OLG Bremen: Zu den Voraussetzungen und zum Ausschluss einer Amtshaftung für den Erlass eines Leerverkaufsverbots durch die BaFin
OLG Bremen, Urteil vom 16.4.2025 – 1 U 53/24
Volltext: BB-Online BBL2025-1090-6
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Amtliche Leitsätze
1. Der Erlass eines Leerverkaufsverbots durch die BaFin nach Art. 20 Abs. 1 der VO (EU) Nr. 236/2012 (sog. Leerverkaufsverordnung) kann auf eine ernstzunehmende Bedrohung für das Marktvertrauen gestützt werden und setzt keine Bedrohung für die Finanzstabilität voraus.
2. Die Aufgaben und Befugnisse zum Erlass eines Leerverkaufsverbots werden nach der allgemeinen Regelung des § 4 Abs. 4 FinDAG durch die BaFin ausschließlich im öffentlichen Interesse wahrgenommen.
BGB § 839 , FinDAG § 4 Abs 4 , WpHG § 11 , EUV 236/2012 Art 20 , EUV 236/2012 Art 30 , EUV 918/2012 Art 24
Sachverhalt
I.
Die Klägerin nimmt die beklagte Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) aus übergegangenem Recht unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung und der unionsrechtlichen Staatshaftung auf Schadensersatz in Anspruch wegen geltend gemachter Pflichtverletzungen in Bezug auf deren Aufsicht über den Handel mit Aktien der inzwischen insolventen X. AG.
Der Beklagten, einer selbständigen Anstalt des öffentlichen Rechts, obliegt unter anderem die Aufsicht über die Einhaltung der Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) im Hinblick auf die Marktmissbrauchsüberwachung. In diesem Zusammenhang nahm die Beklagte auch Aufsichtsaufgaben in Bezug auf den Handel mit Aktien der inzwischen insolventen X. AG wahr, streitgegenständlich ist vorliegend ein am 18.02.2019 durch die Beklagte angeordnetes sogenanntes Leerverkaufsverbot sowie die Erstattung einer Strafanzeige am 10.04.2019 gegen Journalisten der Y., die zuvor negativ über die X. AG berichtet hatten.
Nach den unstreitigen Feststellungen des Landgerichts hatte die X. AG seit 2015 einen Großteil der in ihren Bilanzen ausgewiesenen Umsätze unter Vortäuschung angeblicher Geschäfte mit Drittpartnern fingiert. Tatsächlich erwirtschaftete das Unternehmen seit Jahren erhebliche Verluste. Die Veröffentlichung geschönter Zahlen sollte nach den Plänen der Verantwortlichen der X. AG gegenüber Banken und Anlegern suggerieren, es handle sich bei der X. AG um ein geschäftlich erfolgreiches und zahlungskräftiges Unternehmen.
Ende Januar 2019 erhielt die Beklagte einen anonymen Hinweis auf Unregelmäßigkeiten bei der Buchführung von Tochtergesellschaften der X. AG in Z., der von der Beklagten ausgewertet wurde. Am 30.01.2019 erschien der erste Artikel einer Artikelserie der Y. über Buchführungsmanipulationen im Zusammenhang mit der X. AG, was zu einem starken Einbruch des Aktienkurses führte. Die Beklagte leitete daraufhin eine Prüfung mit Blick u.a. auf eine etwaige Marktmanipulation im Zusammenhang mit der Berichterstattung und einer etwaigen "Short-Selling-Attacke" ein. Nach Beteiligung der Deutschen Bundesbank und unter Abstimmung mit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), welche am 17.02.2019 eine befürwortende Stellungnahme abgab, erließ die Beklagte am 18.02.2019 ein zweimonatiges Verbot der Begründung und Vergrößerung von Netto-Leerverkaufsoptionen ("Leerverkaufsverbot") betreffend Aktien der X. AG im Wege einer Allgemeinverfügung. Die Beklagte begründete ihre Allgemeinverfügung zum Erlass eines Leerverkaufsverbots damit, dass ungünstige Ereignisse bzw. Entwicklungen eingetreten seien, die eine ernstzunehmende Bedrohung für das Marktvertrauen in Deutschland darstellten. Die Beklagte stellte hierzu im Einzelnen auf das Zusammentreffen mehrerer Umstände ab, namentlich darauf, dass die X. AG-Aktie bereits in der Vergangenheit Ziel von sogenannten Short-Attacken gewesen sei, die jeweils von negativen Berichterstattungen in den Medien begleitet und begünstigt worden seien und bei denen Leerverkäufer durch das Eingehen entsprechender Positionen profitiert hätten. Diese Attacken hätten zu entsprechenden Kursrückgängen bei der X. AG-Aktie geführt und es seien hieraus auch Untersuchungen der Beklagten und der Strafverfolgungsbehörden unter anderem wegen Marktmanipulation resultiert. Die Beklagte führte zur Begründung der Allgemeinverfügung weiter aus, dass seit Ende Januar 2019 erneut verschiedene negative Presseberichte zu beobachten seien und dass zwischen dem 30.01.2019 und dem 15.02.2019 der Kurs der X. AG-Aktie beträchtlich eingebrochen sei, namentlich in zeitlicher Folge nach der Veröffentlichung der Vorwürfe, dass Mitarbeiter eines Tochterunternehmens der X. AG in Z. durch Buchführungsmanipulationen höhere Umsätze vorgetäuscht hätten. Die Beklagte führte weiter aus, dass diese Presseberichte mit verstärkten Netto-Leerverkaufspositionen und mit einer damit einhergehenden starken Volatilität der Aktie der X. AG zusammenfielen. Ab dem 01.02.2019 sei ein deutlicher Anstieg der Netto-Leerverkaufspositionen in Aktien der X. AG zu beobachten gewesen, der sich ab dem 07.02.2019 noch einmal deutlich verstärkt habe.
Am 10.04.2019 erstattete die Beklagte zudem Strafanzeige wegen des Verdachts auf Marktmanipulation u.a. gegen die Verfasser der Artikelserie der Y. Bereits am 08.04.2019 hatte die Beklagte auf eine kleine Anfrage im Deutschen Bundestag erklärt, ihre Untersuchungen in alle Richtungen zu führen, auch im Hinblick auf ein mögliches Fehlverhalten von Verantwortlichen der X. AG.
Unter dem 22.06.2020 gab der Vorstand der X. AG bekannt, dass die als Zahlungsmittel bilanzierten Bankguthaben der X. AG in einer Höhe von mehr als EUR 1,9 Milliarden mit überwiegender Wahrscheinlichkeit tatsächlich nicht existierten. Am 25.06.2020 stellte die X. AG einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Der Kurs der X. AG-Aktie an der Börse in Frankfurt fiel daraufhin von einem Wert von EUR 108,70 am 18.06.2020 auf nur noch EUR 1,42 am 26.06.2020 sowie auf EUR 1,15 am 25.08.2020, dem Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X. AG.
