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Wirtschaftsrecht
06.04.2017
Wirtschaftsrecht
OLG Stuttgart: Wettbewerbsverbot des Gesellschafter-Geschäftsführers

OLG Stuttgart, Urteil vom 15.3.2017 – 14 U 3/14

Volltext: BB-Online BBL2017-833-1

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

1. Rein kapitalistische Minderheitsbeteiligungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers an einer Konkurrenzgesellschaft ohne Einfluss auf deren Geschäftsführung, ohne Tätigkeit im Unternehmen und ohne Möglichkeit, dieses zu beherrschen oder Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen zu nehmen, sind im Regelfall unbedenklich und von der sachlichen Reichweite eines Wettbewerbsverbots des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht umfasst.

2. Eine gesellschaftsvertragliche Regelung oder eine Regelung im Anstellungsvertrag, die ein Wettbewerbsverbot des Gesellschafter-Geschäftsführers vorsieht, muss im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG ausgelegt werden; sie erfasst ihrem rechtlich unbedenklichen Sinn und Zweck nach, die Gesellschaft vor der Aushöhlung von innen her zu schützen, im Regelfall nicht den rein kapitalistischen Erwerb einer Minderheitsbeteiligung an einem Konkurrenzunternehmen und ist ggf. entsprechend einschränkend auszulegen.

3.Zu den Anforderungen an die Darlegung eines Schadens, der Wahrscheinlichkeit eines Schadens bzw. gezogenen Vorteilen, soweit Ansprüche auf Schadensersatz, Auskunft, Vorteilsherausgabe sowie ein Eintrittsrecht analog § 113 HGB auf den Verstoß gegen ein gesellschaftsrechtliches Wettbewerbsverbot gestützt werden.

4. Einem Minderheitsgesellschafter stehen eigene Ansprüche aus der Verletzung eines gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbots durch einen Mitgesellschafter nur dann zu, wenn er einen über den durch die Minderung des Gesellschaftsvermögens im Wert seines Geschäftsanteils eingetretenen Reflexschaden hinausgehenden eigenen Schaden erlitten hat.

5. Eine im Gesellschaftsvertrag enthaltene Klausel, wonach eine anlässlich des Ausscheidens eines Gesellschafters zu leistende Abfindung nach dem im sog. "Stuttgarter Verfahren" ermittelten Wert seines Anteils berechnet wird, ist grundsätzlich wirksam und für die Parteien verbindlich.

6. Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Schiedsgutachten zur Ermittlung des Anteilswertes nach dem "Stuttgarter Verfahren" offenbar unrichtig im Sinne von § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB ist und welche Umstände bei der Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren im Einzelnen zu berücksichtigen sind.

7. Eine gesellschaftsvertragliche Abfindungsregelung, die an eine Anteilsbewertung nach dem Stuttgarter Verfahren anknüpft, kann unanwendbar und der Abfindungsbetrag anzupassen sein, wenn der sich nach dem Stuttgarter Verfahren ergebende Anteilswert vom tatsächlichen Verkehrswert des Anteils erheblich abweicht. Das gilt auch dann, wenn der tatsächliche Verkehrswert deutlich niedriger liegt als der nach Stuttgarter Verfahren ermittelte Anteilswert.

8. Zur Berechnung des tatsächlichen Wertes eines Gesellschaftsanteils auf der Grundlage des Ertragswertverfahrens.

Sachverhalt

I.

1. Die Klägerinnen machen mit ihrer Klage Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche geltend, die auf einen Verstoß des Beklagten - ehemaliger Geschäftsführer und Gesellschafter der Klägerin Ziff. 1 - gegen ein insbesondere aus dem Gesellschaftsvertrag abgeleitetes Wettbewerbsverbot gestützt werden.

Mit seiner Widerklage macht der Beklagte seinerseits Wettbewerbsverstöße der Klägerinnen geltend; darüber hinaus verlangt er von der Klägerin Ziff. 1 die Zahlung einer ihm infolge seines Ausscheidens als Gesellschafter zustehenden Abfindung.

Die Klägerin Ziff. 2 ist ein .... Konzern, der insbesondere vollautomatische Verpackungsmaschinen herstellt.

Die Klägerin Ziff. 1 ist die deutsche Vertriebsgesellschaft der Klägerin Ziff. 2. Sie wurde gemeinsam vom Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Klägerin Ziff. 2, der X., am 27.10.2000 gegründet. Der Beklagte war zunächst mit 50%, im Jahre 2006 noch mit 49% an der Klägerin Ziff. 1 beteiligt. Die übrigen Geschäftsanteile hielten ein Herr W. mit 1% sowie die Klägerin Ziff. 2 mit 50%. Zugleich war der Beklagte seit ihrer Gründung bis 31.12.2006 einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin Ziff. 1.

Die X. wurde zwischenzeitlich auf die Klägerin Ziff. 2 verschmolzen. Zuvor wurden die Gesellschaftsanteile der X. von der Klägerin Ziff. 2 gehalten. An letzterer wiederum waren als Gesellschafter ein Herr Dr. A. A. sowie dessen Kinder, E. A. und V. A. beteiligt. Die Familie A. ist zugleich Mitgesellschafterin einer Fa. A..

Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin Ziff. 1 (Anl. K 9) enthält u.a. folgende Regelungen:

„§ 12 Kündigung der Gesellschaft

(1) Eine Kündigung ist mit sechsmonatiger Frist auf das Ende eines Geschäftsjahres zulässig. ...

(2) Die Kündigung der Gesellschaft hat nicht deren Auflösung zur Folge. Vielmehr wird die Gesellschaft unter Ausscheiden des kündigenden Gesellschafters von den übrigen Gesellschaftern, ggf. vom letzten verbleibenden Gesellschafter, fortgesetzt. Der kündigende Gesellschafter ist verpflichtet, nach Wahl der Gesellschaft seinen Geschäftsanteil ganz oder geteilt an die Gesellschaft selbst oder an einen oder mehrere Gesellschafter anzubieten.

...

(3) Der ausscheidende Gesellschafter erhält ein Entgelt nach § 13 dieses Vertrages. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen dieses Entgelts ist ausgeschlossen.

...

§ 13 Entgelt

(1) Zur Berechnung des Entgelts in Fällen der §§ 10 Ziff. 6, 11 Ziffer 3 und 12 Ziffer 3 des Gesellschaftsvertrags ist auf den für die Bewertung des Geschäftsanteils maßgeblichen Stichtag eine Bilanz aufzustellen. Gleichzeitig ist eine Unternehmensbewertung nach dem Stuttgarter Verfahren durch einen Wirtschaftsprüfer durchzuführen. Können sich die Beteiligten über Bilanzansätze und/oder die Person des Wirtschaftsprüfers zur Unternehmensbewertung nicht einigen, so sind die Bilanzansätze durch einen von der Industrie- und Handelskammer Region S. zu benennenden Sachverständigen als Schiedsgutachter festzustellen und ist die Person des Wirtschaftsprüfers durch die Industrie- und Handelskammer Region S. zu benennen.

...

(3) Die Auszahlung des Entgelts erfolgt in drei gleichen Halbjahresraten, wovon die erste Rate drei Monate nach Feststellung des Entgelts fällig wird, die weiteren Raten jeweils sechs Monate später. ...

(4) Das Entgelt ist mit 2% über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu verzinsen, höchstens jedoch mit 2% über dem aktuellen Kontokorrentzinssatz der Gesellschaft. ...

...

§ 16 Wettbewerb

(1) Ein Gesellschafter darf, solange er Gesellschafter ist, der Gesellschaft in deren Geschäftszweig weder mittelbar noch unmittelbar, gelegentlich oder gewerbsmäßig Konkurrenz machen, noch sich an einem Konkurrenzunternehmen beteiligen, mit Ausnahme von einem bereits bei Gründung der Gesellschaft von einem Gesellschafter bereits betriebenem Geschäftszweig oder einer bereits gehaltenen Beteiligung.

...“

Wegen des weiteren Inhalts des Gesellschaftsvertrags wird auf Anl. K 9 verwiesen.

In § 1 Abs. 4 des zwischen dem Beklagten und der Klägerin Ziff. 1 abgeschlossenen Anstellungsvertrags (Anl. K 10) heißt es:

„Herr B. wird seine beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen und seine gesamte Arbeitszeit ausschließlich der Gesellschaft zur Verfügung stellen. Andere geschäftliche Tätigkeiten wie die Übernahme von Ehrenämtern, Beiratsposten oder ähnliche Funktionen bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschaft“.

Im Frühjahr des Jahres 2006 kam es zum Streit zwischen den Parteien. Der Beklagte kündigte daraufhin - unstreitig wirksam - mit Schreiben vom 23.06.2006 zum 31.12.2006 seine Gesellschaftsbeteiligung an der Klägerin Ziff. 1. Er übertrug mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 09.02.2007 (Anl. K 3 und B 10) auf der Grundlage von § 12 Ziff. 2 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 seinen Geschäftsanteil rückwirkend zum 31.12.2006 auf die Klägerin Ziff. 1. Ebenfalls zum 31.12.2006 kündigte er seinen Anstellungsvertrag als Geschäftsführer.

Bereits am 31.05.2006 hatte der Beklagte über eine Treuhandkonstruktion eine Gesellschaftsbeteiligung in Höhe von 12% am Aktienkapital einer Y. erworben (s. Treuhandvertrag, Anl. K 5). Diese .... Gesellschaft befasst sich ebenfalls mit der Herstellung von Verpackungsmaschinen und war auch bereits im Mai 2006 auf dem deutschen Markt tätig.

Im Hinblick auf § 3 Ziff. 1 des Vertrags vom 09.02.2007, der auf das im Gesellschaftsvertrag geregelte Verfahren zur Bestimmung des dem Beklagten zustehenden Abfindungsanspruchs verwies und nähere Einzelheiten regelte, einigten sich der Beklagte und die Klägerin Ziff. 1 auf den Wirtschaftsprüfer Dr. P. als verantwortlichen Gutachter für die Durchführung der Unternehmensbewertung. In diesem Zusammenhang fand auch zur Klärung des genauen Auftrags eine Besprechung zwischen dem Gutachter, der Klägerin Ziff. 1 und dem Beklagten statt (vgl. das Schreiben des Gutachters vom 12.03.2009, GA 282 ff.).

Der Gutachter Dr. P. errechnete unter Anwendung des im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Stuttgarter Verfahrens mit Stellungnahme vom 23.12.2009 (Anl. B 11) einen Wert der Beteiligung des Beklagten in Höhe von 1.102.500 EUR.

Über die Feststellung des Jahresabschlusses 2006, der in die Berechnung des Gutachters Dr. P. eingeflossen war, war ein Rechtsstreit in Form einer Anfechtungsklage vor dem Landgericht Stuttgart anhängig, die der Mitgesellschafter T. W. erhoben hatte. Im Februar 2010 wurde dieser Rechtsstreit durch Klagerücknahme erledigt. Vor dem Hintergrund dieses Ende 2009 noch anhängigen Rechtsstreits bezeichnete der Gutachter P. seine Stellungnahme als vorläufig. Mit Schreiben vom 30.04.2010 an die Klägerin Ziff. 1 und den Beklagten (Anl. B 12) erklärte der Gutachter, dass seine Stellungnahme nunmehr nach Rücknahme der Anfechtungsklage als endgültig anzusehen sei.

Mit vorgerichtlichen Schreiben vom 23.04.2010 (Anl. B 16), 22.10.2010 sowie 01.02.2011 mahnte der Beklagte die seiner Auffassung nach jeweils fälligen Raten der geltend gemachten Abfindung an.

Die Klägerinnen haben behauptet,

der Erwerb der Anteile an der Y. sei ohne unmittelbare Gegenleistung erfolgt; es „müsse davon ausgegangen werden“, dass der Beklagte die Anteile namentlich dafür erhalten habe, dass er bereit war, während seines noch laufenden Wettbewerbsverbotes im Jahre 2006 die Geschäftstätigkeit des Wettbewerbsunternehmens „nicht unerheblich zu fördern“ und insbesondere Großkunden wie z.B. die Firma K. abzuwerben.

Es sei deshalb „hochwahrscheinlich“, dass neben dem beanstandeten Erwerb der Anteile an der Y. weitere Wettbewerbsverstöße bzw. Pflichtverletzungen begangen worden seien. Ein Indiz hierfür sei insbesondere, dass es in den Folgejahren 2007 und 2008 zu Umsatzeinbrüchen bei der Klägerin Ziff. 1 gekommen sei.

Außerdem habe der Beklagte mit Hilfe von „Täuschungshandlungen“ ein System bei deutschen und ausländischen Lieferanten des X-Konzerns zur Erhöhung von Einkaufspreisen bei Waren unterhalten, wie sich aus der als Anlage K 20 vorgelegten Anklageschrift ergebe.

Die Klägerinnen haben die Auffassung vertreten, der Kläger habe durch den Erwerb der Beteiligung an der Y. gegen das in § 16 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags normierte Wettbewerbsverbot verstoßen.

Auch aus dem Anstellungsvertrag, dort § 1 Abs. 4, ergebe sich ein Wettbewerbsverbot, gegen das der Kläger verstoßen habe.

Im Übrigen bestehe während der Tätigkeit des Beklagten als Geschäftsführer der Klägerin Ziff. 1 ein umfassendes gesetzliches Wettbewerbsverbot.

Den Klägerinnen stünden Ansprüche auf Herausgabe bzw. Abschöpfung des vom Beklagten mit dem Wettbewerbsverstoß erzielten Gewinns sowie Auskehrung hieraus bezogener Vergütungen zu. Dabei sei der verbotswidrig erzielte Gewinn auf die Weise zu berechnen, dass die Differenz zu bilden sei zwischen dem Verkehrswert der Beteiligung und etwaigen tatsächlich vom Beklagten getätigten Erwerbsaufwendungen. Darüber hinaus seien die Klägerinnen Ziff. 1 und Ziff. 2 auch zum Selbsteintritt in die vom Beklagten im Zuge des behaupteten Wettbewerbsverstoßes geschlossenen Geschäfte berechtigt.

Außerdem habe der Beklagte durch den Erwerb einer Beteiligung an einem Wettbewerbsunternehmen den Klägerinnen in unlauterer Weise Wettbewerb gemacht. Hieraus ergäben sich Schadensersatzansprüche aus §§ 3, 4 Nr. 10, 9 UWG.

Die Klägerinnen haben in erster Instanz zuletzt beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen sämtlichen Schaden zu ersetzen, der diesen seit dem 31. Mai 2006 oder zuvor daraus entstanden ist und künftig entstehen wird, dass der Beklagte eine Beteiligung an der Y. unter Verstoß gegen ein ihm obliegendes Wettbewerbsverbot erworben hat.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen sämtliche aus oder im Zusammenhang mit der von ihm erworbenen Beteiligung an der Y. erzielten Gewinne und Vergütungsbestandteile auszukehren und insoweit noch nicht erfüllte Forderungen an die Kläger abzutreten hat.

3. Es wird festgestellt, dass die Klägerinnen berechtigt sind, in sämtliche vom Beklagten im Zuge des Wettbewerbsverbots abgeschlossenen Geschäfte selbst einzutreten.

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf Wunsch der Klägerinnen diesen gegenüber sämtliche Erklärungen abzugeben und/oder die Abgabe solcher Erklärungen durch Dritte zu bewirken, die erforderlich sind, um den Klägerinnen den Selbsteintritt in die vom Beklagten im Zuge der Beteiligung an der Y. abgeschlossenen Rechtsgeschäfte zu ermöglichen.

5. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägerinnen bezüglich des von ihm begangenen Wettbewerbsverstoßes „Erwerb und Halten einer Beteiligung an der Y.“ Auskunft zu erteilen bzw. Rechnung zu legen wie folgt:

a) Zahlenmäßige Angabe sämtlicher für den Erwerb der Beteiligung vom Beklagten selbst oder durch seine Bevollmächtigten oder Treuhänder erbrachten oder versprochenen Gegenleistungen, in Geld oder Geldeswert, einschließlich etwaiger Sach- oder Dienstleistungen;

b) Offenlegung sämtlicher im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb vorgenommenen geschäftlichen Handlungen mit der Angabe, inwieweit diese mittelbar oder unmittelbar dem Geschäftszweck der Y. und/oder denjenigen von verbundenen Unternehmen gefördert haben oder eine solche Förderung bezweckt haben;

c) Offenlegung des Inhalts sämtlicher im Zusammenhang oder aus Anlass des Erwerbs einer Beteiligung an der Y. durch den Beklagten und/oder seine Bevollmächtigten/Treuhänder geschlossenen Verträge einschließlich Gesellschafts- und Beteiligungsverträgen, etwaiger Nebenabreden und Gesellschaftervereinbarungen;

d) Offenlegung sämtlicher vom Beklagten aus oder im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der Y. mittelbar oder unmittelbar erzielten Einkünfte bzw. Gewinne, einschließlich aller an den Beklagten und/oder seine Bevollmächtigten/Treuhänder seit dem 31. Mai 2006 oder früher etwa gezahlten oder versprochenen Dividenden und Gewinnanteile, ferner Offenlegung des Verkehrswerts der Beteiligung an der Y. im Zeitpunkt des Anteilserwerbs durch den Beklagten sowie die zwischenzeitliche Entwicklung dieses Verkehrswerts bis zum heutigen Tag;

e) Offenlegung sämtlicher zwischen der Y. und/oder mit dieser verbundenen Unternehmen einerseits sowie dem Beklagten und/oder seinen Bevollmächtigten/Treuhändern andererseits geschlossenen Vereinbarungen, einschließlich Beschreibung von vom Beklagten etwa zu leistender Tätigkeiten oder Beiträge einschließlich der Angabe etwa bezogener Tätigkeitsvergütungen;

f) Offenlegung sämtlicher weiterer Tatsachen und Informationen, welche die Auskunftsgläubigerin vernünftigerweise benötigt, um die Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts bezüglich der vom Auskunftsschuldner und/oder seiner Bevollmächtigten/Treuhänder anlässlich oder im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Y. geschlossenen Rechtsgeschäfte nach vernünftigen kaufmännischen Grundsätzen prüfen zu können;

g) Offenlegung sämtlicher Geschäfte in Deutschland bzw. mit deutschen Kunden, die die Y. seit dem 31. Mai 2006 oder früher unter direkter oder mittelbarer Mitwirkung des Beklagten getätigt hat;

h) hinsichtlich der Anträge lit. a) bis g) bestehende schriftliche Unterlagen vorzulegen.

