274, S. 55).
15 Zuvor regelte § 1039 ZPO die Form und den Inhalt von Schiedssprüchen. Die bis zum 31. August 1986 geltende Fassung dieser Vorschrift bestimmte, dass der Schiedsspruch unter Angabe des Tages der Abfassung von den Schiedsrichtern zu unterschreiben, den Parteien in einer von den Schiedsrichtern unterschriebenen Ausfertigung zuzustellen und unter Beifügung der Beurkundung der Zustellung auf der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts niederzulegen war. Diese Fassung des § 1039 ZPO, die keine Ausnahme vom Unterschriftserfordernis vorsah, wurde durch das Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25. Juli 1986 (BGBl. I S. 1142) neugefasst, um die Förmlichkeiten des Schiedsspruchs den Erfordernissen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit anzupassen (vgl. BT-Drucks. 13/5274, S. 55).
16 Nach § 1039 Abs. 1 Satz 1 ZPO in der vom 1. September 1986 bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung (ZPO aF) war der Schiedsspruch unter Angabe des Tages der Abfassung von den Schiedsrichtern zu unterschreiben. § 1039 Abs. 1 Satz 2 ZPO aF regelte für Schiedsgerichte mit mehr als zwei Mitgliedern den Fall, dass von einem Schiedsrichter, obwohl er an der Abstimmung über den Schiedsspruch mitgewirkt hatte, die Unterschrift nicht zu erlangen war. In diesem Fall reichte die Unterschrift der übrigen Schiedsrichter aus; der Vorsitzende hatte unter dem Schiedsspruch zu vermerken, dass die Unterschrift des einen Schiedsrichters nicht zu erlangen war. Nach § 1039 Abs. 2 ZPO aF war der Schiedsspruch den Parteien grundsätzlich in einer Ausfertigung zuzustellen und nach § 1039 Abs. 3 Satz 1 ZPO aF auf der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts niederzulegen.
17 bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der bis zum 31. August 1986 geltenden Fassung des § 1039 ZPO bildeten die dort festgelegten förmlichen Erfordernisse der Unterzeichnung, Zustellung und Niederlegung des Schiedsspruchs die Voraussetzungen dafür, dass der Schiedsspruch unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils erlangte, und waren von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzungen der (damaligen) Aufhebungsklage (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 1979 - III ZR 25/77, DB 1980, 201 [juris Rn. 16]; Urteil vom 11. November 1982 - III ZR 77/81, BGHZ 85, 288 [juris Rn. 9]; Urteil vom 26. September 1985 - III ZR 16/84, BGHZ 96, 40 [juris Rn. 14]; vgl. bereits RG, Urteil vom 5. November 1881 - I 595/81, RGZ 5, 397, 400; Urteil vom 29. Oktober 1901 - VII 278/01, RGZ 49, 409, 410). Die Erfüllung der Formerfordernisse verbürgte die Authentizität des Schiedsspruchs und den förmlichen Abschluss des Verfahrens (vgl. BGHZ 96, 40 [juris Rn. 14]).
18 cc) Diese Rechtsprechung ist jedenfalls auf das Erfordernis der Unterschrift und der Angabe des Grundes für das Fehlen einer Unterschrift gemäß § 1054 Abs. 1 ZPO zu übertragen. Ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen, ist als Sachentscheidungsvoraussetzung des Aufhebungsantrags von Amts wegen zu prüfen (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Juni 2006 - 34 SchH 11/05, juris Rn. 43 f.; OLG München, SchiedsVZ 2010, 169 [juris Rn. 32]; SchiedsVZ 2013, 231 [juris Rn. 84 f.]; OLG München, ZfIR 2018, 493 [juris Rn. 27]; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Mai 2020 - 26 Sch 7/19, juris Rn. 55; Beschluss vom 8. September 2022 - 26 Sch 16/21, juris Rn. 50; zum Antrag auf Vollstreckbarerklärung vgl. OLG Köln, Beschluss vom 18. September 2015 - 19 Sch 7/15, juris Rn. 5; Beschluss vom 30. Dezember 2015 - 19 Sch 27/14, juris Rn. 37; BayObLG, Beschluss vom 28. Juni 2022 - 101 Sch 120/21, juris Rn. 53; Beschluss vom 7. Dezember 2022 - 101 Sch 76/22, juris Rn. 56 und 59; Beschluss vom 20. Januar 2023 - 102 Sch 115/21, juris Rn. 123; aA OLG Köln, SchiedsVZ 2004, 269 [juris Rn. 5], kritisch dazu Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl. Rn. 1748; vgl. auch von Schlabrendorff/Sessler in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento, 2. Aufl., § 1054 Rn. 23; Nordmeier in Thomas/Putzo, ZPO, 45. Aufl., § 1054 Rn. 10; Schütze in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl., § 1054 Rn. 8; Saenger/Saenger, ZPO, 10. Aufl., § 1054 Rn. 1; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 1054 Rn. 2; Zöller/Geimer, ZPO, 35. Aufl., § 1054 Rn. 1; BeckOK.ZPO/Wilske/Markert, 52. Edition [Stand 1. März 2024], § 1054 Rn. 10a).
