EuGH: Zu Leistungen an einen einem Insolvenzverfahren unterliegenden Schuldner
EuGH, Urteil vom 27.3.2025 – C-186/24, Matthäus Metzler als Insolvenzverwalter in einem Insolvenzverfahren gegen Auto1 European Cars BV
ECLI:EU:C:2025:211
Volltext: BB-Online BBL2025-833-1
unter www.betriebs-berater.de
Tenor
Art. 31 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren ist dahin auszulegen, dass unter Leistungen an einen einem Insolvenzverfahren unterliegenden Schuldner, die an den Verwalter dieses Insolvenzverfahrens hätten erbracht werden müssen, auch Leistungen fallen, die aus einem Rechtsgeschäft, das der Schuldner nach Eröffnung dieses Insolvenzverfahrens und Übergang der Vermögensverwaltung auf den Verwalter abgeschlossen hat, resultieren, sofern ein solches Rechtsgeschäft nach dem Recht des Staates der Verfahrenseröffnung gegenüber den am Insolvenzverfahren beteiligten Gläubigern wirksam ist.
Aus den Gründen
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 31 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (ABl. 2015, L 141, S. 19).
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Matthäus Metzler in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter in dem gegen einen Schuldner eröffneten Insolvenzverfahren und der Auto1 European Cars BV (im Folgenden: Auto1) über die Zahlung eines Betrags an die Insolvenzmasse, der dem Verkehrswert eines vom Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an Auto1 verkauften Pkw entspricht.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 Die Erwägungsgründe 5 und 81 der Verordnung 2015/848 lauten:
„(5) Im Interesse eines ordnungsgemäßen Funktionierens des Binnenmarkts muss verhindert werden, dass es für Beteiligte vorteilhafter ist, Vermögensgegenstände oder Gerichtsverfahren von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu verlagern, um auf diese Weise eine günstigere Rechtsstellung zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger zu erlangen (im Folgenden ‚Forum Shopping‘).
…
(81) Es kann der Fall eintreten, dass einige der betroffenen Personen keine Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben und gutgläubig im Widerspruch zu der neuen Sachlage handeln. Zum Schutz solcher Personen, die in Unkenntnis der ausländischen Verfahrenseröffnung eine Zahlung an den Schuldner statt an den ausländischen Verwalter leisten, sollte eine schuldbefreiende Wirkung der Leistung bzw. Zahlung vorgesehen werden.“
4 In Art. 7 („Anwendbares Recht“) der Verordnung 2015/848 heißt es:
„(1) Soweit diese Verordnung nichts anderes bestimmt, gilt für das Insolvenzverfahren und seine Wirkungen das Insolvenzrecht des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet das Verfahren eröffnet wird (im Folgenden ‚Staat der Verfahrenseröffnung‘).
(2) Das Recht des Staates der Verfahrenseröffnung regelt, unter welchen Voraussetzungen das Insolvenzverfahren eröffnet wird und wie es durchzuführen und zu beenden ist. Es regelt insbesondere:
…
b) welche Vermögenswerte zur Insolvenzmasse gehören und wie die nach der Verfahrenseröffnung vom Schuldner erworbenen Vermögenswerte zu behandeln sind;
c) die jeweiligen Befugnisse des Schuldners und des Verwalters;
…
m) welche Rechtshandlungen nichtig, anfechtbar oder relativ unwirksam sind, weil sie die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligen.“
5 Art. 31 („Leistung an den Schuldner“) der Verordnung 2015/848 sieht vor:
„(1) Wer in einem Mitgliedstaat an einen Schuldner leistet, über dessen Vermögen in einem anderen Mitgliedstaat ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, obwohl er an den Verwalter des Insolvenzverfahrens hätte leisten müssen, wird befreit, wenn ihm die Eröffnung des Verfahrens nicht bekannt war.
(2) Erfolgt die Leistung vor der öffentlichen Bekanntmachung nach Artikel 28, so wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass dem Leistenden die Eröffnung nicht bekannt war. Erfolgt die Leistung nach der Bekanntmachung gemäß Artikel 28, so wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass dem Leistenden die Eröffnung bekannt war.“
Österreichisches Recht
6 § 3 der Insolvenzordnung vom 11. Dezember 1914 (RGBl. 337/1914) in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: Insolvenzordnung) bestimmt:
„(1) Rechtshandlungen des Schuldners nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, welche die Insolvenzmasse betreffen, sind den Insolvenzgläubigern gegenüber unwirksam. Dem anderen Teil ist die Gegenleistung zurückzustellen, soweit sich die Masse durch sie bereichern würde.