6. Der Beklagte wird verurteilt, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides statt zu versichern.

7. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger Schadensersatz bzw. Gewinnabschöpfung in einer nach Erteilung der Auskunft jeweils noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat in erster Instanz beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligung an der Y. sei in der Hoffnung darauf erfolgt, sich an einem zukünftig erfolgreichen Unternehmen zu beteiligen. Schädigende Handlungen zu Lasten der Klägerin Ziff. 1 während seiner Zeit als Gesellschafter-Geschäftsführer habe er nicht begangen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der als Anlage K 5 vorgelegte Treuhandvertrag über den Anteilserwerb sei prozessual nicht verwertbar.

Im Übrigen komme eine Haftung allenfalls für den Zeitraum zwischen 31.05.2006 und 31.12.2006 in Betracht.

Darüber hinaus hat der Beklagte Widerklage erhoben.

Zur Begründung seiner Widerklageanträge Ziff. I bis VI. hat der Beklagte behauptet,

am 31.01.2001 habe die Firma A., zu deren Gesellschaftern die Familie A. gehörte, an der Firma N. eine Beteiligung in Höhe von 20% erworben. Die N. befasst sich - insoweit unstreitig - seit ihrer Gründung im Jahre 1999 ebenfalls mit der Herstellung und dem Vertrieb von Verpackungsmaschinen. Es handele sich um eine Wettbewerberin der Klägerinnen, da beide halbautomatische wie auch vollautomatische Verpackungsmaschinen innerhalb Europas vertrieben.

Dem Beklagten sei in Folge der Beteiligung an der N. ein Schaden in Form eines reduzierten Gewinns der Klägerin Ziff. 1, an der er als Gesellschafter beteiligt war, entstanden.

Er hat die Auffassung vertreten,

dass der Erwerb der Beteiligung an der N. unter das Wettbewerbsverbot des § 16 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 falle. Jenes Wettbewerbsverbot wirke auch zugunsten des Beklagten und erfasse jedwede, auch mittelbare Wettbewerbssituation.

Zur Begründung seiner Widerklageanträge Ziff. VII und VIII hat der Beklagte behauptet,

drei Positionen des Jahresabschlusses 2006, der Grundlage der Berechnung des Abfindungsguthabens gewesen ist, seien fehlerhaft gewesen (s. hierzu im Einzelnen den Vortrag GA 47 ff.). Aufgrund dieser Fehlerhaftigkeit sei tatsächlich der dem Beklagten nach dem Gutachten des Dr. P. zustehende Abfindungsbetrag noch um 132.300,00 EUR zu erhöhen.

Widerklagend hat der Beklagte erstinstanzlich zuletzt beantragt:

I. Es wird festgestellt, dass die Klägerinnen als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Beklagten sämtlichen Schaden zu ersetzen, der diesem seit dem 31. Januar 2001 daraus entstanden ist und künftig entstehen wird, dass die Klägerinnen eine Beteiligung an der N. unter Verstoß gegen ein diesen obliegendes Wettbewerbsverbot erworben haben.

II. Es wird festgestellt, dass die Klägerinnen als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Beklagten sämtliche aus oder im Zusammenhang mit der von diesen erworbenen Beteiligung an der N. erzielten Gewinne und Vergütungsbestandteile auszukehren, und insoweit noch nicht erfüllte Forderungen an den Beklagten abzutreten haben.

III. Es wird festgestellt, dass der Beklagte berechtigt ist, in sämtliche von den Klägerinnen im Zusammenhang des Wettbewerbsverbotes abgeschlossenen Geschäfte selbst einzutreten.

IV. Die Klägerinnen werden als Gesamtschuldner verurteilt, dem Beklagten bezüglich des von diesen jeweils begangenen Wettbewerbsverstoßes „Erwerb und Halten einer Beteiligung an der N.“ Auskunft zu erteilen, bzw. Rechnung zu legen wie folgt:

a) zahlenmäßige Angabe sämtlicher für den Erwerb der Beteiligung von den Klägerinnen selbst oder durch deren Gesellschafter/Bevollmächtigte oder Treuhänder erbrachten oder versprochenen Gegenleistungen, in Geld oder Geldeswert, einschließlich etwaiger Sach- oder Dienstleistungen;

b) Offenlegung sämtlicher im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb vorgenommenen geschäftlichen Handlungen mit der Angabe, inwieweit diese mittelbar oder unmittelbar dem Geschäftszweck der N. und/oder denjenigen von verbundenen Unternehmen gefördert haben oder eine solche Förderung bezweckt haben;

c) Offenlegung des Inhalts sämtlicher im Zusammenhang oder aus Anlass des Erwerbs einer Beteiligung an der N. durch die Klägerinnen und/oder deren Gesellschafter/Bevollmächtigter/Treuhänder geschlossenen Verträge, einschließlich Gesellschafts- und Beteiligungsverträge, etwaiger Nebenabreden und Gesellschaftervereinbarungen;

d) Offenlegung sämtlicher von den Klägerinnen aus oder im Zusammenhang mit ihrer jeweiligen Beteiligung an der N. mittelbar oder unmittelbar erzielten Einkünfte, bzw. Gewinne, einschließlich aller an die Klägerinnen und/oder ihre Gesellschafter/Treuhänder/Bevollmächtigte seit dem 31. Januar 2001 etwa gezahlten oder versprochenen Dividenden und Gewinnanteile, ferner Offenlegung des Verkehrswertes der Beteiligung an der N. im Zeitpunkt des Anteilserwerbs durch die Klägerinnen, sowie die zwischenzeitliche Entwicklung dieses Verkehrswertes bis zum heutigen Tag;

e) Offenlegung sämtlicher zwischen der N. und/oder mit dieser verbundener Unternehmen einerseits, sowie den Klägerinnen und/oder deren Gesellschaftern/Treuhändern/Bevollmächtigten andererseits geschlossenen Vereinbarungen, einschließlich Beschreibung der von den Klägerinnen etwa zu leistender Tätigkeiten oder Beiträge, einschließlich der Angabe etwa bezogener Tätigkeitsvergütungen;

f) Offenlegung sämtlicher weiterer Tatsachen und Informationen, welche der Beklagte vernünftigerweise benötigt, um die Ausübung seines Selbsteintrittsrechtes bezüglich der von den Klägerinnen und/oder deren Gesellschaftern/Bevollmächtigten/Treuhändern anlässlich oder im Zusammenhang mit der Beteiligung an der N. geschlossenen Rechtsgeschäfte nach vernünftigen kaufmännischen Grundsätzen prüfen zu können;

g) Offenlegung sämtlicher Geschäfte in Deutschland, bzw. mit deutschen Kunden, die die N. seit dem 31. Januar 2001 unter direkter oder mittelbarer Mitwirkung der Klägerinnen getätigt hat;

h) hinsichtlich der Anträge a) bis g) bestehende schriftliche Unterlagen vorzulegen.

V. Die Klägerinnen werden verurteilt, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides Statt zu versichern.

VI. Die Klägerinnen werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten Schadensersatz bzw. Gewinnabschöpfung in einer nach Erteilung der Auskunft jeweils noch zu bestimmenden Höhe, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszins ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

VII. Die Klägerin Ziff. 1 wird verurteilt, an den Beklagten EUR 1.234.800,00 nebst Zinsen in Höhe von 2% über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank aus jeweils EUR 411.600,00 seit jeweils dem 24.03.2010, dem 24.09.2010, sowie dem 24.03.2011 zu bezahlen.

VIII. Die Klägerin Ziff. 1 wird weiter verurteilt, an den Beklagten weitere vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 6.282,96 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszins ab Zustellung dieses Schriftsatzes zu bezahlen.

Die Klägerinnen haben beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Hinsichtlich der Widerklageanträge Ziff. I bis VI haben die Klägerinnen den behaupteten Erwerb von Anteilen an der Fa. N. durch die Firma A. mit Nichtwissen bestritten.

Sie haben die Auffassung vertreten,

dass die Ansprüche gegen die Klägerin Ziff. 1 schon deshalb abweisungsreif seien, weil ein Wettbewerbsverstoß der Klägerin Ziff. 1 nicht geltend gemacht werde. Im Verhältnis zur Klägerin Ziff. 1 fehle es im Übrigen an einem Wettbewerbsverhältnis, weil die N. lediglich in I. halbautomatische Verpackungsmaschinen und nicht, wie die Klägerin Ziff. 1, in D. vollautomatische Verpackungsmaschinen vertrieben habe.

Im Übrigen fehle es insgesamt an der Aktivlegitimation des Beklagten, nachdem diesem keine eigenen Ansprüche zustünden und keine Ansprüche der Gesellschaft im Wege einer actio pro socio geltend gemacht würden.

Und schließlich habe nicht die Rechtsvorgängerin der Klägerin Ziff. 2, die als Gesellschafterin der Klägerin Ziff. 1 dem Wettbewerbsverbot unterliege, gehandelt, sondern allenfalls die A. Das Wettbewerbsverbot richte sich allein gegen die Klägerin Ziff. 2 und nicht gegen den gesamten X.-Konzern einschließlich seiner Eigentümer.

Zum Widerklageantrag Ziff. VII (Abfindungsforderung) haben die Klägerinnen behauptet, aufgrund der Gesamtumstände des Ausscheidens des Beklagten sei ein erheblicher negativer Unternehmenswert entstanden.

Der tatsächliche Verkehrswert des Anteils liege weit unter dem sich nach Stuttgarter Verfahren ergebenden Anteilswert, nämlich in der Größenordnung von 500.000 EUR.

Sie haben die Auffassung vertreten,

die Berechnung des Gutachters Dr. P. enthalte bezüglich des Anteilswertes keine für die Parteien verbindliche Feststellung. Die Schiedsgutachterabrede im Gesellschaftsvertrag habe sich nur auf die Bilanzansätze bezogen.

Jedenfalls entsprächen die Feststellungen des Gutachters nicht billigem Ermessen und seien grob unrichtig.

Das Gutachten lasse die entscheidende Frage offen, ob von Klägerseite geltend gemachte Aufwandspositionen in Höhe von 533.474,00 EUR für „Funktionsersatz“ sowie 211.215,00 EUR für zusätzlich angefallene Beratungskosten bei der Berechnung des Ertragshundertsatzes mindernd zu berücksichtigen seien.

Der aus den Umständen des Ausscheidens des Beklagten resultierende negative Unternehmenswert hätte bei der Bestimmung des Anteilswertes nach dem Stuttgarter Verfahren berücksichtigt werden müssen.

Jedenfalls müsse der nach Stuttgarter Verfahren ermittelte Wert im Hinblick darauf angepasst werden, dass der tatsächliche Verkehrswert des Anteils weitaus niedriger sei.

Hilfsweise haben die Klägerinnen gegen die bezifferte Widerklage mit einem behaupteten Gegenanspruch in Höhe von 493.000,00 EUR aufgerechnet. Dieser Gegenanspruch ergebe sich aus dem mit der Klage geltend gemachten Wettbewerbsverstoß: Der Beklagte habe aus dem unter Verstoß gegen das ihn treffende Wettbewerbsverbot getätigten Erwerb der Beteiligung an der Y. einen Gewinn von mindestens 493.000,00 EUR erzielt, der sich mangels gezahlter Gegenleistung aus dem Verkehrswert der Beteiligung ergebe.

Wegen des weiteren Parteivortrags in erster Instanz wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie den gesamten übrigen Akteninhalt verwiesen.

2. Das Landgericht hat die Klage, nachdem es durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dr. S. Beweis erhoben hatte, abgewiesen. Es hat der Widerklage im Hinblick auf den bezifferten Zahlungsanspruch überwiegend, nämlich in Höhe von 1.102.500 EUR zuzüglich Zinsen sowie im Hinblick auf die eingeforderten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten stattgegeben. Im Übrigen hat es die Widerklage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht zunächst einen durch den Beklagten begangenen Wettbewerbsverstoß verneint, weshalb die mit der Klage verfolgten Anträge sämtlich unbegründet seien. Zwar habe der Beklagte unstreitig einen Anteil in Höhe von 12% am Aktienkapital der Y. erworben und damit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 erfüllt. Die Klägerinnen könnten sich jedoch auf § 16 Abs. 1 nicht stützen, weil diese Abrede gegen § 1 GWB i.V.m. § 134 BGB verstoße. Die Regelung unterwerfe auch solche Gesellschafter dem Wettbewerbsverbot, die keinen beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen hätten. Außerdem beeinträchtige es die geschäftliche Freiheit der Gesellschafter insofern, als es ihnen jede Form der Beteiligung an Konkurrenzunternehmen untersage, ohne dass es auf ihre tatsächliche Einflussmöglichkeit in dem anderen Unternehmen ankomme.

Gleiches gelte für das allgemeine gesetzliche Wettbewerbsverbot, dem der Beklagte aufgrund seiner Organstellung als Geschäftsführer für die Dauer seiner Amtszeit unterlag. Auch insoweit gelte das Verbot nur, als durch den Erwerb der Kapitalbeteiligung ein beherrschender Einfluss auf das Konkurrenzunternehmen erlangt werde. Eine bloß 12%ige Beteiligung sei insoweit nicht ausreichend.

Auch die Regelung in § 1 Abs. 4 des Anstellungsvertrags sei so zu verstehen, dass damit die bloße Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen ohne beherrschende Beteiligung nicht verboten werde. Würde man die Regelung anders verstehen, läge ein Verstoß gegen § 138 BGB vor.

Andere Wettbewerbsverstöße (als die bloße kapitalmäßige Beteiligung an der Y.) hätten die insoweit darlegungspflichtigen Klägerinnen schon nicht substanziiert behauptet. Vermutungen dahingehend, dass der Beklagte bewusst zu Lasten der Klägerin Ziff. 1 agiert habe, seien ohne entsprechenden konkreten Tatsachenvortrag unerheblich.

Die Widerklageanträge Ziff. I bis VI, mit denen der Beklagte einen gegenläufigen Wettbewerbsverstoß der Klägerinnen in Form eines (allenfalls mittelbaren) Erwerbs von Anteilen an einem - nach dem Beklagtenvortrag - im gleichen Sektor tätigen Konkurrenzunternehmen, der N., geltend gemacht habe, seien aus den gleichen Erwägungen unbegründet.

Der mit dem Widerklageantrag Ziff. VII geltend gemachte Abfindungsanspruch sei überwiegend - bis auf einen Teilbetrag in Höhe von 132.300,00 EUR - begründet.

Die Feststellung des Abfindungsguthabens in Höhe der zuerkannten 1.102.500,00 EUR durch den Schiedsgutachter Dr. P. sei für die Klägerin Ziff. 1 und den Beklagten bindend. In der Beauftragung durch die Klägerin Ziff. 1 und den Beklagten hätten sich diese darauf geeinigt, dass das Abfindungsguthaben bindend durch einen Schiedsgutachter auf Grundlage des sog. Stuttgarter Verfahrens festgestellt werden solle. Das Schiedsgutachten sei auf der Grundlage der Beweisaufnahme in Form der Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. S. nicht offensichtlich unrichtig im Sinne von § 317 ff. BGB. Die im Gesellschaftsvertrag erfolgte Vereinbarung des Stuttgarter Verfahrens sei auch wirksam. Eine unvertretbare Benachteiligung einer Partei sei nicht dargetan. Soweit sich die Klägerin Ziff. 1 darauf berufe, dass der Verkehrswert 50% unter dem schiedsgutachterlich ermittelten Wert liege, sei dieses Vorbringen mangels konkretem Tatsachenvortrag unerheblich.

Die von Klägerseite geltend gemachte Hilfsaufrechnung mit einem behaupteten Schadensersatzanspruch wegen Wettbewerbsverletzung greife nicht durch, da es an einer Wettbewerbsverletzung wie ausgeführt fehle.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil (GA 520 ff.) verwiesen.

3. Mit ihrer Berufung verfolgen die Klägerinnen ihre Klage in vollem Umfang weiter und begehren darüber hinaus weiterhin die vollständige Abweisung der Widerklage.

Das Landgericht habe zu Unrecht das Wettbewerbsverbot als unwirksam angesehen bzw. einschränkend ausgelegt. Entscheidend sei eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls, die das Landgericht nicht bzw. unzutreffend vorgenommen habe. Es sei nicht richtig, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Wettbewerbsverbot immer nur dann wirksam sei, wenn es sich gegen Gesellschafter richte, die entweder Mehrheitsgesellschafter seien oder aber bestimmenden Einfluss auf die Geschäftsführung hätten. Aus dem Umstand, dass der Beklagte langjährig mit 50% am Stammkapital beteiligt war, ergebe sich im Übrigen auch ohne Mehrheitsbeteiligung ein maßgeblicher Einfluss des Beklagten. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte langjähriger alleiniger Geschäftsführer gewesen sei.

Das Schiedsgutachten von Dr. P. sei entgegen der Auffassung des Sachverständigen Dr. S. offensichtlich unrichtig im Sinne von § 319 Abs. 1 BGB. Das Landgericht habe insoweit verfahrensfehlerhaft im wesentlichen auf das Gutachten verwiesen.

Bezüglich der Einwände gegen die Gutachten wiederholen die Klägerinnen im wesentlichen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.

Im Übrigen habe das Landgericht im Rahmen der Beweisaufnahme eine Reihe von groben Verfahrensverstößen begangen (siehe näher zum diesbezüglichen Vortrag BB S. 17 ff., GA 604 ff.)

Die Klägerinnen beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stuttgart wie folgt zu erkennen:

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen Ziff. 1 und 2 sämtlichen Schaden zu ersetzen, der diesen seit dem 31. Mai 2006 oder vorher daraus entstanden ist und künftig entstehen wird, dass der Beklagte eine Beteiligung an der Y. unter Verstoß gegen ein ihm obliegendes Wettbewerbsverbot erworben hat.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen Ziff. 1 und 2 sämtliche aus oder im Zusammenhang mit der von ihm erworbenen Beteiligung an der Y. erzielten Gewinne und Vergütungsbestandteile auszukehren, und insoweit noch nicht erfüllte Forderungen an die Klägerinnen Ziff. 1 und 2 abzutreten hat.

