OLG Celle: Wiederaufleben der Forderungen von Nachzüglern im Insolvenzplanverfahren
OLG Celle, Urteil vom 14.07.2011 - 13 U 26/11
leitsätze
1. Insolvenzgläubiger, die sich am Insolvenzplanverfahren nicht beteiligt haben, können ihre Forderungen auch nach Verfahrensaufhebung noch geltend machen (entgegen LAG Sachsen, Urteil vom 22. November 2007, 1 Sa 364/03).
2. Der Schuldner hat, um ein Wiederaufleben der erlassenen Forderung zu verhindern, entweder die im Insolvenzplan festgesetzte Quote zu zahlen oder das Insolvenzgericht anzurufen, um eine Entscheidung nach § 256 InsO herbeizuführen.
Die Revision wird zugelassen.
sachverhalt
I. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter der S. B. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) insolvenzrechtliche Anfechtungsansprüche gegen die Beklagten geltend. Der Beklagte zu 1 war geschäftsführender Gesellschafter der Schuldnerin und Mitgesellschafter der Beklagten zu 2. Die Schuldnerin hatte mit der Beklagten zu 2 als Vermieterin einen Mietvertrag über in D. gelegene Betriebsräume geschlossen.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts sowie wegen des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil vom 15. Dezember 2010 Bezug genommen.
Durch dieses Urteil hat das Landgericht die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 554,48 € und darüber hinaus den Beklagten zu 1 zur Zahlung weiterer 979,90 € sowie die Beklagte zu 2 zur Zahlung von 22.645,52 € verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Insolvenzanfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO sowie nach § 133 InsO gegeben seien. Rechtshandlungen der Schuldnerin lägen sowohl innerhalb des 3-Monatszeitraums als auch im 10-Jahreszeitraum vor. Die Schuldnerin sei jedenfalls seit Anfang des Jahres 2005 zahlungsunfähig gewesen, weil sie nicht in der Lage gewesen sei, auch nur 50 % der fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen. Die von der Schuldnerin im Zeitraum vom 7. Februar bis zum 9. Mai 2005 an die Beklagte zu 2 erfolgten Pachtzahlungen von 23.200 € seien wie auch die am 20. April und am 9. Mai 2005 an den Beklagten zu 1 gezahlten Beträge von 41.000 € in der Absicht erfolgt, andere Gläubiger zu benachteiligen. Von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht hätten die Beklagten auch Kenntnis gehabt. Dies folge schon daraus, dass es sich bei dem Beklagten zu 1 um den Geschäftsführer der Schuldnerin gehandelt und dieser daher Kenntnis der die Zahlungsunfähigkeit begründenden Umstände gehabt habe. Diese Kenntnis ihres Mitgesellschafters, des Beklagten zu 1, sei der Beklagten zu 2 zuzurechnen.
Der Beklagte zu 1 habe an den Kläger aber insgesamt nur einen Betrag von 1.534,38 € zurückzuerstatten. Soweit in dem über das Vermögen des Beklagten zu 1 im Jahr 2007 eröffneten Insolvenzverfahren ein Insolvenzplan aufgestellt worden sei, unterfalle die vom Kläger als "Nachzügler" geltend gemachte Forderung der Gruppe 3 des Plans. Forderungen der Gläubiger der Gruppe 3 seien nach den Regelungen des Insolvenzplans auf 2,39 % gekürzt worden. Als "Nachzügler" sei der Kläger auch nicht mit seinen Ansprüchen ausgeschlossen; eine Präklusion ergebe sich weder aus § 189 InsO noch aus §§ 254, 256 InsO. Eine Restschuldbefreiung komme im Insolvenzplanverfahren nicht in Betracht. Zu einem "Wiederaufleben" der über die Quote von 2,39 % hinausgehenden Forderung sei es nicht gekommen. Nachdem der Schuldner die im Insolvenzplan festgelegten Beträge an seine Gläubiger gezahlt habe, könne der mit dem Insolvenzplan bewirkte Erlass nicht mehr hinfällig werden.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens ausführt, dass in dem Insolvenzplan gerade keine Gruppe für nicht angemeldete Forderungen gebildet worden sei. Insoweit könne es daher auch nicht zu einem Teilerlass in Bezug auf seine Ansprüche gekommen sein. Im Übrigen seien diese Ansprüche auch vollständig wieder aufgelebt, weil der Beklagte zu 1 auf die im Schreiben vom 2. Februar 2010 gesetzte Nachfrist zur Zahlung der Quote von 2,39 % nicht reagiert habe.
