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Wirtschaftsrecht
02.07.2025
Wirtschaftsrecht
BGH: Zur Frage des bei Geltung des Vollmachtsstatuts anwendbaren Rechts (hier: Einschaltung eines Stellvertreters, der Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweist)

BGH, Urteil vom 18.6.2025 – VIII ZR 219/23

ECLI:DE:BGH:2025:180625UVIIIZR219.23.0

Volltext: BB-Online BBL2025-1602-1

unter www.betriebs-berater.de

 

Amtliche Leitsätze

a) Zur Frage des bei Geltung des Vollmachtsstatuts anwendbaren Rechts bei einem unter Einschaltung eines Stellvertreters zustande gekommenen Kaufvertrag, der mit Blick auf den Geschäftssitz der Vertragsparteien (hier: Deutschland und Österreich) eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweist (im Anschluss an BGH, Urteile vom 5. Februar 1958 - IV ZR 204/57, WM 1958, 557 unter I 1 a; vom 9. Dezember 1964 - VIII ZR 304/62, BGHZ 43, 21, 26; vom 13. Mai 1982 - III ZR 1/80, NJW 1982, 2733 unter I 2 d; vom 26. April 1990 - VII ZR 218/89, NJW 1990, 3088 unter II 1 b; vom 3. Februar 2004 - XI ZR 125/03, BGHZ 158, 1, 6).

b) Tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts sind entgegen § 559 Abs. 2 ZPO für das Revisionsgericht ausnahmsweise dann nicht bindend, wenn und soweit sie - was vom Revisionsgericht auch von Amts wegen zu berücksichtigen ist - Widersprüche und Unklarheiten aufweisen (im Anschluss an Senatsurteil vom 27. November 2019 - VIII ZR 285/18, NJW 2020, 208 Rn. 35 f. mwN, insoweit in BGHZ 224, 89 nicht abgedruckt).

ZPO § 559 Abs. 2; Brüssel Ia-VO Art. 4 Abs. 1; Rom I-VO Art. 1 Abs. 2 Buchst. g, Art. 4 Abs. 1 Buchst. a; CISG Art. 1 Abs. 1 Buchst. a; EGBGB Art. 8, Art. 229 § 41

Sachverhalt

1            Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Österreich, betreibt dort 145 Postfilialen, in denen sie unter anderem auch Zubehör für Mobiltelefone verkauft. Die Beklagte, eine in Deutschland ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, vertreibt das entsprechende Zubehörsortiment und belieferte die Klägerin seit Ende 2014 in ständiger Geschäftsbeziehung, ohne dass es einen schriftlichen Rahmenvertrag gab.

2            Die Beklagte räumt in ihren - vorliegend allerdings nicht in die Vertragsbeziehung einbezogenen - Allgemeinen Geschäftsbedingungen ihren Kunden ein Rückgaberecht "Ware alt gegen neu" (Rückgabe der Ware gegen Gutschrift des Kaufpreises zur Verrechnung mit Neubestellungen) ein, soweit es sich um Ware handelt, die sie für den Kunden ausgewählt hat.

3            Die Geschäftsbeziehung der Parteien kam auf Vermittlung des von der Beklagten - nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts - "als Handelsvertreter" eingeschalteten Herrn S.           zustande, der in W.    ein eigenes Unternehmen betreibt. Nach einem vorangegangenen mündlichen Gespräch teilte Herr S.             der Klägerin per E-Mail vom 29. September 2014 unter Verwendung einer an die Firmenbezeichnung der Beklagten angelehnten E-Mail-Adresse ("s.             @                         ") sowie des unter seinem Namen am Ende der E­Mail abgedruckten Zusatzes "Leitung Generalvertrieb Österreich" bezugnehmend auf den Termin bei der Klägerin folgendes mit:              "[…] und erlaube mir, Ihnen mit dieser Mail folgende Zusagen zu machen: Sie erhalten von uns ein 100%iges Rückgaberecht auf alle von uns erworbenen Produkte. Das Rückgaberecht wird unter der Voraussetzung gewährt, dass unser Produktständer 'P.                                     […]' mindestens sechs Monate ab Anlieferung in jeder Postfiliale steht. Nach Ablauf der sechs Monate steht es der Post frei, alle angelieferten Produkte inklusive P.                                   an unser Unternehmen zurückzusenden".

4            In den nachfolgenden Absätzen der E-Mail, deren Echtheit die Beklagte bestritten hat, finden sich Ausführungen über eine so bezeichnete "Testphase". Diese dauerte nach der Auffassung des Berufungsgerichts so lange an, wie die Beklagte das an die Klägerin gelieferte Sortiment nach Art und Menge gestaltete.

5            Zwischen den Parteien ist streitig, ob Herr S.           mündlich ein umfassendes - das heißt nicht auf die "Testphase" beschränktes - Retourenrecht zugesagt hat, ob er in den Betrieb der Beklagten eingegliedert und ob er von der Beklagten bevollmächtigt war beziehungsweise ob sich die Beklagte dessen Erklärungen nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht zurechnen lassen muss. Ferner ist streitig, ob Herr S.              im Jahr 2019 zugesagt hat, dass es bei der Retourenregelung verbleibe.