19 (1) Erst mit der Unterzeichnung des Schiedsspruchs durch die Schiedsrichter in der Form des § 1054 Abs. 1 ZPO wird das Abstimmungsergebnis für sie untereinander bindend (vgl. Voit in Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl., § 1054 Rn. 10; Zöller/Geimer aaO § 1054 Rn. 7; Nordmeier in Thomas/Putzo aaO § 1054 Rn. 6; von Schlabrendorff/Sessler in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento aaO § 1054 Rn. 22; zu der sich ebenfalls an Art. 31 ModG orientierenden Regelung des § 606 Abs. 1 öZPO vgl. Hausmaninger in Fasching/Konecny, ZPO, 2. Aufl., § 606 Rn. 64). Bis zur letzten Unterschrift ist das Schiedsgericht an den Schiedsspruch nicht gebunden, das Schiedsverfahren nicht beendet und kann die getroffene Entscheidung noch abgeändert werden. Das gilt auch dann, wenn der nicht vorschriftsmäßig unterschriebene Schiedsspruch bereits bekannt geworden ist (vgl. OLG Düsseldorf, SchiedsVZ 2008, 156 [juris Rn. 104]; OLG München, Beschluss vom 30. September 2020 - 34 Sch 13/18, juris Rn. 33; zu § 1039 ZPO vgl. auch RG, Urteil vom 16. November 1911 - VII 168/11, RGZ 77, 315, 316).
20 (2) Darüber hinaus übernehmen die Schiedsrichter mit ihrer Unterschrift die Verantwortung, dass der Schiedsspruch dem Ergebnis der Beratungen in der Sache entspricht (vgl. OLG München, SchiedsVZ 2013, 231 [juris Rn. 85], dazu Münch, SchiedsVZ 2013, 231, 236; OLG München, Beschluss vom 30. September 2020 - 34 Sch 13/18, juris Rn. 30) und erkennen ihn als finales Ergebnis des Schiedsverfahrens an (vgl. BeckOK.ZPO/Wilske/Markert aaO Rn. 10a; MünchKomm.ZPO/Münch, 6. Aufl., § 1054 Rn. 9). Diesem Zweck dient auch die Angabe des Grundes für das Fehlen einer Unterschrift nach § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO, mit der kenntlich gemacht wird, dass die Unterschrift nicht lediglich versehentlich fehlt und es sich tatsächlich um das finale Ergebnis des Schiedsverfahrens handelt.
21 (3) Die Einhaltung der Form des § 1054 Abs. 1 ZPO ist daher erforderlich, um dem Schiedsspruch gemäß § 1055 ZPO unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils zu geben. Nur ein solcher Schiedsspruch kann Gegenstand eines Antrags nach § 1059 ZPO sein (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018 - I ZB 77/17, NJW-RR 2018, 1334 [juris Rn. 14]; Schütze in Wieczorek/Schütze aaO § 1054 Rn. 8; Nordmeier in Thomas/Putzo aaO § 1054 Rn. 10). Für den Eintritt der formellen Rechtskraft eines Schiedsspruchs müssen (jedenfalls) die Förmlichkeiten des § 1054 Abs. 1 ZPO gewahrt sein (vgl. BT-Drucks. 13/5274 S. 56; BeckOK.ZPO/Wilske/Markert aaO § 1055 Rn. 1.4; Voit in Musielak/Voit aaO § 1055 Rn. 3; Schlosser in Stein/Jonas aaO § 1055 Rn. 1; Schütze in Wieczorek/Schütze aaO § 1054 Rn. 8; Nordmeier in Thomas/Putzo aaO § 1055 Rn. 1; zu Art. 31 Abs. 1 ModG vgl. Bantekas in Bantekas/Ortolani/Ali/Gomez/Polkinghorne, UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration, S. 817).