3. Es wird festgestellt, dass die Klägerinnen Ziff. 1 und 2 berechtigt sind, in sämtliche vom Beklagten im Zuge des Wettbewerbsverbots abgeschlossenen Geschäfte selbst einzutreten.

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf Wunsch der Klägerinnen Ziff. 1 und 2 diesen gegenüber sämtliche Erklärungen abzugeben und/oder die Abgabe solcher Erklärungen durch Dritte zu bewirken, die erforderlich sind, um den Klägerinnen Ziff. 1 und 2 den Selbsteintritt in die vom Beklagten im Zuge der Beteiligung an der Y. abgeschlossenen Rechtsgeschäfte zu ermöglichen.

5. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägerinnen Ziff. 1 und 2 bezüglich des von ihm begangenen Wettbewerbsverstoßes „Erwerb und Halten einer Beteiligung an der Y.“ Auskunft zu erteilen bzw. Rechnung zu legen wie folgt:

a) Zahlenmäßige Angabe sämtlicher für den Erwerb der Beteiligung vom Beklagten selbst oder durch seine Bevollmächtigten oder Treuhänder erbrachten oder versprochenen Gegenleistungen, in Geld oder Geldeswert, einschließlich etwaiger Sach- oder Dienstleistungen;

b) Offenlegung sämtlicher im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb vorgenommenen geschäftlichen Handlungen mit der Angabe, inwieweit diese mittelbar oder unmittelbar dem Geschäftszweck der Y. und/oder denjenigen von verbundenen Unternehmen gefördert haben oder eine solche Förderung bezweckt haben;

c) Offenlegung des Inhalts sämtlicher im Zusammenhang oder aus Anlass des Erwerbs einer Beteiligung an der Y. durch den Beklagten und/oder seine Bevollmächtigten/Treuhänder geschlossenen Verträge einschließlich Gesellschafts- und Beteiligungsverträgen, etwaiger Nebenabreden und Gesellschaftervereinbarungen;

d) Offenlegung sämtlicher vom Beklagten aus oder im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der Y. mittelbar oder unmittelbar erzielten Einkünfte bzw. Gewinne, einschließlich aller an den Beklagten und/oder seine Bevollmächtigten/Treuhänder seit dem 31. Mai 2006 oder früher etwa gezahlten oder versprochenen Dividenden und Gewinnanteilen, ferner Offenlegung des Verkehrswerts der Beteiligung an der Y. im Zeitpunkt des Anteilserwerbs durch den Beklagten sowie die zwischenzeitliche Entwicklung dieses Verkehrswerts bis zum heutigen Tag;

e) Offenlegung sämtlicher zwischen der Y. und/oder mit dieser verbundenen Unternehmen einerseits sowie dem Beklagten und/oder seinen Bevollmächtigten/Treuhändern andererseits geschlossenen Vereinbarungen, einschließlich Beschreibung von vom Beklagten etwa zu leistender Tätigkeiten oder Beiträge einschließlich der Angabe etwa bezogener Tätigkeitsvergütungen;

f) Offenlegung sämtlicher weiterer Tatsachen und Informationen, welche die Auskunftsgläubigerin vernünftigerweise benötigt, um die Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts bezüglich der vom Auskunftsschuldner und/oder seiner Bevollmächtigten/Treuhänder anlässlich oder im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Y. geschlossenen Rechtsgeschäfte nach vernünftigen kaufmännischen Grundsätzen prüfen zu können;

g) Offenlegung sämtlicher Geschäfte in D. bzw. mit d. Kunden, die die Y. seit dem 31. Mai 2006 oder früher unter direkter oder mittelbarer Mitwirkung des Beklagten getätigt hat.

h) Offenlegung sämtlicher an den Beklagten/Widerkläger/Berufungsbeklagten unterbreiteten Verkaufsofferten und -vorschläge bezüglich seiner Geschäftsanteile insbesondere durch die Unternehmensgruppe „C.“;

i) hinsichtlich der Anträge lit. a) bis h) bestehende schriftliche Unterlagen vorzulegen.

6. Der Beklagte wird verurteilt, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides statt zu versichern.

7. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen Schadensersatz bzw. Gewinnabschöpfung in einer nach Erteilung der Auskunft jeweils noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

8. Die Widerklage wird insgesamt in allen Anträge abgewiesen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit seiner Anschlussberufung beantragt der Beklagte

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stuttgart wie folgt:

I. Es wird festgestellt, dass die Klägerinnen als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Beklagten sämtlichen Schaden zu ersetzen, der diesem seit dem 31. Januar 2001 daraus entstanden ist und künftig entstehen wird, dass die Klägerinnen eine Beteiligung an der N. unter Verstoß gegen ein diesen obliegendes Wettbewerbsverbot erworben haben.

II. Es wird festgestellt, dass die Klägerinnen als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Beklagten sämtliche aus oder im Zusammenhang mit der von diesen erworbenen Beteiligung an der N. erzielten Gewinne und Vergütungsbestandteile auszukehren, und insoweit noch nicht erfüllte Forderungen an den Beklagten abzutreten haben.

III. Es wird festgestellt, dass der Beklagte berechtigt ist, in sämtliche von den Klägerinnen im Zusammenhang des Wettbewerbsverbotes abgeschlossenen Geschäfte selbst einzutreten.

IV. Die Klägerinnen werden als Gesamtschuldner verurteilt, dem Beklagten bezüglich des von diesen jeweils begangenen Wettbewerbsverstoßes „Erwerb und Halten einer Beteiligung an der N.“ Auskunft zu erteilen, bzw. Rechnung zu legen wie folgt:

a) zahlenmäßige Angabe sämtlicher für den Erwerb der Beteiligung von den Klägerinnen selbst oder durch deren Gesellschafter/Bevollmächtigte oder Treuhänder erbrachten oder versprochenen Gegenleistungen, in Geld oder Geldeswert, einschließlich etwaiger Sach- oder Dienstleistungen;

b) Offenlegung sämtlicher im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb vorgenommenen geschäftlichen Handlungen mit der Angabe, inwieweit diese mittelbar oder unmittelbar dem Geschäftszweck der N. und/oder denjenigen von verbundenen Unternehmen gefördert haben oder eine solche Förderung bezweckt haben;

c) Offenlegung des Inhalts sämtlicher im Zusammenhang oder aus Anlass des Erwerbs einer Beteiligung an der N. durch die Klägerinnen und/oder deren Gesellschafter/Bevollmächtigte/Treuhänder geschlossenen Verträge, einschließlich Gesellschafts- und Beteiligungsverträge, etwaiger Nebenabreden und Gesellschaftervereinbarungen;

d) Offenlegung sämtlicher von den Klägerinnen aus oder im Zusammenhang mit ihrer jeweiligen Beteiligung an der N. mittelbar oder unmittelbar erzielten Einkünfte, bzw. Gewinne, einschließlich aller an die Klägerinnen und/oder ihre Gesellschafter/Treuhänder/Bevollmächtigter seit dem 31. Januar 2001 etwa gezahlten oder versprochenen Dividenden und Gewinnanteilen, ferner Offenlegung des Verkehrswertes der Beteiligung an der N. im Zeitpunkt des Anteilserwerbs durch die Klägerinnen, sowie die zwischenzeitliche Entwicklung dieses Verkehrswertes bis zum heutigen Tag;

e) Offenlegung sämtlicher zwischen der N. und/oder mit dieser verbundener Unternehmen einerseits, sowie den Klägerinnen und/oder deren Gesellschaftern/Treuhändern/Bevollmächtigten andererseits geschlossenen Vereinbarungen, einschließlich Beschreibung der von den Klägerinnen etwa zu leistender Tätigkeiten oder Beiträge, einschließlich der Angabe etwa bezogener Tätigkeitsvergütungen;

f) Offenlegung sämtlicher weiterer Tatsachen und Informationen, welche der Beklagte vernünftigerweise benötigt, um die Ausübung seines Selbsteintrittsrechtes bezüglich der von den Klägerinnen und/oder deren Gesellschaftern/Bevollmächtigten/Treuhändern anlässlich oder im Zusammenhang mit der Beteiligung an der N. geschlossenen Rechtsgeschäfte nach vernünftigen kaufmännischen Grundsätzen prüfen zu können;

g) Offenlegung sämtlicher Geschäfte in D., bzw. mit d. Kunden, die die N. seit dem 31. Januar 2001 unter direkter oder mittelbarer Mitwirkung der Klägerinnen getätigt hat;

h) hinsichtlich der Anträge a) bis g) bestehende schriftliche Unterlagen vorzulegen.

V. Die Klägerinnen werden verurteilt, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides Statt zu versichern.

VI. Die Klägerinnen werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten Schadensersatz bzw. Gewinnabschöpfung in einer nach Erteilung der Auskunft jeweils noch zu bestimmenden Höhe, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszins ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

VII. Die Klägerin Ziff. 1 wird verurteilt, an den Beklagten weitere EUR 132.300,00, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 2% über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank ab Zustellung der Widerklage zu bezahlen.

Die Klägerinnen beantragen

Zurückweisung der Anschlussberufung.

Der Beklagte wiederholt und vertieft zur Begründung seines Antrags auf Abweisung der Berufung seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er habe keine beherrschende Stellung bei der Klägerin Ziff. 1 innegehabt. Im Übrigen habe er bei der Y. während seiner Zeit als Geschäftsführer-Gesellschafter der Klägerin Ziff. 1 aufgrund seiner bloß kapitalmäßigen Beteiligung keine Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung gehabt. Die Beteiligung sei lediglich erfolgt, um dort die Möglichkeit einer späteren beruflichen Perspektive zu haben.

Die Feststellungen des Gutachters P. seien zutreffend erfolgt (s. dazu näher die Ausführungen GA 638 ff.), wobei hinsichtlich des nach Auffassung des Beklagten zusätzlich geschuldeten Betrags von 132.300,00 EUR auf den erstinstanzlichen Vortrag verwiesen wird.

Der Senat hat in der Berufungsinstanz Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. T. sowie dessen mündlicher Anhörung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten (GA 761), die ergänzende schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen (GA 804 ff.) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2017 (GA 838 ff.) verwiesen.

Wegen der Einwände der Klägerinnen gegen das Gutachten wird auf den Schriftsatz vom 29.08.2016 (GA 772 ff.) sowie auf die Erörterung in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz der Klägerinnen vom 13.03.2017 gab keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

Aus den Gründen

II.

Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind weitgehend unbegründet, lediglich die auf die Widerklage erfolgte Verurteilung der Klägerin Ziff. 1 zur Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten war aufzuheben und der Zinsausspruch zu korrigieren; die ebenfalls zulässige Anschlussberufung des Beklagten ist unbegründet.

1. Klage = Berufungsanträge Ziff. 1 bis 7 der Klägerinnen

Den Klägerinnen stehen die mit der Klage geltend gemachten, auf einen angeblichen Verstoß des Beklagten gegen ein Wettbewerbsverbot gestützten Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche, die in der Berufungsinstanz von ihnen noch mit einer geringfügigen Erweiterung (Berufungsantrag Ziff. 5 h) in vollem Umfang weiterverfolgt werden, nicht zu. Das Landgericht hat die Klage insoweit im Ergebnis zu Recht abgewiesen; auf die Zulässigkeit der gestellten Feststellungsanträge kommt es nicht an (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 256 Rn. 7 m. w. N.).

a) Klägerin Ziff. 2

Sämtliche von der Klägerin Ziff. 2 gegen den Beklagten gestellten Klageanträge sind von vornherein bereits mangels Aktivlegitimation der Klägerin Ziff. 2 unbegründet. Die Rechtspositionen, auf die die Klage gestützt ist, stehen allenfalls der Klägerin Ziff. 1 zu, um deren Gesellschaftsvertrag es sich handelt, die mit dem Beklagten den Anstellungsvertrag geschlossen hat und die aus einem ihn treffenden Wettbewerbsverbot berechtigt wäre. Dass dem Gesellschafter einer GmbH eigene Ansprüche aus der Verletzung eines gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbots durch einen Mitgesellschafter zustehen mögen, wenn er dadurch einen über den durch die Minderung des Gesellschaftsvermögens im Wert seines Geschäftsanteils eingetretenen Reflexschaden hinausgehenden eigenen Schaden erlitten hat (s. dazu etwa Raiser, in: Großkommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 14 Rn. 112, 101; Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl., § 13 Rn. 288), spielt hier keine Rolle, weil derartige Einbußen nicht in Rede stehen. Eine - ohnehin nicht gegebene - Rechtsverfolgung im Wege der Gesellschafterklage (actio pro socio) schiede hier aus, da die zuständigen Organe der Klägerin Ziff. 1 die in Frage stehenden Ansprüche in diesem Rechtsstreit verfolgen (vgl. nur Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 13 Rn. 39). Ein Fall der gesetzlichen oder gewillkürten Prozessstandschaft liegt ersichtlich nicht vor.

b) Klägerin Ziff. 1

Der Klägerin Ziff. 1 - und auch der Klägerin Ziff. 2, wollte man deren Aktivlegitimation bejahen - stehen die geltend gemachten Ansprüche bereits dem Grunde nach sämtlich nicht zu, weil ein Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot - sei es vertraglich, sei es gesetzlich - nicht gegeben ist. Auch der Vorwurf eines Verstoßes gegen Vorschriften des UWG geht fehl.

aa) Die Klägerinnen stützten ihre Vorwürfe im Wesentlichen auf den als solchen unstreitigen - folglich nicht beweisbedürftigen, so dass es auf die vom Beklagten wiederholt aufgeworfene Frage eines Beweisverwertungsverbots nicht ankommt - Umstand, dass der Beklagte durch Treuhandvertrag vom 31.05.2006 einen Anteil von 12% am Kapital der Y. erworben hat, bei der es sich um eine Gesellschaft handelt, die sich seinerzeit in Wettbewerb zu den Klägerinnen befunden haben mag. Darin lag indes unter den hier gegebenen Umständen kein Verstoß gegen ein den Beklagten treffendes Wettbewerbsverbot.

(1) Allerdings traf den Beklagten, der bis zum 31.12.2006 Geschäftsführer der Klägerin Ziff. 1 war, in dieser Eigenschaft gegenüber der Klägerin Ziff. 1 bereits ein gesetzliches Wettbewerbsverbot (vgl. statt aller Schneider, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 43 Rn. 153 ff.). Darüber hinaus unterlag er auch aus seiner Stellung als Gesellschafter mit einer Minderheitsbeteiligung von 49% im relevanten Zeitraum bereits kraft gesetzlicher Treuepflicht einem Wettbewerbsverbot. Das Bestehen eines solchen gesetzlichen Wettbewerbsverbots auch des Minderheitsgesellschafters ist ohne Weiteres zu bejahen, ist der Minderheitsgesellschafter - wie hier - zugleich Geschäftsführer (s. nur etwa Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 14 Rn. 38; Raiser, in: Großkommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 14 Rn. 108). Auf die im Übrigen streitigen Voraussetzungen, unter denen den Gesellschafter einer GmbH ein gesetzliches Wettbewerbsverbot trifft, kommt es im Streitfall demnach nicht an.

Schließlich begründet § 16 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 auch ein vertragliches Wettbewerbsverbot zu Lasten des Gesellschafters und § 1 Abs. 4 des Anstellungsvertrags des Beklagten verbot ihm „geschäftliche Tätigkeiten“ außerhalb seiner Tätigkeit bei der Klägerin Ziff. 1.

(2) In zeitlicher Hinsicht bestand das gesetzliche Wettbewerbsverbot des Beklagten in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer (dazu nur etwa Schneider, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 43 Rn. 173) wie als Gesellschafter lediglich bis zum 31.12.2006, dem Zeitpunkt der Beendigung seiner Organstellung wie seines Anstellungsvertrags. Dieser Zeitraum verlängert sich auch nicht deshalb, weil er seine Geschäftsanteile erst mit Vertrag vom 09.02.2007 übertragen hat, schon weil ab dem 31.12.2006 bis zum 09.02.2007 eine allenfalls vermögensmäßige Beteiligung des Beklagten an der Klägerin Ziff. 1 bestand (vgl. BGH, NZG 2010, 270 - Tz. 17), überdies deshalb, weil die Abtretung ausweislich § 2 des Vertrags rückwirkend zum 31.12.2006 erfolgte.

Die Regelungen im Gesellschafts- und im Anstellungsvertrag bewirken keine Veränderungen der zeitlichen Reichweite des den Beklagten treffenden Wettbewerbsverbots; sie sind ebenfalls auf die Zeit beschränkt, in denen der Beklagte Gesellschafter bzw. Geschäftsführer der Klägerin Ziff. 1 war.

Vor diesem Hintergrund fehlt sämtlichen Klageanträgen bereits von vornherein eine Basis, soweit sie sich - die Formulierungen sind insoweit nicht eindeutig - auf angeblich in der Zeit nach dem 31.12.2006 durch den Beklagten begangene Pflichtverletzungen beziehen sollten. Gleiches gilt, soweit sich die Klageanträge auf in der Zeit vor dem 31.05.2006 angeblich begangene Pflichtverletzungen beziehen sollten. Da insbesondere der im Streit stehende Anteilserwerb erst an diesem Tag stattfand, kommt eine Verletzung des Wettbewerbsverbots durch diesen Erwerb für die davor liegende Zeit nicht in Betracht.

(3) Doch auch im Übrigen, also für die Zeit zwischen dem 31.05.2006 und dem 31.12.2006, hat der Beklagte durch den Erwerb der Minderheitsbeteiligung nicht gegen das ihn treffende gesetzliche bzw. vertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen.