6            Zu Beginn der Geschäftsbeziehung stellte zunächst die Beklagte die Lieferungen für die einzelnen Postfilialen der Klägerin zusammen. Retouren erfolgten und wurden mit neuen Bestellungen verrechnet. Für die Jahre 2016 und 2017 erteilte die Beklagte mit Schreiben vom 4. Dezember 2019 eine Gutschrift über 23.855,68 €. Eine Auszahlung erfolgte nicht.

7            Ab dem Jahr 2018 wählte die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das jeweils bei der Beklagten bestellte Sortiment für ihre Filialen selbst aus. In den Jahren 2018 und 2019 gab die Klägerin in großem Umfang gekaufte Ware an die Beklagte zurück. Die Beklagte erteilte weder eine Gutschrift noch zahlte sie Beträge an die Klägerin aus. Seit Mitte des Jahres 2020 erfolgten keine Bestellungen der Klägerin bei der Beklagten mehr.

8            Mit ihrer Klage hat die Klägerin - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - die Zahlung von 250.888,91 € für Retouren aus den Jahren 2018 und 2019 sowie die Auszahlung des mit dem Schreiben der Beklagten vom 4. Dezember 2019 gutgeschriebenen Betrags von 23.855,68 € für Retouren aus den Jahren 2016 und 2017 - jeweils nebst Zinsen - begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage im Hinblick auf die genannten Anträge mit Ausnahme eines Teilbetrags in Höhe von 45,54 € betreffend die Retouren aus den Jahren 2018 und 2019 sowie mit einer Einschränkung hinsichtlich der geltend gemachten Zinshöhe stattgegeben.

9            Mit der vom Berufungsgericht beschränkt auf den zugesprochenen Zahlungsanspruch in Höhe von 250.843,37 € (250.888,91 € - 45,54 €) für die Retouren aus den Jahren 2018 und 2019 nebst Zinsen zugelassenen Revision begehrt die Beklagte insoweit die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Aus den Gründen

10        Die im Umfang der Zulassung eingelegte Revision hat Erfolg.

 

11        I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

 

12        Der Klägerin stehe der gegen die Beklagte geltend gemachte Zahlungsanspruch für die Retouren aus den Jahren 2018 und 2019 in Höhe von 250.843,37 € zu.

 

13        Zwischen den Parteien habe - wie die vom Berufungsgericht durchgeführte Beweisaufnahme ergeben habe - die vertragliche (Rahmen-)Vereinbarung bestanden, dass die Klägerin berechtigt sei, im Rahmen der laufenden Geschäftsbeziehung mit der Beklagten sämtliche Ware ohne Angabe von Gründen zurückzugeben. Zur hinreichenden Überzeugung des Berufungsgerichts habe die Klägerin, vertreten durch den Zeugen B.      , mit Herrn S.            in einem Treffen zeitlich unmittelbar vor dem 29. September 2014 vereinbart, dass die Klägerin "unbedingt" (also unabhängig von der Frage, welche Partei die Auswahl der Ware vorgenommen habe) berechtigt sei, erhaltene Ware zu retournieren.

 

14        Die Überzeugung des Berufungsgerichts beruhe auf der glaubhaften Aussage des glaubwürdigen Zeugen B.      . Dieser habe bekundet, er habe in dem Gespräch mit Herrn S.           direkt die notwendigen Bedingungen der Klägerin formuliert, damit überhaupt eine Geschäftsbeziehung zustande kommen könne. Dabei sei das Retourenrecht wichtig gewesen. Die Retouren seien so gelebt worden wie vereinbart. Es seien immer wieder Produkte zurückgeschickt und auch gutgeschrieben worden. Dabei belege die unmittelbar nach dem Treffen mit Herrn S.           bei der Klägerin eingegangene und sich hierauf beziehende E-Mail vom 29. September 2014 - an deren Echtheit das Berufungsgericht keine durchgreifenden Zweifel habe -, dass Herr S.           aus der Sicht der Klägerin aufgetreten sei wie ein Mitarbeiter der Beklagten.

 

15        Die Beklagte müsse sich die Erklärungen, die Herr S.             in dem Treffen mit dem Zeugen B.        abgegeben habe, zurechnen lassen.

 

16        Aus den Angaben des Geschäftsführers der Beklagten im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht ergebe sich, dass Herr S.            von Seiten der Beklagten bevollmächtigt gewesen sei, die Rahmenbedingungen für die Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien zu vereinbaren, wozu auch das "Retourenrecht nach den Konditionen der Beklagten" gehört habe.