22 dd) Eine fehlende oder nicht vorschriftsmäßige Unterschrift einschließlich der Angabe des Grundes für das Fehlen einer Unterschrift kann nachgeholt werden (vgl. OLG München, SchiedsVZ 2013, 230 [juris Rn. 85]; Nordmeier in Thomas/Putzo aaO § 1054 Rn. 10; Voit in Musielak/Voit aaO § 1054 Rn. 6; BeckOK.ZPO/Wilske/Markert aaO § 1054 Rn. 10a; Zöller/Geimer aaO § 1054 Rn. 4; Schlosser in Stein/Jonas aaO § 1054 Rn. 12; von Schlabrendorff/Sessler in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento aaO § 1054 Rn. 18 und 23; aA - allerdings ohne Begründung - Lachmann aaO Rn. 1753). Soweit die Antragstellerin dem entgegenhält, im Streitfall könne das Schiedsgericht nicht mehr unbefangen entscheiden, weil es das rechtliche Gehör der Antragstellerin im Schiedsverfahren verletzt habe und zwei der drei Schiedsrichter diese Gehörsrechtsverletzungen mit ihren Unterschriften perpetuiert hätten, betrifft diese Rüge allein die Begründetheit eines - gegen einen Schiedsspruch im Sinn des § 1059 Abs. 1 ZPO gerichteten - Aufhebungsantrags.
23 2. Der streitgegenständliche Schiedsspruch erfüllt entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts die inhaltlichen Anforderungen des § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO an die Angabe eines Grundes für die fehlende Unterschrift des Schiedsrichters P. F. .
24 a) Das Oberlandesgericht hat angenommen, ein Vermerk gemäß § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO sei ordnungsgemäß, wenn er - wie bei § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO - die Tatsache der Verhinderung und deren Grund enthalte, ohne dass detaillierte Angaben erforderlich seien. Eine teleologische Auslegung führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Vorschrift des § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO diene nicht allein der Abgrenzung des Schiedsspruchs zu einem Entwurf. Die Bestimmung solle auch sicherstellen, dass die unterzeichnenden Schiedsrichter die persönliche und rechtliche Verantwortung für den Schiedsspruch, insbesondere für dessen ordnungsgemäßes Zustandekommen übernähmen. Darüber hinaus werde mit der Unterschrift dokumentiert, dass der Schiedsspruch dem Ergebnis der Beratungen in der Sache entspreche. Soweit die Antragsgegnerin auf eine historische Auslegung abstelle und meine, dass § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO im Vergleich zu § 1039 ZPO aF nach dem Willen des Gesetzgebers (nur) Erleichterungen enthalte, treffe dies nicht zu. Die Vorschrift habe im Vergleich zu § 1039 ZPO aF eine Reihe von Erleichterungen gebracht. Soweit § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO erstmals auch die Ersetzung der Unterschrift des Vorsitzenden zugelassen habe, seien jedoch mit der Anlehnung an § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Anforderungen gegenüber der Vorgängerregelung erhöht worden; nunmehr sei auch ein Grund für eine fehlende Unterschrift anzugeben.
25 b) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der streitgegenständliche Vermerk erfüllt die inhaltlichen Anforderungen des § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO an den anzugebenden Grund für das Fehlen einer Unterschrift.
26 aa) Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist "der Grund" für das Fehlen der Unterschrift anzugeben. Das ist hier der Fall. Mit dem Hinweis darauf, die Unterschrift habe nicht erlangt werden können ("signature could not be obtained"), wird der Grund für das Fehlen der Unterschrift im Sinn des § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO angegeben.
27 bb) Die historische Auslegung der Norm bestätigt dieses Ergebnis.