(a) Eine unternehmerische Tätigkeit im Wettbewerbsbereich der Gesellschaft, die ein Wettbewerbsverbot des Gesellschafter-Geschäftsführers erfasst, ist zwar gegeben, wenn er an einer anderen Gesellschaft eine Mehrheitsbeteiligung hält oder die Gesellschaft aufgrund anderer Umstände beherrscht; hinreichend ist, dass er aufgrund seines Einflusses einzelne unternehmerische Entscheidungen beeinflussen kann (s. etwa Schneider, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 43 Rn. 165; Röhricht, WPg 1992, 766, 768; Lawall, Das ungeschriebene Wettbewerbsverbot des GmbH-Gesellschafters, 1995, S. 17; Ivens, Das Konkurrenzverbot des GmbH-Gesellschafters, 1987, S. 70 f.). Hinreichend mag auch ein Einfluss auf die Geschäftsführung des Konkurrenzunternehmens sein, die die Möglichkeit der Verwertung gesellschaftsinterner Informationen zum Nachteil der Gesellschaft mit sich bringt (vgl. etwa Merkt, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, 1. Aufl., § 13 Rn. 247). Demgegenüber sind rein kapitalistische Minderheitsbeteiligungen eines Geschäftsführers - insbesondere eines Gesellschafter-Geschäftsführers, unter dem Gesichtspunkt seiner Gesellschafterstellung gilt nichts anderes - an einer Konkurrenzgesellschaft ohne Einfluss auf die Geschäftsführung, ohne Tätigkeit im Unternehmen und Möglichkeit, dieses zu beherrschen oder Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen zu nehmen, im Regelfall unbedenklich und von der sachlichen Reichweite eines Wettbewerbsverbots des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht umfasst (s. etwa Schneider, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 43 Rn. 165; Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl., § 13 Rn. 247; Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 35 Rn. 41; Schiessl/Böhm, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 4. Aufl., § 34 Rn. 17; Merkt, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, 1. Aufl, § 13 Rn. 247; Raiser, in: Festschrift für Stimpel, 1985, S. 855, 862 f.; Röhricht, WPg, 1992, 766, 768; Lawall, Das ungeschriebene Wettbewerbsverbot des GmbH-Gesellschafters, 1995, S. 17; Kardaras, Das Wettbewerbsverbot in den Personalgesellschaften, 1967, S. 61 f.; vgl. auch OLG Koblenz, DStR 2008, 1152; Staub/Schäfer, HGB, 5. Aufl., § 116 Rn. 25; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 165 Rn. 23; Reichert/Winter, in: Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 209, 236 ff. [Grenze bei 25%-Beteiligung]; weiter hingegen für den Geschäftsführer offenbar Weitnauer/Grob, GWR 2014, 185; tendenziell weiter wohl auch Ivens, Das Konkurrenzverbot des GmbH-Gesellschafters, 1987, 71 f.). Dies liegt darin begründet, dass unter solchen Umständen ein Wettbewerbsverbot seiner ratio nach nicht eingreift. Zweck des Wettbewerbsverbots zu Lasten eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist es, dass dieser seine aus der Gesellschafterstellung erlangten Kenntnisse oder seinen auf der Gesellschafterstellung beruhenden Einfluss dazu verwendet, die eigenen Geschäfte zum Nachteil der Gesellschaft zu fördern, zudem soll das Wettbewerbsverbot sicherstellen, dass die Arbeitskraft des Geschäftsführers für die Gesellschaft erhalten bleibt (s. etwa Schneider, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 43 Rn. 156). Nichts dergleichen steht regelmäßig unter den genannten Voraussetzungen bei einer rein kapitalistischen Minderheitsbeteiligung in Rede.

(b) Eine solche rein kapitalistische Minderheitsbeteiligung - an einer S.p.A., einer Kapitalgesellschaft nach italienischem Recht, vergleichbar der deutschen Aktiengesellschaft - hatte der Beklagte hier am 31.05.2006 erworben. Dafür, dass er im maßgebenden Zeitraum Einfluss auf die Geschäftsführung des Konkurrenzunternehmens nehmen konnte oder nahm oder es gar beherrschte, fehlen Anhaltspunkte wie überhaupt dafür, dass er in dem Konkurrenzunternehmen in diesem Zeitraum in irgendeiner Weise tätig wurde. Die insoweit darlegungsbelastete (vgl. Raiser, in: Festschrift für Stimpel, 1985, S. 855, 862 f.) Klägerseite trägt hierzu weder erstinstanzlich noch in der Berufungsinstanz konkrete Anknüpfungstatsachen vor.

(c) Auch die Regelungen in § 16 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 sowie in § 1 Abs. 4 des Anstellungsvertrags zwischen dem Beklagten und der Klägerin Ziff. 1 führen nicht dazu, dass die beanstandete Unternehmensbeteiligung von einem Wettbewerbsverbot erfasst würde.

Aufgrund der in Rede stehenden Bestimmungen könnte sich ein Verstoß des Beklagten gegen ein ihn treffendes Wettbewerbsverbot nur ergeben, wären die Bestimmungen dahin auszulegen, das sie dem Beklagten in der erheblichen Zeit und unter den gegebenen Umständen auch die hier in Rede stehende rein kapitalistische Minderheitsbeteiligung an der Konkurrenzgesellschaft untersagten. Diesen Inhalt weisen die Bestimmungen, wie sich jedenfalls aus einer einschränkenden Auslegung im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG ergibt (vgl. BGH, NZG 2010, 270 - Tz. 10), indes nicht auf.

(aa) Grundsätzlich können Wettbewerbsverbote für Gesellschafter einer GmbH ohne weiteres in der Satzung einer Gesellschaft vereinbart werden. Sie sind jedoch nur in den von § 1 GWB vorgegebenen Grenzen zulässig (vgl. hierzu und zum Folgenden aus der Rspr. insbesondere BGH, NZG 2010, 270 - Tz. 13; OLG München, GmbHR 2011, 137 - Tz. 25). Zum anderen sind gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote am Maßstab von Art. 12 GG, § 138 Abs. 1 BGB zu messen, weil sie regelmäßig die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit des betroffenen Gesellschafters berühren. Mit Rücksicht auf die insbesondere bei der Auslegung der zivilrechtlichen Generalklauseln zu beachtenden verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen - hier für die freie Berufsausübung - sind nach der Rechtsprechung gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote nur zulässig, wenn sie nach Ort, Zeit und Gegenstand nicht über die schützenswerten Interessen des Begünstigten hinausgehen und den Verpflichteten nicht übermäßig beschränken. Auch die Literatur geht davon aus, dass vertragliche Wettbewerbsverbote in ihrer sachlichen Reichweite bzw. ihrem sachlichen Umfang zu begrenzen sind und mögliche Wettbewerbshandlungen nur untersagen, soweit dadurch der betroffene Gesellschafter bei einer Interessenabwägung nicht übermäßig belastet wird (s. z.B. Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. § 13 Rn. 240; Schiessl/Böhm, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 4. Aufl., § 34 Rn. 15 ff.; Merkt, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, 1. Aufl., § 13 Rn. 245 ff.).

(bb) Die hier in Rede stehenden Bestimmungen würden indes, statuierten sie zu Lasten des Beklagten ein so weitgehendes Verbot, wie die Klägerinnen geltend machen, die danach maßgebenden rechtlichen Grenzen überschreiten.

Das ergibt sich im Kern aus den gleichen Erwägungen, die bereits dazu führten, den hier vorliegenden Anteilserwerb als nicht von dem den Beklagten als Gesellschafter-Geschäftsführer treffenden gesetzlichen Wettbewerbsverbot erfasst anzusehen: Ein Verbot des in Rede stehenden rein kapitalistischen Erwerbs einer Minderheitsbeteiligung unter den hier vorliegenden Umständen wäre vom rechtlich unbedenklichen Sinn und Zweck des den Beklagten treffenden Wettbewerbsverbots nicht umfasst, weil es nämlich nicht durch den legitimen Zweck gerechtfertigt wäre, zu verhindern, dass die Gesellschaft durch einen Gesellschafter von innen her ausgehöhlt und ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage beraubt wird (vgl. etwa BGH, NZG 2010, 270 - Tz. 16 f.; OLG München, GmbHR 2011, 137 - Tz. 25 f.).

Dementsprechend sind die hier in Rede stehenden Bestimmungen jedenfalls einschränkend dahin auszulegen, dass sie den Beteiligungserwerb des Beklagten unter den hier gegebenen Umständen nicht verboten (vgl. BGH, NZG 2010, 270 - Tz. 10, 15). Ob die Bestimmungen deshalb sogar gänzlich nichtig sind, kann angesichts dessen offenbleiben.

(4) Im Übrigen fehlt es, soweit Ansprüche auf Auskunft, Schadensersatz, Vorteilsherausgabe sowie ein Eintrittsrecht analog § 113 HGB geltend gemacht werden, am ausreichenden Vortrag der Klägerinnen zu ihnen aus dem in Rede stehenden mittelbaren Anteilserwerb entstandenen Einbußen oder von dem Beklagten auf ihre Kosten gezogenen Vorteilen. Bereits die Zuerkennung von Auskunftsansprüchen als Vorstufe eines Schadensersatzanspruchs setzt nach der Rechtsprechung neben einem begründeten Verdacht einer Wettbewerbsverletzung - an dem es wie oben ausgeführt fehlt - die Wahrscheinlichkeit eines daraus resultierenden Schadens voraus (vgl. etwa BGH, NJW 2014, 155 - Tz. 20 m. w. N.; BGH, Beschl. v. 11.02.2008 - II ZR 277/06 - Tz. 7; Krüger, in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl., § 260 Rn. 16). Entsprechendes muss hinsichtlich der Erlangung etwa herauszugebender Vorteile gelten. Hierzu fehlt es aber an ausreichend konkretem Vorbringen der Klägerinnen. Insbesondere etwaige - vom Beklagten bestrittene - Umsatzeinbrüche bei der Klägerin Ziff. 1 behaupten die Klägerinnen pauschal und ohne konkreten Tatsachenvortrag (GA 210 f.), insbesondere ohne nachvollziehbare Anbindung an den hier in Frage stehenden Beteiligungserwerb. Zu angeblichen aus der Beteiligung vom Beklagten in der relevanten Zeit gezogenen Gewinnen fehlt es überhaupt an jedem konkreten Vorbringen. Eine etwaige Differenz zwischen dem Wert des Anteils und dem vom Beklagten hierfür gezahlten Betrag - laut dem Klägervortrag ist der Erwerb sogar ohne werthaltige Gegenleistung erfolgt - wäre kein auf Kosten der Klägerinnen erlangter Vorteil, den der Beklagte an sie herauszugeben hätte.

bb) Zu Recht hat das Landgericht (S. 16 des Urteils) das auch in der Berufungsinstanz nicht weiter konkretisierte Vorbringen der Klägerinnen zu etwaigen sonstigen Verstößen des Beklagten gegen ihn gegenüber den Klägerinnen treffende Verpflichtungen im Zusammenhang mit einer etwaigen neuen unternehmerischen Betätigung als unzureichend angesehen. Unbehelflich sind insbesondere die auf konkreten Tatsachenvortrag nicht rückführbaren Mutmaßungen der Klägerinnen, der Beklagte habe - ob es so gewesen ist, mag dahinstehen - die Minderheitsbeteiligung ohne oder ohne werthaltige Gegenleistung erworben und vor diesem Hintergrund sei anzunehmen, er habe sozusagen im Gegenzug Wettbewerbsverstöße zum Nachteil der Klägerinnen begangen, die Geschäftstätigkeit des Wettbewerbsunternehmens noch im Jahre 2006 nicht unerheblich gefördert und Großkunden abgeworben. Ein solcher Rückschluss ist schon deshalb ohne ausreichende Basis, weil ohne Weiteres möglich und sogar naheliegend ist, dass der Beklagte die Beteiligung deshalb erworben hat, um nach dem Ausscheiden bei der Klägerin Ziff. 1 im Geschäftsbereich der Y. weiterhin unternehmerisch tätig sein zu können, woran er durch das auf seine Zeit als Gesellschafter-Geschäftsführer beschränkte Wettbewerbsverbot nicht gehindert war. Aus den als Anlage K 20 vorgelegten Unterlagen, die die Klägerinnen in ihrem Vorbringen im Übrigen lediglich pauschal und ohne Behauptung konkreter anspruchsbegründender Tatsachen in Bezug nehmen, ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte, die Raum für eine andere Beurteilung eröffnen. Auch aus etwaigen - im Übrigen bestrittenen - Umsatzeinbrüchen bei der Klägerin Ziff. 1 in den Folgejahren ließe sich ohne Anbindung an weiteren konkreten Tatsachenvortrag nicht rückschließen, dass dies auf ein rechtswidriges Verhalten des Beklagten zurückzuführen ist. Schließlich reicht der pauschale - vom Beklagten bestrittene - Vortrag, der Beklagte sei unter Mitnahme nahezu aller Kunden und Mitarbeiter bei den Klägerinnen ausgeschieden, für die Darlegung eines treuwidrigen oder gegen Wettbewerbsrecht verstoßenden Verhaltens nicht aus.

cc) Erst recht lag in dem beanstandeten Beteiligungserwerb kein Verstoß gegen Vorschriften des UWG. Die von Klägerseite ohne näheren Vortrag zitierten Vorschriften erfordern u. a. eine geschäftliche Handlung, in der eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten eines Wettbewerbers liegt, die noch dazu unlauter sein muss. Keines der Merkmale erfüllt der hier in Rede stehende Anteilserwerb als solcher. Weitergehende wettbewerbsrechtlich unlautere Handlungen sind nicht dargetan.

2. Widerklage (= Berufungsantrag Ziff. 8 und Anschlussberufung)

a) Widerklageanträge Ziff. I bis VI - behaupteter Wettbewerbsverstoß

Die Anschlussberufung des Beklagten hat mit ihren Anträgen Ziff. I bis VI, mit denen der Beklagte unverändert die erstinstanzlichen Widerklageanträge Ziff. I bis VI weiterverfolgt und die Verurteilung der Klägerinnen wegen eines angeblichen Wettbewerbsverstoßes begehrt, keinen Erfolg.

aa) Sämtliche vom Beklagten insoweit gegen die Klägerinnen geltend gemachten Ansprüche stehen dem Beklagten bereits deshalb nicht zu, weil es an dessen Aktivlegitimation fehlt.

(1) Die Rechtspositionen, auf die die Widerklage und die entsprechende Anschlussberufung insoweit gestützt sind, können sich allenfalls aus § 16 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 ergeben. Bei den Einbußen, die der Beklagte insoweit vorträgt und auf die er seine Rechtsverfolgung stützt, handelt es sich um typische mittelbare Vermögensfolgen aufgrund Einbußen, die die Gesellschaft, an der der Beklagte beteiligt war, also die Klägerin Ziff. 1, durch das Verhalten eines anderen Gesellschafters erlitten haben soll und die sich aufgrund der Stellung des Beklagten als deren - früheren - Minderheitsgesellschafter mittelbar nachteilig auch auf sein Vermögen ausgewirkt haben sollen. Angeblich sich daraus ergebende Ansprüche macht der Beklagte mit diesem Teil der Widerklage bzw. der Anschlussberufung als eigene Rechte geltend.

(2) Die geltend gemachten Ansprüche aus dem im Gesellschaftsvertrag der Klägerin Ziff. 1 verankerten Wettbewerbsverbot stehen jedoch nicht dem Beklagten, sondern allenfalls der Klägerin Ziff. 1 zu, um deren Gesellschaftsvertrag es sich handelt und die aus einem ihre Gesellschafter bzw. Geschäftsführer ggf. treffenden Wettbewerbsverbot berechtigt ist.

Eine ggf. mögliche Geltendmachung dieser etwaigen Rechte der Klägerin Ziff. 1 im Wege der actio pro socio ist nicht gegeben, macht der Beklagte hier doch nicht Ansprüche der Klägerin Ziff. 1, sondern allein angeblich eigene Ansprüche geltend.

Zwar ist grundsätzlich denkbar, dass einem Minderheitsgesellschafter einer GmbH eigene Ansprüche aus der Verletzung eines gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbots durch einen Mitgesellschafter zustehen. Das setzt aber voraus, dass er durch die Verletzungshandlung einen über den durch die Minderung des Gesellschaftsvermögens im Wert seines Geschäftsanteils eingetretenen Reflexschaden hinausgehenden eigenen Schaden erlitten hat (s. dazu etwa Raiser, in: Großkommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 14 Rn. 112, 101; Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl., § 13 Rn. 288). Das wird aber vom Beklagten, der eben einen solchen Reflexschaden geltend macht, nicht behauptet.

bb) Die in Frage stehende Rechtsverfolgung hat gegenüber der Klägerin Ziff. 1 darüber hinaus schon deswegen von vornherein keinen Erfolg, weil die Klägerin Ziff. 1 allenfalls aus dem Wettbewerbsverbot, das die Rechtsverfolgung insoweit tragen soll, berechtigt sein kann, nicht aber verpflichtet. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass und ggf. wie die Klägerin Ziff. 1 an den angeblichen Wettbewerbsverstößen beteiligt gewesen sein soll.

cc) Abgesehen davon geht die auf § 16 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 gestützte Rechtsverfolgung des Beklagten ins Leere, weil diese Regelung ihrem klaren Wortlaut nach lediglich Gesellschafter der Klägerin Ziff. 1 mit einem Wettbewerbsverbot belegt. Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten (GA 41 f.) soll der Wettbewerbsverstoß in Form des Anteilserwerbs im Jahr 2001 jedoch durch die Gesellschafter der Klägerin Ziff. 2 bzw. durch eine Gesellschaft begangen worden sein, an der die Gesellschafter der Klägerin Ziff. 2 beteiligt gewesen sein sollen. Dass diese Personen das in § 16 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 verankerte Wettbewerbsverbot verpflichtet habe, ist nicht ersichtlich. Daran ändert nichts, dass es sich bei diesen Personen seinerzeit um die alleinigen Gesellschafter der Klägerin Ziff. 2 gehandelt haben mag und diese wiederum seinerzeit zu 100% an ihrer Rechtsvorgängerin X. beteiligt gewesen sein mag. Es fehlt jeder Vortrag für eine Beteiligung eben dieser Rechtsvorgängerin an den angeblichen Wettbewerbsverstößen.

dd) Schließlich würde das in § 16 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 verankerte Wettbewerbsverbot den von dem Beklagten behaupteten Erwerb einer Minderheitsbeteiligung nach dem Vorbringen des Beklagten auch seinem Umfang nach nicht erfassen. Insofern gelten die obigen Darlegungen entsprechend, die zur Abweisung der gegen den Beklagten erhobenen Klage führen.

ee) Auf die zwischen den Parteien streitige Frage des Bestehens eines Wettbewerbsverhältnisses, das der Beklagte allerdings darlegen und beweisen müsste (vgl. etwa Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl., § 13 Rn. 242 ff.), kommt es nach alledem ebensowenig an wie darauf, ob der Rechtsverfolgung des Beklagten der von Amts wegen zu beachtende (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 242 Rn. 96) Einwand der Verwirkung entgegensteht.

b) Widerklageantrag Ziff. VII und VIII - Abfindungsanspruch

Weder die Berufung der Klägerin Ziff. 1 gegen ihre Verurteilung zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 1.102.500 EUR noch die Anschlussberufung des Beklagten gegen die Widerklageabweisung in Höhe eines weiteren Betrags von 132.300,00 EUR haben Erfolg - das Landgericht hat die Höhe des Abfindungsanspruchs im Ergebnis zutreffend bestimmt. Hingegen hat die Berufung der Klägerin Ziff. 1 insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Zuerkennung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten richtet. Außerdem war der Zinsausspruch zu korrigieren.

aa) Einwand der Klägerin Ziff. 1, Abfindungsbetrag sei unzutreffend ermittelt

Die Klägerin Ziff. 1 dringt hinsichtlich ihrer Verurteilung zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 1.102.500,00 EUR mit ihrer Beanstandung nicht durch, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft das Gutachten des Sachverständigen Dr. P. seiner Entscheidung zugrunde gelegt und dabei verkannt, dass eine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne von § 319 Abs. 1 BGB vorliege.