Der verstorbene Ehemann der Klägerin (nachfolgend: Erblasser), dessen Erbin die Klägerin ist, hatte am 22.02.2018 150 Aktien der X. AG zum Kurs von je EUR 100,- erworben und am 08.02.2019 weitere 50 Aktien zum Kurs von je EUR 115,50. Am 26.11.2020 veräußerte er die Aktien und erzielte dabei einen Erlös i.H.v. insgesamt EUR 742,73.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht behauptet, dass ein Short-Interesse bezüglich der Aktien der X. AG nicht gezielt im Vorfeld der Berichterstattung der Y. im Januar 2019 aufgebaut worden sei, sondern erst nach der Veröffentlichung, so dass die Beklagte hätte erkennen müssen, dass eine Marktmanipulation von Seiten Dritter ersichtlich nicht vorgelegen habe. Dies habe sich aus einem Artikel in der Y. vom 21.02.2019 ergeben und auch die Handelsüberwachungsstelle (HÜSt) der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) und der Eurex Deutschland hätten in ihrem Bericht vom 25.02.2019 lediglich eine schon ihrem Volumen nach unauffällige Optionsserie gemeldet. Die Deutsche Bundesbank habe in ihrem Zentralbereich Finanzstabilität zwar einen Anstieg der Nettoleerverkaufspositionen für die Aktien der X. AG aufgezeigt, der aber im Vergleich zu früheren Episoden mit hohen Nettoleerverkaufspositionen nicht ausgeprägt auffällig gewesen sei, zudem seien keine auffälligen Ansteckungseffekte zu anderen Finanzunternehmen und damit keine möglichen systemischen Risiken berichtet worden. Die Beklagte habe die ESMA nur einseitig und manipulativ informiert, indem sie ihr gegenüber ihre Absicht zum Erlass eines Leerverkaufsverbots mitgeteilt und dies mit möglichen Auswirkungen auf das Finanzsystem begründet habe und dabei auch eigene Ermittlungen gegen die X. AG wegen ihr vorgeworfener Marktmanipulation verschwiegen habe. In der Begründung des dann am 18.02.2019 erlassenen Leerverkaufsverbotes habe die Beklagte keine Feststellungen zu den gegenüber der ESMA behaupteten Auswirkungen auf das globale Finanzsystem getroffen und zudem entgegen ihren eigenen Erkenntnissen einen Zusammenhang zwischen der Berichterstattung der Y. und angeblichen Short-Attacken hergestellt. Mit ihrer Strafanzeige vom 10.09.2019 habe die Beklagte die mit dem Leerverkaufsverbot assoziierten Vorbehalte gegen die Berichterstattung der Y. nochmals bestärkt, was wiederum ein breites Echo in der deutschen und internationalen Presse gefunden habe.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht vorgetragen, dass die Beklagte bei Erlass des Leerverkaufsverbots sich bewusst der Erkenntnis verschlossen habe, dass es im Zusammenhang mit der Berichterstattung der Y. keine Short-Selling-Attacke gegen die Aktien der X. AG gegeben habe und auch unabhängig davon mangels Systemrelevanz der X. AG keine gesetzlich definierte Ausnahmesituation bestanden habe, in der ein Leerverkaufsverbot auf gesetzlicher Grundlage hätte verhängt werden können. Die Klägerin habe damit in dem Bewusstsein gehandelt, dass die gesetzlich geregelten Voraussetzungen für den Erlass des Leerverkaufsverbots nicht vorgelegen hätten, und sie habe den Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen. Leerverkäufe seien nicht zur Verhinderung marktmissbräuchlichen Verhaltens im Einzelfall zu verbieten, sondern diese Verbote zielten ausschließlich auf die Bewältigung systemischer Risiken ab.
Weiter hat die Klägerin vor dem Landgericht behauptet, dass das Leerverkaufsverbot und die Strafanzeige der Beklagten gegen die Y.-Journalisten bei anderen Aufsichtsbehörden sowie bei Banken und Anlegern als klarer Vertrauensbeweis und Schutzmaßnahme für die X. AG angesehen worden seien. Das Vorgehen der Beklagte habe so dazu geführt, dass im Anschluss an das Leerverkaufsverbot die X. AG noch aus Krediten und Anleihen Mittel in einem Umfang von EUR 1,65 Milliarden habe abrufen und somit ihr Geschäftsmodell über ein Jahr lang weiter habe aufrecht erhalten können. Auch der Erblasser habe unter dem so durch die Beklagte erzeugten Eindruck seine X. AG-Aktien nicht veräußert. Hätte die Beklagte das Leerverkaufsverbot nicht erlassen und hätte sich deshalb der von der Beklagten erwartete Abwärtstrend nach dem 18.02.2019 gezeigt, wäre der Erblasser in der Folge aus seinem Engagement mit X. AG-Aktien ausgestiegen und hätte dabei zumindest noch einen Erlös von EUR 90,- pro Aktie erzielt, mithin insgesamt EUR 18.000,-.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. EUR 17.257,53 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über demjenigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vor dem Landgericht vorgetragen, dass der Erlass des Leerverkaufsverbots darauf gestützt gewesen sei, dass die Beklagte u.a. nach dem Preisverfall der X. AG-Aktie seit dem 30.01.2019, einem gravierenden Anstieg der Nettoleerverkaufspositionen in X. AG-Aktien, Verdachtsmeldungen hinsichtlich möglicher Marktmanipulationshandlungen und Hinweisen auf eine potenziell weitere Short-Attacke und eine Erpressung des Unternehmens zur Zahlung eines beträchtlichen Geldbetrags gegen Abwendung weiterer Berichterstattung das Marktvertrauen als bedroht angesehen habe, da eine angemessene Preisbildung für die X. AG-Aktie nicht mehr als gewährleistet erschienen sei. Die Strafanzeige vom 10.04.2019 sei von der Beklagten erstattet worden, weil aufgrund von Transaktionsdaten und Meldungen anderer Stellen die Beklagte den Verdacht gewonnen habe, dass ein Kreis bekannter und unbekannter Personen kritische Berichte in der Y. habe veröffentlichen lassen, um mittels Leerverkäufen von den dadurch ausgelösten Kursbewegungen zu profitieren.