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Wirtschaftsrecht
12.04.2012
Wirtschaftsrecht
OLG Frankfurt: Wirksamkeit einer Entgeltklausel für die Führung eines Pfändungsschutzkontos in Banken-AGB

OLG Frankfurt, Urteil vom 28.3.2012 - 19 U 238/11


Leitsatz


Eine Entgeltklausel, wonach für das Führen eines Pfändungsschutzkontos ein (weitaus) höheres monatliches Entgelt verlangt wird als für das Führen des allgemeinen Girokontos, stellt eine unangemessene Benachteiligung der privaten Kunden gemäß § 307 Abs. 1 BGB dar, weil das - auf entsprechendes Verlangen des Kunden - Führen eines Girokontos als Pfändungsschutzkonto im Sinne des § 850k Abs. 7 Satz 2 ZPO eine Dienstleistung zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht darstellt, für die eine Bank auch dann kein Entgelt verlangen kann, wenn sie dadurch höhere Aufwendungen hat.


sachverhalte


Sachverhalt


I.


Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist.


Die Beklagte verwendete bis zu deren späterer Änderung gegenüber ihren (privaten) Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen, die ein Preis- und Leistungsverzeichnis (Stand: 31.10.2009) enthielten (Anlage BB1 - im Anhang zur Berufungserwiderung). Unter Abschnitt B (Preise und Leistungsmerkmale bei der Kontoführung und der Erbringung von Zahlungsdiensten) wurde für ein „Girokonto Standard" ein Grundpreis von 1,55 € p. m. ausgewiesen. Hinzu kamen diverse Kostenpreise. Für ein „Pfändungsschutzkonto" wurde ein Grundpreis von 11,55 € berechnet. Beleghafte Überweisungen und Bargeschäfte an der Kasse wurden jeweils mit weiteren 2,50 € je Posten berechnet.


Der Kläger wendet sich gegen die Berechnung eines Grundpreises von 11,55 € für die Führung eines Pfändungsschutzkontos (im Folgenden: P-Konto).


Er hat die Beklagte wegen Verwendung der Regelung


„Kapitel B


I. Persönliche Konten (Lohn, Gehalt, Rentenkonto)


1. Preismodelle für Privatkunden


Pfändungsschutzkonto


Grundpreis p. M. 11,55 €"


mit Schreiben vom 2.11.2010 vergeblich abgemahnt und mit der Klage von der Beklagten, soweit Bankgeschäfte mit privaten Kunden getätigt werden, die Unterlassung der Verwendung dieser (oder inhaltsgleicher) Vergütungsklauseln verlangt.


Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei der Regelung handele es sich um eine der AGB-Kontrolle unterworfene Preisnebenabrede, mit der die Beklagte für eine Dienstleistung, die einer gesetzlichen Pflicht entspreche, ein nicht vorgesehenes Entgelt verlange, das zudem erheblich höher sei als das Entgelt für die Führung eines Standard-Girokontos.


Er hat beantragt,


1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu drei Monaten, zu vollstrecken an den Vorstandsmitgliedern, zu unterlassen, für Bankgeschäfte in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis und/oder Preisaushang die folgende oder eine dieser inhaltsgleiche Vergütungsklausel zu verwenden, soweit es sich nicht um Verträge mit einem Unternehmer handelt:


„Kapitel B


I. Persönliche Konten (Lohn, Gehalt, Rentenkonto)


1. Preismodelle für Privatkunden


Pfändungsschutzkonto


Grundpreis p. M. 11,55 €".


2. dem Kläger die Befugnis zuzusprechen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der verurteilten Beklagten auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten, bekannt zu machen.


Die Beklagte hat beantragt,


die Klage abzuweisen.


Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Preisklausel um eine nicht prüffähige Preishauptabrede handele, weil die Kontoführung auch dann eine Hauptleistung aus dem Giroverhältnis im Sinne eines Zahlungsdienstrahmenvertrages i. S. des § 675 Abs. 2 BGB darstelle, wenn der Kunde zusätzlich die Führung eines P-Kontos beantrage. Zudem benachteilige die Entgeltbestimmung wegen des erheblichen Mehraufwands der Beklagten für die Führung eines Pfändungsschutzkontos gegenüber einem Standard-Girokonto auch die privaten Kunden nicht unangemessen. Vielmehr dürfe die Beklagte aufwandsbezogen unterschiedliche Preise anbieten. Im Übrigen fehle es auch an dem Maßstab eines gesetzlichen Leitbildes. Es komme schließlich auch nicht darauf an, ob die Kontoführung auf Grund Vereinbarung oder kraft Gesetzes geschuldet werde, da jedenfalls eine unentgeltliche Erfüllung der Pflicht zur Führung des P-Kontos durch das Gesetz (§ 850k ZPO) nicht angeordnet sei.