Der Kläger beantragt,
unter teilweiser Abänderung des am 15. Dezember 2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Hildesheim den Beklagten zu 1 zu verurteilen, an ihn über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag in Höhe von 1.534,38 € weitere 62.665,62 € - davon ein Teilbetrag in Höhe von 22.645,52 € zusammen als Gesamtschuldner mit der Beklagten zu 2 - nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2005 zur Insolvenzmasse zu zahlen.
Der Beklagte zu 1 beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte zu 1 verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf sein Vorbringen aus dem ersten Rechtszug.
Mit seiner Anschlussberufung beantragt der Beklagte zu 1,
das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 15. Dezember 2010 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen,
hilfsweise die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Zur Begründung seiner Anschlussberufung führt der Beklagte zu 1 ergänzend aus, die Schuldnerin sei nicht zahlungsunfähig gewesen; vielmehr habe er noch ein Darlehen über 100.000 € gewährt. Im Übrigen seien die Ansprüche verwirkt, weil der Kläger diese erst über vier Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend mache. Er habe nach Durchführung des Insolvenzplanverfahrens auch nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen müssen.
Auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend verwiesen.
aus den gründen
II. Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das Rechtsmittel des Beklagten zu 1 war als unzulässig zu verwerfen.
Berufung des Klägers:
1. Der Senat konnte in der Sache selbst entscheiden, obwohl ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO vorlag. Im Einzelnen:
a) Ein Verfahrensmangel ist gegeben, weil das Landgericht sein Urteil in fehlerhafter Besetzung getroffen hat. Fehlerhaft besetzt ist ein Spruchkörper, wenn bei der Entscheidung ein Richter mitwirkt, der nicht an der dem Urteil zu Grunde liegenden mündlichen Verhandlung beteiligt war (Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 547 Rn. 8). Dieser Verstoß gegen § 309 ZPO stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, weil der Rechtsstreit nicht durch den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entschieden worden ist (BGH, Urteil vom 11.09.2008 - I ZR 58/06, NJW-RR 2009, 470, Tz. 11, zitiert nach juris).
Das angefochtene Urteil ist ausweislich des Rubrums von den Richtern W., L. und S. aufgrund der am 24. November 2010 geschlossenen mündlichen Verhandlung gefällt worden (LGU 1). An der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2010 hat nach dem Sitzungsprotokoll vom 24. November 2010 (Bl. 264 d. A.) aber nur der Vorsitzende Richter am Landgericht W. teilgenommen. Das Landgericht war demnach bei der Urteilsfällung nicht vorschriftsmäßig besetzt, da an ihr die Richter L. und S. mitgewirkt haben, obwohl sie nicht an der dem Urteil zu Grunde liegenden mündlichen Verhandlung teilgenommen haben.
Bei der eine Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG begründenden falschen Besetzung des Gerichts handelt es sich um einen Verstoß gegen eine unverzichtbare Norm und damit um einen nach § 295 Abs. 2 ZPO unheilbaren Mangel (KG, Urteil vom 02.12.2008 - 7 U 46/08, BauR 2009, 1931, Tz. 20, zitiert nach juris). Dies bedeutet aber nicht, dass die Sache bereits deswegen aufzuheben und an das Landgericht zurückzuverweisen wäre. Denn nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist eine Zurückverweisung grundsätzlich nur dann zugelassen, wenn auf Grund des Verfahrensmangels außerdem eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (BGH, Beschluss vom 17.03.2008 - II ZR 313/06, NJW 2008, 1672, 1672). Dies hier aber gerade nicht der Fall (siehe 2.).
2. Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten zu 1 bzw. den Beklagten Ansprüche auf Rückgewähr von insgesamt 58.400 € gemäß §§ 129 Abs. 1, 130 Abs. 1 und 3, 138 Abs. 2 Nr. 1, 143 Abs. 1 InsO, soweit die Schuldnerin an ihn am 20. April 2005 30.000 € und am 9. Mai 2005 11.000 € sowie an die Beklagte zu 2, deren Gesellschafter der Beklagte zu 1 war, am 14. April 2005, am 19. April 2005 und am 9. Mai 2005 jeweils 5.800 € gezahlt hat.
Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung gewährt, anfechtbar, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte.
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben:
a) Die vorgenannten Zahlungen erfolgten in den letzten drei Monaten vor Eingang des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht L. am 10. Juni 2005 (Bl. 7 d. A.).
b) Die Schuldnerin war in dem Zeitraum, in dem sie die angefochtenen Zahlungen leistete, zahlungsunfähig im Sinne des § 17 InsO.
Von einer Zahlungsunfähigkeit ist regelmäßig auszugehen, wenn festgestellt werden kann, dass der Schuldner wegen eines objektiven, kurzfristig nicht zu behebenden Mangels an Zahlungsmitteln nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO). Dies ist dann der Fall, wenn festgestellt werden kann, dass der Schuldner einen wesentlichen Teil, nämlich 10 % oder mehr seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten nicht innerhalb von drei Wochen erfüllen konnte (BGHZ 163, 134 ff; BGH, Urteil vom 08.10.2009 - IX ZR 173/07, ZIP 2009, 2253, Tz. 11, zitiert nach juris). Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von der Zahlungsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt auszugehen (BGH, a. a. O., Tz. 28 a. E.; Senat, Urteil vom 22.05.2008 - 13 U 117/07, OLGR Celle 2009, 703, Tz. 15, jeweils zitiert nach juris). Dies ist hier der Fall. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 2. September 2010 im Einzelnen die unbezahlten fälligen Verbindlichkeiten von 14 Gläubigern in dem Zeitraum vom 10. Juli 2002 bis zum 28. Januar 2005 mit einem Gesamtbetrag von 84.145,84 € dargestellt, die allesamt zur Insolvenztabelle angemeldet worden sind (Bl. 218 ff. d. A.). Dazu hat er jeweils die den Forderungen zugrunde liegenden Rechnungen vorgelegt. Der Beklagte zu 1 ist dem - wie hier erforderlich gewesen wäre - nicht ausreichend entgegengetreten.
Sein pauschales Vorbringen, ihm sei es nicht möglich, das Bestehen und Fälligkeit der dargelegten Forderungen zu bestreiten, allenfalls mit Nichtwissen (Bl. 239 d. A.), ist insoweit nicht ausreichend. Soweit sich der Beklagte zu 1 damit verteidigt, die den Rechnungen zugrunde liegenden Warenlieferungen seien mangelhaft, ist dies ohne Substanz geblieben. So lagen den Rechnungen der L. Warenlieferungen über Zigaretten, Süßwaren und Getränke zugrunde (Anlage K22). Inwieweit diese Waren mangelhaft gewesen seien sollen und welche Gewährleistungsrechte die Schuldnerin insoweit geltend gemacht hat, ist nach dem Vortrag des Beklagten zu 1 nicht erkennbar. Das gilt u. a. auch für die Rechnung der w. GmbH über eine Warenlieferung über mehr als 100 Baumarktartikel (Anlage K42). Aber auch das Bestreiten damit, dass gegenüber einzelnen Gläubigern Zahlungsvereinbarungen bestanden hätten, ist unbeachtlich (§ 138 Abs. 1 ZPO). Gegen eine Zahlungsvereinbarung mit der S. AG spricht bereits, dass die Forderungen in der Höhe zur Insolvenztabelle angemeldet wurden, in der sie auch in Rechnung gestellt wurden (Anlage K24). Es ist nicht erkennbar, dass die Schuldnerin auf eine Zahlungsvereinbarung entsprechende Leistungen erbracht hätte. Dies gilt u. a. auch für die Leistungen der Steuerberater R., B. & J. (Anlagen K35, 40, 45). Auch haben sich Zahlungsziele von 150 Tagen (Bl. 158 d.A.) in den einzelnen Rechnungen nicht finden können. Soweit der Beklagte zu 1 erstmals mit der Anschlussberufung - vom Kläger bestritten - behauptet, er habe der Schuldner noch ein Darlehen über 100.000 € gewährt, ist dieses neue Vorbringen nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Im Übrigen wäre es auch nach §§ 530, 521 Abs. 2, 296 Abs. 1 und Abs. 4 ZPO als verspätet ausgeschlossen. Der Beklagte zu 1 hat weder vorgetragen noch ist es ersichtlich, dass er daran gehindert war, innerhalb der Berufungserwiderungsfrist zu der Darlehensgewährung vorzutragen.