(2) Durch Zahlung einer Schuld an den Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird der Verpflichtete nicht befreit, es sei denn, dass das Geleistete der Insolvenzmasse zugewendet worden ist oder dass dem Verpflichteten zur Zeit der Leistung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht bekannt war und dass die Unkenntnis nicht auf einer Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt beruht (bekannt sein musste).“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
7 Mit Beschluss vom 25. Mai 2022 eröffnete das Landesgericht Linz (Österreich) ein Insolvenzverfahren gegen einen Schuldner und bestellte Herrn Metzler zum Insolvenzverwalter (im Folgenden: Insolvenzverwalter). Die öffentliche Bekanntmachung dieses Beschlusses und des Insolvenzverwalters erfolgte am selben Tag.
8 Am 2. Juni 2022 schloss der Schuldner im eigenen Namen mit Auto1, einer in den Niederlanden ansässigen Gesellschaft niederländischen Rechts, einen Vertrag über den Verkauf eines Pkw um 48 870 Euro. Dieser Vertrag wurde in der Zweigniederlassung von Auto1 in Österreich geschlossen.
9 Nach Erhalt dieses Fahrzeugs in Österreich überwies Auto1 vom Konto einer in Deutschland ansässigen Bank den dem Kaufpreis dieses Fahrzeugs entsprechenden Betrag auf das vom Schuldner angegebene Konto einer in Österreich ansässigen Bank.
10 Der Insolvenzverwalter ist der Ansicht, der Betrag von 48 870 Euro gehöre zur Insolvenzmasse, weil der Kaufvertrag nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen worden sei. Da Auto1 das Fahrzeug an einen Dritten weiterveräußert hatte, erhob der Insolvenzverwalter Klage auf Wertersatz in Höhe des Kaufpreises dieses Fahrzeugs an die Insolvenzmasse. Der Insolvenzverwalter dehnte die Klage später auf den Verkehrswert des Fahrzeugs von 62 261 Euro aus.
11 Auto1 stützte sich zur Verteidigung gegen die Klage insbesondere auf Art. 31 der Verordnung 2015/848. Sie könne nur in Anspruch genommen werden, wenn sie zum Zeitpunkt des Kaufs des in Rede stehenden Fahrzeugs von der Insolvenzeröffnung gewusst hätte.
12 Das Landesgericht Linz gab der Klage im ursprünglichen Umfang statt. Die Entscheidung dieses Gerichts wurde im Berufungsverfahren aufgehoben. Das Oberlandesgericht Linz (Österreich) vertrat den Standpunkt, dass Art. 31 der Verordnung 2015/848 anwendbar sei, da zum einen die Zahlung an den Schuldner nach Prüfung von einem deutschen Bankkonto veranlasst worden sei und zum anderen Auto1 nicht über alle sachdienlichen Informationen betreffend die Insolvenzeröffnung verfügt habe.
13 Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts erhob der Insolvenzverwalter Rekurs beim Obersten Gerichtshof (Österreich), dem vorlegenden Gericht. Zur Stützung dieses Rekurses macht der Insolvenzverwalter geltend, dass Art. 31 der Verordnung 2015/848 nicht anwendbar sei, weil diese Bestimmung eine Leistung voraussetze, die auf einem gültigen Vertrag beruhe, der hier gemäß § 3 Abs. 1 der Insolvenzordnung nicht vorliege. Außerdem fehle es an dem nach Art. 31 der Verordnung 2015/848 erforderlichen Auslandsbezug, da die im streitigen Kaufvertrag genannte Leistung in Österreich erbracht worden sei.
14 Das vorlegende Gericht stellt erstens fest, dass nach § 3 Abs. 1 der Insolvenzordnung Rechtshandlungen des Schuldners nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, welche die Insolvenzmasse beträfen, den Insolvenzgläubigern gegenüber unwirksam seien. Unter diesen Umständen könne eine Sache, wenn sie durch eine nach dieser Bestimmung den Gläubigern gegenüber unwirksame Rechtshandlung dieser Masse verloren gehe, zurückgefordert werden. Im Übrigen sehe diese Bestimmung keine Einschränkung für den Fall eines Dritten vor, der die Sache gutgläubig erwerbe und dem die Insolvenzeröffnung unbekannt geblieben sei.