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 28.06.2024 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass ein Anspruch nach den Grundsätzen des europäischen Staatshaftungsanspruchs schon deshalb nicht in Betracht komme, weil die Bestimmungen des europäischen Kapitalmarktrechts selbst keine subjektiven Rechtspositionen zugunsten einzelner Anleger begründeten. Auch ein Anspruch aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG komme nicht in Betracht. Die Erstattung von Strafanzeigen gehöre zu den Pflichten der Beklagten und setze nicht voraus, dass sich der jeweils Anzeigende oder seine Behörde schon eines dringenden Tatverdachts sicher sein oder selbst den Sachverhalt weitestgehend ausermittelt haben müsste. Mit dem Erlass des Leerverkaufsverbots habe die Beklagte keine den Erblasser schützende Amtspflicht verletzt, weil die Aufgaben der Beklagten von dieser nach § 4 Abs. 4 FinDAG allein im öffentlichen Interesse wahrgenommen würden. Selbst wenn diese Norm europarechtlichen Vorgaben nicht entsprechen würde, würde sich daraus nicht ergeben, dass unmittelbar kraft Europarechts für jede Pflichtverletzung gehaftet werden müsste. Zudem sei eine Amtspflichtverletzung der Beklagten bei Erlass des Leerverkaufsverbots auch nicht dargetan, da die Beklagte zum Erlass von Maßnahmen bei einer Bedrohung für die Finanzstabilität oder das Marktvertrauen berechtigt gewesen sei, wobei der Beklagten in tatsächlicher Hinsicht ein Beurteilungsspielraum und ein Ermessen hinsichtlich der hieraus gezogenen Konsequenzen zugestanden habe und bei der nachträglichen Kontrolle der Kenntnisstand der Beklagten ex ante zugrunde zu legen sei. Die von der Beklagten angenommene Bedrohung des Marktvertrauens setze nicht voraus, dass weitere Ansteckungseffekte für andere Unternehmen, für den Finanzmarkt oder gar das globale Gesamtsystem insgesamt zu befürchten seien, sondern es genüge bereits, wenn Nachahmungseffekte zu befürchten seien. Bei Bestehen des Verdachts einer bevorstehenden Short-Attacke könne die Beklagte nicht gehalten sein, sämtliche Behauptungen von Amts wegen weiter aufzuklären, um dann erst stabilisierende Maßnahmen treffen zu dürfen. Zudem sei eine Kausalität der behaupteten Amtspflichtverletzung für einen Schaden der Klägerin nicht festzustellen, da es eine reine spekulative Behauptung darstelle, dass ohne das Leerverkaufsverbot der Erblasser die Anlage zeitnah beendet hätte und der Verlust geringer ausgefallen wäre. Jedenfalls sei eine adäquate Kausalität zu verneinen, da die Anordnung eines Leerverkaufsverbots nach ihrem Schutzzweck nicht darauf abzielte, dass Anleger in eine solche Maßnahme weitere Signale hineindeuteten und sich hiervon äußerst mittelbar und subjektiv für eigene Investitionsentscheidungen leiten ließen. Hinsichtlich des Tatbestandes und des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird Bezug genommen auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil vom 28.06.2024, Az.: 1 O 1938/23 (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt.
Die Klägerin wiederholt mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Vorbringen, dass die Beklagte keinerlei ernstzunehmende Hinweise für die Annahme gehabt habe, dass die Berichte der Y. ab dem 30.01.2019 im Zusammenhang mit einer Short-Attacke gestanden haben könnten, und dass die Beklagte gegenüber der ESMA bewusst unzutreffend angegeben habe, dass sie Ansteckungseffekte von der X. AG-Aktie auf den Gesamtmarkt und damit auch eine Beeinträchtigung der Finanzstabilität befürchte, obwohl hierfür keine Anzeichen bestanden hätten. Der Erlass des Leerverkaufsverbots sei aus der ex-ante Perspektive schlechterdings unvertretbar gewesen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Erlass eines solchen Verbots immer auch eine Bedrohung der Finanzstabilität voraussetze; im Übrigen sei aber auch die Annahme einer ernsthaften Bedrohung für das Marktvertrauen nicht vertretbar gewesen. Die Beklagte habe hier nicht ohne Weiteres bei der Berichterstattung der Y. von einer solchen Bedrohungslage durch eine Leerverkaufs-Attacke ausgehen dürfen. Der bloße Auf- und Ausbau von Nettoleerverkaufspositionen im Nachgang zu einer negativen Berichterstattung habe hier vielmehr für eine rationale Reaktion des Marktes gesprochen. Insbesondere habe die Beklagte sich auch nicht lediglich auf die ihr über die Staatsanwaltschaft M. mitgeteilten Behauptungen des Anwalts der X. AG stützen dürfen, wonach eine weitere Short-Attacke befürchtet werde, da von Dritten mit weiterer negativer Presseberichterstattung gedroht werde, wenn die X. AG ihnen nicht EUR 6 Millionen zahle, da es sich hierbei nicht um glaubwürdige Angaben gehandelt habe. Der bloße Umstand, dass es bereits in der Vergangenheit Short-Attacken gegeben habe, könne nicht als ernstzunehmender Hinweis auf drohende weitere Attacken angenommen werden.
Vor diesem Hintergrund stelle sich auch die unbegründete Strafanzeige gegen die Journalisten der Y. als amtsmissbräuchlich dar, da eine Amtspflicht der Beklagten bestanden habe, vor der Mitteilung eines Verdachtes den Sachverhalt im Rahmen des Zumutbaren so umfassend zu erforschen, dass die Beurteilungs- und Entscheidungsgrundlage nicht in wesentlichen Punkten zum Nachteil des Betroffenen unvollständig bleibe.
Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 FinDAG stehe einer Haftung der Beklagten nicht entgegen. Zum einen finde diese Vorschrift bei einer bewussten Überschreitung ihrer Amtspflichten durch die Beklagten bzw. bei einem amtsmissbräuchlichen Verhalten keine Anwendung, zum anderen würde diese Annahme dem Grundsatz des effet utile des Europarechts entgegenstehen.
Der Schaden des Erblassers sei auch kausal durch das Verhalten der Beklagten verursacht, wobei hier die Beklagte nachweispflichtig für das Gegenteil gewesen sei. Wenn – wie auch das Landgericht angenommen habe – bei Nichterlass des Leerverkaufsverbots ein Kursverfall der X. AG-Aktie wahrscheinlich gewesen wäre, wäre es als lebensfremd anzusehen, dass der Erblasser einem weiteren Abwärtstrend tatenlos zugeschaut hätte.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 17.257,53 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Aus den Gründen
II.
Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht begründet. Die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin nach den Grundsätzen der Amtshaftung aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG bzw. des Amtsmissbrauchs bestehen nicht, da die Beklagte schon nicht pflichtwidrig gehandelt hat, dies weder hinsichtlich des Erlasses des Leerverkaufsverbots (siehe unter 1.) noch hinsichtlich der Strafanzeige gegen die Journalisten der Y. (siehe unter 2.), keine die Klägerin individualschützenden Amtspflichten verletzt wurden (siehe unter 3.), die Voraussetzungen eines Amtsmissbrauchs noch nicht einmal substantiiert dargetan sind (siehe unter 4.) und jedenfalls eine Kausalität zwischen den geltend gemachten Amtspflichtverletzungen und den Verlusten des Erblassers nicht dargetan und nachgewiesen wurde (siehe unter 5.). Damit sind auch die Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Schadensersatzanspruchs nicht gegeben (siehe unter 6.).