28 (1) § 1039 Abs. 1 Satz 2 ZPO aF sah vor, dass die Unterschrift der übrigen Schiedsrichter ausreicht, wenn das Schiedsgericht aus mehr als zwei Mitgliedern besteht und von einem Schiedsrichter, obwohl er an der Abstimmung über den Schiedsspruch mitgewirkt hat, die Unterschrift nicht zu erlangen war. Nach dieser Regelung hatte der Vorsitzende unter dem Schiedsspruch zu vermerken, dass die Unterschrift des einen Schiedsrichters nicht zu erlangen war. Die Vorschrift des § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO sieht nunmehr vor, dass der Grund für eine fehlende Unterschrift anzugeben ist. Nach der Gesetzesbegründung steht dieses Erfordernis im Einklang mit der Regelung des § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO für das Verfahren vor den staatlichen Gerichten (vgl. BT-Drucks. 13/5274, S. 55).
29 (2) Aus der Änderung des Wortlauts zu dem erforderlichen Vermerk für die fehlende Unterschrift - der Art. 31 Abs. 1 Satz 1 ModG entlehnt ist (vgl. BT-Drucks. 13/5274, S. 56) - folgt nicht, dass der zuvor von § 1039 Abs. 1 Satz 2 ZPO aF vorgeschriebene Vermerk, die Unterschrift sei nicht zu erlangen gewesen, nach § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht mehr ausreicht (aA Schlosser in Stein/Jonas aaO § 1054 Rn. 13). Der Vermerk gemäß § 1039 Abs. 1 Satz 2 ZPO aF stellt - wie ausgeführt (oben Rn. 26) - ebenfalls die Angabe eines Grundes für das Fehlen einer Unterschrift dar. Die Änderung des Wortlauts in § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO hat allein zur Folge, dass die Angabe des Grundes nicht mehr auf den Vermerk gemäß § 1039 Abs. 1 Satz 2 ZPO aF beschränkt ist, sondern nach § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO nunmehr auch andere Gründe für eine fehlende Unterschrift angeben werden können.
30 (3) Aus der Bezugnahme der Gesetzesbegründung auf § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO (BT-Drucks. 13/5274, S. 55) folgt nichts anderes. Sie erschöpft sich in einem Hinweis auf eine ähnliche Regelung für das Verfahren vor den staatlichen Gerichten. Ein weitergehender Gleichlauf der beiden Vorschriften scheitert bereits daran, dass § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO von einem "Verhinderungsgrund" und § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO (nur) von einem "Grund" spricht. Nach - soweit ersichtlich - einhelliger Meinung bedarf es deshalb beim Schiedsgericht - anders als beim staatlichen Gericht - auch keiner Verhinderung im Rechtssinn (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21. Januar 2016 - I ZR 90/14, GRUR 2016, 860 [juris Rn. 10 und 12] = WRP 2016, 1142 - Deltamethrin II). Vielmehr kann auch die Verweigerung der Unterschrift (vgl. BayObLG, Beschluss vom 7. Dezember 2022 - 101 Sch 76/22, juris Rn. 60; Voit in Musielak/Voit aaO § 1054 Rn. 6; Schütze in Wieczorek/Schütze aaO § 1054 Rn. 18; Schütze, NJW 2023, 819 Rn. 16) oder - wie hier - der Umstand, dass die Unterschrift nicht erlangt werden konnte, einen Grund gemäß § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO darstellen.
31 cc) Auch die teleologische Auslegung der Vorschrift zeigt, dass mit dem Vermerk, die Unterschrift habe nicht erlangt werden können, ein Grund gemäß § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO angegeben wird.