 

17        Herr S.        habe in den maßgeblichen Gesprächen seine Vertretungsmacht insoweit überschritten, als er der Klägerin ein "uneingeschränktes" Retourenrecht eingeräumt habe, wohingegen seine Vollmacht lediglich darin bestanden habe, ein Retourenrecht für solche Waren einzuräumen, welche die Beklagte zuvor für die Klägerin ausgewählt gehabt habe ("Testphase"). Im Ergebnis habe diese Überschreitung seiner Vollmacht jedoch nicht zur Folge, dass die Beklagte an die Erklärungen des Herrn S.             nicht gebunden sei.

 

18        Es habe kein Fall des "Missbrauchs einer Vertretungsmacht" vorgelegen, weil Herr S.             im Gespräch mit dem Zeugen B.         in Bezug auf den Aspekt Retourenrecht gar keine Abschlussvollmacht behauptet, sondern vielmehr erklärt habe, dass er das erst noch "mit Deutschland" abklären müsse. Herr S.              habe sich dann wieder gemeldet und bestätigt, dass die Rahmenbedingungen so in Ordnung seien. Die Klägerin sei insofern davon ausgegangen, dass Herr S.              in Bezug auf das Retourenrecht als Bote gehandelt habe.

 

19        Auch die Fallkonstellation der "bewussten Übermittlung einer anderen als der aufgetragenen Erklärung durch einen Boten" habe nicht vorgelegen, weil die Beklagte Herrn S.            zu den Gesprächen über die Vereinbarung von Rahmenbedingungen als Vertreter und nicht als Boten entsandt habe.

 

20        Die Voraussetzungen einer Duldungs- oder einer Anscheinsvollmacht seien im Streitfall ebenfalls nicht gegeben.

 

21        Betrachte man jedoch die Wertungen, die sämtlichen vorgenannten Fallkonstellationen zugrunde lägen, sei im Ergebnis davon auszugehen, dass die Beklagte an die Erklärungen gebunden sei, die Herr S.             gegenüber der Klägerin abgegeben habe.

 

22        Eine Bindung der erklärenden Partei erfordere als objektives Tatbestandsmerkmal, dass der Erklärende (hier die Beklagte) eine Ursache dafür gesetzt habe, dass die dritte Person (hier Herr S.         ) in dessen Namen Erklärungen gegenüber dem Vertragspartner abgegeben habe, welche der Erklärende in dieser Form nicht habe abgeben wollen. Dies sei hier der Fall. Die Beklagte habe Herrn S.              damit bevollmächtigt, sie im Rahmen der Gespräche mit der Klägerin hinsichtlich der Rahmenbedingungen zu vertreten und ein Retourenrecht nach Maßgabe der ständigen Geschäftspraxis der Beklagten zu vereinbaren. Zu diesem Zwecke habe die Beklagte Herrn S.             zu dem Treffen mit der Klägerin entsandt und es im Anschluss unterlassen, sich mit dieser in Kontakt zu setzen und beispielsweise ein schriftliches Dokument über die Rahmenbedingungen aufzusetzen.

 

23        Ferner sei erforderlich, dass der Vertragspartner gutgläubig sei. Auch dies sei hier der Fall. Der Zeuge B.         habe glaubhaft bekundet, dass Herr S.              ihnen gegenüber im Nachgang zu dem ersten Gespräch mitgeteilt habe, dass er Rücksprache "mit Deutschland" genommen habe und die Rahmenbedingungen so in Ordnung seien.

 

24        Angesichts dessen könne dahinstehen, ob in dem Umstand, dass die Retourenregelung über mehrere Jahre gelebt worden sei, eine konkludente Genehmigung eines - unterstellt - schwebend unwirksamen Vertrages (in Bezug auf die "unbedingte" Retourenregelung) durch die Beklagte zu sehen sei.

 

25        Das Berufungsgericht vermöge auch nicht zu erkennen, dass eine Regelung, wie sie der Zeuge B.      bekundet habe, mit den Regelungen der §§ 307 ff. BGB nicht in Einklang zu bringen sei.

 

26        Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte habe nicht dargelegt, geschweige denn unter Beweis gestellt, dass es sich bei der mit Herrn S.            vereinbarten Regelung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung gehandelt habe. Zwar habe die Klägerin selbst eingeräumt, dass sie eine entsprechende Regelung mit allen ihren Lieferanten pflege. Indes habe die Beklagte keinen Vortrag dazu gehalten, dass die Klägerin diese Regelung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB "gestellt" habe.

 

27        Rechtsfolge des Retourenrechts sei ein Anspruch auf Rückzahlung der für die retournierten Waren bereits geleisteten Kaufpreise, der sich vorliegend in der Höhe - unter Abzug einer Position von 45,54 € - auf 250.843,37 € belaufe. Zwar habe der Zeuge B.      bekundet, dass er mit Herrn S.          nicht besprochen habe, was mit den Gutschriften passieren solle, wenn die Geschäftsbeziehung einmal zu Ende gehe und die bis dahin praktizierte Verrechnung der Gutschriften für Retouren mit den Neubestellungen nicht mehr möglich sei. Indes sei die Vereinbarung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben so auszulegen, dass die Klägerin in diesem Fall von der Beklagten die Auszahlung der Gutschriften verlangen könne.