(1) Die Ausübung des dem Beklagten in § 12 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 eingeräumten Kündigungsrechts führte nach der zweifelsfreien gesellschaftsvertraglichen Regelung nicht zur Auflösung der Gesellschaft, sondern hatte die Abtretung des Gesellschaftsanteils des Beklagten nach § 12 Ziff. 2 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags mit Vertrag vom 09.02.2007 (Anlage K 3 und B 11) zur Folge; der Sache nach regelt § 12 des Gesellschaftsvertrags ein Austrittsrecht der Gesellschafter (vgl. etwa Fastrich bzw. Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 34 Anh Rn. 27, § 60 Rn. 90; Goette, DStR 1997, 1336). Folge der Abtretung des Gesellschaftsanteils ist nach den gesetzlichen Bestimmungen ein Anspruch des Beklagten auf Abfindung nach dem vollen wirtschaftlichen Wert seiner Beteiligung; maßgebend ist der Verkehrswert (s. nur etwa Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 34 Rn. 22). Eine bestimmte Methode zu dessen Ermittlung ist nicht vorgeschrieben, Ertragswertverfahren herrschen aber vor (s. nur etwa Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 34 Rn. 23).

(2) Diese gesetzliche Lage ist allerdings im Grundsatz dispositiv (s. nur etwa Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 34 Rn. 25), so dass hier im Ausgangspunkt die Gestaltung in § 12 Ziff. 3 Satz 1 i. V. m. § 13 Ziff. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 maßgebend ist. In Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften richtet sich nach der insoweit eindeutigen Regelung in § 12 Ziff. 3 Satz 1 i. V. m. § 13 Ziff. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1, die die Parteien in § 3 des Vertrags vom 09.02.2007 (Anlage K 3 bzw. B 10) - insbesondere mit der Klarstellung des 31.12.2006 als maßgebendem Stichtag - nochmals bekräftigten, die dem Beklagten anlässlich seines Ausscheidens von der Klägerin Ziff. 1 zu leistende Abfindung hier nach dem im „Stuttgarter Verfahren“ ermittelten Wert seines Anteils.

(3) Diesen Anteilswert hat in diesem Verfahren der Gutachter Dr. P. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 23.12.2009 (Anlage B 11; im Folgenden: Gutachten P.) festgestellt. Bei diesem Gutachten handelt es sich - wie die Berufung nicht mehr in Abrede stellt, zieht doch auch sie § 319 Abs. 1 BGB als maßgebliches Überprüfungskriterium heran (BB 11, GA 598; vgl. auch BE 13, GA 600) - um ein Schiedsgutachten im engeren Sinne, auf das §§ 317 ff. BGB entsprechende Anwendung finden (vgl. BGH, NJW 2013, 1296 - Tz. 13; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 317 Rn. 6, § 319 Rn. 4).

(a) Solche Schiedsgutachten im engeren Sinne dienen vor allem dazu, den von den Parteien zwar objektiv bestimmten, aber nur mit einer gewissen Sachkunde feststellbaren Vertragsinhalt zu ermitteln. Es handelt sich um privatrechtlich vereinbarte Sachverständigengutachten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, die der Klärung oder Feststellung von Tatsachen dienen. Dabei erkennen die Parteien die durch das Gutachten zu treffende Bestimmung bis an die Grenze der offenbaren Unrichtigkeit als verbindlich an (BGH, NJW 2013, 1296 - Tz. 13).

(b) So liegt es hier.

Zwar enthält der Gesellschaftsvertrag der Klägerin Ziff. 1 in § 13 Ziff. 1 Satz 3 eine Schiedsklausel, die sich zumindest ausdrücklich lediglich auf die Feststellung der maßgebenden Bilanzansätze bezieht, nicht hingegen auf die Feststellung des Anteilswerts. Dem entspricht auch die Regelung in § 3 Ziff. 1 des Kauf- und Übertragungsvertrags vom 09.02.2007 (Anlage K 3 bzw. B 10).

Hierauf kommt es aber nicht an, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat.

(aa) Die Klägerin Ziff. 1 und der Beklagte haben - wie sich aus den im Rechtsstreit vorgelegten Unterlagen (GA 281 ff., 296 ff.) zweifelsfrei ergibt - den Gutachter Dr. P. einvernehmlich mit der schiedsgutachtlichen Ermittlung des nunmehr im Streit stehenden Abfindungsguthabens beauftragt. Hierin liegt - unabhängig vom genauen Inhalt der gesellschaftsvertraglichen Regelung insofern - die rechtsgeschäftliche Vereinbarung, dass der Gutachter Dr. P. den von den Parteien zwar objektiv bestimmten, aber nur mit einer gewissen Sachkunde - nämlich durch Anwendung der Regeln des Stuttgarter Verfahrens - feststellbaren Vertragsinhalt zu ermitteln hatte. Es handelte sich bei dem Gutachten P. somit jedenfalls auf der Basis dieser Vereinbarung um ein privatrechtlich vereinbartes Sachverständigengutachten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, das der Klärung oder Feststellung von Tatsachen diente, also um ein Schiedsgutachten im engeren Sinne. Dies lag schon deshalb nahe, weil § 13 Ziff. 1 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 zumindest für die eng mit der Feststellung des Anteilswerts zusammenhängende Frage der Feststellung der maßgebenden Bilanzansätze eine Schiedsklausel enthält. Die Beauftragung des Gutachters Dr. P. in der erfolgten Form war nach den konkreten Umständen nur sinnvoll, kam diesem gerade die Funktion eines Schiedsgutachters hinsichtlich der Feststellung des Anteilswerts im Stuttgarter Verfahren zu.

(bb) Eine Änderung des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 ist in der getroffenen Vereinbarung entgegen der zumindest erstinstanzlich von den Klägerinnen vertretenen Auffassung nicht zu sehen, so dass es nicht auf die dafür einschlägigen Formvorschriften ankommt und auch nicht darauf, ob die Klägerin Ziff. 1 Partei dieses Gesellschaftsvertrags ist oder war (GA 290 f.). Die Parteien trafen keine Regelung, die in Zukunft für das Ausscheiden von Gesellschaftern durch Kündigung gelten sollte, sondern regelten die Feststellung der Abfindungshöhe in Bezug auf das Ausscheiden des Beklagten, was in der geschehenen Form möglich war. Dass die Begutachtung zunächst unter dem Vorbehalt gerichtlicher Klärung hinsichtlich der bilanziellen Ansätze für das Jahr 2006 stand, ändert nichts an der Eigenschaft des Gutachtens P. als Schiedsgutachten im engeren Sinne im Übrigen.

(4) Das Gutachten P. ist nicht offenbar unrichtig und damit für die Parteien grundsätzlich verbindlich (§ 319 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend).

(a) Ein Schiedsgutachten ist offenbar unrichtig, wenn sich dem sachkundigen und unbefangenen Beobachter, wenn auch möglicherweise erst nach gründlicher Prüfung, offensichtliche Fehler aufdrängen, die das Gesamtergebnis verfälschen (vgl. BGH, NJW 2013, 1296 - Tz. 16; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 317 Rn. 6, § 319 Rn. 4). Ein Gutachten ist nicht nur unrichtig, sondern auch offenbar unrichtig, wenn es den Grundsatz von Treu und Glauben in grober Weise verletzt und sich seine Unrichtigkeit dem Blick eines sachkundigen und unbefangenen Beurteilers sofort aufdrängen muss (vgl. BGH, NJW 2013, 1296 - Tz. 16 m. w. N.). Entscheidend ist grundsätzlich, ob das Gutachten im Ergebnis von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht (vgl. BGHZ 9, 195 - Tz. 9). Die Überprüfung hat sich aber darauf zu beschränken, ob das in dem Schiedsgutachten gewonnene Ergebnis offenbar unrichtig ist, darf dagegen nicht zu dessen voller Überprüfung auf sachliche Richtigkeit führen (vgl. etwa BGH, Urt. v. 25.01.1979 - X ZR 40/77 - Tz. 20 m. w. N.). Bei offenbarer Unrichtigkeit erfolgt die Bestimmung entsprechend § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB durch Urteil, wobei die Frage der Unbilligkeit im Rahmen des Verfahrens auf Leistung inzident zu entscheiden ist und sich der Schuldner gegen eine auf Leistung entsprechend der Bestimmung in dem Schiedsgutachten gerichteten Klage auf die offensichtliche Unrichtigkeit berufen kann (vgl. Würdinger, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 315 Rn. 47, § 317 Rn. 23). Die Darlegungs- und Beweislast für die offenbare Unrichtigkeit trägt die Partei, die sich darauf beruft (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 319 Rn. 7).

(b) Die Einwände der Berufung gegen das Gutachten P. greifen nicht durch; jedenfalls eine offenbare Unrichtigkeit liegt - worauf es, wie erwähnt, allein ankommt (s. etwa BGH, Urt. v. 25.01.1979 - X ZR 40/77 - Tz. 20) - nicht vor; dem Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens (BB 17 f., GA 604 f.) zur Wertbestimmung nach dem „Stuttgarter Verfahren“ war und ist daher nicht nachzugehen (§ 412 Abs. 1 ZPO). Dabei hat der Senat auch die im Schriftsatz vom 14.06.2013 (GA 450 ff.) - und im Übrigen auch den gesamten weiteren Vortrag der Klägerinnen, insbesondere denjenigen in den Schriftsätzen vom 17.07.2013 (GA Bl. 462 ff.) sowie vom 27.12.2013 (GA 517 f.) - erhobenen Einwände sowie das weitere Vorbringen umfassend berücksichtigt; auf die Frage, ob dem Landgericht im Zusammenhang mit der Behandlung dieses Prozessstoffs Verfahrensfehler unterlaufen sind, kommt es schon deshalb von vornherein nicht an. Es kann auch dahinstehen, ob die Art und Weise, wie das Landgericht die einschlägigen Gutachten in seiner Entscheidung verarbeitet hat, verfahrensfehlerfrei war.

(aa) Das Gutachten P. legt zutreffend - worüber die Parteien auch im Grundsatz nicht streiten - bei der Bewertung des Anteils des Beklagten an der Klägerin Ziff. 1, der für die Berechnung der aufgrund seines Ausscheidens von der Klägerin Ziff. 1 zu leistenden Abfindung maßgebend ist, das sog. „Stuttgarter Verfahren“ zugrunde. Dies ergibt sich aus der insoweit eindeutigen Regelung in § 12 Ziff. 3 Satz 1 i. V. m. § 13 Ziff. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1, die die Parteien in § 3 des Vertrags vom 09.02.2007 (Anlage K 3 bzw. B 10) - insbesondere mit der Klarstellung des 31.12.2006 als maßgebendem Stichtag - nochmals bekräftigt haben.

Bei dem „Stuttgarter Verfahren“ handelt es sich - wovon die Gutachter zu Recht ausgingen und wie insbesondere in dem Gutachten des Sachverständigen Dr. S. vom 15.11.2012 (GA 375 ff., dort S. 4 f.; im Folgenden: Gutachten S.) im Einzelnen dargelegt worden ist - um ein hoch formalisiertes, stark vereinfachendes, von der Finanzverwaltung entwickeltes und ausschließlich für die Zwecke der Besteuerung (s. etwa BFH, Urt. v. 01.02.2007 - II R 19/05 - Tz. 12) angewandtes Bewertungsverfahren (vgl. Göllert/Ringling, DB 1999, 516). Es diente primär fiskalischen Zwecken und sollte durch die in ihm enthaltenen Typisierungen insbesondere die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherstellen (hierzu auch BFH, Urt. v. 01.02.2007 - II R 19/05 - Tz. 12), nicht hingegen - jedenfalls nicht primär - eine möglichst adäquate Wertermittlung im Einzelfall. Dementsprechend wird dieses Verfahren weithin als zur Ermittlung des tatsächlichen Werts eines Gesellschaftsanteils ungeeignet angesehen (so etwa Lutter/Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 34 Rn. 79 und insbesondere Göllert/Ringling, DB 1999, 516 ff.; vgl. auch OLG Naumburg, Urt. v. 02.10.2006 - 2 U 14/06 - Tz. 18; positiver unter gewissen Umständen - wenn ein Unternehmen zu bewerten ist, dessen Erträge weniger mit der Vermögenssubstanz als durch den persönlichen Einsatz seiner Geschäftsführer erwirtschaftet werden - BGH, Urt. v. 14.07.1986 - II ZR 249/85 - Tz. 11 sowie OLG München, GmbHR 1988, 216, 217), allerdings verbreitet deshalb, weil es weithin zu Werten unterhalb des Verkehrswerts gelange (vgl. BVerfG, NJW 2007, 573, 583 m. w. N.; OLG Naumburg, Urt. v. 02.10.2006 - 2 U 14/06 - Tz. 19; Seibt, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 14 Rn. 13). Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung handelt es sich dabei sogar um ein Verfahren, das auf realitätsfernen Ausgangsparametern beruhe, den Verkehrswert nur in Ausnahmefällen abbilde, ihn regelmäßig aber systembedingt verfehle (s. BVerfG, NJW 2007, 573, 583 f.; Seibt, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 14 Rn. 13; ebenso insbesondere Göllert/Ringling, DB 1999, 516 ff.), was dazu geführt hat, dass dieses Verfahren mittlerweile durch die Vorschriften über das vereinfachte Ertragswertverfahren (§§ 199 ff. BewG) überholt ist (s. nur etwa Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 34 Rn. 51; Moog/Schweizer, GmbHR 2009, 1198 ff.).

All dies ändert jedoch - worüber die Parteien an sich auch nicht streiten - jedenfalls im Ausgangspunkt nichts an der Maßgeblichkeit des „Stuttgarter Verfahrens“ für die hier erhebliche Bewertung des Anteils des Beklagten an der Klägerin Ziff. 1. Die hier einschlägigen gesellschaftsvertraglichen Regelungen sind eindeutig und enthalten entsprechende Vorgaben. Diese sind - vorbehaltlich sich aus dem objektiven Recht ggf. ergebender, hier noch nicht in die Betrachtung einzubeziehender Wirksamkeitsschranken (s. unten) - von der Vertragsfreiheit gedeckt und dementsprechend verbindlich (vgl. nur etwa OLG Naumburg, Urt. v. 02.10.2006 - 2 U 14/06 - Tz. 18 m. w. N.; Moog/Schweizer, GmbHR 2009, 1198, 1199; s. ferner etwa auch OLG München, GmbHR 1988, 216, 217; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 34 Rn. 36 a). Auf die Eignung des Stuttgarter Verfahrens zur Ermittlung des „tatsächlichen“ Anteilswerts im Allgemeinen wie im konkreten Fall kommt es hier im Ausgangspunkt nicht an.

(bb) Maßgebend für die Bewertung sind im Streitfall demnach - worüber zwischen den Parteien ebenfalls an sich kein Streit besteht - R 96 ff. ErbStR 2003 (vgl. nur etwa OLG Naumburg, Urt. v. 02.10.2006 - 2 U 14/06 - Tz. 19). Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass der Gesellschaftsvertrag der Klägerin Ziff. 1 aus dem Jahr 2000 stammt. Das ergibt sich bereits aus einer verständigen Auslegung dieses Gesellschaftsvertrags (vgl. auch hierzu OLG Naumburg, Urt. v. 02.10.2006 - 2 U 14/06 - Tz. 19) und daraus, dass im Zweifel eine dynamische Verweisung auf die zum maßgebenden Bewertungsstichtag jeweils aktuellen Vorschriften vorliegt (s. etwa Seibt, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 14 Rn. 13; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 34 Rn. 36 a; ebenso wohl Leitzen, RNotZ 2009, 315, 321; offen Heller, GmbHR 1999, 594, 595; a. A. Casper/Altgen, DStR 2008, 2319, 2323). Im Übrigen kommt es auf etwaige Divergenzen zur früheren Fassung für die Beurteilung des Streitfalls nicht an, wie bereits im Gutachten P. (S. 3) - von den Parteien unbeanstandet - festgestellt worden ist.