32 (1) Nach § 1054 Abs. 1 ZPO ist die Unterschrift der absoluten Mehrheit der Schiedsrichter erforderlich, aber auch ausreichend. Das dient dem Ziel, obstruktiven Schiedsrichtern die Möglichkeit zu nehmen, einen wirksamen Schiedsspruch zu verhindern (vgl. BT-Drucks. 13/5274, S. 56). Soweit nach § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO der Grund für eine fehlende Unterschrift anzugeben ist, soll damit (allein) kenntlich gemacht werden, dass die Unterschrift nicht (nur) versehentlich fehlt und es sich mithin um das finale Ergebnis des Schiedsverfahrens handelt (vgl. von Schlabrendorff/Sessler in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento aaO § 1054 Rn. 18). Ein darüber hinaus gehender Zweck für die Angabe des Grundes, der nur oder jedenfalls besser erreicht werden kann, wenn auch angegeben wird, weshalb die Unterschrift - wie im Streitfall - nicht erlangt werden konnte, ist nicht ersichtlich. Dem entspricht es, dass der angegebene Grund nicht auf seine Richtigkeit hin überprüft werden kann und ein diesbezüglicher Irrtum oder Fehler den Schiedsspruch unberührt lässt (vgl. MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1054 Rn. 17; Schlosser in Stein/Jonas aaO § 1054 Rn. 14; von Schlabrendorff/Sessler in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento aaO § 1054 Rn. 18).
33 (2) Die Neufassung des § 1054 ZPO sollte außerdem "weitere Erleichterungen" enthalten, die den Belangen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit Rechnung tragen sollten (vgl. BT-Drucks. 13/5274, S. 55). Auch das spricht dafür, dass mit der Neuformulierung in § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Angabe des Grundes nicht mehr - wie in § 1039 Abs. 1 Satz 2 ZPO aF - auf den Vermerk durch den Vorsitzenden, die Unterschrift habe nicht erlangt werden können, beschränkt sein sollte, sondern auch andere Gründe für das Fehlen der Unterschrift angegeben werden können sollten, ohne damit den in § 1039 Abs. 1 Satz 2 ZPO aF genannten Grund auszuschließen.
34 3. Der Vermerk in dem Schiedsspruch erfüllt auch die formalen Voraussetzungen des § 1054 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Insbesondere bedurfte es keiner gesonderten Unterzeichnung des Vermerks.
35 a) Das Oberlandesgericht hat offengelassen, ob der maschinenschriftliche Vermerk "signature could not be obtained" unzureichend ist, weil er nicht gesondert unterschrieben ist. Dagegen könne sprechen, dass die Bestimmung des § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO - anders als § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO oder § 275 Abs. 2 Satz 2 StPO - keine Vorgaben zu der Frage mache, wer den Grund für die fehlende Unterschrift anzubringen habe. Allerdings dürfte zumindest zu verlangen sein, dass aus dem Schiedsspruch ersichtlich sei, wer die Verantwortung für die Angabe des Verhinderungsgrundes übernommen habe.
36 b) Nach § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist der Grund für die fehlende Unterschrift anzugeben. Demgegenüber schreibt § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO für das Verfahren vor dem staatlichen Gericht vor, dass die Verhinderung eines Richters, die Unterschrift beizufügen, unter Angabe des Verhinderungsgrundes vom Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt wird.
37 c) Die Vorschrift des § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO enthält danach keine Vorgaben dazu, von wem und an welcher Stelle im Schiedsspruch der Grund für eine fehlende Unterschrift angegeben werden muss. Auch im Übrigen lassen sich § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO keine besonderen formalen Anforderungen entnehmen. Insbesondere muss der Vermerk nicht gesondert unterschrieben werden. Aus der Vorschrift ergibt sich auch nicht, dass die Unterschriften aller verbleibenden Schiedsrichter die Angabe des Grundes decken müssten (aA MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1054 Rn. 19). Das ist auch nach Sinn und Zweck der Regelung nicht zu verlangen. Die Angabe des Grundes soll lediglich nach außen kenntlich machen, dass die Unterschrift nicht nur versehentlich fehlt und es sich um das finale Ergebnis des Schiedsverfahrens handelt.
38 Ob mit dem Oberlandesgericht davon auszugehen ist, dass jedenfalls ersichtlich sein müsse, wer die Verantwortung für die Angabe des Grundes für das Fehlen der Unterschrift übernommen hat, kann dahinstehen. Im Streitfall deckt die Unterschrift des Vorsitzenden des Schiedsgerichts den Vermerk ab und zeigt damit, dass dieser die Verantwortung für ihn übernommen hat.
39 4. Da im Streitfall ein Schiedsspruch im Sinn des § 1059 Abs. 1 ZPO vorliegt, bedarf es keiner Entscheidung, ob mit Blick auf die aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgende Rechtsschutzgarantie (vgl. BVerfGE 88, 118 [juris Rn. 21]) bei Zweifeln am Vorliegen eines Schiedsspruchs auch ein Antrag auf Feststellung, dass kein Schiedsspruch im Sinn des § 1059 Abs. 1 ZPO vorliegt, zulässig ist.