 

28        II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Umfang der Revisionszulassung nicht stand.

 

29        Die Revision ist in dem Umfang, in dem die Beklagte das Berufungsurteil angreift, zulässig, insbesondere gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

 

30        1. Unausgesprochen hat das Berufungsgericht zunächst zu Recht die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bejaht. Die in jeder Lage des Verfahrens und damit auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende (BGH, Urteile vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 7 mwN; vom 14. Juli 2022 - I ZR 121/21, GRUR 2022, 1675 Rn. 29; vom 15. Mai 2024 - VIII ZR 226/22, NJW 2024, 2680 Rn. 21) internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 S. 1; im Folgenden: Brüssel Ia-VO). Danach sind - vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen Bestimmungen der Art. 24 und 25 dieser Verordnung - Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen, wobei nach Art. 63 Abs. 1 Buchst. a Brüssel Ia-VO der Sitz von Gesellschaften und juristischen Personen dem Wohnsitz gleichsteht. Die beklagte Gesellschaft mit beschränkter Haftung hat als juristische Person (§ 13 Abs. 1 GmbHG) ihren Sitz in A.                  in Deutschland.

 

31        2. Das Berufungsurteil kann in der Sache jedoch schon deshalb keinen Bestand haben, weil die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe mit Herrn S.           in einem Gespräch zeitlich unmittelbar vor dem 29. September 2014, dem Tag des oben genannten E-Mail-Schreibens, vereinbart, dass ihr ein unbedingtes Retourenrecht zustehe, und die Beklagte müsse sich diese Zusage des Herrn S.            zurechnen lassen, von seinen tatsächlichen Feststellungen nicht getragen wird. Die Ausführungen des Berufungsgerichts hierzu sind in sich widersprüchlich und erlauben dem Senat keine hinreichend sichere Beurteilung des Sachverhalts.

 

32        a) Zwar sind gemäß § 559 Abs. 2 ZPO die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts für das Revisionsgericht bindend und demnach seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn und soweit die Feststellungen Widersprüche und Unklarheiten aufweisen, da derartige Feststellungen dem Revisionsgericht keine hinreichend sichere rechtliche Beurteilung des Sachverhalts erlauben (Senatsurteil vom 27. November 2019 - VIII ZR 285/18, NJW 2020, 208 Rn. 35, insoweit in BGHZ 224, 89 nicht abgedruckt; BeckOK-ZPO/Kessal-Wulf, Stand: 1. März 2025, § 559 Rn. 9 f.; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 22. Aufl., § 559 Rn. 20 ff.; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 23. Aufl., § 559 Rn. 49 f.; vgl. auch BGH, Urteile vom 17. Mai 2000 - VIII ZR 216/99, NJW 2000, 3007 unter II 2; vom 9. März 2005 - VIII ZR 381/03, NJW-RR 2005, 962 unter II 1; vom 14. Januar 2010 - I ZR 4/08, juris Rn. 9, 12; vom 17. März 2011 - I ZR 170/08, NJW-RR 2011, 1408 Rn. 11; jeweils mwN). Eine solche Widersprüchlichkeit der Feststellungen, die von dem Revisionsgericht auch von Amts wegen zu berücksichtigen ist (Senatsurteil vom 27. November 2019 - VIII ZR 285/18, aaO Rn. 36; vgl. auch BGH, Urteile vom 17. Mai 2000 - VIII ZR 216/99, aaO; vom 14. Januar 2010 - I ZR 4/08, aaO Rn. 9; vom 17. März 2011 - I ZR 170/08, aaO; vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14, NJW-RR 2015, 275 Rn. 15; jeweils mwN) weist das Berufungsurteil hier auf. Dessen tatsächliche Feststellungen binden den Senat daher nicht.

 

33        b) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu der Frage, zu welchem Zeitpunkt, durch welche Erklärung und mit welchem Inhalt vorliegend eine Einigung zwischen dem Zeugen B.      für die Klägerin und - vermittelt über Herrn S.            - der Beklagten über ein unbedingtes Retourenrecht zu Gunsten der Klägerin getroffen worden sein soll, sind widersprüchlich.

 

34        Das Berufungsgericht hat zwar einerseits explizit ausgeführt, es sei infolge der Aussage des Zeugen B.        davon überzeugt, dass die Klägerin, vertreten durch diesen, mit Herrn S.            in einem Treffen zeitlich unmittelbar vor dem 29. September 2014 vereinbart habe, der Klägerin ein unbedingtes Retourenrecht einzuräumen. Es hat auch an einer anderen Stelle seines Urteils von "dem Treffen" des Herrn S.              mit dem Zeugen B.        im September 2014 gesprochen, in dem ersterer Erklärungen zur Vereinbarung der Rahmenbedingungen der Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten abgegeben habe, welche sich die Beklagte zurechnen lassen müsse.