Die 10. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat mit ihrem am 29.9.2011 verkündeten und dem Kläger am 11.10.2011 zugestellten Urteil die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Entgeltbestimmung um keine der Inhaltskontrolle nach §§ 307 - 309 BGB unterworfene Klausel handele, da diese Klausel unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung (Kontoführung) regele bzw. den Preis für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimme. Die Verpflichtung des privaten Kunden zur Entrichtung eines Entgelts für das Führen eines P-Kontos sei eine Hauptleistungspflicht (§ 675f Abs. 4 BGB) und keine Nebenleistung. Die Führung eines P-Kontos unterscheide sich von der Führung eines allgemeinen Girokontos nur durch die in § 850k ZPO geregelten Besonderheiten und Vorgaben. Auch bestehe kein gesetzliches Verbot, für das Führen eines P-Kontos ein anderes (höheres) Entgelt zu verlangen als für das Führen eines Standard-Girokontos. Die Beklagte erfülle mit der Führung des P-Kontos auch keine ihr unmittelbar durch den Gesetzgeber auferlegte (unentgeltlich zu erbringende) Pflicht. Schließlich stehe der Annahme einer unangemessenen Benachteiligung i. S. des § 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB entgegen, dass eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung nicht vorliege.


Hiergegen richtet sich die am 12.10.2011 eingelegte und am 7.12.2011 begründete Berufung des Klägers, mit der er geltend macht, das Landgericht habe die gesetzgeberische Intention der Vorschriften über das P-Konto und auch die Modalitäten der praktischen Umwandlung eines bestehenden Girokontos in ein P-Konto nicht verstanden. Der Abschluss eines Zahlungsrahmendienstvertrages beziehe sich nach § 675f Abs. 2 BGB lediglich auf das Girokonto und nicht auf das P-Konto. Entsprechend beziehe sich auch das Entgelt für die Kontoführung lediglich auf das Führen des Girokontos, so dass es sich bei dem Führen des P-Kontos um eine Nebenleistung handele, die der AGB-Kontrolle unterworfen sei.


Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 29.9.2011


1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu drei Monaten, zu vollstrecken an den Vorstandsmitgliedern, zu unterlassen, für Bankgeschäfte in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis und/oder Preisaushang die folgende oder eine dieser inhaltsgleiche Vergütungsklausel zu verwenden, soweit es sich nicht um Verträge mit einem Unternehmer handelt:


„Kapitel B


I. Persönliche Konten (Lohn, Gehalt, Rentenkonto)


1. Preismodelle für Privatkunden


Pfändungsschutzkonto


Grundpreis p. M. 11,55 €".


2. dem Kläger die Befugnis zuzusprechen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der verurteilten Beklagten auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten, bekannt zu machen.


Die Beklagte beantragt,


die Berufung zurückzuweisen.


Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.


Aus den Gründen


II.


Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat Erfolg.


Dem Kläger steht gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 UKlaG ein Anspruch gegen die Beklagte zu, es zu unterlassen, im Bankgeschäft mit privaten Kunden (Verbrauchern i. S. des § 13 BGB) die in Kapitel B I Nr. 1 ihres Preis- und Leistungsverzeichnis enthaltene, das P-Konto betreffende Klausel (oder eine dieser inhaltsgleiche Vergütungsklausel) in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis und/oder einem Preisaushang zu verwenden.


Bei dieser Preisklausel zum P-Konto handelt es sich um eine Preisnebenabrede, die der AGB-Kontrolle nach §§ 307 ff. BGB unterliegt und die nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist.


Gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden, kontrollfähig. Kontrollfrei bleiben nur die den Gegenstand des jeweiligen Vertrages und das Preis-Leistungsverhältnis betreffenden Klauseln, letztere vor allem, weil die Vertragsfreiheit auch das Recht der Parteien umfasst, den Preis für eine Ware oder Dienstleistung frei bestimmen zu können. Preisvereinbarungen für Haupt- und Nebenleistungen stellen deshalb im nicht preisregulierten Markt weder eine Abweichung noch eine Ergänzung von Rechtsvorschriften dar und unterliegen daher grundsätzlich nicht der Inhaltskontrolle. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. nur BGHZ 141, 380 Rn. 11 m. w. N.) unterliegen jedoch solche Klauseln mit (mittelbaren) Auswirkungen auf Preis und Leistung einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB, an deren Stelle bei Fehlen einer wirksamen vertraglichen Regelung dispositives Gesetzesrecht treten kann (sog. Preisnebenabreden). Um eine solche handelt es sich bei der streitgegenständlichen Preisklausel, die einen Anspruch der Beklagten gegen ihren privaten Kunden, für den sie auf der Grundlage eines Zahlungsdiensterahmenvertrages ein allgemeines Girokonto („Standard") führt, auf eine gesonderte Vergütung für die Führung eines P-Kontos begründen soll. Es handelt sich bei dieser Entgeltklausel nicht um eine mit dem privaten Kunden der Beklagten vereinbarte und einer Klauselkontrolle entzogene Hauptpreisklausel. Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts und der Beklagten kommt bei der Vereinbarung über die Führung des Girokontos als P-Konto kein selbständiger, vom bereits bestehenden (oder neu zu errichtenden) Girokonto zu unterscheidender Zahlungsdiensterahmenvertrag i. S. des § 675f Abs. 2 BGB zustande. Es handelt sich bei der Führung des P-Kontos nicht um ein aliud gegenüber dem allgemeinen Girokonto. Bei der Umwandlung eines bereits bestehenden Girokontos gelten vielmehr die ursprünglichen Vereinbarungen über die bankvertraglichen Leistungen hinsichtlich des bestehenden (oder neu zu errichtenden) Girokontos fort. § 850 k Abs. 7 ZPO stellt insoweit klar, dass das P-Konto auf einem bestehenden (oder noch zu errichtenden) Girokonto aufbaut und dieses nicht ersetzt. Damit baut die Führung des P-Kontos auch auf dem hinsichtlich des Girokontos bestehenden Zahlungsdiensterahmenvertrag (§ 675f BGB) auf (vgl. auch mit überzeugender Begründung LG Bamberg, Urteil v. 22.2.2011, Az.: 1 O 445/10 - juris). Demgemäß ist zur Erfüllung der mit dem Umwandlungsverlangen des Kunden entstehenden gesetzlichen Pflicht zur Umwandlung des Girokontos in ein P-Konto nicht erneut eine gesonderte Zahlungsdiensterahmenvereinbarung mit dem (privaten) Kunden zu treffen. Das gilt auch dann, wenn man die Umwandlung in ein P-Konto nicht als Rechtsfolge eines einseitigen Verlangens des Kunden, sondern mit der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung (vgl. nur OLG Naumburg, Urt. v. 27.5.2011, 10 U 5/11, uv., - Bl. 83 ff. d. A.; LG Erfurt, Urt. v. 14.1.2011, 9 O 1772/10, juris Rn. 25; LG Köln, Urt. v. 4.8.2011, 31 O 88/11, juris Rn 15) und Schrifttum (vgl. nur Ahrens, NJW-Spezial 2011, 85; Bitter, ZIP 2011, 149, 150) als Rechtsfolge einer vertraglichen Vereinbarung ansieht. Denn bei dieser Vereinbarung handelt es sich nicht um eine nach § 675f BGB zu qualifizierende Vereinbarung eines (neuen) Zahlungsdiensterahmenvertrages.