15 Zweitens bezwecke Art. 31 Abs. 1 der Verordnung 2015/848 den Schutz des guten Glaubens eines Dritten, der in einem anderen Mitgliedstaat als jenem der Insolvenzeröffnung nach dem Zeitpunkt der Eröffnung dieses Verfahrens in Unkenntnis dieses Tatbestands eine Leistung an den Schuldner erbringe, obwohl er an den Insolvenzverwalter hätte leisten müssen. Nach der Lehre setze diese Bestimmung jedoch das Bestehen einer Forderung des Schuldners voraus. Sie käme daher auf Leistungen eines Dritten an einen Schuldner, die gemäß § 3 Abs. 1 der Insolvenzordnung auf einem Rechtsgeschäft beruhten, das der Insolvenzmasse gegenüber unwirksam sei, weil es nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen worden sei, nicht zur Anwendung.
16 Das vorlegende Gericht weist jedoch darauf hin, dass es in Anbetracht des Wortlauts von Art. 31 Abs. 1 der Verordnung 2015/848, der allgemein von Leistung an den Schuldner spreche, nicht ausschließe, dass diese Bestimmung auf Leistungen Anwendung finden könne, die der Dritte aufgrund eines unwirksamen Rechtsgeschäfts vorgenommen habe. In diesem Fall bliebe zu klären, ob der Ort einer Geldüberweisung, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen aufgegeben worden sei, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, als Leistungsort im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden könne.
17 Unter diesen Umständen hat der Oberste Gerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist Art. 31 Abs. 1 der Verordnung 2015/848 dahin auszulegen, dass unter Leistungen an den Schuldner, die an den Verwalter des Insolvenzverfahrens geleistet hätten werden müssen, im Sinn dieser Bestimmung auch solche Leistungen fallen, die aus einem Rechtsgeschäft, das der Schuldner erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Übergang der Befugnisse auf den Verwalter abgeschlossen hat, resultieren?
Für den Fall, dass diese Frage bejaht wird:
2. Ist Art. 31 Abs. 1 der Verordnung 2015/848 dahin auszulegen, dass als Ort der Leistung im Sinn dieser Bestimmung jener Ort anzusehen ist, von dem aus die Zahlung des Dritten durch Überweisung von einem dortigen Bankkonto erfolgt, auch wenn der Dritte nicht in diesem, sondern einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, der Abschluss des Rechtsgeschäfts und die Leistung des Schuldners wiederum nicht dort, sondern über eine Zweigniederlassung des Dritten in einem weiteren Mitgliedstaat erfolgten, nämlich in jenem, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
18 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 31 Abs. 1 der Verordnung 2015/848 dahin auszulegen ist, dass unter Leistungen an einen einem Insolvenzverfahren unterliegenden Schuldner, die an den Verwalter dieses Insolvenzverfahrens hätten erbracht werden müssen, auch Leistungen fallen, die aus einem Rechtsgeschäft, das der Schuldner nach Eröffnung dieses Insolvenzverfahrens und Übergang der Vermögensverwaltung auf den Verwalter abgeschlossen hat, resultieren.
19 Bei der Beantwortung dieser Frage sind der Wortlaut und der Zusammenhang der Bestimmung sowie die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden.
20 Was erstens den Wortlaut von Art. 31 Abs. 1 der Verordnung 2015/848 betrifft, so bestimmt dieser, dass eine Person, die in einem Mitgliedstaat an einen Schuldner leistet, über dessen Vermögen in einem anderen Mitgliedstaat ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, obwohl sie an den Verwalter des Insolvenzverfahrens hätte leisten müssen, befreit wird, wenn ihr die Eröffnung des Verfahrens nicht bekannt war. Es ist festzustellen, dass der Wortlaut dieser Bestimmung nichts enthält, was die Annahme zuließe, dass sie nicht auf eine Leistung, die aus einem Rechtsgeschäft, das ein Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen hat, resultiert, anwendbar wäre.
21 Was zweitens den Zusammenhang betrifft, in den sich Art. 31 Abs. 1 der Verordnung 2015/848 einfügt, hat der Gerichtshof zwar entschieden, dass es sich um eine materiell-rechtliche Bestimmung handelt, die unabhängig von der lex concursus anwendbar ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. September 2013, Van Buggenhout und Van de Mierop, C‑251/12, EU:C:2013:566, Rn. 23).
22 Diese Bestimmung kann jedoch nicht unabhängig von Art. 7 der Verordnung 2015/848 verstanden werden, der das auf das Insolvenzverfahren und seine Wirkungen anwendbare Recht bestimmt. Aus Art. 7 Abs. 2 Buchst. b und m dieser Verordnung ergibt sich, dass das Recht des Staates der Verfahrenseröffnung regelt, wie die nach der Verfahrenseröffnung vom Schuldner erworbenen Vermögenswerte zu behandeln sind und welche Rechtshandlungen relativ unwirksam sind, weil sie die Gläubiger benachteiligen.