40 III. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft (dazu C III 1) und auch im Übrigen zulässig (dazu C III 2); auch sie hat in der Sache Erfolg (C III 3).
41 1. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den vom Oberlandesgericht zuerkannten Hilfsantrag ist in entsprechender Anwendung von § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 ZPO statthaft.
42 a) Nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 1065 Abs. 1 Satz 1 ZPO findet die Rechtsbeschwerde gegen die in § 1062 Abs. 1 Nr. 2 und 4 ZPO genannten Entscheidungen statt. Dazu gehört nach § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 ZPO die Entscheidung über Anträge betreffend die Aufhebung nach § 1059 ZPO.
43 b) Die von der Antragsgegnerin mit ihrer Rechtsbeschwerde angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts über den Hilfsantrag betrifft keine Entscheidung über einen Antrag betreffend die Aufhebung nach § 1059 ZPO, sondern die Entscheidung über einen Antrag auf Feststellung, dass es sich nicht um einen Schiedsspruch nach § 1059 ZPO handelt. In diesem Fall ist die Rechtsbeschwerde jedoch in entsprechender Anwendung von § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 ZPO statthaft.
44 aa) Die für eine analoge Anwendung erforderliche planwidrige Regelungslücke ergibt sich daraus, dass im 10. Buch der Zivilprozessordnung allein Rechtsbehelfe betreffend Schiedssprüche im Sinn des § 1059 Abs. 1 ZPO geregelt sind. Im Streitfall geht es demgegenüber um den vom Gesetzgeber nicht gesehenen Fall einer Feststellungsentscheidung des Oberlandesgerichts in entsprechender Anwendung des § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 ZPO, dass es sich (gerade) nicht um einen Schiedsspruch im Sinn des § 1059 Abs. 1 ZPO handelt.
45 bb) Auch die für eine Analogie erforderliche vergleichbare Interessenlage liegt vor. Mit der Feststellung, dass es sich nicht um einen Schiedsspruch im Sinn des § 1059 Abs. 1 ZPO handelt, sind die Interessen der durch den Schiedsspruch begünstigten Partei in vergleichbarer Weise betroffen wie durch eine Aufhebung des Schiedsspruchs, weil sie ihr die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs versagt. Dies gilt unabhängig von der vom Senat offengelassenen Frage, ob der Feststellungsantrag zulässig ist (vgl. dazu Rn. 39).
46 2. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin ist wegen Grundsatzbedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) zulässig. Der Umstand, dass die von ihr aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen dazu, wie der Vermerk gemäß § 1054 Abs. 1 Satz 1 ZPO ausgestaltet sein muss, mit der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin geklärt sind, steht dem nicht entgegen. Das Rechtsmittelgericht darf ein von der Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine - vom Beschwerdeführer nicht veranlasste oder auch nur voraussehbare - Bearbeitungs- und Entscheidungsreihenfolge der Verfahren leerlaufen lassen. Das gilt auch für den hier vorliegenden Fall der Prüfungsreihenfolge beidseitig eingelegter Rechtsmittel (zum nachträglichen Wegfall des Zulassungsgrunds im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vgl. BVerfGK 18, 105 [juris Rn. 23]; Baumert, NZI 2020, 180, 182).
47 Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind erfüllt (§ 575 ZPO).
48 3. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache ebenfalls Erfolg. Das mit dem Hilfsantrag geltend gemachte und vom Oberlandesgericht zugesprochene Feststellungsbegehren, der Schiedsspruch sei unwirksam, ist (jedenfalls) unbegründet, weil es sich bei dem Schiedsspruch - wie unter C II 2 und 3 ausgeführt - um einen Schiedsspruch im Sinn des § 1059 Abs. 1 ZPO handelt.
49 D. Auf die Rechtsbeschwerden der Parteien ist die angefochtene Entscheidung danach insgesamt aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (vgl. § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO), weil das Oberlandesgericht die von der Antragstellerin geltend gemachten Aufhebungsgründe bislang nicht geprüft hat.