c) Den Beklagten war die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bekannt. Als Geschäftsführer der Schuldnerin wird gegenüber dem Beklagten zu 1 gem. §§ 130 Abs. 3, 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO vermutet, dass er die Zahlungsunfähigkeit kannte. Geeigneten Vortrag, diese Vermutung zu widerlegen, haben die Beklagten nicht gehalten.
Die Kenntnis ihres Gesellschafters, dem Beklagten zu 1, war der Beklagten zu 2 zuzurechnen.
3. Weiterhin hat der Kläger gegenüber den Beklagten einen Rückgewährsanspruch in Höhe von 5.800 € gemäß §§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1, 143 Abs. 1 InsO, soweit die Schuldnerin an die Beklagte zu 2 am 7. Februar 2005 5.800 € gezahlt hat.
a) Hinsichtlich der Zahlungsunfähigkeit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
b) Die Zahlung hat auch zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO geführt, weil die geleisteten Geldbeträge aus dem Vermögen der Schuldnerin abgeflossen sind und der Masse zur Befriedigung der Gläubiger nicht zur Verfügung stehen.
c) Soweit der Kläger hinsichtlich des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes und deren Kenntnis davon allein auf die Stellung des Beklagten zu 1 als Geschäftsführer und mit einem Geschäftsanteil von 50 % an der Schuldnerin beteiligten Gesellschafter abstellt, ist dies ausreichend, weil der Beklagte dies nicht bestritten hat.
4. Der Beklagte zu 1 ist verpflichtet, den Rückgewährsanspruch des Klägers in voller Höhe zu zahlen. Soweit der Anspruch gemäß § 254 Abs. 1 Sätze 1 und 3 InsO auf die in dem Insolvenzplan vom 31. Januar 2009 festgelegte Quote von 2,39 % beschränkt war, ist dieser teilweise Erlass hinfällig. Die Forderung des Klägers ist insoweit nach § 255 Abs. 1 InsO "wiederaufgelebt".
a) Nach § 254 Abs. 1 Satz 3 InsO gilt die Gestaltungswirkung des Insolvenzplans auch für Forderungen, die nicht angemeldet worden sind. Zutreffend hat das Landgericht erkannt, dass dieser Grundsatz auch die Insolvenzgläubiger erfasst, die ihre Forderungen als sog. "Nachzügler" erst nach Rechtskraft des Plans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 259 ZPO) geltend machen (Uhlenbruck/Lüer, InsO, 13. Aufl., § 254 Rn. 4; MünchKommInsO/Huber, 2. Aufl., § 254 Rn. 23; HK-InsO/Flessner, 4. Aufl., § 254 Rn. 3).
aa) Soweit als Voraussetzung dafür angesehen wird, dass eine solche Forderung einer der im Insolvenzplan gebildeten Gruppen zugerechnet werden kann (Sächsische LAG, Urteil vom 22.11.2007 - 1 Sa 364/03, Tz. 39, zitiert nach juris; MünchKommInsO/Huber, a. a. O., § 254 Rn. 22; ), ist dieses Erfordernis hier erfüllt. In dem Insolvenzplan vom 31. Januar 2009 sind als Gruppe 3 die privatrechtlichen Gläubiger aufgenommen. Der Kläger lässt sich eindeutig dieser Gruppe zuordnen.