1. Der Erlass des Leerverkaufsverbots durch die Beklagte am 18.02.2019 erfolgte rechtmäßig. Es hat bereits in genereller Hinsicht der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die Aufsichtsmaßnahmen der Beklagten betreffend die X. AG in dem Zeitraum von April 2015 bis Juni 2020 rechtmäßig erfolgt sind (siehe BGH, Beschluss vom 10.01.2024 – III ZR 57/23, juris Rn. 9, WM 2024, 206). Es lagen insbesondere auch die vorliegend streitgegenständlichen Voraussetzungen für den Erlass des Leerverkaufsverbots durch die Beklagte nach Art. 20 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 vom 14.03.2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps (VO (EU) Nr. 236/2012, sog. Leerverkaufsverordnung) vor.
a. Nach Art. 20 Abs. 1 VO (EU) Nr. 236/2012 kann die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats, in Deutschland die BaFin, ein Leerverkaufsverbot erlassen, wenn ungünstige Ereignisse oder Entwicklungen eingetreten sind, die eine ernstzunehmende Bedrohung für die Finanzstabilität oder das Marktvertrauen in dem betreffenden Mitgliedstaat oder in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten darstellen, und die Maßnahme erforderlich ist, um der Bedrohung zu begegnen, und die Effizienz der Finanzmärkte im Vergleich zum Nutzen der Maßnahme nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt wird.
Genügend für den Erlass eines Leerverkaufsverbots nach dem Wortlaut dieser Vorschrift ist eine Bedrohung für die Finanzstabilität oder das Marktvertrauen; eine Bedrohung der Finanzstabilität ist daher nicht erforderlich, wenn eine anderweitige Bedrohung des Marktvertrauens vorliegt (so auch OLG Köln, Beschluss vom 25.11.2024 – 7 U 46/24, n.v.; OLG München, Beschluss vom 21.10.2024 – 1 U 1121/24 e, n.v.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2025 – 4 U 35/24, juris Rn. 16; OLG Stuttgart, Urteil vom 18.12.2024 – 4 U 94/24, juris Rn. 148, BKR 2025, 271).
Ein anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus Art. 24 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 918/2012 vom 05.07.2012 zur Ergänzung der Leerverkaufsverordnung (DelVO (EU) Nr. 918/2012) (für ein Abstellen auf die Voraussetzungen der DelVO (EU) Nr. 918/2012 dagegen, allerdings ohne weitere Begründung Lehmann/Schürger, WM 2021, 857, 863; Mülbert/Sajnovits, BKR 2019, 313, 320). Nach dieser Vorschrift umfassen ungünstige Ereignisse oder Entwicklungen im Sinne des Art. 20 Abs. 1 VO (EU) Nr. 236/2012 sämtliche Handlungen, Ergebnisse, Tatsachen oder Ereignisse, von denen vernünftigerweise anzunehmen ist oder angenommen werden könnte, dass sie die im Einzelnen weiter in Art. 24 Abs. 1 Buchst. a) bis e) DelVO (EU) Nr. 918/2012 aufgezählten Effekte bewirken würden, bei denen es sich jeweils um verschiedene Formen der Bedrohung der Finanzstabilität handelt. Die DelVO (EU) Nr. 918/2012 wurde erlassen von der Kommission auf der Grundlage des Art. 30 VO (EU) Nr. 236/2012 zur Festlegung von zu berücksichtigenden Faktoren bei der Entscheidung über das Vorliegen von ungünstigen Ereignissen im Sinne des Art. 20 Abs. 1 VO (EU) Nr. 236/2012. Der Wortlaut von Art. 30 VO (EU) Nr. 236/2012 gibt nicht vor, dass es sich um eine abschließende Festlegung handeln müsste und auch dem Wortlaut des Art. 24 Abs. 1 DelVO (EU) Nr. 918/2012 ist eine solche abschließende Wirkung nicht zu entnehmen, wenn es dort lediglich heißt, dass ungünstige Ereignisse oder Entwicklungen im Sinne des Art. 20 Abs. 1 VO (EU) Nr. 236/2012 sämtliche Umstände umfassen, von denen vernünftigerweise anzunehmen ist oder angenommen werden könnte, dass sie die im Einzelnen weiter in dieser Vorschrift aufgezählten Effekte bewirken würden (gegen die Annahme einer abschließenden Wirkung dieser Aufzählung auch OLG München, Beschluss vom 21.10.2024 – 1 U 1121/24 e, n.v.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2025 – 4 U 35/24, juris Rn. 17; OLG Stuttgart, Urteil vom 18.12.2024 – 4 U 94/24, juris Rn. 149, BKR 2025, 271; ebenso auch die Stellungnahme der ESMA im Rahmen der Konsultationen zur Delegierten VO, siehe ESMA, Final Report – ESMA/2012/263, 19.4.2012 – Rn. 194 f.; aus der Literatur siehe die Nachweise bei Bauerschmidt, BKR 2024, 701, 702). Eine abschließende Wirkung des Art. 24 Abs. 1 DelVO (EU) Nr. 918/2012 folgt auch nicht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-270/12 (siehe EuGH, Urteil vom 22.01.2014, C-270/12, NJW 2014, 1359 (ESMA)): Der EuGH hat in dieser Entscheidung eine abschließende Wirkung des Art. 24 Abs. 3 DelVO (EU) Nr. 918/2012 angenommen (siehe EuGH, a.a.O., juris Rn. 51), diese Vorschrift lässt anders als die hier einschlägige Bestimmung allerdings ausdrücklich eine abschließende Regelung erkennen. Auch soweit es in Erwägungsgrund 11 DelVO (EU) Nr. 918/2012 heißt, dass durch diese Verordnung ein kohärentes Vorgehen der zuständigen Behörden gesichert werden soll, kann dies angesichts dieses eindeutigen Wortlauts mithin nicht die Annahme einer abschließenden Wirkung der in Art. 24 Abs. 1 DelVO (EU) Nr. 918/2012 aufgezählten Kriterien unter Ausschluss der in Art. 20 Abs. 1 VO (EU) Nr. 236/2012 alternativ genannten Bedrohung für das Marktvertrauen tragen, zumal in Erwägungsgrund 27 VO (EU) Nr. 236/2012 ausdrücklich davon gesprochen wird, dass die Befugnisse der zuständigen Behörden ausreichende Flexibilität aufweisen müssten, um die Behörden auf verschiedene Arten von Ausnahmesituationen reagieren lassen zu können.