 

35        An anderer Stelle seines Urteils hat das Berufungsgericht jedoch dargestellt, der Zeuge B.         habe bekundet, dass Herr S.              im Gespräch mit ihm in Bezug auf den Aspekt Retourenrecht gar keine Abschlussvollmacht behauptet, sondern vielmehr erklärt habe, dass er das erst noch "mit Deutschland" abklären müsse. Herr S.           habe sich dann wieder gemeldet und bestätigt, dass die Rahmenbedingungen so in Ordnung seien. Nach dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Sitzungsprotokoll hat der Zeuge B.        - worauf die Revision zutreffend hinweist - hierzu ausgesagt, die Bestätigung von Herrn S.               sei per Mail erfolgt, und zwar durch die E-Mail vom 29. September 2014. Diese E-Mail enthält nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ihrerseits die Zusage eines "100%igen Rückgaberechts auf alle von uns erworbenen Produkte" und nachfolgend Ausführungen zu der sogenannten Testphase.

 

36        Hat jedoch Herr S.             in Bezug auf die vorliegend maßgebliche Vereinbarung eines unbedingten Retourenrechts für die Klägerin in dem persönlichen Gespräch mit Herrn B.       unmittelbar vor dem 29. September 2014 - wie das Berufungsgericht meint - ausdrücklich klargestellt, hierzu seitens der Beklagten nicht bevollmächtigt zu sein, weshalb erst eine Rücksprache erfolgen müsse, so kann die Vereinbarung dieses Retourenrechts noch nicht in diesem Gespräch erfolgt sein. Allerdings lässt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht entnehmen, dass die Vereinbarung (erst) durch die dem Gespräch nachfolgende E-Mail vom 29. September 2014 getroffen wurde, auch wenn das Berufungsgericht die betreffende E-Mail in tatrichterlicher Beweiswürdigung als echt angesehen hat. Insbesondere hat es die in diesem Fall gebotene Auslegung, ob die Einleitung der E-Mail in Anbetracht der in den nachfolgenden Absätzen enthaltenen Ausführungen zu der sogenannten Testphase als Einräumung eines unbedingten, also nicht auf die Testphase beschränkten Retourenrechts zugunsten der Klägerin verstanden werden kann, nicht vorgenommen. Aufgrund unzureichender und widersprüchlicher Feststellungen des Berufungsgerichts zum genauen Inhalt des zuvor geführten Gesprächs, vor dessen Hintergrund die E-Mail auszulegen ist, vermag der Senat diese Auslegung nicht selbst vorzunehmen.

 

37        c) Die fehlende Eindeutigkeit der Feststellungen zu Zeit und Inhalt der Vereinbarung setzt sich fort hinsichtlich der Frage, ob Herr S.              hinsichtlich des unbedingten Retourenrechts zugunsten der Klägerin eine eigene Willenserklärung im Namen der Beklagten abgegeben, also als deren (gegebenenfalls insoweit nur vermeintlich bevollmächtigter) Stellvertreter gehandelt hat, oder ob er insoweit lediglich eine (gegebenenfalls vermeintliche) Willenserklärung des Geschäftsführers der Beklagten als Bote überbracht hat. Auf die Widersprüchlichkeit der diesbezüglichen Feststellungen des Berufungsgerichts weist auch die Revision zu Recht hin.

 

38        Das Berufungsgericht hat an verschiedenen Stellen seines Urteils Formulierungen verwendet, die darauf hindeuten, dass es davon ausgegangen ist, Herr S.             habe als Vertreter der Beklagten gehandelt. So hat es ausgeführt, Herr S.              habe "seine Vertretungsmacht […] überschritten" beziehungsweise Herr S.             habe im Namen der Beklagten Erklärungen gegenüber dem Vertragspartner abgegeben, die jene in dieser Form nicht habe abgeben wollen. An anderer Stelle hat das Berufungsgericht hingegen ausgeführt, die Klägerin sei davon ausgegangen, dass Herr S.               in Bezug auf den Aspekt Retourenrecht "als Bote" gehandelt habe.

 

39        Die in diesen widersprüchlichen Feststellungen angelegte Alternativität des Sachverhalts setzt sich in der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts insofern fort, als dieses sowohl auf Grundzüge des Stellvertretungsrechts zurückgegriffen als auch die Fallkonstellation der bewussten Übermittlung einer anderen als der aufgetragenen Erklärung durch einen Boten herangezogen und der Beklagten die Äußerung des Herrn S.            in Anwendung vermeintlicher, aus den verschiedenen Fallgestaltungen des Stellvertretungs- und Botenrechts ermittelten übergreifenden Grundsätze zugerechnet hat.

 

40        3. Auf die vom Berufungsgericht damit nicht mit hinreichenden Feststellungen unterlegte Frage, ob Herr S.           eine - nach dem Vortrag der Klägerin erteilte - Zusage eines umfassenden Retourenrechts zu deren Gunsten als Stellvertreter für die Beklagte abgegeben oder als Bote der Beklagten überbracht hat, kommt es für die weitere rechtliche Prüfung entscheidend an.