Nach § 850k Abs. 7 Satz 2 ZPO kann der Kunde des Kreditinstituts verlangen, dass sein von dem Kreditinstitut geführtes Girokonto von diesem als P-Konto geführt wird. Im Falle eines noch nicht bestehenden Girokontovertrages können Kreditinstitut und Kunde vereinbaren, dass das einzurichtende Girokonto von dem Kreditinstitut als Pfändungsschutzkonto geführt wird (§ 850k Abs. 7 Satz 1 ZPO). Das Kreditinstitut muss auf Verlangen des Kunden das vorhandene Girokonto in ein P-Konto umwandeln, d. h. das Girokonto als P-Konto führen, ohne für diese Umwandlung ein Entgelt verlangen zu dürfen. Dieses Verlangen nach Führung eines P-Kontos ist im Übrigen auch unabhängig von einer konkreten Pfändungssituation möglich. Kommt aber die vom Kunden verlangte und mit dem das Girokonto führenden Kreditinstitut vereinbarte Führung des Girokontos nicht durch den Abschluss eines neuen Zahlungsdiensterahmenvertrages über die Führung eines P-Kontos zustande, geht die Argumentation der Beklagten, die sie im Schriftsatz vom 7.3.2012 wiederholt und vertieft hat, fehl, soweit sie in ihrer Begründung des Vorliegens einer Preishauptabrede gerade darauf abstellt, dass hinsichtlich des Führens eines P-Kontos ein selbständiger Zahlungsdiensterahmenvertrag i. S. des § 675 Abs. 1 BGB geschlossen werde mit besonderen Dienstleistungen unter Beachtung der Besonderheiten des § 850k ZPO (so auch LG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.11.2011, 2/10 O 192/11, ZIP 2012, 114, 115). Es handelt sich beim P-Konto gerade nicht um ein aliud gegenüber dem Girokonto, sondern um eine geänderte Führung des Girokontos als P-Konto unter Beachtung der Vorgaben des § 850k ZPO. Daher ist auch die Argumentation der Beklagten bereits im Ansatz unzutreffend, wenn sie ausführt, dass das selbständig zu vereinbarende P-Konto auch ein Girokonto sei. Dagegen spricht eindeutig der Wortlaut des § 850k Abs. 7 ZPO, wonach ausgehend von „einem der Führung eines Girokontos zu Grunde liegenden Vertrag" das Girokonto als P-Konto zu führen ist. Da mithin nach der Vorstellung des Gesetzgebers der Kunde auch im Falle der Umwandlung sein bestehendes Girokonto behält, gilt auch die Vereinbarung der beiderseitigen Pflichten für dieses Konto fort. Wenn aber die Girovereinbarung mitsamt der Entgeltabrede auch bei Umwandlung in ein P-Konto fortbesteht und ein eigenständiger Abschluss eines Girovertrages über das Führen eines P-Kontos nicht erfolgt, geht auch die weitere Argumentation des Landgerichts und der Beklagten fehl, die anknüpfend an die Eigenständigkeit eines zur Führung des P-Kontos abgeschlossenen Zahlungsdiensterahmenvertrages nach § 675f Abs. 2 Satz 1 BGB für die Entgeltabrede eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende frei zu vereinbarende Hauptleistungspflicht gemäß § 675f Abs. 4 Satz 1 BGB annehmen. Vielmehr handelt es sich um eine dem Kunden und der Allgemeinheit nicht offengelegte Preisnebenabrede für Leistungen im Rahmen des für das Girokonto „Standard" abgeschlossenen Zahlungsdiensterahmenvertrages, die der Klauselkontrolle nach §§ 307 ff. BGB unterliegt.


Für die Frage der Klauselunwirksamkeit ist weiter danach zu differenzieren, ob es sich bei der Entgeltklausel um ein Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung der Bank handelt, oder ob die Regelung eine Aufwendung für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders betrifft bzw. die Gebühr für Tätigkeiten in dessen eigenem Interesse erhoben wird (vgl. BGH, Urteil v. 21.4.2009, BKR 2009, 345, 347 m. w. N.; zur Differenzierung von Preishaupt- und Preisnebenabreden auch: Nobbe WM 2008, 185, 186).


Durch die Führung eines Girokontos als Pfändungsschutzkonto, wie der Gesetzgeber dies in § 850k Abs. 7 S. 1 und S. 2 ZPO vorgesehen hat, verpflichtet sich die Bank zu einer Zusatzleistung, die keine Hauptleistung eines Zahlungsdiensterahmenvertrages, wie bei der Führung des Girokontos, darstellt. Aufbauend auf dem bestehenden oder noch zu vereinbarenden Girokontovertrag erbringt das Kreditinstitut vielmehr zusätzlich die Leistungen des Pfändungsschutzes in Umsetzung der Neuregelung des § 850k ZPO. Die Leistungen der Bank aus dem ursprünglichen Zahlungsdiensterahmenvertrag, der dem Abschluss des Girovertrages weiterhin zu Grunde liegt, werden lediglich erweitert, ohne dass ein eigenständiges Kontomodell durch die Umwandlung des Girokontos in ein P-Konto entsteht (so auch zutreffend bereits LG Bamberg, Urt. v. 22.2.2011, 1 O 445/10, juris Rn. 21; Beschluss v. 18.10.2010, ZVI 2011, 36).