Der Senat folgt auch nicht der teilweise vertretenen Auffassung, wonach ungeachtet des nicht abschließenden Charakters der Fallgruppen der Art. 24 Abs. 1 DelVO (EU) Nr. 918/2012 den dort genannten Kriterien jedenfalls eine Art Regelbeispielcharakter zukommen soll und deshalb auch die nicht von Art. 24 Abs. 1 DelVO (EU) Nr. 918/2012 geregelten Fälle einer Bedrohung für das Marktvertrauen im Rahmen des Art. 20 Abs. 1 VO (EU) Nr. 236/2012 nur dann den Erlass eines Leerverkaufsverbots tragen können sollen, wenn sie in ihrer Wirkung für das Finanzsystem und ihrer Gewichtigkeit mit den in Art. 24 Abs. 1 DelVO (EU) Nr. 918/2012 geregelten Fallgruppen vergleichbar sind (so OLG Koblenz, Beschluss vom 20.09.2024 – 1 U 544/24, n.v.; OLG Stuttgart, Urteil vom 18.12.2024 – 4 U 94/24, juris Rn. 156, BKR 2025, 271; jeweils unter Bezug auf Mülbert/Sajnovits in Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 8. Aufl., Art. 31 EUV 236/2012 Rn. 70). Dies widerspricht aber der Systematik des Art. 20 Abs. 1 VO (EU) Nr. 236/2012, in dem die Bedrohung für das Marktvertrauen und für die Finanzstabilität gleichrangig nebeneinanderstehen, so dass auch nicht die in der (zudem niederrangigen) Delegierten Verordnung geregelten Regelbeispiele für die Bedrohung für die Finanzstabilität zur genaueren Bestimmung des Begriffs der Bedrohung für das Marktvertrauen herangezogen werden können (wie hier Bauerschmidt, BKR 2025, 286, 287; siehe auch BeckOK WpHR/Bauerschmidt, Ed. 1.1.2025, VO (EU) 236/2012, Art. 18 Rn. 26 f.).
b. Auf dieser rechtlichen Grundlage hat die Beklagte das Leerverkaufsverbot vom 18.02.2019 zu Recht auf die Feststellung des Vorliegens einer Bedrohung für das Marktvertrauen gestützt, wobei nach den Grundsätzen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die nachträgliche Überprüfung des Aufsichtshandelns der Beklagten aus der ex-ante-Perspektive anhand des Maßstabs der Vertretbarkeit ihrer zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen vorzunehmen ist (BGH, Beschluss vom 10.01.2024 – III ZR 57/23, juris Rn. 13 f., WM 2024, 206; so auch OLG München, Beschluss vom 21.10.2024 – 1 U 1121/24 e, n.v.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2025 – 4 U 35/24, juris Rn. 23; OLG Stuttgart, Urteil vom 18.12.2024 – 4 U 94/24, juris Rn. 162 f., BKR 2025, 27).
Die von der Beklagten in der Begründung ihrer Allgemeinverfügung vom 18.02.2019 angeführten Umstände, dass die X. AG-Aktie bereits in der Vergangenheit Ziel von sogenannten Short-Attacken gewesen sei, die jeweils von negativen Berichterstattungen in den Medien begleitet und begünstigt worden seien, dass seit Ende Januar 2019 erneut verschiedene negative Presseberichte zu beobachten seien und zwischen dem 30.01.2019 und dem 15.02.2019 der Kurs der X. AG-Aktie beträchtlich eingebrochen sei, und dass seit dem 01.02.2019 ein deutlicher Anstieg der Netto-Leerverkaufspositionen in Aktien der X. AG zu beobachten gewesen sei, sind zwischen den Parteien unstreitig. Ebenso wird seitens der Klägerin nicht bestritten, dass der Beklagten über die Staatsanwaltschaft M. ein Hinweis auf eine drohende weitere Short-Attacke zugeleitet worden sei, wonach von Dritten mit weiterer negativer Presseberichterstattung gedroht werde, wenn die X. AG ihnen nicht EUR 6 Millionen zahle. Auf dieser Grundlage ist es aus der ex-ante-Perspektive nicht unvertretbar, wenn die Beklagte hieraus das Bestehen einer Bedrohung für das Marktvertrauen abgeleitet hat (so auch OLG Celle, Beschluss vom 15.10.2024 – 3 U 82/24, n.v.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.11.2022 – 1 U 173/22, juris Rn. 77, BKR 2023, 328; OLG Koblenz, Beschluss vom 20.09.2024 – 1 U 544/24, n.v.; OLG Köln, Beschluss vom 25.11.2024 – 7 U 46/24, n.v.; OLG München, Beschluss vom 21.10.2024 – 1 U 1121/24 e, n.v.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2025 – 4 U 35/24, juris Rn. 26 ff.; OLG Stuttgart, Urteil vom 18.12.2024 – 4 U 94/24, juris Rn. 201 ff., BKR 2025, 271; zustimmend auch Bauerschmidt, BKR 2025, 286 f.; Hippeli, jurisPR-BKR 7/2024 Anm. 4; Mülbert/Sajnovits, BKR 2019, 313, 320 f.).
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist diese Bedrohung nicht lediglich aus früheren, damals zu einer Störung des Marktvertrauen führenden Short-Attacken abgeleitet, sondern vielmehr daraus, dass mehrere der früheren Begleitumstände – Kursverfall und negative Presseberichterstattung, Aufbau von Nettoleerverkaufspositionen – auch im Februar 2019 gegeben waren und zugleich zumindest ein weiterer – wenn auch noch nicht zu überprüfender – Hinweis auf eine bevorstehende Short-Attacke gegeben war. Ebenso geht es fehl, wenn die Klägerin der Begründung des Leerverkaufsverbots entgegenhält, dass die Netto-Leerverkaufspositionen bereits vor dem Presseartikel der Y. vom 30.01.2019 hätten aufgebaut werden müssen, wenn dieser im Zusammenhang zu einer Short-Attacke stehen sollte: Ebenso denkbar konnte es für die Beklagte erscheinen, dass die Short-Attacke erst das Umfeld einer bereits beginnenden negativen Presseberichterstattung nutzen wollte oder dass die Short-Attacke auf noch weiter fallende Kurse im Laufe einer andauernden negativen Berichterstattung setzen würde.
c. Es ist auch nicht festzustellen, dass die Beklagte das Leerverkaufsverbot beruhend auf einer unzureichenden bzw. fehlerhaft ermittelten Prognosegrundlage erlassen hätte.