 

41        Hat Herr S.               die Zusage eines umfassenden Retourenrechts - wie die Klägerin behauptet - als Stellvertreter für die Beklagte abgegeben, erscheint klärungsbedürftig, ob sich die Frage nach dem Bestehen einer Bevollmächtigung und deren Reichweite sowie gegebenenfalls des Vorliegens der Voraussetzungen einer Rechtsscheinsvollmacht nach deutschem oder nach österreichischem Recht beurteilt. Für den Fall, dass Herr S.            die Erklärung lediglich als Bote überbracht hat, stellt sich diese Frage hingegen nicht.

 

42        Das Berufungsgericht ist - möglicherweise in stillschweigender Billigung der von der Klägerin in der Klageschrift vertretenen und vom Landgericht geteilten Annahme, Art. 8 Abs. 3 EGBGB sei anwendbar - davon ausgegangen, maßgebliches Recht für die mit der Stellvertretung zusammenhängenden Fragen sei das deutsche Recht. Diese Annahme bedarf jedoch anhand des gegebenenfalls zu ergänzenden Parteivortrags sowie noch zu treffender Feststellungen der Überprüfung.

 

43        a) Dabei kann an dieser Stelle dahinstehen, ob der vom Berufungsgericht seiner Beurteilung - möglicherweise ebenfalls in stillschweigender Billigung der wiederum von der Klägerin in der Klageschrift vertretenen und vom Landgericht geteilten Annahme - zu Grunde gelegte Ausgangspunkt zutrifft, auf die vorliegende vertragliche Rahmenvereinbarung, die für die künftig zu schließenden einzelnen Kaufverträge zwischen den Parteien gelten sollte, finde mangels Rechtswahl gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (ABl. L 177 S. 6; im Folgenden: Rom I-VO) das deutsche Recht Anwendung, da die Beklagte als Verkäuferin beweglicher Sachen ihre Hauptverwaltung - welche nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 Rom I-VO für die Zwecke dieser Verordnung den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts darstellt - in Deutschland habe.

 

44        Ebenso kann dahinstehen, ob auf das Vertragsverhältnis der Parteien - was das Berufungsgericht nicht in den Blick genommen hat - das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (BGBl. 1989 II S. 588, berichtigt BGBl. 1990 II S. 1699; im Folgenden: CISG) Anwendung findet (zum Vorrang des CISG vgl. Art. 1 Abs. 1 Buchst. a CISG, Art. 25 Abs. 1 Rom I-VO).

 

45        Denn das CISG enthält keine Regelungen zur Stellvertretung, sondern überlässt die Bestimmung des hierfür maßgebenden Rechts dem Recht, das vom Internationalen Privatrecht des Forums berufen wird (vgl. Senatsurteil vom 25. März 2015 - VIII ZR 125/14, NJW 2015, 2584 Rn. 46; Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2025, Art. 4 CISG Rn. 37).

 

46        Auch Art. 1 Abs. 2 Buchst. g Rom I-VO nimmt das Stellvertretungsrecht ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich der Verordnung aus, so dass hiernach das nationale Internationale Privatrecht des Forumstaats (vgl. BeckOGK-EGBGB/Mankowski, Stand: 1. Oktober 2019, Art. 8 Rn. 12; BeckOGK-Rom I-VO/Paulus, Stand: 1. März 2025, Art. 1 Rn. 132, 135) zur Anwendung kommt.

 

47        b) Nach dem damit anwendbaren deutschen Internationalen Privatrecht folgt das Vollmachtsstatut nicht notwendigerweise dem Recht, das für die Beziehung zwischen dem Vertretenen und der dritten Partei gilt, sondern wird nach ganz herrschender Meinung in Rechtsprechung (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 5. Februar 1958 - IV ZR 204/57, WM 1958, 557 unter I 1 a; vom 9. Dezember 1964 - VIII ZR 304/62, BGHZ 43, 21, 26; vom 13. Mai 1982 - III ZR 1/80, NJW 1982, 2733 unter I 2 d; vom 26. April 1990 - VII ZR 218/89, NJW 1990, 3088 unter II 1 b; vom 3. Februar 2004 - XI ZR 125/03, BGHZ 158, 1, 6) und Literatur (vgl. nur Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2016, Art. 1 Rom I-VO Anh. II Rn. 10; Reithmann/Martiny/Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl., Rn. 7.366 ff.; Schwarz, RabelsZ 71 (2007), 729, 741 ff.) grundsätzlich eigenständig angeknüpft.

 

48        c) Allerdings kann vorliegend das Vollmachtsstatut - vorbehaltlich weiterer Feststellungen des Berufungsgerichts - nicht unter Anwendung der Vorschrift des Art. 8 EGBGB ermittelt werden.