(cc) Schon aus dieser - demnach grundsätzlich maßgebenden - gesellschaftsvertraglichen Ausgestaltung, die regelt, dass die Vorgaben des Stuttgarter Verfahrens anzuwenden sind, ergibt sich, dass das Begehren der Berufung, „sämtliche bis zur endgültigen Ermittlung des Abfindungsguthabens auftretende Erkenntnisse wertaufhellend zu berücksichtigen“ (BB 12 Ziff. 2) ebenso ohne Basis ist wie ihr Verlangen, die Ertragsaussichten der Klägerin Ziff. 1 ab dem Jahr 2007 grundsätzlich, also ohne Rücksicht auf die detaillierten Vorgaben der maßgebenden Richtlinien (R 96 ff. ErbStR 2003), in die Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren einfließen zu lassen (BB 16 Ziff. 15 bis 17). Dementsprechend greifen ihre diesbezüglichen Einwände gegen das Vorgehen der beiden Gutachter nicht durch und lassen von vornherein nicht den Schluss auf eine offenbare Unrichtigkeit des Gutachtens P. zu. Die Berufung verkennt mit diesen Einwänden grundsätzlich, dass eine Berücksichtigung von Verhältnissen, die auf den tatsächlichen Wert der Anteile des Beklagten zum 31.12.2006 rückschließen lassen mögen, im Stuttgarter Verfahren grundsätzlich - vorbehaltlich einer Korrektur in Extremfällen (dazu unten) - nur insoweit möglich ist, wie dies die differenzierten, stark formalisierten Vorgaben dieses Verfahrens zulassen. Dementsprechend sind jegliche Einwände ohne Basis, die ohne direkte Ankoppelung an diese konkreten Vorgaben Verhältnisse in die hier anzustellende Bewertung einfließen lassen wollen, die - angeblich oder tatsächlich - für die Ermittlung des Verkehrswerts des Anteils zum Stichtag maßgeblich waren. Insbesondere kommt eine derart pauschale Berücksichtigung von Ertragsaussichten der Klägerin Ziff. 1 für das Jahr 2007 und später nicht in Betracht. Sie überginge das „recht grobe Schätzungsverfahren“, das das hier maßgebende Bewertungsverfahren insbesondere im Hinblick auf die Würdigung der Ertragsaussichten vorsieht, und das die Rechtsprechung des BFH - in einer Entscheidung zur Maßgeblichkeit der letzten vollen drei Jahre ohne Berücksichtigung des laufenden für den Ertragshundertsatz nach R 99 Abs. 1 Satz 3 ErbStR - als grundsätzlich „sachgerecht“ anerkannt hat, weil es die „Anforderungen der Praktikabilität“ wahre, und zwar ausdrücklich unter Inkaufnahme der Gefahr, „die Ertragsverhältnisse zum Stichtag zu verfehlen“ (s. zu allem BFH, Urt. v. 01.02.2007 - II R 19/05 - Tz. 13, 15, 16). Dass das hier im Ausgangspunkt anzuwendende Bewertungsverfahren nach allem diverse Verhältnisse außer Betracht lassen mag, die für die Ermittlung des Verkehrswerts des Anteils im Streitfall von Bedeutung sein mögen, kann die Berufung als solches nach allem grundsätzlich nicht mit Erfolg geltend machen. Dementsprechend liegt darin, dass die Gutachter entsprechend verfahren sind, kein Mangel der Gutachten.

(dd) Ohne Basis ist ferner die in der Berufungsbegründung mit der Verwendung des Begriffs „Spezialbilanzen“ (BB 12 Ziff. 2 sowie BB 15 f. Ziff. 13 und 14) zumindest anklingende Vorstellung, im Streitfall gelte etwas anderes, weil die Anwendung des Stuttgarter Verfahrens hier dazu dient, die dem Beklagten anlässlich seines Ausscheidens aus der Klägerin Ziff. 1 geschuldete Abfindung zu bestimmen. Wie dargelegt, bestimmt die einschlägige gesellschaftsvertragliche Regelung die Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren gerade für diesen Bewertungsanlass. Diese Bestimmung ist zumindest im Ausgangspunkt verbindlich. Dies schließt es aus, aus dem konkreten Bewertungsanlass auf eine grundsätzliche Maßgeblichkeit diverser „wertaufhellender“ Erkenntnisse zu schließen. Die gesellschaftsvertragliche Regelung mag eine im Streitfall sachgerechte Ausgestaltung verfehlen (vgl. etwa Heller, GmbHR 1999, 594, 596 f.). Das ist aber ohne Bedeutung für die hier allein entscheidende Frage ihrer Maßgeblichkeit im Ausgangspunkt.

(ee) Soweit sich die Berufung mit Einwänden, die konkret in den maßgebenden Vorgaben (R 96 ff. ErbStR 2003) abgestützt sind, gegen die Begutachtungen wendet, hat sie damit ebenfalls keinen Erfolg. Auch aus diesen Einwänden ergibt sich keine offenbare Unrichtigkeit des Gutachtens P..

(i) Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, die von ihr behaupteten Aufwandspositionen „Funktionsersatz“ in Höhe von 533.474,00 EUR sowie von Rechtsberatungskosten etc. in Höhe von 211.215,00 EUR seien in den Bewertungen zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Schon gar nicht ist das Gutachten P. folglich im Hinblick darauf offenbar unrichtig.

Soweit die Berufung eine Korrektur des Ertragshundertsatzes nach R 98 ErbStRL verlangt (BB 13 Ziff. 4, wohl auch Ziff. 5), liegt dies neben der Sache; die Vorschrift betrifft die Ermittlung des Vermögenswerts.

Eine Berücksichtigung der Positionen bei dieser Ermittlung des Vermögenswerts nach R 98 ErbStRL kommt nicht in Betracht. Maßgebend sind insofern die Steuerbilanzwerte, hier diejenigen der Jahre 2004 bis 2006, die der Bewertung zugrunde liegen. In die Steuerbilanzen haben die Positionen aber - wie die Berufung selbst nicht in Abrede stellt (BB 13) - keinen Eingang gefunden. Folglich ist ihre Berücksichtigung schon deshalb ausgeschlossen, wie der gerichtliche Sachverständige zutreffend ausgeführt hat (Gutachten S., S. 11; s. auch S. 2 f. der ergänzenden Stellungnahme vom 13.03.2013, GA 430 b, c; im Folgenden: Stellungnahme S.). R 98 Abs. 3 ErbstRL ändert daran nichts, auch wenn es sich bei Satz 2 dieser Vorgabe um eine Aufzählung von Beispielen handeln mag. Die Vorgabe betrifft - wie die Berufung an sich nicht verkennt (BB 15 oben) - im Vermögen der Kapitalgesellschaft bis zum Stichtag - hier also bis zum 31.12.2006 - eingetretene Veränderungen. Hierzu zählen Aufwandspositionen, die im Jahr 2007 entstanden sein mögen, nicht; nichts anderes ergibt sich entgegen der Beanstandung der Berufung (BB 14 unten) aus der Stellungnahme S., S. 3 (GA 430 c). Dass die Ursache für diesen Aufwand in dem Ausscheiden des Beklagten liegen mag, ändert entgegen der Auffassung der Berufung nichts; ihre diesbezügliche Auffassung, es handle sich im Hinblick darauf um im Stuttgarter Verfahren zu berücksichtigende „wertaufhellende Ereignisse“, ist aus den oben dargelegten Gründen unzutreffend.

Sollte die Berufung der Auffassung sein, es habe eine unmittelbare Berücksichtigung der Aufwandspositionen bei der Bildung des Ertragshundertsatzes erfolgen müsse, träfe auch das nicht zu. Eine Grundlage in R 99 ErbStRL hierfür ist nicht ersichtlich, insbesondere ist kein Raum für eine Korrektur nach R 99 Abs. 1 Satz 5 ErbStR (s. das Gutachten S., S. 12). Abgesehen davon dürfte einer Berücksichtigung auch schon das Stichtagsprinzip entgegenstehen, wie im Gutachten S., S. 12, 14 zutreffend ausgeführt ist. Eine Einstufung des in Frage stehenden Aufwands als im Bewertungszeitpunkt hinreichend konkretisiert (zu den diesbezüglichen Voraussetzungen s. BFH, Urt. v. 26.06.1996 - II R 64/93 - Tz. 11 f.) ist auf der Basis des Sachvortrags der Klägerinnen (GA 100 mit den als Anlage K 13 vorgelegten Schreiben der Klägerinnen) nicht möglich.

Abgesehen davon, dass eine Berücksichtigung der beiden Positionen in der Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren ohnehin nicht in Betracht kommt, scheiterte eine Berücksichtigung im Übrigen auch schon daran, dass der in tatsächlicher Hinsicht gehaltene Sachvortrag der Klägerinnen hierzu unsubstantiiert und damit nach zivilprozessualen Maßstäben nicht berücksichtigungsfähig ist. Die Klägerinnen begnügen sich mit einem bloßen Verweis (GA 100) auf die in Anlage K 13 vorgelegten Schreiben. Aufgrund dieser Schreiben sind die behaupteten Positionen aber nicht nachvollziehbar; es sind nicht einmal die in dem Schreiben vom 09.10.2009 unter Ziff. 2 genannten Anlagen im Rechtsstreit vorgelegt worden, so dass der Senat nicht beurteilen kann, ob sich hieraus die erforderlichen Konkretisierungen ergeben hätten. Abgesehen davon käme es ohnehin nur auf den Sachverhalt an, der dem Gutachter Dr. P. unterbreitet worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 25.01.1979 - X ZR 40/77 - Tz. 22; v. 23.11.1984 - V ZR 120/83 - Tz. 11; Urt. v. 14.07.1986 - II ZR 249/85 - Tz. 7). Dass dessen Gehalt anders zu beurteilen ist als der von den Klägerinnen gehaltene Prozessvortrag, ist nicht ersichtlich.

(ii) Eine Minderung des Ertragshundertsatzes nach R 99 ErbStRL Abs. 2 kommt entgegen der Ansicht der Berufung (BB 13 Ziff. 6) nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen dieser Vorgabe in zweifacher Hinsicht nicht erfüllt sind. Erst recht liegt somit auch insofern nicht eine offenbare Unrichtigkeit des Gutachtens P. vor.

Die Vorgabe erfordert eine Abhängigkeit von der persönlichen Tätigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers, die nicht durch ein entsprechendes Entgelt abgegolten ist (s. zu dieser Voraussetzung BFH, Urt. v. 05.04.1995 - II R 113/91 - Tz. 16; dagegen spricht auch nicht BFH, Urt. v. 06.04.1962 - III 261/59 U - Tz. 8; darauf verweist Ziff. 5 des Schreibens vom 16.12.2008, Anlage K 13). Dafür, dass hier Letzteres der Fall war, ist nichts ersichtlich und zeigen die Klägerinnen nichts auf. Die von Klägerseite in Bezug genommene (GA 100) Darlegung in Ziff. 5 des Schreibens vom 16.12.2008 (Anlage K 13) ist pauschal, ebenso die in Ziff. 1 des Schreibens vom 21.07.2009 (Anlage K 13); diesem Vorbringen einen Rückschluss darauf zu entnehmen, die Leistungen des Beklagten bei der Klägerin Ziff. 1 seien nicht durch ein entsprechendes Entgelt abgegolten, wäre ohne Basis. Im Übrigen zeigt die Voraussetzung, dass eine Abhängigkeit von der persönlichen Tätigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers vorliegen muss, die nicht durch ein entsprechendes Entgelt abgegolten ist, dass die Vorgabe - anders als die Berufung offenbar annimmt - nicht verlangt, einen Abschlag vom Entgelthundertsatz bei Kapitalgesellschaften mit personalistischen Strukturen vorzunehmen. Sie bezweckt lediglich im Hinblick darauf eine Korrektur, dass unter den definierten Voraussetzungen die Gesellschaft ihre Erträge sozusagen auf Kosten des Gesellschafter-Geschäftsführers realisiert. Dass dies bei der Klägerin Ziff. 1 der Fall war, ist - wie gesagt - nicht ersichtlich und von den Klägerinnen nicht aufgezeigt.

Abgesehen davon ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerinnen auch nicht eine Abhängigkeit der Klägerin Ziff. 1 von der persönlichen Tätigkeit des Beklagten als Gesellschafter-Geschäftsführer, wie sie die Vorgabe verlangt (zu den Voraussetzungen s. BFH, Urt. v. 05.04.1995 - II R 113/91 - Tz. 14 f.). Der einschlägige Vortrag (s. die in Anlage K 13 vorgelegten Schreiben) ist unzureichend, zumal die Klägerinnen selbst vortragen, bei der Klägerin Ziff. 1 seien bis ins Jahr 2007 hinein eine Vielzahl weiterer geschulter Mitarbeiter beschäftigt gewesen (s. etwa Ziff. 2 des Schreibens vom 09.10.2009, Anlage K 13). Die einschlägigen Darlegungen im Gutachten S., S. 15 f. sind folglich nicht zu beanstanden.

(iii) Keinen Erfolg hat die Berufung (GA 99 f. sowie BB 17 Ziff. 18) schließlich mit ihrem auf die Rechtsprechung des BFH zum Stuttgarter Verfahren gestützten Vorbringen, die in Frage stehende Bewertung sei zu korrigieren, weil sie zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führe. Auch bei Berücksichtigung dieses Einwands erweist sich das Gutachten P. folglich nicht als offenbar unrichtig.

Allerdings hat der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung zwar das Stuttgarter Verfahren für Besteuerungszwecke als ein geeignetes Schätzungsverfahren anerkannt, das dem Gesetz entspreche und ein wertvolles Hilfsmittel sei, die Einheitlichkeit der Bewertung zu gewährleisten; mit Rücksicht auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung könne von diesem Verfahren nur - aber immerhin dann - abgewichen werden, wenn es in Ausnahmefällen aufgrund der Besonderheiten dieser Fälle zu nicht tragbaren, d.h. zu offensichtlich unrichtigen Ergebnissen führe (s. hierzu nur etwa BFH, Urt. v. 06.02.1991 - II 87/88 - Tz. 11, 13).

Eine Korrektur kommt hier aber nicht in Betracht.

Die Klägerinnen haben hierzu durch Verweis auf die als Anlage K 13 vorgelegten Schreiben vom 16.12.2008, vom 21.07.2009 sowie vom 09.10.2009 im Kern vorgetragen, das Ausscheiden des Beklagten sowie des weiteren Gesellschafters W. zum 31.12.2006 habe in der Folgezeit erheblichen Mehraufwand für die Klägerin Ziff. 1 zur Folge gehabt, zum einen aufgrund ihr entstandener Kosten für diverse Beratung, insbesondere Rechtsberatung, sowie dadurch, dass sie eine Vielzahl neuer Mitarbeiter habe in den Betrieb integrieren müssen, nachdem ein gewichtiger Teil der Belegschaft dem Beklagten und dem weiteren Gesellschafter gefolgt seien und das Unternehmen verlassen hätten. Zudem sei durch das Ausscheiden insbesondere des Beklagten und dadurch, dass dieser im Jahr 2007 ein Konkurrenzunternehmen aufgebaut habe, eine neue, verschärfte Wettbewerbssituation entstanden, u. a. habe die Klägerin Ziff. 1 Abschläge von 10 % bei Verkaufspreisen auch an Bestandskunden hinnehmen müssen. In der Berufungsbegründung (BB 12 Ziff. 2) ist nun pauschal von „Umsatz- und Ertragseinbußen“ von „bis nahezu 50 %“ die Rede (s. zum Ganzen Ziff. 5 des Schreibens vom 16.12.2008; Ziff. 1 und 2 des Schreibens vom 21.07.2009; Ziff. 2 und 3 des Schreibens vom 09.10.2009). Bei all dem handle es sich um Umstände, die bei der Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren berücksichtigt werden müssten, um nicht zu offensichtlich unrichtigen Ergebnissen zu gelangen; es handle sich insoweit nicht um die Verwirklichung typischer unternehmerischer Risiken, sondern um Nachteile, die der Beklagten durch das grob pflichtwidrige Verhalten des Beklagten entstanden und die deshalb bei der Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren nicht ohne weiteres bereits „eingepreist“ seien (BB 12 f.).

Der Senat hält indes den einschlägigen - überwiegend bestrittenen - Sachvortrag schon für nicht ausreichend substantiiert, um ihn in der Art und Weise zu verwerten, wie die Berufung dies begehrt. Das Vorbringen ist bereits zu den in den Jahren ab 2007 genau entstandenen Umsatz- und Ertragseinbußen nicht hinreichend konkret, es sind die im als Anlage K 13 vorgelegten Schreiben vom 09.10.2009 genannten Anlagen allesamt nicht vorgelegt. Entsprechendes gilt für das Vorbringen zu den ausgeschiedenen Mitarbeitern und die in dem als Anlage K 13 vorgelegten Schreiben vom 21.07.2009 genannte Anlage. Der Vortrag der Klägerinnen ermöglicht unabhängig davon und vor allem nicht Rückschlüsse darauf, dass etwa entstandene erhebliche Einbußen, die der Beklagte - worauf die Berufungserwiderung zu Recht hinweist (BE 16 oben) - entgegen der Darstellung in der Berufungserwiderung (BB 14 oben) auch schon erstinstanzlich bestritten hat (GA 253), auf das Ausscheiden des Beklagten und/oder der weiteren Mitarbeiter der Klägerin Ziff. 1 zurückzuführen waren. Im Dunkeln bleibt insbesondere, worauf bereits das Gutachten S., S. 16 unten, zutreffend hingewiesen hat, insbesondere der Zusammenhang zwischen den behaupteten Abschlägen von 10 % bei Verkaufspreisen und dem Ausscheiden des Beklagten und/oder weiterer Mitarbeiter sowie einer dadurch entstandenen neuen Wettbewerbssituation. Abgesehen davon käme es ohnehin nur auf den Sachverhalt an, der dem Gutachter Dr. P. unterbreitet worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 25.01.1979 - X ZR 40/77 - Tz. 22; Urt. v. 23.11.1984 - V ZR 120/83 - Tz. 11; Urt. v. 14.07.1986 - II ZR 249/85 - Tz. 7). Dass dessen Gehalt anders zu beurteilen ist als der von den Klägerinnen gehaltene Prozessvortrag, ist nicht ersichtlich.

Letztlich kommt es hierauf aber nicht entscheidend an. Die in Rede stehenden Umstände wären ohnehin nicht in der Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren zu berücksichtigen. Die Gutachten sind auch insoweit fehlerfrei. Im Gutachten S., S. 11 f. und 17, ist zutreffend dargestellt, dass das Ausscheiden des Beklagten sowie ggf. weiterer Mitarbeiter bei der Klägerin Ziff. 1 zum 31.12.2006 und die Entstehung einer neuen Wettbewerbssituation im Jahr 2007 insbesondere durch die Tätigkeit des Beklagten ein typisches unternehmerisches Risiko darstellt, das grundsätzlich von den einschlägigen Vorgaben der R 96 ff. ErbStRL ohne Weiteres abgedeckt ist und somit nicht eigens angesetzt werden kann. Der Senat teilt diese Auffassung. Dadurch, dass die genannten Umstände nicht in der Art und Weise berücksichtigt worden sind, wie die Berufung dies verlangt, wurde die Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren demnach nicht untragbar, d. h. offensichtlich unrichtig.

bb) Einwand der Klägerin, Abfindungsregelung sei unanwendbar und anzupassen

Die gesellschaftsvertragliche Abfindungsregelung, die an eine Anteilsbewertung nach dem Stuttgarter Verfahren anknüpft, ist auch nicht deshalb unanwendbar und der Abfindungsbetrag (nach unten) anzupassen, weil der sich nach dem Stuttgarter Verfahren ergebende Anteilswert im konkreten Fall im Vergleich zum tatsächlichen Verkehrswert des Anteils unangemessen überhöht wäre.