bb) Entgegen der Ansicht des Beklagten sind nicht angemeldete Forderungen durch Rechtskraft des Insolvenzplans aber nicht präkludiert; die Haftung des Schuldners wird insoweit nicht ausgeschlossen (HambKomm/Thies, InsO, 3. Aufl., § 227 Rn. 5; MünchKommInsO/Huber, a. a. O., § 254 Rn. 23). So hat auch der Bundesgerichtshof (BGHZ 32, 218, 223 f.) zu §§ 9, 97 VerglO, denen die Regelungen der §§ 255, 256 InsO entsprechen, entschieden, dass auch Forderungen "wiederaufleben" können, die im abgeschlossenen Vergleichsverfahren nicht geltend gemacht worden sind.
Soweit das Sächsische Landesarbeitsgericht (Urteil vom 22.11.2007 - 1 Sa 364/03, Tz. 42, zitiert nach juris) Ansprüche von Nachzüglern für ausgeschlossen hält, wenn diese erst nach Verfahrensaufhebung geltend gemacht werden, widerspricht dies dem eindeutigen Wortlaut des § 254 Abs. 1 Satz 3 InsO, in dem die Gestaltungswirkung auf sämtliche nicht angemeldete Forderung erstreckt wird; auf den Zeitpunkt der Geltendmachung wird nicht abgestellt. Im Übrigen hätte eine derartig weitgehende Präklusion eindeutig gesetzlich geregelt werden müssen; dies ist aber nicht erfolgt (HambKomm/Thies, a. a. O., § 227 Rn. 5). Da im Gesetzgebungsverfahren entsprechende Vorschläge der Kommission für Insolvenzrecht zum Schutz des Schuldners nicht weiter verfolgt wurden (MünchKommInsO/Huber, a. a. O., § 254 Rn. 24), kommt auch eine entsprechende Anwendung des § 301 Abs. 1 Satz 2 InsO mangels Regelungslücke nicht in Betracht (so auch MünchKommInsO/Eidenmüller, a. a. O., § 221 Rn. 50).
Soweit in Frage kommt, im gestaltenden Teil des Insolvenzplans eine Präklusionsklausel für erst nach Rechtskraft des Plans angemeldete Forderung aufzunehmen (siehe HambKomm/Thies, InsO, 3. Aufl., § 227 Rn. 6; MünchKommInsO/Eidenmüller, a. a. O., § 221 Rn. 52 ff.), kann hier dahingestellt bleiben, ob eine solche Gestaltung überhaupt rechtlich zulässig ist. Im Insolvenzplan vom 31. Januar 2009 ist eine solche Ausschlussklausel nicht enthalten.
b) Der durch den gestaltenden Teil des Insolvenzplans bewirkte teilweise Erlass der Forderung des Klägers ist durch ein "Wiederaufleben" im Sinne des § 255 Abs. 1 InsO beseitigt worden.
aa) Diese Vorschrift gilt auch für die Gläubigerforderungen, die nicht ausdrücklich in den Insolvenzplan aufgenommen worden sind, gleichwohl jedoch seinen Wirkungen unterliegen (Uhlenbruck/Lüer, a. a. O., § 255 Rn. 2).