 

49        Art. 8 EGBGB wurde erst durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften im Bereich des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts vom 11. Juni 2017 (BGBl. I S. 1607) eingeführt. Gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 41 EGBGB setzt die Anwendung von Art. 8 EGBGB voraus, dass nach dessen Inkrafttreten am 17. Juni 2017 eine Vollmacht erteilt oder eine Erklärung im Namen einer anderen Person gegenüber einem Dritten abgegeben wurde (vgl. BT-Drucks. 18/10714, S. 27; Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2024, Art. 8EGBGB Rn. 13; MünchKommBGB/Kleinschmidt, 9. Aufl., Art. 8 EGBGB Rn. 28; Grüneberg/Thorn, BGB, 84. Aufl., Art. 8 EGBGB Rn. 1).

 

50        Vorliegend geht es - soweit den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts zu entnehmen - entweder um eine mündliche Erklärung, die Herr S.              vor dem 29. September 2014 abgegeben hat, oder um eine solche, die durch eine E-Mail des Herrn S.            vom 29. September 2014 abgegeben wurde. Wenn eine Vollmacht für eine zu diesen Zeitpunkten abgegebene Willenserklärung des Herrn S.               in Rede steht, liegt der dafür maßgebliche Zeitpunkt vor dem Stichtag des 17. Juni 2017.

 

51        d) Insofern ist - nach den bisher getroffenen Feststellungen in Ermangelung einer abweichenden Rechtswahl - auf die vor dem Inkrafttreten des Art. 8 EGBGB geltenden unkodifizierten richterrechtlichen Regeln des deutschen Internationalen Privatrechts zurückzugreifen (Art. 229 § 41 EGBGB; vgl. Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2024, Art. 8 EGBGB Rn. 13; BeckOGK-BGB/Huber, Stand: 1. November 2021, § 164 Rn. 111).

 

52        Hiernach unterstand die rechtsgeschäftliche Vollmacht im Grundsatz dem Recht des Ortes, an dem von ihr Gebrauch gemacht wird oder gemacht werden sollte (Gebrauchsort bzw. Wirkungsstatut; vgl. BGH, Urteile vom 9. Dezember 1964 - VIII ZR 304/62, BGHZ 43, 21, 26; vom 13. Mai 1982 - III ZR 1/80, NJW 1982, 2733 unter I 2 d; vom 26. April 1990 - VII ZR 218/89, NJW 1990, 3088 unter II 1 c; vom 27. Mai 1993 - IX ZR 66/92, NJW 1993, 2744 unter I 1; vom 17. November 1994 - III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 47; vom 3. Februar 2004 - XI ZR 125/03, BGHZ 158, 1, 6; vom 4. März 2013 - NotZ (Brfg) 9/12, BGHZ 196, 271 Rn. 26; Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2016, Art. 1 Rom I-VO Anh. II Rn. 13; Reithmann/Martiny/Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl., Rn. 7.370).

 

53        Vorliegend erscheint es - auch wenn das Berufungsgericht hierzu noch keine hinreichenden Feststellungen getroffen hat - nicht ausgeschlossen, dass bei Anwendung dieser Grundsätze österreichisches Stellvertretungsrecht zur Anwendung kommt, welches gemäß § 293 ZPO vom Tatrichter von Amts wegen zu ermitteln wäre (vgl. BGH, Urteile vom 13. Dezember 2005 - XI ZR 82/05, BGHZ 165, 248, 260; vom 14. Januar 2014 - II ZR 192/13, NJW 2014, 1244 Rn. 15).

 

54        e) Sofern die Prüfung des nach dem deutschen Internationalen Privatrecht für die Vollmacht anwendbaren Rechts nicht zu einer Bindung der Beklagten an die von der Klägerin behauptete Zusage eines umfassenden Retourenrechts durch Herrn S.             führen sollte, stellte sich die Frage einer nachträglichen Genehmigung durch die Beklagte, welche gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem Vertragsstatut zu beurteilen wäre (vgl. BGH, Urteile vom 22. Juni 1965 - V ZR 55/64, WM 1965, 868 unter I b; vom 8. Oktober 1991 - XI ZR 64/90, NJW 1992, 618 unter II 2 b; vom 17. November 1994 - III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 48; Grüneberg/Thorn, BGB, 84. Aufl., Art. 8 EGBGB Rn. 6; BeckOGK-BGB/Ulrici, Stand: 1. November 2023, § 177 BGB Rn. 231; BeckOGK-EGBGB/Mankowski, Stand: 1. Oktober 2019, Art. 8 Rn. 293 ff.; aA Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2016, Art. 1 Rom I-VO Anh. II Rn. 62; Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2024, Art. 8 EGBGB Rn. 156 ff.; MünchKommBGB/Kleinschmidt, 9. Aufl., Art. 8 EGBGB Rn. 157 [jeweils für die Anwendung des Vollmachtsstatuts]).