23 Daraus folgt, dass die Anwendbarkeit von Art. 31 Abs. 1 der Verordnung 2015/848 auf eine Leistung, die aus einem Rechtsgeschäft, das ein Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen hat, resultiert, von den Rechtsvorschriften über die Wirksamkeit von Rechtshandlungen des Staates der Verfahrenseröffnung abhängt.
24 Somit ergibt sich aus einer systematischen Auslegung von Art. 31 Abs. 1 der Verordnung 2015/848, dass unter den Begriff „Leistung“ im Sinne dieser Bestimmung eine Leistung fällt, die aus einem Rechtsgeschäft nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Übergang der Befugnisse auf den Insolvenzverwalter resultiert, sofern ein solches Rechtsgeschäft nach dem Recht des Staates der Verfahrenseröffnung den an diesem Verfahren beteiligten Gläubigern gegenüber wirksam ist.
25 Diese Auslegung wird drittens durch das mit Art. 31 Abs. 1 der Verordnung 2015/848 verfolgte Ziel bestätigt. Aus dem 81. Erwägungsgrund dieser Verordnung geht nämlich hervor, dass diese Bestimmung einen Dritten schützen soll, der in Unkenntnis der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in einem anderen Mitgliedstaat gutgläubig davon überzeugt ist, dass seine Leistung an den Schuldner schuldbefreiende Wirkung hat.
26 Würde jedoch einer Leistung, die aus einem Rechtsgeschäft resultiert, das den an diesem Verfahren beteiligten Gläubigern nach dem Recht des Staates der Verfahrenseröffnung gegenüber unwirksam ist, schuldbefreiende Wirkung zuerkannt, ginge dies über den vom Unionsgesetzgeber gewollten Schutz des guten Glaubens Dritter hinaus. In diesem Fall wäre der Dritte nämlich vor einer etwaigen Klage des Insolvenzverwalters gegen ihn wegen ungerechtfertigter Bereicherung geschützt. Eine solche Auslegung von Art. 31 Abs. 1 der Verordnung 2015/848 liefe im Übrigen dem Grundsatz zuwider, dass Ausnahmen von der automatischen Anerkennung der Wirkungen eines Insolvenzverfahrens eng auszulegen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. April 2024, Luis Carlos u. a., C‑765/22 und C‑772/22, EU:C:2024:331, Rn. 74).
27 Außerdem würde eine Auslegung, die der in Rn. 24 des vorliegenden Urteils vertretenen Auslegung widerspricht, es dem Schuldner ermöglichen, Vermögensgegenstände leicht aus der Insolvenzmasse zu verlagern, indem er sie nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen Dritten verkauft. Diese Auslegung würde daher eines der Hauptziele der Verordnung 2015/848, das im fünften Erwägungsgrund dieser Richtlinie genannt ist, vereiteln, nämlich zu verhindern, dass es für die Parteien vorteilhafter ist, Vermögensgegenstände von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu verlagern, um auf diese Weise eine günstigere Rechtsstellung zu erlangen (vgl. entsprechend Urteil vom 19. September 2013, Van Buggenhout und Van de Mierop, C‑251/12, EU:C:2013:566, Rn. 35).
28 Im vorliegenden Fall bestimmt § 3 Abs. 1 der Insolvenzordnung, dass Rechtshandlungen des Schuldners nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, welche die Insolvenzmasse betreffen, gegenüber den an diesem Verfahren beteiligten Gläubigern unwirksam sind. Dies würde bedeuten, dass der Verkauf, den der Schuldner nach Eröffnung des ihn betreffenden Insolvenzverfahrens mit Auto1 abgeschlossen hat, nach österreichischem Recht unwirksam ist, was das vorlegende Gericht zu beurteilen hat. Sollte dies der Fall sein, wäre Art. 31 Abs. 1 der Verordnung 2015/848 nicht anwendbar.
29 Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 31 Abs. 1 der Verordnung 2015/848 dahin auszulegen ist, dass unter Leistungen an einen einem Insolvenzverfahren unterliegenden Schuldner, die an den Verwalter dieses Insolvenzverfahrens hätten erbracht werden müssen, auch Leistungen fallen, die aus einem Rechtsgeschäft, das der Schuldner nach Eröffnung dieses Insolvenzverfahrens und Übergang der Vermögensverwaltung auf den Verwalter abgeschlossen hat, resultieren, sofern ein solches Rechtsgeschäft nach dem Recht des Staates der Verfahrenseröffnung gegenüber den am Insolvenzverfahren beteiligten Gläubigern wirksam ist.
Zur zweiten Frage
30 In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage braucht die zweite Frage nicht beantwortet zu werden.