Die Beklagte hat entgegen der Auffassung der Klägerin die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) nicht unzutreffend informiert, sondern hier entsprechend den vorstehenden Feststellungen in erster Linie eine Bedrohung des Marktvertrauens in Bezug auf die X. AG-Aktie selbst geschildert, ein potentielles systemisches Risiko hat die Beklagte gegenüber der ESMA lediglich in Form von Ansteckungseffekten aufgrund eines mangelnden Vertrauens in Bezug auf die Preisbildung bei anderen Emittenten unter Einschluss von Finanzinstituten angegeben (siehe die Wiedergabe der Information durch die Beklagte in Rz. 17 in der Stellungnahme der ESMA vom 18.02.2019). Dies ist lediglich als allgemeine Befürchtung angegeben und als solches aufgrund der damaligen Bedeutung der X. AG als eines der größten Unternehmen des deutschen Aktienmarkts zumindest nicht auszuschließen, ohne dass aber ersichtlich wäre, dass hier von der Beklagten über bloße allgemeine Erwägungen hinausgehend eine konkrete Gefährdung der Finanzstabilität behauptet worden wäre (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 18.12.2024 – 4 U 94/24, juris Rn. 254, BKR 2025, 271). Die ESMA hat dementsprechend ihre Stellungnahme zu der beabsichtigten Maßnahme auch ausschließlich auf die tatsächliche Grundlage einer Bedrohung für das Marktvertrauen gestützt (siehe Rz. 19 und 27 der Stellungnahme der ESMA vom 18.02.2019), auch wenn die ESMA sodann (nicht tragend) hinsichtlich der potentiellen Folgen weiterer Leerverkäufe und eines Preisverfalls der X. AG-Aktie nicht lediglich auf das Vertrauen hinsichtlich der Preisbildung dieser Aktie verweist, sondern auch auf mögliche Auswirkungen auf die Finanzstabilität (Rz. 32).
Nicht fehlerhaft war es, dass die Beklagte vor dem Erlass des Leerverkaufsverbots nicht auch den Bericht der HÜSt abwartete. Dieser Bericht belegte nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten lediglich die Frage von Netto-Leerverkaufspositionen an den von dieser Stelle überwachten Börsen und war damit mangels einer Berücksichtigung von Daten von anderen Handelsplätzen und dem außerbörslichen Handel nicht hinreichend aussagekräftig. Ebenso war nicht eine Stellungnahme der Deutschen Bundesbank abzuwarten, da die Bundesbank im Hinblick auf die hier in Rede stehende Maßnahme zum Schutz gegen Bedrohungen des Marktvertrauens – anders als für Bedrohungen für die Finanzstabilität – keine Zuständigkeit und besondere Expertise besaß.
Auch ist der Beklagten nicht eine unzureichende bzw. fehlerhafte Ermittlung vorzuhalten, weil sie die ihr über die Staatsanwaltschaft M. zugeleiteten Behauptungen zu angeblich drohenden weiteren Short-Attacken nicht einer weiteren Überprüfung unterzogen hat: Dass eine solche Überprüfung der Beklagten zeitlich noch möglich gewesen wäre, wenn das Leerverkaufsverbot noch vor der drohenden weiteren Short-Attacke erlassen werden sollte, ist bereits nicht dargetan oder sonst ersichtlich. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte bereits auf den ersten Blick hätte erkennen können, dass es sich hierbei um offensichtlich haltlose Behauptungen gehandelt hätte; vielmehr musste die Beklagte aufgrund der Erfahrungen mit Short-Attacken gegen die X. AG in der Vergangenheit und der weiteren Umstände der damaligen Situation (laufende negative Presseberichterstattung, Aufbau von Netto-Leerverkaufspositionen) sich veranlasst sehen, derartige Warnhinweise in besonderem Maße ernst zu nehmen.
2. Auch der Erlass der Strafanzeige der Beklagten vom 10.04.2019 gegen die Journalisten der Y. begründet keine Verletzung von Amtspflichten (so auch OLG Celle, Beschluss vom 15.10.2024 – 3 U 82/24, n.v.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.11.2022 – 1 U 173/22, juris Rn. 78, BKR 2023, 328; OLG Köln, Beschluss vom 25.11.2024 – 7 U 46/24, n.v.; OLG München, Beschluss vom 21.10.2024 – 1 U 1121/24 e, n.v.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2025 – 4 U 35/24, juris Rn. 31; OLG Stuttgart, Urteil vom 18.12.2024 – 4 U 94/24, juris Rn. 227 ff., BKR 2025, 271; LG Trier, Urteil vom 24.05.2024 – 11 O 236/23, juris Rn. 74, BKR 2024, 724)).
Nach § 11 S. 1 WpHG besteht eine Verpflichtung der Beklagten, solche Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat nach § 119 WpHG begründen, der zuständigen Staatsanwaltschaft unverzüglich anzuzeigen. Die Entscheidung über die Vornahme der erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen trifft sodann nach § 11 S. 3 WpHG die zuständige Staatsanwaltschaft. Da die Beklagte mithin nicht selbst Strafverfolgungsbehörde ist, besteht die Anzeigepflicht nach § 11 S. 1 WpHG nicht nur bei Vorliegen eines strafprozessualen Anfangsverdachts i.S.d. § 152 Abs. 2 StPO, sondern bereits dann, wenn die Beklagte einen Verstoß gegen ein strafrechtliches Verbot für möglich hält (so auch OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2025 – 4 U 35/24, juris Rn. 33).
Nach diesen Maßstäben waren vorliegend die Voraussetzungen für die Erstattung einer Anzeige gegeben, da die Beklagte nach den vorstehenden Ausführungen jedenfalls für möglich halten konnte, dass die Berichterstattung der Y. gezielt im Zusammenhang mit einer Short-Attacke erfolgt war. Weitere Ermittlungen waren dann durch die Staatsanwaltschaft vorzunehmen, ohne dass ersichtlich wäre, dass die Beklagte die Staatsanwaltschaft lediglich einseitig informiert hätte. Die Beklagte hat zudem auch in ihrer Beantwortung der kleinen Anfrage im Deutschen Bundestag vorgetragen, ihre Untersuchung in alle Richtungen zu führen und auch ein mögliches Fehlverhalten von Verantwortlichen der X. AG zu berücksichtigen, und so nicht eine einseitige Belastung der betroffenen Journalisten vorgenommen.
3. Zudem steht der Annahme einer Haftung der Beklagten aus einer Amtspflichtverletzung auch entgegen, dass die Beklagte bereits keine die Klägerin bzw. den Erblasser schützende individualschützende Amtspflicht verletzt hat.