 

55        4. Soweit die Revision darüber hinaus rügt, das Berufungsurteil könne auch deshalb keinen Bestand haben, weil die Vereinbarung eines umfassenden Retourenrechts im Streitfall in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgt sei, den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteilige und deshalb unwirksam sei (§ 307 Abs. 1, 2, § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB), hängt auch die Beurteilung dieser Fragen von den noch zu treffenden weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts insbesondere zum Zustandekommen und zum Inhalt der Vereinbarung der Parteien ab.

 

56        Gleiches gilt für die weitere Rüge der Revision, die sich gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Auslegung der vertraglichen Vereinbarung der Parteien richtet. III.

 

57        Nach alledem kann das angefochtene Urteil im Umfang der Zulassung der Revision keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, da weitere Feststellungen zu treffen sind. Der Rechtsstreit ist deshalb im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

 

58        Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

 

59        Das Berufungsgericht wird - gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag - zu prüfen haben, ob es sich bei einem eventuell vereinbarten umfassenden Retourenrecht der Klägerin (das sie nach eigenem Vortrag mit allen ihren Lieferanten pflegt und das nach Aussage des Zeugen B.       , worauf die Revision zutreffend hinweist, eine notwendige Bedingung für das Zustandekommen einer Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien darstellte) um eine von dieser gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB handelt und bejahendenfalls, ob diese einer Inhaltskontrolle nach den § 307 Abs. 1 und 2, § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB standhält.

 

60        Dies würde auch dann gelten, wenn die Vereinbarung des Retourenrechts dem CISG unterläge, da sich auch in diesem Fall eine Inhaltskontrolle nach dem unvereinheitlichten nationalen Recht richtet (MünchKommBGB/Huber, 9. Aufl., Art. 4 CISG Rn. 33; MünchKommBGB/Gruber, aaO, Vor Art. 14 CISG Rn. 6; BeckOGK-CISG/Buchwitz, Stand: 1. Februar 2025, Art. 14 Rn. 92), wobei im Rahmen der Prüfung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB auf die Grundgedanken des CISG abzustellen ist (Achilles, UN-Kaufrechtsübereinkommen (CISG), 2. Aufl., Art. 4 Rn. 13; MünchKommBGB/Huber, aaO; BeckOGK-CISG/Buchwitz, aaO Rn. 94; vgl. auch ÖOGH IHR 2001, 42, 43).

 

61        Bei der Prüfung des Vorliegens Allgemeiner Geschäftsbedingungen wird das Berufungsgericht zu bedenken haben, dass diese nicht schriftlich fixiert sein müssen, sondern auch zum Zwecke künftiger wiederholter Verwendung im "Kopf" des Verwenders gespeichert sein können (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Januar 2025 - XI ZR 35/24, WM 2025, 304 Rn. 14; Beschluss vom 8. Mai 2018 - VIII ZR 200/17, NJW-RR 2018, 843 Rn. 12; jeweils mwN).

 

62        Sofern es sich bei einem eventuell vereinbarten umfassenden Retourenrecht der Klägerin nicht um eine ausgehandelte Vertragsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB; zur Darlegungs- und Beweislast vgl. BGH, Urteil vom 3. April 1998 - V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 unter II 2 b; Beschlüsse vom 20. November 2012 - VIII ZR 137/12, WuM 2013, 293 Rn. 6; vom 19. März 2019 - XI ZR 9/18, NJW 2019, 2080 Rn. 23), sondern um eine von ihr gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung handeln sollte, wird das Berufungsgericht unter Zugrundelegung der darin vorgesehenen Abwicklung und sonstigen inhaltlichen Ausgestaltung (vgl. Senatsurteile vom 16. März 1994 - VIII ZR 246/92, NJW-RR 1994, 880 unter II 2 aa; vom 7. November 2001 - VIII ZR 213/00, NJW 2002, 506 unter II 1 [zur Auslegung eines Rückgaberechts als Wiederverkaufsrecht nach altem Schuldrecht]; hierzu und zum Umtauschrecht des Käufers Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 346 Rn. 57 ff.; zum Kauf mit Umtauschvorbehalt auch Staudinger/Schermaier, BGB, Neubearb. 2024, Vorb. zu §§ 454 ff. Rn. 3 ff.) zu prüfen haben, ob dieses die Beklagte entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 und 2, § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB), wobei auf die im Handelsverkehr geltende Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen ist (§ 310 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB).

 

63        Der Umstand allein, dass die Beklagte ihren Kunden ein Retourenrecht "Ware alt gegen neu" (Rückgabe der Ware gegen Gutschrift des Kaufpreises zur Verrechnung mit Neubestellungen) einräumt, sofern sie selbst die Waren für die Kunden zusammenstellt, genügt dabei noch nicht, um die Unangemessenheit eines umfassenden Retourenrechts zu Gunsten der Klägerin zu verneinen. Denn mit der Auswahl der an die Klägerin zu liefernden Waren trifft jedenfalls auch die Beklagte letztlich das Absatzrisiko.

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