Bei dieser Leistungserweiterung handelt es sich um eine solche, die den Kreditinstituten als gesetzliche Pflicht auferlegt ist und nicht um Leistungen, die auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbracht werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Führung des Girokontos als P-Konto eine vertragliche Abrede (s. o.) zu Grunde liegt. Da die Kreditinstitute nach § 850k Abs. 7 ZPO verpflichtet sind, ein Girokonto auf Verlangen des Kunden als P-Konto zu führen, ist davon auszugehen, dass das Führen des Girokontos als P-Konto nach dem Willen des Gesetzgebers zu den den Kreditinstituten gesetzlich übertragenen Pflichten gehört (vgl. auch KG Berlin, Urteil v. 29.9.2011, ZIP 2012, 112 ff., juris Rn. 34; OLG Naumburg a. a. O.; Ahrens NJW-Spezial 2011, 85). Für die Annahme einer solchen gesetzlichen Verpflichtung spricht auch die zum alten Pfändungsrecht ergangene Entscheidung des BGH (BGHZ 141, 380 ff.) zur Bearbeitung von Kontopfändungen durch Kreditinstitute. Danach kann für die Bearbeitung von Kontopfändungen durch die Banken als Drittschuldner (§ 840 ZPO) kein Entgelt verlangt werden, weil es sich um die Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung handelt, letztlich um Leistungen im Bereich der Daseinsvorsorge. Der Aufwand für die Bearbeitung und Überwachung von Pfändungen gehört danach zu den allgemein von Drittschuldnern zu tragenden Lasten, für die sie keine Kostenerstattung verlangen können. Dies führte hinsichtlich einer hierfür von dem Kreditinstitut in AGB bestimmten Entgeltabrede zur Annahme einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB durch den BGH a.a.O.. Ebenso wie die Bearbeitung der Pfändung durch den Drittschuldner gehört auch die Führung des P-Kontos zu den gesetzlich übertragenen Aufgaben (so auch Ahrens; NJW-Spezial 2011, 85, 86). Das OLG Nürnberg, Urteil v. 22.11.2011, Az.: 3 U 1585/11, uv., - Anlage BB 2 -, hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass das Kreditinstitut mit der Führung des P-Kontos nichts anderes mache als - vorsorglich - seiner Pflicht als Drittschuldner zu genügen, zugunsten des Schuldners bestimmte Pfändungsfreigrenzen zu beachten. Dementsprechend vertritt auch das LG Bamberg, (Urt. v. 22.2.2011, a. a. O. Rn. 25) hierzu die Auffassung, dass das als P-Konto geführte Girokonto zumindest in wesentlichen Teilbereichen seiner Funktion nach nichts anderes darstelle als die Automatisierung der Bearbeitung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen gegenüber dem Kontoinhaber bis zu dem der Pfändungsgrenze entsprechenden Betrag des Kunden. Denn das Konto soll die weitere Teilnahme des Kunden am Zahlungsverkehr sicherstellen und eine Kontosperre verhindern. Diese Aufwendungen stellen keine vertraglich vereinbarten Dienstleistungen der Banken für den Kunden dar. Unerheblich ist, ob den Kreditinstituten durch die Einführung des P-Kontos aufgrund der Durchführung des Nachweisverfahrens bei der Ermittlung der Aufstockungsbeträge nach § 850k Abs. 5 S. 2 ZPO ein nicht unerheblicher organisatorischer Mehraufwand entsteht, wie dies die Beklagte vorträgt, was von dem Kläger aber wegen der Möglichkeit des Einsatzes von hierzu entwickelten Softwareprogrammen im Rahmen der EDV-Anwendungen bestritten wird. Selbst ein Mehraufwand ändert jedenfalls nichts daran, dass es sich bei der Führung des Girokontos als P-Konto um eine Verpflichtung handelt, die der Gesetzgeber durch das Umwandlungsrecht der Kunden dem Institut auferlegt hat.


Mithin kann die Beklagte ein höheres Entgelt als für das normale Girokonto grundsätzlich unter Verwendung von AGB nicht wirksam vereinbaren (vgl. auch LG Leipzig, Beschluss v. 2.12.2010, ZVI 2011, 73 f.; LG Halle, Urteil v. 19.5.2011, ZVI 2011, 347, juris Rn. 42).