bb) Es ist aber streitig, unter welchen Voraussetzungen eine nicht zum Insolvenzplan angemeldete Forderung "wiederaufleben" kann. Nach § 255 Abs. 1 Satz 2 InsO ist dies der Fall, wenn der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit nicht bezahlt hat, obwohl der Gläubiger ihn schriftlich gemahnt und ihm dabei eine mindestens zweiwöchige Nachfrist gesetzt hat, so dass er mit der Erfüllung des Insolvenzplans erheblich in Rückstand geraten ist. Dieses Erfordernis hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 2. Februar 2010 (Anlage K15 Bl. 75 d. A.) erfüllt, in dem er mit Frist bis zum 18. Februar 2010 zur quotenmäßigen Zahlung von 1.534,38 € aufgefordert hat. Leistungen darauf sind von dem Beklagten zu 1 nicht erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt war die geltend gemachte Forderung auch fällig. Der Rückgewähranspruch wird bereits mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig, ohne dass es einer gesonderten Erklärung dazu bedarf (BGH, Urteil vom 01.02.2007 - IX ZR 96/04, ZIP 2007, 488, Tz. 20, zitiert nach juris; HambKomm/Rogge, a. a. O., § 143 Rn. 2).
Soweit eine Forderung aber bestritten ist und weder ihrem Grunde bzw. ihrer Höhe nach sicher feststeht, so ist nach § 256 Abs. 1 InsO ein Erfüllungsrückstand erst dann möglich, wenn das Insolvenzgericht nachträglich eine vorläufige Quote für eine solche Forderung festgestellt hat und diese Quote durch den Schuldner - unter Berücksichtigung der vorgenannten Voraussetzungen des § 255 Abs. 1 Satz 2 InsO - nicht gezahlt worden ist (Uhlenbruck/Lüer, a. a. O., § 256 Rn. 8; HambKomm/Thies, a. a. O., § 256 Rn. 7; HK-InsO/Flessner, a. a. O., § 256 Rn. 7 a. E.). Es werden insoweit verschiedene Meinungen vertreten, wie im Verfahren nicht angemeldete (bestrittene) Forderungen zu behandeln sind:
(1) Nach einer Ansicht ist § 256 InsO bereits nicht anwendbar mit der Folge, dass ein Wiederaufleben erst dann in Betracht kommen kann, wenn das Prozessgericht der Klage stattgegeben hat (HambKomm/Thies, a. a. O., § 256 Rn. 4; MünchKommInsO/Huber, a. a. O., § 256 Rn. 7 a. E.).
(2) Nach anderer Ansicht sind Forderungen, die im Verfahren nicht angemeldet worden sind und gleichwohl vom Insolvenzplan erfasst werden, grundsätzlich wie bestrittene Forderungen zu behandeln (Uhlenbruck/Lüer, a. a. O., § 256 Rn. 4). Selbst wenn der Schuldner in einem solchen Fall nicht die nachträgliche Feststellung entsprechend § 256 Abs. 1 Satz 2 InsO beantragt, kann er nicht in Rückstand geraten. Es sei nicht erkennbar, weshalb dem Schuldner eine solche Last zufallen soll, wenn der Gläubiger selbst die Möglichkeit hat, die nachträgliche Feststellung des zu bedienenden Teils seiner Forderung herbeizuführen; jeder der Beteiligten habe sich um die Wahrnehmung seiner Interessen selbst zu bemühen (Uhlenbruck/Lüer, a. a. O., § 256 Rn. 9).
(3) Zu § 97 VerglO, dem § 256 InsO im Wesentlichen entspricht, hat der Bundesgerichtshofs (BGHZ 32, 218, 224 f.; Urteil vom 07.12.1995 - IX ZR 250/94, NJW 1996, 1058, Tz. 11, zitiert nach juris) dagegen entschieden, dass der Schuldner, der die Folgen des § 9 VerglO (also das Wiederaufleben im Sinne des § 255 Abs. 1 InsO) abwenden möchte, grundsätzlich selbst das Vergleichsgericht anzurufen hat. Der Gläubiger ist hingegen nicht gehalten, von sich aus die Entscheidung nach § 97 Abs. 1 VerglO herbeizuführen, um ein Wiederaufleben seiner Forderung zu erreichen (so auch Kübler/Prütting/Otte, InsO, Stand 8/98, § 256 Rn. 7).