Es ist auch für das GmbH-Recht anerkannt, dass Abfindungsbeschränkungen nur in gewissen Grenzen rechtlich zulässig sind (s. dazu nur etwa Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 34 Rn. 26 ff.; Westermann, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 34 Rn. 29 ff.; Ulmer, in: Großkommentar zum GmbHG, 1. Aufl., § 34 Rn. 89 ff.). Im vorliegenden Fall sind diese Schranken jedoch nicht tangiert.

(1) Eine Nichtigkeit der gesellschaftsvertraglichen Regelung nach § 138 BGB oder aber entsprechend § 241 Nr. 4 AktG kommt im Streitfall von vornherein nicht in Betracht. Dies setzte jedenfalls ein anfängliches Missverhältnis voraus, also eines, das bereits bei Inkraftsetzung der gesellschaftsvertraglichen Abfindungsregelung bestand, hier also bei Zustandekommen der einschlägigen gesellschaftsvertraglichen Regelung (s. etwa BGH, Urt. v. 27.09.2011 - II ZR 279/09 - Tz. 12; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 34 Rn. 28; Westermann, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 34 Rn. 31, 35; Ulmer, in: Großkommentar zum GmbHG, 1. Aufl., § 34 Rn. 91). Im Streitfall, in dem die Klägerinnen geltend machen, der Betrag der Abfindung nach dem Gesellschaftsvertrag sei gegenüber dem wahren Anteilswert weit überhöht, kann zumindest hinsichtlich des maßgebenden Zeitpunkts nichts anderes gelten (vgl. Sörgel/Engelmann, DStR 2003, 1260, 1263). Ein derartiges anfängliches Missverhältnis machen die Klägerinnen aber nicht geltend.

(2) Auch eine Korrektur des Abfindungswertes wegen eines nachträglich entstandenen Missverhältnisses zwischen Klauselwert und Verkehrswert zum maßgebenden Ausscheidenszeitpunkt scheidet im vorliegenden Fall aus.

Auf der Grundlage der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme kann nämlich ein solches Missverhältnis nicht festgestellt werden.

(a) Im Grundsatz ist zum Schutz ausscheidender Gesellschafter vor zu geringen Abfindungen die Möglichkeit der richterlichen Korrektur vertraglicher Abfindungsregelungen wegen eines nachträglich entstandenen Missverhältnisses zwischen Klauselwert und Verkehrswert zum Ausscheidenszeitpunkt anerkannt (s. zu diesen Grundsätzen überblicksartig Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 34 Rn. 28; Westermann, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 34 Rn. 35; Ulmer, in: Großkommentar zum GmbHG, 1. Aufl., § 34 Rn. 98 f., 109, 111; Lutter/Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 34 Rn. 87 ff.). Grundsätzlich erscheint auch denkbar und sachgerecht, diese Möglichkeit der Korrektur gewissermaßen „umgekehrt“ auch auf den hier geltend gemachten Fall einer überhöhten Abfindung anzuwenden, wobei diese Frage in Rechtsprechung und Literatur bislang eher spärlich behandelt wurde (offengelassen z. B. von OLG Brandenburg, Urt. v. 11.11.1998 - 7 U 103/98 - Tz. 42; dafür z. B. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 50 IV 2 c ff (S. 1490); Sigle, ZGR 1999, 659, 680; in der Tendenz ebenso Engel, NJW 1986, 347, 347).

Ein Teil der einschlägigen Rechtsprechung bei „zu geringen“ Abfindungen ist zwar zum Personengesellschaftsrecht ergangen; die einschlägigen Maßstäbe gelten aber grundsätzlich ebenso im Recht der GmbH (s. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 34 Rn. 54; Ulmer, in: Großkommentar zum GmbHG, 1. Aufl., § 34 Rn. 90; Hülsmann, GmbHR 2001, 409, 414; vgl. etwa auch Sigle, ZGR 1999, 659).

(b) U. a. beim kündigungsbedingten Ausscheiden eines Gesellschafters kann eine gesellschaftsvertragliche Abfindungsklausel, die eine unter (oder - nach dem oben Gesagten - über) dem realen Anteilswert liegende Abfindung vorsieht, unanwendbar sein, wenn dem Ausscheidenden (bzw. der Gesellschaft) mit Rücksicht auf die seit dem Vertragsschluss eingetretene Änderung der Verhältnisse das Festhalten an dieser Regelung unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Mitgesellschafter nicht zugemutet werden kann. Den einschlägigen Entscheidungen liegen Fallgestaltungen zugrunde, in denen sich der vertragliche Abfindungsanspruch und der reale Abfindungswert im Verlauf der Jahre zu dem Zeitpunkt der Kündigung bzw. des Ausscheidens in außergewöhnlich hohem Maße auseinanderentwickelt haben, ohne dass eine solche Entwicklung bei dem Abschluss des Vertrages absehbar war (vgl. m. w. N. etwa BGHZ 126, 226, 242 sowie BGH, Urt. v. 27.09.2011 - II ZR 279/09 - Tz. 13; s. ferner z. B. BGH, WM 1993, 1412 - Tz. 14; vgl. auch OLG München, NZG 2004, 1055 - Tz. 68; Strohn, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, 1. Aufl., § 34 Rn. 241).

Liegt eine solche Unzumutbarkeit vor, kann die Abfindungsregelung nach der Rechtsprechung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die neuen Verhältnisse angepasst werden (s. nur etwa BGH, Urt. v. 27.09.2011 - II ZR 279/09 - Tz. 13 m. w. N.; Strohn, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, 1. Aufl., § 34 Rn. 241).

(c) Grundlegende Voraussetzung für eine mögliche Anpassung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ist das Vorliegen eines gravierendes Missverhältnisses zwischen vertraglichem Abfindungsbetrag und tatsächlichem Anteilswert, wobei letzterer regelmäßig nach Ertragswertgesichtspunkten zu ermitteln ist (vgl. BGH, NJW 1985, 192 - Tz. 10).

Die Rechtsprechung geht zwar davon aus, dass bei der Prüfung, ob eine gesellschaftsvertragliche Regelung nach den genannten Grundsätzen unanwendbar ist, nicht allein das Ausmaß des zwischen vertraglichem Abfindungsbetrag und tatsächlichem Anteilswert im Laufe der Zeit entstandenen Missverhältnisses maßgebend ist; es müssen vielmehr die gesamten Umstände des konkreten Falles in die Betrachtung einbezogen werden (s. etwa BGH, WM 1993, 1412 - Tz. 14; BGHZ 123, 281, 286; BGH, Urt. v. 27.09.2011 - II ZR 279/09 - Tz. 15 m. w. N.; ebenso etwa Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 34 Rn. 56; Strohn, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, 1. Aufl., § 34 Rn. 242).

Es gibt nach der Rechtsprechung auch keine quotenmäßigen Grenzen, bei deren Überschreitung der vertragliche Abfindungsanspruch im Hinblick auf den wirklichen Wert des Anteils als nicht mehr hinnehmbar gering (oder überhöht) einzustufen wäre (s. etwa BGH, WM 1993, 1412 - Tz. 14; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 34 Rn. 54; Hülsmann, GmbHR 2001, 409, 412), und die Rechtsprechung hat auch nicht eine Mindest- oder Maximalhöhe des Abfindungsanspruchs im Verhältnis zum wirklichen Wert anerkannt, bei deren Unter- bzw. Überschreitung ein erhebliches Missverhältnis indiziert ist (vgl. Strohn, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, 1. Aufl., § 34 Rn. 242; Staub/Schäfer, HGB, 5. Aufl., § 131 Rn. 176).

Entspricht jedoch der tatsächliche Anteilswert dem vertraglichen Abfindungsbetrag oder lässt sich jedenfalls nicht feststellen, dass er wesentlich vom vertraglichen Abfindungsbetrag in die von demjenigen, der eine Anpassung verlangt, geltend gemachte Richtung abweicht, so kommt eine Vertragsanpassung von vornherein nicht in Betracht.

(d) So liegt der Fall hier.

Der Senat hat auf der Grundlage der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme in Form der Einholung eines schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. T. (Gutachten vom 24.05.2016, GA 761) sowie dessen ergänzender Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2017 (Protokoll GA 838 ff.) nicht die Überzeugung gewinnen können, dass, wie von den Klägerinnen behauptet, der tatsächliche Anteilswert wesentlich unter dem nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Anteilswert liegt. Im Gegenteil geht der Senat in Übereinstimmung mit dem Gutachter davon aus, dass der tatsächliche Anteilswert, den der Gutachter je nach Grad der Berücksichtigung von Risikofaktoren mit zwischen rund 1,0 und rund 1,8 Millionen Euro beziffert hat, den auf der Grundlage des Stuttgarter Verfahrens ermittelten Abfindungsbetrag zumindest größenordnungsmäßig erreicht, wahrscheinlich sogar noch übersteigt. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. T. ist nach Auffassung des Senates methodisch und inhaltlich überzeugend; die dagegen vorgebrachten Einwände der Klägerinnen verfangen nicht.

(i) Der Gutachter geht bei der Unternehmensbewertung methodisch zutreffend in erster Linie vom sogenannten Ertragswertverfahren aus (vgl. S. 3 des Gutachtens). Dabei wird der Wert des Unternehmens aus dem Zahlungsstrom abgeleitet, den ein Eigenkapitalinvestor im Zeitpunkt des Bewertungsstichtags erwarten konnte; die zukünftig zu erwartenden liquiden Überschüsse werden mit den Eigenkapitalkosten abgezinst und hieraus ein Barwert abgeleitet. Hiergegen werden von Klägerseite auch keine grundsätzlichen Einwände vorgebracht.

(ii) Bei der Frage, welche zukünftigen Erträge am Bewertungsstichtag realistischer Weise zu erwarten waren, hat der Gutachter maßgebend auf eine ihm von Klägerseite vorgelegte Budgetplanung für das Jahr 2007 abgestellt (vgl. S. 9 ff. des Gutachtens). Diese, wie der Gutachter unwidersprochen angenommen hat, in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2006 erstellte Prognose hat der Gutachter bei seiner Ertragswertberechnung für die Folgejahre fortgeschrieben, wobei er - von den Klägerinnen insoweit unbeanstandet - angenommen hat, dass Umsätze und Ergebnisse jährlich mit einer konstanten Rate von 1% wachsen.

Soweit die Klägerinnen die Aussagekraft der Prognose für das Jahr 2007 in Abrede stellen und geltend machen, tatsächlich seien die Ertragserwartungen realistischer Weise zum damaligen Zeitpunkt wesentlich schlechter gewesen, dringen sie damit nicht durch.

Es ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich, dass und weshalb die damals erstellte Budgetplanung nicht, wie man normalerweise bei einer zeitnah vor dem Ausscheidenszeitpunkt erstellten Budgetplanung annehmen muss, ein realistisches Abbild des aus damaliger Sicht zu erwartenden Geschäftsverlaufs darstellt. Wie der Gutachter zu Recht festgestellt hat, lagen die für Umsatz und Ertrag budgetierten Zahlen bereits deutlich unter den in den Vorjahren relativ konstant erzielten Ergebnissen. So war für den Umsatz („Total Sales“) gegenüber dem Jahr 2005 ein Minus von rund 22%, gegenüber dem vorläufigen Jahresabschluss für 2006 - der endgültige Jahresabschluss für 2006 wurde dem Gutachter nicht vorgelegt - ein Minus von rund 17% eingeplant; was den Ertrag („Net profit“) angeht, wurde gegenüber 2005 mit einem Minus von rund 56%, gegenüber den vorläufigen Zahlen für 2006 mit einem Minus von 38% geplant.

Da im mutmaßlichen Zeitpunkt der Erstellung des Budgets durch die Klägerin Ziff. 1 das Ausscheiden des Beklagten bereits bekannt war - sein Kündigungsschreiben erfolgte im Mai 2006, bereits Anfang Juni 2006 wurde mit Herrn T. ein weiterer Geschäftsführer bestellt, der die Geschäfte der Klägerin Ziff. 1 übernahm - muss davon ausgegangen werden, dass dieser Umstand in der Budgetplanung Berücksichtigung gefunden hat, zumal eine andere Erklärung für die gegenüber den Vorjahren sehr deutlich reduzierten Umsatz- und Ertragserwartungen von Klägerseite nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich ist.

Es ist auch nicht dargetan, dass die vom Gutachter zugrundegelegte Planung zu einem späteren Zeitpunkt hätte nach unten korrigiert werden müssen oder dass der tatsächliche Geschäftsverlauf negativ von der Planung abgewichen wäre. Zwar ist richtig, dass dem späteren tatsächlichen Geschäftsverlauf für eine stichtagsbezogene Ertragswertberechnung keine unmittelbare Bedeutung zukommt, weil der tatsächliche Geschäftsverlauf vom Auftreten unerwarteter Faktoren beeinflusst sein kann und nicht notwendiger Weise die realistischen Ertragserwartungen zum Bewertungsstichtag widerspiegelt. Trotzdem kommt dem späteren Geschäftsverlauf, der nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten in den Folgejahren letztlich sogar positiver war als in der vom Gutachter zugrundegelegten Planung prognostiziert, eine gewisse indizielle Bedeutung für die Validität und Aussagekraft der zeitnah zum Bewertungsstichtag (von der Klägerin Ziff. 1 selbst) erstellten Prognose zu.

(iii) Die Klägerinnen dringen auch nicht mit ihrem Argument durch, der Gutachter hätte überhaupt oder zumindest weitergehend als er das in seinem Gutachten getan hat wertmindernd die besonderen Umstände des Einzelfalls berücksichtigen müssen. Zu diesen Umständen zählen die Klägerinnen namentlich, dass der Beklagte als „alleiniger geschäftsführender Gesellschafter“ und „einzig prägende Unternehmerpersönlichkeit“ mit „alleinigem Zugang“ zu den beiden Hauptkunden das Unternehmen zum Stichtag mitsamt einer Reihe von Mitarbeitern verlassen habe und im unmittelbaren Anschluss Geschäftsführer der deutschen Landesgesellschaft eines Wettbewerbers geworden sei, ohne dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot bestanden habe. Des Weiteren habe die Klägerin über zwei Großkunden mit einem Umsatzanteil von 50% bzw. 30% verfügt, wobei der Fortbestand der Kundenbeziehungen aufgrund des Ausscheidens des Beklagten in hohem Maße in Frage gestanden habe.

Der Gutachter hat bei seiner Ertragswertberechnung über den generellen Risikozuschlag für eine unternehmerische Beteiligung hinaus, der zu einer Absenkung des Anteilswertes führt, noch weitere Abschläge erwogen und in seinen alternativen Berechnungen zugrundegelegt, die typischerweise bei der Bewertung kleiner, nicht börsennotierter Unternehmen vorgenommen werden (S. 18 ff. des Gutachtens). Er hat dabei methodisch insbesondere ein sogenanntes „Abschmelzmodell“ gewählt, bei dem die erwarteten Erträge sukzessive abgesenkt werden, weil man annimmt, dass die aktuell erzielten Gewinne zumindest teilweise aus „Übergewinnen“ bestehen, die auf den besonderen Fähigkeiten des abgebenden Unternehmers beruhen und von denen man erwartet, dass sie in der Zukunft nur teilweise realisiert werden können (S. 18 f. des Gutachtens). Je nach Grad der Abschmelzung gelangt der Gutachter zu einem Anteilswert des klägerischen Anteils von zwischen 812.000,00 EUR und 1.316.000,00 EUR, wobei er zugleich klarstellt, dass ein Anteilswert von unter einer Million Euro nur bei Annahme einer „extremen Abschmelzung“ erreicht werde und nicht sachgerecht sei (S. 19 f. des Gutachtens).

Der Senat folgt dem und hält die hiergegen vorgebrachten Einwände nicht für stichhaltig. Soweit die Klägerinnen darauf abstellen, dass es sich bei dem Beklagten um die „einzig prägende Unternehmerpersönlichkeit“ gehandelt habe, mit „alleinigem Zugang“ zu den Kunden, mit der Folge, dass das Unternehmen mit seinem Ausscheiden sogar praktisch wertlos gewesen sei, weil der Wert lediglich in den Kundenbeziehungen gelegen habe und diese ganz wesentlich mit der Person des Beklagten verknüpft gewesen seien, berücksichtigt dies, wie auch der Gutachter bei seiner mündlichen Anhörung herausgestellt hat, nicht hinreichend den Umstand, dass es sich bei der Klägerin Ziff. 1 mitnichten um ein typisches, von einer einzelnen Unternehmerpersönlichkeit aufgebautes Kleinunternehmen handelt, sondern um ein als Teil des X-Konzerns agierendes Vertriebsunternehmen, das insbesondere über den Zugang zu den vom X-Konzern in Marktführerschaft hergestellten Verpackungsmaschinen verfügt. Es ist davon auszugehen, dass die Kundenbeziehungen in einem solchen Fall eben nicht nur allein von der Person des Beklagten abhängen (und von ihm zwangsläufig zur Konkurrenz „mitgenommen“ werden), sondern in erster Linie von der Qualität des vertriebenen Produkts. Hinzu kommt, dass der X Konzern bereits Mitte 2006 auf das anstehende Ausscheiden des Beklagten reagiert und mit Herrn T. einen weiteren Geschäftsführer bestellt hatte, der die Geschäfte - in der Folge auch offensichtlich mit Erfolg - fortgeführt hat.

Das „Klumpenrisiko“, das sich daraus ergibt, dass mehrere Großkunden mit einem hohen Umsatzanteil vorhanden waren, hat der Gutachter berücksichtigt, indem er wie beschrieben wertmindernde Risikozuschläge gemacht hat bzw. von einer Abschmelzung der Erträge ausgegangen ist, die für ein allein agierendes Kleinunternehmen typisch sind, obwohl es sich bei der Klägerin wie beschrieben eigentlich nicht um ein solches „typisches“ Kleinunternehmen, sondern um ein in den X-Konzern eingebettetes Vertriebsunternehmen handelt.