Nach § 4 Abs. 4 FinDAG nimmt vielmehr die Beklagten ihre Aufgaben und Befugnisse ausschließlich im öffentlichen Interesse wahr. Daher führt eine Verletzung ihrer Amtspflichten, soweit es nicht um die Wahrnehmung von Eingriffsbefugnissen gegenüber den beaufsichtigten Instituten und anderen Personen geht, nicht zu einer Amtshaftung gegenüber anderen, durch Maßnahmen der Beklagten nur mittelbar betroffenen Personen (siehe BGH, Urteil vom 20.01.2005 – III ZR 48/01, juris Rn. 20, BGHZ 162, 49; ebenso OLG Bamberg, Beschluss vom 07.11.2024 – 4 U 55/24 e, n.v.; OLG Celle, Beschluss vom 15.10.2024 – 3 U 82/24, n.v.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.11.2022 – 1 U 173/22, juris Rn. 53, BKR 2023, 328; Beschluss vom 06.02.2023 – 1 U 173/22, juris Rn. 30, WM 2023, 1077; OLG Köln, Beschluss vom 25.11.2024 – 7 U 46/24, n.v.; OLG München, Beschluss vom 21.10.2024 – 1 U 1121/24 e, n.v.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2025 – 4 U 35/24, juris Rn. 37; OLG Stuttgart, Urteil vom 18.12.2024 – 4 U 94/24, juris Rn. 263, BKR 2025, 271; für weitere Nachweise zur ausschließlich im öffentlichen Interesse erfolgenden Tätigkeit der BaFin nach § 4 Abs. 4 FinDAG siehe Schäfer/Omlor/Mimberg-Böger, 2. Aufl., § 60 ZAG Rn. 8 (dort Fn. 18)); nicht überzeugend und mit dem eindeutigen Wortlaut der Norm nicht vereinbar sind dagegen die allgemein formulierten Zweifel gegenüber einer solchen Beschränkung bei Hippeli, BKR 2023, 357, 362 ff.).
Der Annahme eines fehlenden Individualschutzes der hier den streitgegenständlichen Maßnahmen zugrunde liegenden Amtspflichten der Beklagten stehen auch nicht die Vorschriften des Europäischen Kapitalmarktrechts entgegen. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist vielmehr allgemein der fehlende Individualschutz des Handelns der Aufsichtsbehörden im Kapitalmarktrecht nicht als europarechtswidrig angesehen worden (siehe EuGH, Urteil vom 12.10.2004 – C-222/02, juris Ls. 2, NJW 2004, 3479 (Paul); so auch BGH, a.a.O., juris Rn. 22; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.11.2022 – 1 U 173/22, juris Rn. 67, BKR 2023, 328; Beschluss vom 06.02.2023 – 1 U 173/22, juris Rn. 30, WM 2023, 1077; OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2025 – 4 U 35/24, juris Rn. 48; OLG Stuttgart, Urteil vom 18.12.2024 – 4 U 94/24, juris Rn. 292, BKR 2025, 271; zustimmend auch Koch/Brand, BKR 2023, 489, 499 f. m.w.N.). Ein Individualschutz ist dagegen in diesem Bereich durch den Europäischen Gerichtshof nur dort angenommen worden, wo Maßnahmen der Aufsichtsbehörden unmittelbar auf die Rechtsstellung eines Anlegers einwirken (siehe EuGH, Urteil vom 04.10.2018 – C-571/16, juris Ls. 103, WM 2019, 156 (Kantarev); zustimmend OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.05.2023 – 1 U 310/22, juris Rn. 33), dies ist aber vorliegend mangels unmittelbarer Rechtswirkungen der Maßnahmen der Beklagten für und gegen den Erblasser nicht der Fall.
Auch für den Bereich der hier einschlägigen VO (EU) Nr. 236/2012 gilt nichts anderes (so auch OLG Frankfurt, Urteil vom 24.01.2023 – 1 U 183/22, juris Rn. 61 ff.; OLG München, Beschluss vom 21.10.2024 – 1 U 1121/24 e, n.v.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2025 – 4 U 35/24, juris Rn. 49; OLG Stuttgart, Urteil vom 18.12.2024 – 4 U 94/24, juris Rn. 293, BKR 2025, 271; LG Trier, Urteil vom 24.05.2024 – 11 O 236/23, juris Rn. 39, BKR 2024, 724; anders dagegen Lehmann/Schürger, WM 2021, 905, 908; offengelassen zuletzt für den Bereich der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 vom 16.04.2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) in BGH, Beschluss vom 10.01.2024 – III ZR 57/23, juris Rn. 31, WM 2024, 206; Bauerschmidt, BKR 2024, 701; ders., BKR 2025, 286, 288). Zwar ist nach Art. 41 VO (EU) Nr. 236/2012 das Gebot einer wirksamen Umsetzung zu beachten und nach ihrem Erwägungsgrund 2 zielt die VO (EU) Nr. 236/2012 auch auf den Schutz von Verbrauchern und Anlegern ab, dies setzt aber nicht die Annahme einer individualschützenden Natur der durch die VO (EU) Nr. 236/2012 geschaffenen Amtspflichten voraus, sondern es kann sich grundsätzlich der Schutz des einzelnen Anlegers auch lediglich mittelbar als reflexartige Folgewirkung der im öffentlichen Interesse gegenüber den beaufsichtigten Unternehmen ergriffenen bankaufsichtsrechtlichen Maßnahmen der Beklagten ergeben (siehe EuGH, Urteil vom 12.10.2004 – C-222/02, juris Rn. 40 ff., NJW 2004, 3479 (Paul); BVerwG, Urteil vom 15.12.2010 – 8 C 37/09, juris Rn. 18, BKR 2011, 208; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.11.2022 – 1 U 173/22, juris Rn. 67, BKR 2023, 328; Beschluss vom 06.02.2023 – 1 U 173/22, juris Rn. 32, WM 2023, 1077). Im Übrigen wäre selbst für den Fall, dass europarechtlich eine individualschützende Natur der VO (EU) Nr. 236/2012 anzunehmen wäre, die in § 4 Abs. 4 FinDAG vorgesehene Beschränkung der Tätigkeit der BaFin auf eine Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse im öffentlichen Interesse als wirksam anzusehen, da in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt ist, dass auch ein etwaiger Verstoß gegen Unionsrecht nicht zur Nichtigkeit der nationalen Rechtsvorschrift führt (siehe BVerfG, Beschluss vom 13.02.2020 – 2 BvR 739/17, juris Rn. 114, BVerfGE 153, 74 m.w.N.; der in der Literatur vertretenen Gegenauffassung ist daher nicht zu folgen, siehe hierzu Koch/Brand, BKR 2023, 489, 498 f. m.w.N.) und der Grundsatz der europarechtskonformen Auslegung nicht als Grundlage für eine Auslegung entgegen dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzgebers dienen kann (siehe EuGH, Urteil vom 11.09.2019 – C-143/18, juris Rn. 38, WM 2019, 1919 (Romano); BGH, Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19, juris Rn. 10 ff., WM 2020, 838 m.w.N.).