Jede Entgeltregelung in AGB, die sich nicht auf eine für den Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbrachte Leistung stützt, sondern Aufwendungen für die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht des Verwenders offen auf dessen Kunden abzuwälzen versucht, stellt nach der Rechtsprechung des BGH eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung dar (BGHZ 141, 380, juris Rn. 19) und indiziert die unangemessene Benachteiligung gegenüber dem Vertragspartner des Klauselverwenders im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1, ohne dass es auf das Fehlen einer konkreten gesetzlichen Entgeltregelung ankommt. Es gehört vielmehr zu den wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts, dass jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können, es sei denn das Gesetz sieht einen solchen Anspruch auf Ersatz anfallender Kosten vor. Zutreffend hat das Landgericht zwar ausgeführt, dass eine gesetzliche Entgeltregelung zur Höhe des von dem Kunden nach § 675f Abs. 4 BGB geschuldeten Entgelts nicht vorhanden sei und auch die Erwartungen des Rechtsausschusses keinen „Normbefehl" darstellten. Der Schluss darauf, dass deshalb eine Abweichung der streitgegenständlichen Entgeltklausel von wesentlichen Grundgedanken gesetzlicher Regelungen nicht vorliege, greift jedoch zu kurz. Es geht gerade nicht um ein Entgelt für eine Zahlungsdienstleistung der Beklagten nach § 675f Abs. 4 BGB; dann wäre eine Klauselkontrolle gar nicht gegeben, da in diesem Falle das Entgelt für eine im Synallagma stehende Leistung verlangt würde, die der Klauselkontrolle entzogen wäre. Es geht vielmehr um ein Zusatzentgelt für eine besondere Art der Kontoführung im Rahmen eines bestehenden Girovertrages. Daher kommt es entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht auf die Frage der Üblichkeit der Entgelte an. Entsprechend den Erwartungen des Rechtsausschusses führt eine Klauselüberprüfung für Leistungen, die die Beklagte auf Grund gesetzlicher Vorgaben erfüllt, dahin, dass kein höheres Entgelt verlangt werden solle als für das Führen eines allgemeinen Girokontos üblich ist. Die Beklagte kann sich hinsichtlich der Zulässigkeit der Entgeltabrede für das Führen eines P-Kontos auch nicht mit Erfolg auf die Regelung des § 850k Abs. 6 Satz 3 ZPO berufen. Die darin geregelte Verrechnungsmöglichkeit des Entgelts des Kreditinstituts für die Kontoführung betrifft nicht ein (gesondertes) Entgelt für ein P-Konto, sondern das Entgelt für das Girokonto, das auf Verlangen des Kunden als P-Konto, d. h. unter Beachtung der Besonderheiten des § 850k ZPO zu führen ist.


Auch aus dem Verursacherprinzip lassen sich solche Entgeltansprüche nicht herleiten (vgl. BGHZ 146, 377, juris Rn. 12), da dieses Prinzip für die Preisgestaltung im nicht regulierten Wettbewerb rechtlich bedeutungslos ist. Entgegen der im Schriftsatz vom 7.3.2012 von der Beklagten vertretenen Auffassung geht es auch nicht um die Frage, ob die Beklagte zum Ausgleich ihrer behaupteten Mehraufwendungen oder aus anderen Gründen gehalten ist, mit ihren privaten Kunden (Bestands- und Neukunden) „Einheitspreise" zu vereinbaren. Die Preisgestaltung im Rahmen von Zahlungsdienstevereinbarungen im Rahmen etwaiger gesetzlicher Grenzen obliegt allein den Vertragsparteien. Es beruht auf einem grundlegenden Missverständnis, wenn die Beklagte vorträgt, der Senat wolle „mit seiner Rechtsprechung Einheitspreise zwingend einführen".


Unerheblich für die Entscheidung des Rechtsstreits ist es schließlich auch, ob die Beklagte ggf., wie auch sonst beim Girovertrag, ein Entgelt für genau benannte einzelne Kostenpositionen im Zusammenhang mit besonderen Aufwendungen zum Kontopfändungsschutz verlangen könnte (in diese Richtung zielt wohl die Argumentation des LG Halle, Urteil v. 20.12.2010, ZVI 2011, 35, juris Rn. 17; zustimmend: Ernst, JurBüro 2011, 452, 456; vgl. zu Postenpreisklauseln in AGB der Banken auch BGH, Urteil v. 7.5.1996, Az.: XI ZR 217/95). Darüber hatte der Senat nicht zu entscheiden.


Die Ordnungsmittelandrohung hat ihren Rechtsgrund in § 890 Abs. 2 ZPO.


Die ausgesprochene Veröffentlichungsbefugnis des Klägers ergibt sich aus § 7 UKlaG.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.


Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.


Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Zum einen erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, weil der Senat mit seiner Entscheidung nicht von anderen oberlandesgerichtlichen Entscheidungen abweicht, noch liegt wegen der unterschiedlichen Gestaltung der Preisabreden der Banken und Sparkassen eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung vor.

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