Für weitergehende Abschläge besteht auch deshalb kein Anlass, weil wie oben beschrieben davon auszugehen ist, dass die für die künftige Ertragserwartung zugrundegelegte Budgetplanung die im Zeitpunkt ihrer Erstellung bereits bekannten „Besonderheiten des Einzelfalls“ schon in ausreichendem Maße berücksichtigt hat. Wie oben näher ausgeführt, geht diese Budgetplanung schon von gegenüber den Vorjahren erheblich reduzierten Erwartungen hinsichtlich Umsatz und Ertrag aus. Mit anderen Worten: Das Risiko einer Ertragsminderung ist bereits durch das Zugrundelegen der gegenüber den Vorjahren substantiell reduzierten Planung mindestens zu einem substantiellen Teil abgebildet; diese reduzierten Ertragserwartungen noch weiter zu reduzieren und zusätzlich mit einem Risikozuschlag bei der Kapitalisierung zu kumulieren, wäre, wie der Gutachter insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.01.2017 (dort S. 6 unten) in überzeugender Weise dargelegt hat, nicht sachgerecht.

Soweit die Klägerseite methodische Einwände gegen das vom Gutachter angewandte „Abschmelzmodell“ vorbringt, greifen diese ebenfalls nicht durch. Ob nach diesem Modell überhaupt übertragbare Ertragskraft besteht, hängt davon ab, von welchen Ertragserwartungen man ausgeht; auf der Grundlage der vom Gutachter angenommenen Ertragserwartungen ergeben sich - wie auch die Klägerinnen nicht in Abrede stellen - die von ihm errechneten Werte. Die Annahme einer Verlustsituation würde methodisch zu Kapitalwerten führen, die unter dem investierten Kapital liegen (s. die Stellungnahme des Gutachters vom 03.01.2017, S. 6), ist aber vor dem Hintergrund der vom Gutachter wie oben erörtert zu Recht zugrundegelegten Budgetplanung eben kein im Bewertungszeitpunkt zu erwartendes Szenario gewesen.

(iii) Soweit die Klägerinnen beanstanden, der Gutachter hätte berücksichtigen müssen, dass die Budgetplanung für 2007 Zinsaufwendungen in Höhe von 47.000 EUR enthalte, was auf einen unterjährigen Finanzierungsaufwand hindeute, weist der Gutachter darauf hin, dass diese Zinsen in den Vorjahren entweder gar nicht angefallen sind oder lediglich Zinsen und Nebenleistungen für Steuern betrafen. Insofern habe er die budgetierten Zinsaufwendungen nicht - z. B. in Form eines weiteren Risikozuschlags im Hinblick auf bestehende Finanzverbindlichkeiten - berücksichtigt. Dies erscheint sachgerecht. Im Übrigen würde sich selbst bei einer entsprechenden Berücksichtung eines möglichen Fremdmittelbedarfs durch eine Erhöhung des Betafaktors allein dadurch der vom Gutachter errechnete Anteilswert keinesfalls so signifikant verringern, dass von einem gravierenden Missverhältnis zum errechneten Abfindungsbetrag ausgegangen werden müsste.

cc) Weitere Einwände der Klägerin Ziff. 1 gegen den Abfindungsanspruch

Die weiteren Einwände der Berufung gegen die Abfindungsansprüche sind unbehelflich.

(1) Kein Zurückbehaltungsrecht der Klägerin Ziff. 1

Das von der Klägerin Ziff. 1 gegen die Abfindungsansprüche des Beklagten geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht besteht - wie das Landgericht (LGU 21) im Ergebnis zutreffend sieht - nicht. Das ergibt sich schon aus § 12 Ziff. 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1; AGB-rechtliche Beschränkungen (vgl. etwa Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 273 Rn. 16) dürften insoweit schon gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht entgegenstehen. Jedenfalls aber besteht ein Zurückbehaltungsrecht deswegen nicht, weil den Klägerinnen die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche, auf die das Zurückbehaltungsrecht gestützt ist, nicht zustehen (s. oben).

(2) Hilfsaufrechnung der Klägerin Ziff. 1

Die Hilfsaufrechnung der Klägerin Ziff. 1 mit einem Anspruch auf Erlösauskehr in Höhe von 493.000,00 EUR gegen die von dem Beklagten geltend gemachten Abfindungsansprüche ist ebenfalls erfolglos, weil der Klägerin Ziff. 1 die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche, auf deren materieller Grundlage auch die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Forderung beruht, nicht zustehen.

dd) Zinsen auf den Abfindungsanspruch

Der Zinsausspruch in Ziff. II des landgerichtlichen Tenors, der hinter dem erstinstanzlichen Widerklageantrag zu Ziff. VII zurückbleibt, ist mit der Anschlussberufung des Beklagten nicht angegriffen (vgl. BE 3, GA 627), so dass allenfalls eine Abänderung zugunsten der Klägerin Ziff. 1 in Betracht kommt.

(1) Der Zinsausspruch zu Ziff. II des Tenors steht in Widerspruch zu den Entscheidungsgründen (LGU 21). Offensichtlich hat das Landgericht versehentlich den Tag nach dem Zugang des Schreibens vom 30.04.2010 (Anlage B 12) am 03.05.2010 als Einsatzzeitpunkt in den Tenor übernommen, obwohl sich aus § 13 Ziff. 3 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 sowie aus § 3 Ziff. 2 des als Anlage K 3 bzw. B 10 vorgelegten Vertrags vom 09.02.2007 ergibt, dass die erste Rate erst drei Monate nach Feststellung des Entgelts, die beiden weiteren Raten sechs Monate danach fällig werden. Diese Zeitpunkte sind auf Seite 21 des landgerichtlichen Urteils richtig berechnet. Dementsprechend liegt jedenfalls eine offenbare Unrichtigkeit des landgerichtlichen Urteils vor, die der Senat von Amts wegen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 319 Rn. 21 f.) - zum Vorteil der Klägerin Ziff. 1 - berichtigen kann. Darüber hinaus geht die Berufungsbegründung zwar nicht ausdrücklich auf den Zinsausspruch im Urteil des Landgerichts ein. Der Zinsausspruch ist von ihr aber vollständig angegriffen allein schon durch den Berufungsantrag auf vollständige Abweisung der Widerklage und damit insbesondere desjenigen auf Zahlung von Abfindung, hinsichtlich dessen eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung vorliegt (vgl. BGH, NJW 1994, 1656, 1657; BGH, NJW 1997, 314; Rimmelspacher, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., § 520 Rn. 58; Musielak/Ball, ZPO, 11. Aufl., § 520 Rn. 39; a. A. jedoch offenbar BGH, Urt. v. 12.04.1995 - XII ZR 104/94 - Tz. 12; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 520 Rn. 38).

(2) Darüber hinaus kommt eine Abänderung nicht in Betracht.

(a) Die Darlegungen zum Zinsbeginn nach den einschlägigen vertraglichen Regelungen sind jedenfalls nicht zum Nachteil der Klägerin Ziff. 1 fehlerhaft. Ein späterer Zinsbeginn kommt nicht in Betracht.

(b) Wie sich aus den Entscheidungsgründen (LGU 21) ergibt, hat das Landgericht die Zinshöhe nicht mit 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, sondern mit 2 % über dem Basiszinssatz tenoriert. Das ist für die Klägerin Ziff. 1 vorteilhaft. Auf die Höchstgrenze gemäß § 13 Ziff. 3 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin Ziff. 1 sowie gemäß § 3 Ziff. 3 des als Anlage K 3 bzw. B 10 vorgelegten Vertrags vom 09.02.2007 hat sich die Klägerin Ziff. 1 weder erstinstanzlich noch in der Berufungsbegründung berufen, weswegen der Ausspruch auch insoweit bestehen bleibt.

ee) Keine vorgerichtlichen Anwaltskosten

Das landgerichtliche Urteil spricht dem Beklagten in Ziff. II des Tenors entsprechend dem erstinstanzlichen Widerklageantrag Ziff. VIII Ersatz außergerichtlicher Kosten für die Verfolgung der Abfindungsansprüche zu. Das ist auf die Berufung der Klägerin Ziff. 1 abzuändern und die Widerklage insoweit abzuweisen.

(1) Eine Abänderung zugunsten der Klägerin Ziff. 1 kann insoweit erfolgen, auch wenn sich die Berufungsbegründung nicht dazu verhält. Der Ausspruch ist von ihr sinngemäß vollständig angegriffen allein schon durch den Berufungsantrag auf vollständige Abweisung der Widerklage. Ein Begründungsmangel liegt insoweit nicht vor, denn bei Entfallen der Hauptforderung, die die Berufungsbegründung ja ordnungsgemäß begründet, entfällt auch der Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Kosten (s. auch bereits oben zur Problematik des Zinsausspruches).

(2) In der Sache hat der Ausspruch keinen Bestand, die Widerklage ist insoweit unbegründet.

Der Anspruch ist auf Verzug gestützt (GA 341), der nach dem Vorbringen des Beklagten durch die Anmahnung der ersten Abfindungsrate mit Schreiben vom 23.04.2010 (Anlage B 16), durch die Anmahnung der zweiten Abfindungsrate mit Schreiben vom 22.10.2010 (nach GA 318) sowie der dritten Abfindungsrate mit Schreiben vom 01.02.2011 eingetreten sein soll. Alle diese Zeitpunkte liegen jedoch jeweils vor der Fälligkeit der Raten, wie sie im landgerichtlichen Urteil (LGU 21) zutreffend berechnet und dargelegt ist. Eine Mahnung vor Fälligkeit ist jedoch wirkungslos (s. Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 286 Rn. 16). Verzug ist folglich allenfalls nach § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten eingetreten. Ein vorgerichtliches Tätigwerden hinsichtlich der jeweiligen Raten ist für diesen Zeitraum aber weder dargelegt noch ersichtlich.

ff) Anschlussberufung des Beklagten hinsichtlich des aberkannten Teils der Widerklage

Mit der Anschlussberufung begehrt der Beklagte ferner die Verurteilung der Klägerin Ziff. 1 zu einer weiteren Abfindungszahlung in Höhe von 132.300,00 EUR. Die Anschlussberufung stützt dieses Begehren auf den erstinstanzlich auf S. 12 bis 15 des Schriftsatzes vom 02.09.2010 (GA 47 bis 50) gehaltenen Sachvortrag, den sie in der Anschlussberufungsbegründung - ohne etwas zu ergänzen - ausdrücklich in Bezug nimmt und in dem die Richtigkeit einzelner bilanzieller Ansätze im Jahresabschluss der Klägerin Ziff. 1 zum 31.12.2006 in Zweifel gezogen wird. Die Anschlussberufung ist insoweit aus den folgenden Gründen erfolglos, ohne dass es darauf ankommt, ob die gegen die Ansätze im Jahresabschluss zum 31.12.2006 erhobenen Einwände in der Sache berechtigt sind oder nicht.

(1) Die Klägerinnen haben unwidersprochen vorgetragen (GA 97 f.), dass sämtliche erwähnten Einwände gegen die Ansätze im Jahresabschluss zum 31.12.2006, die die Widerklage und nun die Anschlussberufung tragen sollen, Gegenstand eines Rechtsstreits gewesen sind, den der frühere Gesellschafter W. vor dem Landgericht Stuttgart unter dem Aktenzeichen 38 O 161/07 KfH geführt hat. Im Hinblick auf diesen seinerzeit anhängigen Rechtsstreit ist das Gutachten P., das unter dem 23.12.2009 erstellt ist, mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen (s. S. 3); diesem vorausgegangen waren die auf S. 3 unter Ziff. 3 des Schreibens des Gutachters Dr. P. vom 12.03.2009 (GA 284) wiedergegebenen Erörterungen der Parteien, wie mit den Unsicherheiten umzugehen sei, die der Umstand zur Folge habe, dass über die bilanziellen Ansätze zum 31.12.2006 eine Anfechtungsklage anhängig sei. Die diesem Rechtsstreit zugrundeliegende Klage ist unstreitig im Februar/März 2010 zurückgenommen worden. Daraufhin teilte der Gutachter den Parteien mit Schreiben vom 30.04.2010 (Anlage B 12) mit, der Grund für den Vorläufigkeitsvermerk sei entfallen, weshalb er die Parteien bitte, das Gutachten als endgültig anzusehen.

(2) Bei dieser Sachlage sind die nun erhobenen und zum Gegenstand des hier in Rede stehenden Teils der Widerklage bzw. der Anschlussberufung gemachten Einwände des Beklagten von vornherein - ohne dass es auf ihre sachliche Berechtigung ankommt - aus materiell-rechtlichen Gründen ausgeschlossen, weil die Parteien im Zusammenhang mit der Beauftragung des Gutachters Dr. P. rechtsgeschäftlich und verbindlich festgelegt haben, dass eine auf die in Rede stehenden Einwände gestützte Korrektur der Grundlage der Anteilswertberechnung im Stuttgarter Verfahren in Form der Abschlüsse zum 31.12.2006 nur insoweit erfolgt, wie diese Einwände im Rahmen der seinerzeit anhängigen Anfechtungsklage Erfolg haben und zu Änderungen der bilanziellen Ansätze führen. Nachdem dies nicht der Fall war, ist der Beklagte dementsprechend mit diesen Einwänden im Hinblick auf den von dem Gutachter Dr. P. ermittelten Abfindungsbetrag von vornherein ausgeschlossen.

(a) Diese Auslegung der im Zusammenhang mit der einvernehmlichen Auftragserteilung an den Gutachter Dr. P. getroffenen rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen ergibt sich insbesondere aus den auf S. 3 unter Ziff. 3 des Schreibens des Gutachters Dr. P. vom 12.03.2009 (GA 284) wiedergegebenen Erörterungen der Parteien, wie mit den Unsicherheiten umzugehen sei, die der Umstand zur Folge habe, dass über die bilanziellen Ansätze zum 31.12.2006 eine Anfechtungsklage anhängig sei. Wie S. 3 des Gutachtens P. zeigt, hat man sich seinerzeit für die in dem Schreiben vom 12.03.2009 so genannte „Variante 2“ entschieden. Der Beklagte hat sich damit - worauf die Klägerinnen im Übrigen auch ausdrücklich hingewiesen haben (GA 290) - vorbehalten, dass das Ergebnis des Gutachtens nach Maßgabe des Inhalts der abschließenden Entscheidung über die Anfechtungsklage geändert werde, wie es ausdrücklich in dem genannten Schreiben des Gutachters Dr. P. festgehalten ist. Entsprechendes ergibt sich zweifelsfrei auch aus S. 3 des Gutachtens P. sowie aus dem Schreiben vom 30.04.2010 (Anlage B 12). Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich die Parteien seinerzeit demnach darauf verständigten, das Ergebnis des Gutachtens P. im Hinblick auf die in Rede stehenden Einwände insofern, aber auch nur insofern unter Vorbehalt zu stellen, wie diese Einwände im laufenden gerichtlichen Verfahren für berechtigt erachtet werden würden. Nachdem dies nicht der Fall war, ist der Beklagte - der im Übrigen selbst davon ausgeht, mit der Beauftragung des Gutachters Dr. P. seien die Bilanzansätze zwischen den Parteien „verbindlich“ geworden (GA 255) und es sei mit der Rücknahme der Anfechtungsklage der sich darauf beziehende Vorbehalt „in Wegfall gebracht“ worden (GA 258) - aufgrund der getroffenen rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen mit diesen Einwänden ausgeschlossen, ohne dass es auf deren sachliche Berechtigung ankommt.

(b) Für diese Sicht des Senats spricht insbesondere, dass es fern gelegen hätte, eine Feststellung des Anteilswerts im Stuttgarter Verfahren in Auftrag zu geben, ohne offene Einwände hinsichtlich der maßgebenden bilanziellen Ansätze entweder durch den Gutachter selbst klären zu lassen noch diese sonst einer Klärung zuzuführen. Ersteres ist, wie schon der auf S. 3 des Gutachtens P. erläuterte Vorbehalt zeigt, nicht geschehen. Die demnach erforderliche anderweitige Klärung war hingegen seinerzeit unschwer möglich. Es drängte sich geradezu auf, diese dem ohnehin anhängigen gerichtlichen Verfahren zu überantworten. Dass die Parteien tatsächlich so verfuhren, ergibt sich - wie gesagt - zweifelsfrei aus den erwähnten Unterlagen.

(c) Dass er selbst an dem Rechtsstreit nicht als Partei beteiligt war, kann der Beklagte gegen diese Auslegung des seinerzeitigen Erklärungsverhaltens nicht einwenden. Grundsätzlich hätte es für ihn zwar nicht nahe gelegen, die Klärung von Unsicherheiten über die Höhe seines Abfindungsanspruchs von einer Klärung in einem gerichtlichen Verfahren abhängig zu machen, auf das er keinen Einfluss hatte. Dass er keinen Einfluss auf die Klagerücknahme hatte, hat der Beklagte aber zu keiner Zeit vorgetragen. Es ist dafür auch nichts ersichtlich. Im Gegenteil hat der Beklagte selbst vorgebracht, die Klage sei „mit diesseitigem Schriftsatz“ zurückgenommen und dadurch der Vorbehalt in dem Gutachten P. in Wegfall gebracht worden. Der - allerdings nur „untechnisch“ zu verstehenden - Formulierung der Klägerinnen, er selbst habe die Anfechtungsklage zurückgenommen (GA 290), ist der Beklagte im Übrigen nicht entgegengetreten.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 97, 100 Abs. 1 ZPO.

Hinsichtlich der Kosten der Klage, bei der die Klägerinnen gemeinschaftlich unterlegen sind, haften diese nicht, wie das Landgericht gemeint hat, gesamtschuldnerisch, sondern nach Kopfteilen (§ 100 Abs. 1 ZPO; § 100 Abs. 4 ZPO findet auf mehrere unterliegende Kläger keine entsprechende Anwendung - vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 100 Rn. 13).

Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert entspricht dem des erstinstanzlichen Verfahrens.

Die Revision war nicht zuzulassen, nachdem die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

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