Letztgenannter Ansicht ist der Vorzug zu geben. Die auch im Rahmen des § 256 InsO fortgeltende Begründung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 32, 218, 222 f.) überzeugt: Nach § 9 VerglO lebte eine Forderung wieder auf, wenn sich der Schuldner in Verzug befand. Durch die Regelung des § 97 VerglO sollte der Schuldner, der eine Forderung bestreitet, des Risikos enthoben werden, das er sonst mit einer Leistungsverweigerung für den Fall eingehen würde, dass das Prozessgericht seine Ansicht nicht teilt. Der Sinn der gesetzlichen Bestimmung lag also darin, die Voraussetzungen festzulegen, unter denen ein Rechtsirrtum des Schuldner als unverschuldet, die Verzugsfolgen ausschließend angesehen werden soll. Es oblag daher dem Schuldner sich zu entlasten, wenn die Verzugsvoraussetzungen gegeben sind; damit war er gehalten, das Vergleichsgericht anzurufen. Eine Erwirkung einer Entscheidung durch den Gläubiger hatte der Gesetzgeber hingegen nicht als weitere Voraussetzung des § 9 VerglO aufgeführt.
Die den §§ 9, 97 VerglO nachgebildeten §§ 255, 256 InsO sind diesbezüglich auch nicht zu Gunsten der Schuldner geändert worden. Vielmehr ist die Notwendigkeit des Verzugs entfallen, so dass ein Verschulden des Schuldners nicht mehr erforderlich ist; ein fälliger Rückstand reicht aus (HambKomm/Thies, a. a. O., § 255 Rn. 7; Uhlenbruck/Lüer, a. a. O., § 255 Rn. 6).
5. Die Ansprüche des Klägers sind auch nicht verwirkt.
Eine Verwirkung setzt voraus, dass sich der Anspruchsgegner wegen der Untätigkeit des Anspruchsinhabers über einen gewissen Zeitraum hin ("Zeitmoment") bei objektiver Betrachtung darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dieser werde von seinem Recht nicht mehr Gebrauch machen ("Umstandsmoment") (st. Rspr., vgl. BGHZ 167, 25, 36; BGH, Urteil vom 25.11.2008 - XI ZR 426/07, Tz. 22, zitiert nach juris; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 242 Rn. 93ff.). Es fehlt bereits am Umstandsmoment. Die Beklagten haben nicht dargetan, inwieweit sie sich wegen der Untätigkeit des Klägers tatsächlich darauf eingerichtet haben, nicht mehr auf Rückerstattung der angefochtenen Beträge in Anspruch genommen zu werden. Soweit sich der Beklagte zu 1 auf die Durchführung des Insolvenzplanverfahrens beruft, ist dies nicht ausreichend. Nach dem Vorhergesagten kann der Schuldner nicht damit rechnen und sich auch nicht darauf verlassen, dass sämtliche Gläubiger ihre Forderungen zum Insolvenzplan anmelden. Der Beklagte zu 1 konnte und musste daher noch mit etwaigen Nachzüglern rechnen.
6. Der Zinsanspruch ist nach § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, §§ 291, 288 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Bei anfechtbarem Erwerb von Geld hat der Anfechtungsgegner Prozesszinsen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entrichten (BGH, Urteil vom 01.02.2007 - IX ZR 96/04, NZI 2007, 230, Tz. 12 ff., zitiert nach juris).
Anschlussberufung des Beklagten zu 1:
Die Anschlussberufung war als unzulässig zu verwerfen.
Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist die Anschließung nur zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Mit Verfügung vom 17. Mai 2011 wurde dem Beklagten zu 1 aufgegeben, innerhalb einer Frist bis zum 14. Juni 2011 auf die Berufung zu erwidern. Diese Verfügung ging den Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 24. Mai 2010 zu. Die daraufhin am 10. Juni 2011 eingegangene Berufungserwiderung enthält keine Anschlussberufung. Erst im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. Juni 2011 und damit nach Ablauf der Erwiderungsfrist ist der Anschlussberufungsschriftsatz vom 20. Juni 2011 dem Gericht übergeben worden.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 ZPO im Hinblick darauf zu, dass - wie ausgeführt - in der Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Auffassungen dazu bestehen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine nicht zum Insolvenzplan angemeldete Forderung "wiederaufleben" kann.