4. Soweit die Klägerin darüber hinaus – auch unabhängig vom Erfordernis des Vorliegens einer individualschützenden Amtspflicht – geltend macht, dass die Beklagte für ein amtsmissbräuchliches Verhalten einzustehen habe, vermag auch dies ihrer Berufung nicht zu Erfolg zu verhelfen. Die Klägerin stützt sich hierzu auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Pflicht, sich jedes Amtsmissbrauchs zu enthalten, allen Beamten gegenüber jedem obliegt, der durch den Missbrauch geschädigt werden könnte, wobei aber schon nicht jede schuldhaft unrichtige Amtsausübung einen Amtsmissbrauch darstellen kann, sondern es sich vielmehr um eine mit den Forderungen von Treu und Glauben und guter Sitte in Widerspruch stehende Amtsausübung handeln muss, wie sie immer, aber nicht nur bei Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale des § 826 BGB zu bejahen ist (siehe hierzu BGH, Urteil vom 22.05.1984 – III ZR 18/83, juris Rn. 37 f., BGHZ 91, 243). Vorliegend liegt bereits nach den vorstehenden Ausführungen keine Pflichtverletzung der Beklagten vor; zudem ist auch unter Zugrundelegung des Rechtsstandpunkts der Klägerin zur Auslegung des Art. 20 VO (EU) Nr. 236/2012 die von der Beklagten vorgenommene Anwendung dieser Norm jedenfalls nicht als eine vorsätzlich sittenwidrige oder in anderer Weise mit den Forderungen von Treu und Glauben und guter Sitte in Widerspruch stehende Amtsausübung anzusehen (siehe so auch OLG Bamberg, Beschluss vom 07.11.2024 – 4 U 55/24 e, n.v.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.11.2022 – 1 U 173/22, juris Rn. 76 ff., BKR 2023, 328; OLG München, Beschluss vom 21.10.2024 – 1 U 1121/24 e, n.v.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2025 – 4 U 35/24, juris Rn. 41; LG Trier, Urteil vom 24.05.2024 – 11 O 236/23, juris Rn. 40 ff., BKR 2024, 724). Mangels entgegenstehender höchstrichterlicher Klärung der Auslegung des Art. 20 VO (EU) Nr. 236/2012 war vielmehr die von der Beklagten vorgenommene Anwendung als ein jedenfalls vertretbares Verständnis dieser Norm anzusehen.
5. Schließlich fehlt es, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, am Nachweis der Kausalität zwischen den geltend gemachten Amtspflichtverletzungen und den Verlusten des Erblassers. Zwar kann angenommen werden, dass ohne den Erlass des Leerverkaufsverbots durch die Beklagte bereits im Februar 2019 der Kurs der X. AG-Aktie verfallen wäre. Es fehlt aber an jeglichem Nachweis dafür, dass der Erblasser dies zum Anlass genommen hätte, seine Aktien zügig zu verkaufen, und er sich so vor weiteren Schäden durch Kursverluste geschützt hätte. In tatsächlicher Hinsicht steht der Möglichkeit einer entsprechenden Vermutung der Kausalität vielmehr bereits entgegen, dass in der Folgezeit der Erblasser einen solchen Verkauf bei dem späteren Wertverfall der X. AG-Aktie gerade nicht vorgenommen hat. Die Aktie stieg nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten nach dem Auslaufen der Allgemeinverfügung zunächst am 20.05.2019 auf EUR 153,75, sodann folgten Einbrüche im Oktober und Dezember 2019 sowie im März 2020 (auf EUR 114,-, EUR 104,85 und EUR 85,24), die sich mit zwischenzeitlichen Anstiegen abwechselten, ehe die Aktie im Juni 2020 final abstürzte. Wenn diese sämtlichen Einbrüche den Erblasser nicht zum Verkauf seiner Aktie veranlassten, dann ist auch nichts dafür ersichtlich, warum stattdessen ein Kursverfall im Februar 2019 andere Folgen gehabt haben sollte. Auch aus der persönlichen Anhörung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.03.2025 ließ sich hierzu nichts entnehmen, da die Klägerin erklärte, nichts dazu angeben zu können, ob und warum unter diesen Umständen ihr Ehemann die Aktien verkauft hätte.
Im Übrigen wäre, selbst wenn im Sinne einer Äquivalenzkausalität ein solcher Verursachungszusammenhang anzunehmen sein sollte, jedenfalls ein Zurechnungszusammenhang im Sinne einer adäquaten Verursachung zu verneinen: Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, erfasst der mögliche Schutzzweck anlegerbezogener Amtspflichten der Beklagten bei Erlass eines Leerverkaufsverbots jedenfalls nicht solche Anleger, die nicht unmittelbar durch dieses Verbot betroffen werden, sondern die lediglich – wie hier der Erblasser bzw. die Klägerin – eine mittelbare Beeinträchtigung dadurch geltend machen, dass sie in den Erlass des Leerverkaufsverbots eine Aussage bezüglich der Stabilität des betroffenen Wertpapiers hineininterpretieren (siehe auch OLG München, Beschluss vom 21.10.2024 – 1 U 1121/24 e, n.v.). Dem Erlass des Leerverkaufsverbots und seiner Begründung durch die Beklagte ist eine derartige Aussage nicht zu entnehmen und es bestand für den Erblasser keine Veranlassung, aufgrund des Erlasses des Leerverkaufsverbots nicht selbstverantwortlich als Anleger über das Halten oder Nichthalten seiner Anlagen zu entscheiden.
6. Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen ist auch ein unionsrechtlicher Schadensersatzanspruch (hierzu siehe EuGH, Urteil vom 05.03.1996 – C-46/93 und C-48/93, NJW 1996, 1267 (Brasserie du pêcheur/Factortame)) der Klägerin gegen die Beklagte zu verneinen (so für vergleichbare Konstellationen der Inanspruchnahme der Beklagten auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.11.2023 – 1 U 173/22, juris Rn. 81, BKR 2023, 328; OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2025 – 4 U 35/24, juris Rn. 62; OLG Stuttgart, Urteil vom 18.12.2024 – 4 U 94/24, juris Rn. 323, BKR 2025, 271). Es fehlt bereits an einem Individualschutz der zugrunde liegenden unionsrechtlichen Norm und es ist jedenfalls ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem geltend gemachten Verstoß und dem Schaden der Klägerin (zu diesem Erfordernis siehe EuGH, Urteil vom 30.09.2003 – C-224/01, juris Rn. 51, NJW 2003, 3539 (Köbler); Urteil vom 04.10.2018 – C-571/16, juris Rn. 94, WM 2019, 156 (Kantarev)) zu verneinen.
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
8. Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Abweichung von der Rechtsprechung des OLG Koblenz und des OLG Stuttgart zur Auslegung des Art. 20 Abs. 1 VO (EU) Nr. 236/2012 ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, da es jedenfalls an einer Kausalität für den Schaden der Klägerin mangelt.